Originaltitel: 24 Hours to Live__Herstellungsland: USA/Südafrika/Hongkong__Erscheinungsjahr: 2017__Regie: Brian Smrz__Darsteller: Ethan Hawke, Xu Qing, Paul Anderson, Liam Cunningham, Rutger Hauer, Nathalie Boltt, Tanya van Graan, Hakeem Kae-Kazim, Aidan Whytock, Jenna Upton u.a. |
Als Actionfan, der nicht nur auf die großen Leinwandspektakel der Marken Marvel, DC oder Bay steht, muss man aktuell ordentlich leiden. Das Actiongenre scheint in den letzten Zügen zu liegen. Und gefällt einem dann doch einmal ein Film, wird einem direkt vorgeworfen, man rede sich das Ergebnis doch nur schön, es käme mitnichten an betagtere Genrevertreter heran. Umso mehr freut man sich dann über Filme, die man sich von niemandem schlechtreden lassen muss, einfach weil sie es nicht sind! „24 Hours to Live“ ist ein solcher Glücksfall für den Fan adrenalingetriebener Genrekost…
Vor ziemlich genau einem Jahr sind Frau und Kind von Travis ums Leben gekommen. Gemeinsam mit seinem Stiefvater Frank begeht er den traurigen Jahrestag. Gemeinsam sinniert man beim Angeln über Gott und die Welt und vernichtet extra viel Alkohol. Am Ende des Tages schafft Travis Frank noch ins Bett, nur um hernach ruhelos umherzustreifen und in einer Strippbar einzukehren, um sich ein paar Drogen zu besorgen.
Da taucht sein Kollege Jim auf. Er bittet Travis, aus seinem Trauer-Urlaub zurückzukehren und einen wichtigen Job für den gemeinsamen Auftraggeber „Red Mountain“ zu erfüllen. Dieser zittere nämlich vor einem Kronzeugen, der das Fortbestehen des gesamten Unternehmens gefährde. Ein Versuch, ihn aus den Händen von Interpol zu befreien, sei bereits gescheitert. Eine fürstliche Bezahlung von zwei Millionen Dollar pro Einsatztag lässt Travis aufhorchen und wenig später sitzt er schon im Flieger gen Hongkong.
Hier will er an die Interpol-Agentin Lin rankommen, die die erste Entführung des Kronzeugen vereitelte und vermutlich wissen könnte, wo selbiger sich nun aufhält. In Hongkong hat Travis jedoch kein Glück. Zumindest führt ihn eine Spur nach Südafrika. In Kapstadt wird seine Suche von Erfolg gekrönt und er macht sich an Lin ran, verführt sie und klont ihr Handy. Doch Lin merkt, dass mit Travis etwas nicht stimmt und verpasst ihm zwei Kugeln in die Brust…
Wenig später erwacht Travis auf einer Krankenbahre. Er sei gestorben, aber ins Leben zurückgeholt worden, habe er doch kurz vor seinem Tod bei einem Telefonat angedeutet, dass er wisse, wo der Kronzeuge sei. Travis verrät seinen Vorgesetzten alles, nur um hernach zu erfahren, dass er nur noch knapp 24 Stunden zu leben habe! Geschockt nimmt Travis Reißaus. Nachdem er seine Gedanken geordnet hat, beschließt er, die letzten ihm verbleibenden Stunden zu nutzen, um herauszufinden, was es mit dem Kronzeugen und Red Mountain wirklich auf sich hat. Dabei folgt er einer Spur des Blutes, die auch in seine eigene Vergangenheit führt…
Schaut in “24 Hours to Live” mit Rutger Hauer hinein
httpv://www.youtube.com/watch?v=0VYW9mXLbKY
Zugegeben, ein wenig abstrus klingt die Geschichte auf dem Papier schon. Und zwingend logisch ist sie auch nicht. Warum beispielsweise einem Probanden, der nur 24 Stunden zu leben hat, eine Anzeige hinsichtlich seiner Restlebenszeit umständlich in den Arm gewerkelt wird, fragt man sich angesichts der riesigen Operationsnaht am Brustkasten von Travis schon. Warum wurde diese Countdown-Mechanik nicht da direkt mit eingepflanzt?
Und warum diese Mechanik im Arm nicht noch mit einem „Notaus-Schalter“ versehen wird, der das Leben eines unliebsamen Wiederauferweckten sofort via Fernbedienung beendet, ist angesichts des störrischen Travis die als nächstes aufploppende Frage. Doch zum Anschieben der Story von „24 Hours to Live“ funktioniert die Prämisse um kurzzeitig via „Lazaruseinheit“ ins Leben zurückgeholte tote Agenten richtig gut.
