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Drug War

Originaltitel: Du Zhan__Herstellungsland: Hongkong/China__Erscheinungsjahr: 2012__Regie: Johnnie To__Darsteller: Sun Honglei, Louis Koo, Crystal Huang, Wallace Chung Hon-Leung, Michelle Ye Xuan, Lam Suet, Guo Tao, Hao Ping, Tan Kai u.a.
Drug War

Johnnie Tos Actionthriller “Drug War” beschreibt eine Undercoveraction chinesischer Cops im Einsatz gegen Dealer

Hatte Johnnie To („Breaking News“) auch nach der Rückgabe Hongkongs an China vornehmlich weiter in der ehemaligen britischen Kronkolonie gedreht, so arbeitete er nach 2010 mehrfach in Kooperation mit der Volksrepublik, etwa für den Actionthriller “Drug War”.

Drei scheinbar unabhängige, tatsächlich aber miteinander verknüpfte Ereignisse eröffnen den dicht gescripteten Crime-Film: Kaum bei Bewusstsein crasht der mit der Verletzungen übersäte Timmy Choi (Louis Koo) mit seinem Auto in ein Restaurant. An der nahen Grenzkontrollstelle beobachtet eine Kontrolleurin die Durchfahrt eines Lasters sowie eines Autos, deren Insassen sich beide nicht ganz unverdächtig verhalten. An der gleichen Mautstelle läuft auch ein Bus mit Motorproblemen an, an dessen Bord sich auch der verdeckt ermittelnde Captain Zhang (Sun Honglei) befindet – die Passagiere sind allesamt Drogenkuriere. Während des Stopps nimmt die Polizei sie hoch, wobei Captain Zhang den Anführer gleich persönlich überwältigt.

Zhang ist bereit für seinen Auftrag alles zu geben, weshalb er in seinem Verdauungstrakt Drogen schmuggelte, so wie der Rest der Kuriere, der die Päckchen auf wenig erhebende Weise auf dem Revier auskacken muss. Zhangs Wille und Aufopferung für seinen Job wird dadurch noch unterstrichen, dass er direkt weitermacht, den Unfall Timmys untersucht und schnell entdeckt, dass dieser bei der Explosion seines Drogenlabors verletzt wurde. Schnell bekommt Zhang heraus, dass der von der Kontrolleurin, bei der es sich eigentlich um eine Ermittlerin handelt, beobachtete LKW als Transportfahrzeug für Timmys Ware dient, womit sich alle Teile der Puzzles der Eingangsszene verbinden.

Zhang zwingt Timmy zur Kooperation: Der Dealer soll ihm seine Hintermänner liefern, vor allem den Schmuggler Haha (Hao Ping) und den mysteriösen Onkel Bill. Deshalb gibt sich Zhang bei Haha als Scherge Onkel Bills aus, bei Onkel Bills rechter Hand Li Schuchang (Tan Kai) dagegen als Haha, und versucht bei diesem Doppelspiel beide Parteien dranzukriegen…

httpv://www.youtube.com/watch?v=yVRd40bOPpk

“Drug War” ist ein sehr reduzierter Copthriller, dessen Handlung sich einzig und allein die Undercoveraktion beschränkt, welche die Ermittlungsarbeit auf einen überschaubaren Zeitraum verdichtet – geschlafen wird maximal auf der Reise von einem Ort zum nächsten oder bei der Vorbereitung der nächsten Aktion, egal ob auf Cop- oder Gangsterseite. Dementsprechend wenig Fett hat “Drug War” auf den Rippen und bewegt sich mit geradliniger Präzision durch die Handlung, die sich vor allem als Nachzeichnen eines Undercovereinsatzes versteht: Dosiert eingesetzte Action und nur wenige Plottwists, weshalb gerade eine bestimmte Enthüllung bezüglich Onkel Bills aus dem sonst so nüchternen Rahmen fällt, da sie nicht so recht zum Stil des Films passen will.

