Originaltitel: TNT Jackson__Herstellungsland: USA/Philippinen__Erscheinungsjahr: 1974__Regie: Cirio H. Santiago__Darsteller: Jeannie Bell, Stan Shaw, Pat Anderson, Ken Metcalfe, Chiquito, Imelda Ilanan, Leo Martinez, Max Alvarado, Percy Gordon, Chris Cruz, Joonee Gamboa, Joe Mari Avellana, Shirley Washington u.a. |
In den 1970ern orientierte sich der philippinische Genre- und Exploitationfilmer Cirio H. Santiago („Equalizer 2000“) stärker in Richtung des US-Marktes, meist mit Unterstützung seines Produzentenkumpels Roger Corman und dessen Firma New World Pictures. Ein beliebtes Genre für ihn in dieser Dekade: Der Blaxploitationfilm.
Nur ein Jahr zuvor hatten bereits „Coffy – Die Raubkatze“ und „Cleopatra Jones“ die Zugkraft schwarzer Heldinnen im Blaxploitationfilm unter Beweis gestellte. Da hatte es das Script zu “TNT Jackson” natürlich einfach, grünes Licht zu bekommen. Geschrieben wurde es von zwei hauptberuflichen Schauspielern: Der Corman-Regular und spätere Joe-Dante-Kumpel Dick Miller verfasste es gemeinsam mit dem Santiago-Spezi Ken Metcalfe („Hells Angels in Vietnam“), der hier auch noch in einer Nebenrolle als weißer Drogenboss Sid mitspielt. Neben den Credits ist in der Auftaktszene noch zu sehen wie ein junger schwarzer Mann von dem Drogendealer Charlie (Stan Shaw) und seinen Leuten getötet wird.
Nach dem Getöteten sucht wenig später die schlagkräftigte Diana ‘T.N.T.‘ Jackson (Jeannie Bell) – wie sich später herausstellt, handelt es sich dem zu chinesischer Tanzakrobatik Gemeuchelten nämlich um ihren Bruder, was das nicht besonders einfallsreiche Script irgendwann als große Überraschung ausgeben will. Ist aber keine, da im Rachefilm ja eher selten der Cousin des besten Kunden des Bäckers von nebenan gerächt wird, sondern man sich meist für das Meucheln engerer Freunde oder Familienmitglieder revanchiert.
Jedenfalls eiert Diana nach Hongkong, wo sie beim obligatorischen Kampfkunstmeister Unterricht und eine Bleibe bekommt, ehe sie die obligatorische Drogengang ausmacht, die alles Verbrechen in der Stadt kontrolliert. Diana will die Truppe infiltrieren, indem sie ihre beeindruckenden Kampfkünste zu Diensten anbietet und sich an Charlie heran schmeißt…
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Es folgen Ermittlungsarbeiten, die nicht wirklich welche sind: Der Zuschauer kennt den Mörder eh schon und für Diana ist bereits nach wenigen Minuten klar, dass irgendwer aus der Drogengang für den Meuchelmord verantwortlich ist. Deshalb muss hier jede Figur noch ein doppeltes bis dreifaches Spiel spielen, egal ob es sich um Charlie, Sids Gespielin Elaine (Pat Anderson) oder den chinesischen Verbindungsmann handelt. Dabei ist jeder dieser Plottwists herzlich egal und verpufft im Nichts (eine Enthüllung über Elaine ist die große Ausnahme, da sie Blaxploitationklischees gegen den Strich bürstet), doch es reicht immerhin um rund die 70-Minuten-Marke zu knacken, damit “TNT Jackson” noch auf Spielfilmlänge kommt, in seiner Kürze aber vorbei ist, ehe es langweilig wird.