Zudem sorgt das Drehbuch des Actionthrillers dafür, dass die zugrundeliegende Technik nicht nur ein Gimmick zum Kickstarten des Filmes ist, sondern auch Teil des Geheimnisses rund um den Kronzeugen und die Vorgänge bei „Red Mountain“ wird. Schon deshalb ist man gerne bereit, über diverse Logiklöcher hinwegzusehen und genießt den nun rasant voranschreitenden Streifen, der seinem Hauptcharakter kaum noch Momente der Ruhe schenkt und die Restlebenszeit gnadenlos herunter ticken lässt.
Die Folge ist eine nette filmische Kettenreaktion. Irgendwo zwischen „John Wick“ und „Crank“ angesiedelt und mit einer Hauptfigur gesegnet, die von Halluzinationen und kleineren „Auszeiten“ geplagt, in einen ordentlich konstruierten Verschwörungsthriller gerät und immer wieder in stark umgesetzte Actionszenen verwickelt wird. In denen lässt es Regisseur Brian Smrz neun Jahre nach seinem gelungenen Regiedebüt „Hero Wanted“ ohne Wackelkamera-Eskapaden oder zu schnelle Schnitte ordentlich scheppern.
Herzstück ist dabei eine großartige Actionszene, in der diverse Henchmen von „Red Mountain“ versuchen, den Kronzeugen von seiner Aussage gegenüber Interpol abzuhalten. Ein Sniper lässt nun mittels großkalibriger Wumme Interpol-Agenten durch die Gegend fliegen und verteilt deren Blut auf dem Boden und an den Wänden. Ins Zimmer stürmende „Red Mountain“-Agenten erhöhen das Chaos. Travis und Lin ballern sich durch die Gegnerhorden und springen mit dem Kronzeugen in ein Auto. Schnell haben sie Verfolger an der Stoßstange hängen. Man rammt gegnerische Wagen, platziert fiese Fangschüsse und sorgt für spektakulären Blechschaden. Und die Szene ist damit noch nicht beendet.
Smrz zeigt hier eindrucksvoll, was er als Stuntman und Stuntkoordinator gelernt hat und lässt den Actionfan auch dank sichtbarer Trefferwirkungen an Interieur und Autokarosserien mehr als nur frohlocken. Das herrlich kaltblütige Vorgehen von Lin und Travis weiß ebenfalls zu begeistern. CGI-Ausfälle sind bis auf eine größere Explosion an einer Hausfront in Richtung Showdown nicht zu beklagen. Zumal in dem Haus in der Folge echte Explosionen ihre Zerstörung anrichten. Im Showdown bekommt Ethan Hawke als Travis zudem ein paar obercoole Action-Man-Posen zugestanden, die sehr stylisch aussehen.
Ethan Hawke („Die glorreichen Sieben“) macht als lebender Toter eine starke Figur und wandelt als eine Art Auftragskiller, dem alles genommen wurde, nach „In a Valley of Violence“ erneut auf den Spuren von „John Wick“. Dabei kann er die Trauer ob seines Verlustes und die restlichen Gemütszustände seines Charakters auf den Punkt transportieren. An seiner Seite macht Qing Xu („Flash Point“) eine mehr als formidable Figur und hat eine gute Chemie mit Hawk. Zudem darf ihre Lin in der Action ähnlich cool aufdrehen wie Hawks Travis.
Rutger Hauer („Das Osterman Weekend“) bestreitet zwei Szenen, wobei erstere mit Ethan Hawk die deutlich stärkere ist. Als Finstermänner oder zumindest höchst ambivalente Figuren tragen Liam Cunningham („The Tournament“) und Paul Anderson („The Crime“) viel Charisma zum Film bei.
“24 Hours to Live” ist ein Actionfilm an dem kein Actionfan vorbeikommt
Was am Ende bleibt, ist ein Actionthriller, an dem kein Actionfan vorbeikommt. Die Story mit leichtem Science-Fiction-Touch packt und hält „24 Hours to Live“ permanent in Bewegung. Charismatische Darsteller lassen vorbehaltlos in die Handlung eintauchen und überspielen so manches Logikloch. Ein offensichtlich üppigeres Budget sorgt für schöne Bilder des unverbrauchten Südafrika-Settings und erlaubte Regisseur Brian Smrz fünf blitzsauber in Szene gesetzte Actionszenen, die Stilwillen beweisen, eine ordentliche Grundhärte transportieren, sehr gut choreografiert sind und ohne offensichtliche Problemherde wie Wackelkamera, Schnittgewitter oder CGI-Gewichse auskommen. Actionfan-Herz, was willst du mehr?