Ebenfalls im Zentrum steht die Zweckgemeinschaft zwischen Zhang und Timmy, von dem die Cops nie wissen können, ob sie ihm trauen dürfen – der Zuschauer ebenso wenig. Timmy hilft Zhang, rettet ihm in einer relativ frühen Szene das Leben, doch wie freiwillig das alles ist, ist schwer zu erkennen – vielleicht macht er all das nur, weil Zhang ihn als Profi an der kurzen Leine hält. Schon daran zu erkennen, dass Zhang Timmy immer Aufpasser hinterherschickt, selbst wenn er vermeintlich autark irgendwo auftreten muss. So stehen hier in erster Linie auch Sun Honglei („Die sieben Schwerter“) und Louis Koo („Call of Heroes“) als Darsteller im Mittelpunkt. Ersterer als Manipulator und Impersonator, der als Undercovercop ständig die Rollen wechselt, was Honglei sehr gut spielt. Letzterer als von Koo ebenso stark dargestelltes Enigma, bei man nie genau weiß, wie man sein Verhalten beurteilen soll: Wenn Timmy nach emotionaler Regungslosigkeit später Tränen ob des Todes seiner Frau in der Explosion äußert, sind dies eingehaltene Gefühle, die plötzlich aus ihm herausbrechen? Oder spielt er etwas vor? Und wenn ja, wem? Den eigenen Leuten, die er bespitzelt, oder den Polizisten, die ihn dabei beobachten?

Genau dieser enge Fokus auf die Ermittlung und die Beziehung der beiden Männer ist gleichzeitig Stärke und Schwäche des Films. Denn einerseits ist “Drug War” bemerkenswert in seiner Konzentration und seiner Präzision, andrerseits aber auch etwas kalt und leblos, analog zu den dunklen Grün-, Blau- und Brauntönen, die den Film dominieren. Johnnie To war schon immer ein wenig die Antithese zu einem Kollegen wie John Woo, dessen Actionfilme immer das große Melodrama suchten, manchmal sogar am Rande vom Kitsch. To hingegen arbeitet eher abstrakt, weshalb die Figuren hier an der Oberfläche bleiben, man über Zhang nichts als seinen Arbeitseifer erfährt, über Timmy nur etwas mehr (und man sich noch nicht einmal sicher sein kann, ob man den Informationen trauen kann), während alle anderen Beteiligten, egal ob auf Cop- oder Gangsterseite, keinerlei Persönlichkeit besitzen, manchmal kaum auseinanderzuhalten sind.

Genau das schwächt dann auch die beiden größeren Set-Pieces des Films: Erst eine Razzia zu Beginn des letzten Drittels, dann der Showdown, der auf dem Papier reichlich dramatisch ist, da ihn kaum eine Figur überlebt. Doch das große Sterben lässt den Zuschauer eher kalt, ähnlich wie die Situationen, in denen Zhang aufzufliegen droht – man kommt diesen Figuren nicht nahe, ihr Schicksal berührt nicht, auch wenn To auf handwerklicher Ebene durchaus Spannung aufzubauen weiß. Auch die Schießereien sind gelungene Hongkong-Action, wenn auch nicht ganz so exzessiv wie zu den Hochzeiten in den 1980ern und 1990ern, aber „Drug War“ orientiert sich auch am bodenständigeren Copthriller, der seine Shoot-Outs eher als Akzente einzusetzen weiß. Zwei Sachen prägen sich allerdings ein: Die Gnadenlosigkeit, mit der einige Beteiligte sich gegenseitig hintergehen oder ihre eigenen Ziele verfolgen, und die kurze Schlussszene, in der klar wird, dass es hier am Ende keinen Gewinner gegeben hat.

So hinterlässt “Drug War”, ähnlich wie manch anderer Johnnie-To-Film, ein zwiespältiges Gefühl: Formales Können trifft auf Charaktere, die nur Schachfiguren für den Plot sind und deren Schicksal wenig Interesse beim Zuschauer hervorruft. In seiner Konzentration auf einen Undercovereinsatz und seinem Verzicht auf erzählerische Schnörkel ist “Drug War” durchaus an der Oberfläche spannend, die beiden Shoot-Outs wissen zu gefallen, doch irgendwie macht das Ganze nicht komplett satt, da einfach ein Unterbau fehlt, in dieser handelsüblichen, aber stark gefilmten Cops-contra-Gangster-Story.

In Deutschland hat Koch Media “Drug War” auf DVD und Blu-Ray veröffentlicht, ungekürzt ab 16 Jahren freigegeben. In Sachen Bonus gibt es nur Trailer und ein sehr kurzes Making Of zu sehen.

© Nils Bothmann (McClane)

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Copyright aller Filmbilder/Label: Koch Media__FSK Freigabe: ab 16__Geschnitten: Nein__Blu Ray/DVD: Ja/Ja

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