Damit des Zuschauers Aufmerksamkeit zwischendrin nicht ganz abdriftet, gibt es auch immer mal kleinere Schießereien und größere Keilereien, die alle eher grobschlächtig choreographiert und inszeniert sind, aber doch ihre Momente haben: Etwa ein Kampf auf einer Treppe, bei der sich die Kamera mit den Kontrahenten bewegt, oder Butterfly-Gefuchtel plus Handwechsel in Zeitlupe. Eine halbnackte Kampfszenen der Heldin, bei der sie immer wieder das Licht ausmacht, um ihre Gegner zu verwirren, ist eher feister Exploitationvoyeurismus und nicht so einfallsreich wie es auf dem Papier klingen mag. Zudem sind nicht alle Teilnehmer der Schlägereien wirklich kampfkunstgeschult – gerade wenn Diana zu Saltos und Überschlägen ansetzt, wird schon anhand der Kameraführung klar, dass unter der Afroperücke ein Double steckt. In Sachen Derbheiten müssen ein gebrochener Arm am Anfang und ein rausgerupftes Herz am Ende reichen; vielleicht war für mehr kein Geld da, aber immerhin stechen diese Moment aus dem sonst eher braven Gekloppe heraus.
Inszenatorisch gibt das solala, wie so häufig bei Santiagos Handwerkerregie. Auf die erwähnten lichten Momente kommen immer wieder Schnitzer, gerade was die Handhabung der eh schon schablonenhaften Figuren angeht: Da kämpft eine Sympathiefigur im Finale mit einem Fiesling, beide stürzen durch eine Glasscheibe in die Tiefe, doch direkt vor dem Aufprall schneidet der Film weg und will nichts mehr davon wissen. Keine Bestätigung des (wahrscheinlichen) Todes, kein Moment der Anteilnahme am Schicksal der Figur, nur schnell weiter. Dass die Philippinen immer ganz deutlich nach den Philippinen aussehen und nie nach der Metropole Hongkong, egal wie oft der Film das erwähnt, gehört dagegen schon fast zum Standard derartiger Billigproduktionen und gibt “TNT Jackson” ein Stück Exploitationcharme.
Ex-Model und Ex-Playmate Jeannie Bell („The Muthers“) schlägt sich ganz okay in der Hauptrolle, ist aber weder kämpferisch noch darstellerisch sonderlich einprägsam, weshalb ihre Leinwandkarriere wohl auch eine eher kurze war. Mehr Erfolg hatte da Stan Shaw („Rocky“), der als charmanter Schurke auch keine Bäume ausreißt, aber noch am besten wegkommt. Es geben sich neben Ken Metcalfe noch weitere Santiago-Regulars die Ehre: Leo Martinez („Silk“), Joonee Gamboa („Blutiges Lang Mei“) und vor allem Joe Mari Avellana („Die Todesinsel“) waren noch in diversen weiteren Filmen des Regisseurs am Start (außerdem spielte das Trio gemeinsam in „Saigon Commandos“ mit, der zwar von Clark Henderson gedreht, aber von Roger Corman produziert wurde).
“TNT Jackson” mag zwar einer der bekannteren Santiago-Filme sein, ist mit seiner 08/15-Handlung, durchwachsenen Inszenierung und nur begrenzt überzeugenden Action einer der schwächeren. Sicher, es ist meist was los und dank seiner Kürze ist das Ganze vorbei, ehe es langweilig wird, aber wirklich aufregend ist das Treiben auch nicht – da hatten frauenzentrierte Blaxploitaionklassiker wie „Coffy“ oder „Foxy Brown“ doch mehr Schmackes.
Knappe:
In Deutschland ist “TNT Jackson” bisher noch nicht erschienen, obwohl er zu den bekannteren Filmen des Regisseurs zählt, dafür gibt es im Ausland diverse Veröffentlichungen auf DVD. Einzeln ist er auf der hier abgebildeten DVD von GMVS Limited in Großbritannien zu sehen, ich habe ihn als Teil der Sammlung Black Action Cinema von St. Clair Entertainment gesehen, die neun entsprechende Reißer (u.a. die „Black Cobra“-Trilogie) auf drei DVDs verteilt bietet. Leider ist deren Master schon etwas abgerockt und wartet mit vielen Kratzern im Bild auf, doch andere DVDs (auch die aus Großbritannien) sollen wohl eine ähnlich schlechte Bildqualität haben (und basieren vielleicht auf demselben Master). Der Film ist darüber hinaus Public Domain, was ein Grund für seine häufige Veröffentlichung sein könnte; er ist deshalb auch bei Plattformen wie archive.org zu finden, allerdings scheint die Bildqualität da noch mal eine Nummer mieser zu sein.
© Nils Bothmann (McClane)
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