In diesem Sinne:
freeman
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“24 Hours to Live” ist ein temporeicher Genrebeitrag mit druckvollen Actionszenen
Ähnlich wie Kollegen vom Schlage eines Jesse Johnson („The Package“), Ric Roman Waugh („Snitch“) oder Vic Armstrong („Left Behind“) arbeitete Brian Smrz erst als Stunman („Blade“), Stunt Coordinator („Stirb langsam 4.0“) und Second-Unit-Regisseur („X-Men 2“), ehe er sich als Regisseur versuchen durfte. War sein 2008er Erstling „Hero Wanted“ noch ein wenig beachtetes B-Movie, so durfte er sich mit “24 Hours to Live” schon in etwas höheren Budgetregionen bewegen.
Ein dick budgetierter Studiofilm ist Smrz‘ zweiter Film immer noch nicht, teilweise mit chinesischen Geldern finanziert und in Südafrika gedreht, was aber zum Vorteil des Films gerät. Schon der Auftakt hat etwas Unverbrauchtes, wenn ein Überfall auf einen Konvoi inhaltlich wenig Neues bringt, dies aber nun in Südafrika stattfindet, wo ein Überfallkommando von Milizionären die Bewacher eines wichtigen Zeugen zu Klump schießt, ehe ihnen die findige Agentin Lin (Xu Qing) einen Strich durch die Rechnung und sich und ihren Schützling nach einem ruppigen Feuergefecht noch in Sicherheit bringt. Damit hat Smrz schon einmal das Wohlwollen des Actionfans erkauft, denn der Auftakt lässt sich nicht lumpen.
Schon bald merkt man, dass ein anderes Regiedebüt ehemaliger Stuntleute als Inspirationsquelle für “24 Hours to Live” fungiert haben dürfte: „John Wick“. Denn auch hier ist der Held ein etwas ausgebrannter Killer, der einen persönlichen Verlust hinzunehmen hatte. Travis Conrad (Ethan Hawke) hat Frau und Kind vor einem Jahr verloren und daraufhin seinen Dienst als Auftragsmörder pausiert. Mit Schwiegervater Frank (Rutger Hauer) wird die Asche der Verstorbenen verstreut, doch als Conrads alter Freund und Kollege Jim Morrow (Paul Anderson) auf der Matte steht, muss er den Job annehmen: Nicht nur, dass man ihm viel Geld bietet, seine Auftraggeber sind auch von jener Sorte, die ein Nein nicht akzeptiert.
Travis soll Lin ausfindig machen, über sie den Aufenthaltsort des Zeugen herauskriegen und diesen dann kaltmachen. Als Lin jedoch Lunte riecht, knallt sie Travis über den Haufen. Der erwacht nach einer experimentellen Prozedur wiedererweckt zum Leben – doch das nur für 24 Stunden. Da seine Auftraggeber ihn, nachdem er ihnen den Standort der Zielperson verraten hat, umlegen wollen und in Lin eine Seelenverwandte sah, stellt er sich kurzfristig gegen die eigenen Leute…
Das Rennen gegen die Zeit und der ramponierte Profi auf Rachetour haben etwas von „Crank“, auch wenn sich Travis nicht zwischenzeitlich immer aufputschen muss. Gleichzeitig verweist “24 Hours to Live”, den ebenfalls in Südafrika gedrehten Genrefilmen „Zulu“ und „Con Game“ nicht ganz unähnlich, am Rande auf die Zustände in dem von Armut, Kriminalität und den Spätfolgen der Apartheid gebeutelten Land – jedoch bleibt dies hier ein diffuses Hintergrundrauschen, das kaum Bedeutung für Handlung hat. Nur in kurzen Momenten wird betont, dass Travis‘ frühere Auftraggeber ihre Machenschaften auf Kosten der benachteiligten Zivilbevölkerung des Landes betreiben. Das beißt sich dann allerdings teilweise mit der etwas comichaften Prämisse des Superkillers unter Zeitdruck, dem ein praktischerweise in den Arm operiertes Display die verbleibende Lebenszeit anzeigt, denn mit solchen Science-Fiction-Einschlägen und dem Fokus auf persönliche Rache geraten wirtschaftliche und gesellschaftliche Kontexte ganz schnell aus dem Fokus.
Doch hier geht es ja um Action und da legt Smrz neben kleineren Fäusteleien und Schießereien fünf große Set Pieces vor. Erst der druckvolle Auftakt, danach ein Shoot-Out im Containerhafen, wobei früh auffällt, dass Smrz nicht zu schnell schneidet, auf Shakycam verzichtet und damit für genug Überblick in der Action sorgt. In der Mitte läuft “24 Hours to Live” dann zur Hochform auf, wenn eine Sniper-Attacke mit Scharfschützengeweber mit Kaliber 50 und von Treffern durch die Gegend geschleuderten Opfern erst in ein Gefecht in einem Hotel mündet und anschließend in eine bleihaltige Verfolgungsjagd mit ein paar Autocrashes. Legt Smrz hier das Sahnestück des Films vor, so sind die letzten beiden Actionszenen von ein paar suboptimalen Entscheidungen geprägt: Eine weitere Attacke auf einen Konvoi wird aus der Sicht des von Wiedererweckungsnebenwirkungen geplagten Travis gezeigt und daher in Dauerzeitlupe, was leider Dynamik herausnimmt. Im Showdown sprengt, schießt und schließt sich Travis dann durch eine Feindesschar in einem stark choreographierten Gefecht, das immer wieder von unpassenden Ruhepausen unterbrochen wird, ehe der nächste Henchman aus der Kulisse springt, was auch hier den Rhythmus des Finales stört.
Zwischen den Actionszenen tritt Smrz dann so gut aufs Gas wie es ihm das Drehbuch und die Finanzierungsrealitäten es ihm erlauben. Denn die chinesische Finanzspritze für den Film bedeutet auch, dass das Script eine Hongkong-Exkursion einbaut, die den Film eher bremst als voranbringt, auch wenn sie erfreulich kurz ist. Aber auch abseits davon hat “24 Hours to Live” nicht ganz den Drive von Vorbildern wie „Crank“ und „John Wick“, da der generischen Geschichte um den Hitman auf dem Rachepfad Alleinstellungsmerkmale fehlen. Das Trauma um den Familienverlust bleibt reiner Handlungsantrieb, Tiefe zieht der Film nicht daraus, sodass der verhältnismäßig unverbrauchte Südafrika-Schauplatz noch am ehesten Würze ins Geschehen bringt.
Mit Ethan Hawke („Predestination“) hat Smrz dann einen Hauptdarsteller an der Hand, der zwar nicht ganz so viel Actionstar-Credibility mitbringt, der aber auf der anderen Seite mit einem Mehr an schauspielerischem Können seiner Figur mehr Leben einhauchen kann als das andere Darsteller bei dem etwas holzschnittartigen Drehbuch gekonnt hätten. Xu Qing („Looper“) ist in der weiblichen Hauptrolle ist eine erfreulich toughe Frauenfigur, die fast ebenbürtig mit dem männlichen Hero ist, wenn es um das Verteilen von Fangschüssen und ähnliche Scherze geht, auch ihre wenigen emotionalen Szenen gelungen meistert und damit wunderbar neben Hawke besteht. Einen besseren Cameo liefert Rutger Hauer („Valerian – Die Stadt der tausend Planeten“) ab, Liam Cunningham („Let Us Prey“) setzt als Boss von Travis in seinen wenigen Szenen Akzente und Paul Anderson („A Lonely Place to Die“) kann in der wichtigsten Nebenrolle als Freund und Kollege Travis‘ stark aufspielen, womit der Film markige Darsteller in den wichtigsten Rollen hat, denn der Rest vom Fest darf wahlweise als Stichwortgeber oder Kanonenfutter agieren.
„Crank“ trifft „Zulu“, auch wenn der Mix nicht immer harmonisiert und dem Film ein wenig jene gelungenen Details fehlen, die Vorbilder wie die bereits genannten oder „John Wick“ auszeichneten. Doch Brian Smrz gelingt ein weitestgehend temporeicher Genrebeitrag ohne große Innovation, der mit dem recht unverbrauchten Südafrika-Setting und einigen druckvollen Actionszenen aufzuwarten weiß. Schade nur, dass ein paar inszenatorische (Fehl-)Entscheidungen den letzten zwei Set Pieces etwas den Drive rauben.
In den USA erscheinen DVD und Blu-Ray des Films erst am 6. Februar 2018, aber “24 Hours to Live” kann bereits bei Streaminganbietern wie Amazon.com betrachtet werden. Die deutsche DVD / Blu-ray zum Film kommt am 11. Mai 2018 von Universum Film/Square One und ist mit einer Freigabe ab 16 ungeschnitten. Leider halten die Datenträger keinerlei Extras zum Film bereit.
© Nils Bothmann (McClane)
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