Originaltitel: Thunderbolt and Lightfoot__Herstellungsland: USA__Erscheinungsjahr: 1974__Regie: Michael Cimino__Darsteller: Clint Eastwood, Jeff Bridges, Geoffrey Lewis, George Kennedy, Catherine Bach, Gary Busey, Jack Dodson, Eugene Elman, Burton Gilliam, Roy Jenson, Claudia Lennear u.a. |
Der 1939 geborene und 2016 verstorbene Regisseur, Produzent und Drehbuchautor Michael Cimino machte vornehmlich mit zwei Filmen Furore. Mit „Die durch die Hölle gehen“ stieg er 1978 zum „Wunderkind“ Hollywoods auf, kassierte fünf Oscars und einen veritablen Kassenerfolg. Doch schon der nächste Film beendete 1980 den Mythos vom „Wunderkind“. Bei damals unfassbaren Kosten von 45 Millionen und Einnahmen von 3 Millionen Dollar geriet der von der Presse einhellig verrissene „Heaven’s Gate“ zum absoluten Fiasko und trieb das Studio United Artists in den Ruin.
Zwar legte Michael Cimino mit Filmen wie „Im Jahr des Drachen“ (1985) oder „Der Sizilianer („1987“) noch ein paar kontrovers diskutierte Filme nach, das „Heaven’s Gate“ Debakel hat er allerdings nie so wirklich überwunden. 1974 lag all das aber noch in weiter Ferne. In dem Jahr inszenierte Michael Cimino, der vorher Werbespots in Szene setzte und als Drehbuchautor arbeitete, sein Regiedebüt: “Die Letzten beißen die Hunde”.
Sein Debüt brachte ihn dabei direkt mit dem Superstar seiner Zeit zusammen: Clint Eastwood. Der wollte “Die Letzten beißen die Hunde” ursprünglich selbst in Szene setzen, kam am Set von „Dirty Harry 2“ aber mit dem Drehbuchautor des Actionkrimis ins Gespräch. Der hieß Michael Cimino und war von Eastwoods kommendem Projekt derart angefixt, dass er Clint irgendwann überzeugte, den Regiestuhl an ihn abzutreten. Superstar Clint Eastwood hielt allerdings hinter den Kulissen die Zügel weiterhin eisern in der Hand.
Der englische Trailer zu “Die Letzten beißen die Hunde”
httpv://www.youtube.com/watch?v=m7KVPZcDoLo
Eingeführt wird Clint Eastwood in “Die Letzten beißen die Hunde” als Pfarrer einer kleinen Gemeinde, der sich mitten in einer seiner Predigten im Kugelhagel wiederfindet. Eilig türmt der Pfarrer aus der Kirche und hechtet in den Wagen des vorbeirasenden Kleinganoven Lightfood. Der ist ebenfalls auf der Flucht. Allerdings vor dem Gesetz, denn der Wagen, dessen Gaspedal er gerade ordentlich durchtritt, gehört strenggenommen nicht wirklich ihm.
Schnell stellt sich heraus, dass auch der Pfarrer kein Kind von Traurigkeit ist. Er entpuppt sich als Bankräuber Thunderbolt, der vor Jahren einen großen Coup abzog und dessen ehemalige Kumpane nun hinter ihm her sind, um an die damals vorsichtshalber versteckte Beute zu kommen. Wie ernst sie es meinen, hat Thunderbolt in der Kirche zu spüren bekommen.
Gemeinsam fliehen die beiden Männer, die sich wirklich sofort sympathisch sind, vor dem Gesetz und Thunderbolts Vergangenheit. Doch vor allem letztere holt das Duo immer wieder ein. Das Blöde: Wie Thunderbolt feststellen muss, existiert das damals auserkorene Geldversteck, eine Schule, nicht mehr. Die Beute ist also futsch. Als er das seinen ehemaligen Kumpanen beizubringen versucht, reagieren die natürlich eher ungehalten. Weshalb Thunderbolt einen neuerlichen Coup vorschlägt…
Bis zu diesem Zeitpunkt ist “Die Letzten beißen die Hunde” ein Roadmovie von bestem Schrot und Korn. Einer dieser Filme, bei denen der Weg das Ziel und eigentlich keine wirkliche Story vorhanden ist. “Die Letzten beißen die Hunde” konzentriert sich dementsprechend auch komplett auf Thunderbolt und Lightfood und die Begegnungen, die sie im Laufe ihres Roadtrips machen.
Genau diese zwei Faktoren sind es auch, die den Streifen in den ersten 75 Minuten am Leben halten: Zum einen die fantastische Chemie zwischen Thunderbolt und Lightfood beziehungsweise deren Darstellern Clint Eastwood und Jeff Bridges („Kingsman: The Golden Circle“). Bridges, der für seine Rolle des überdrehten Sprücheklopfers für einen Oscar nominiert wurde, bricht den harten Hund Eastwood so stark auf wie kaum ein anderer Partner der Filmlegende vorher oder nachher.
Zwar hat Eastwood immer die väterliche Führungsrolle inne, sprich sein Thunderbolt ist immer der Chef im Ring, aber das gewohnt Knurrige, Mürrische und Einzelgängerische geht Eastwoods Figur diesmal deutlich ab. Beständig hat Clint ein Lächeln auf den Lippen. Nimmt die ihm von Bridges zugespielten Bälle dankbar an und ist auch für den einen oder anderen guten Gag zuständig. Dadurch wirkt sein Thunderbolt menschlicher und nahbarer als all die Figuren, die Eastwood bis dahin zum Star gemacht hatten (man denke an die Dollar-Trilogie oder die Dirty-Harry-Filme). Alleine diese Transformation Eastwoods und dieses Aufbrechen seines Leinwandimages ist schon eine riesige Leistung von Bridges, der aber auch sonst zu glänzen versteht und häufiger allen Darstellern die Show stiehlt.
Punkt zwei, der “Die Letzten beißen die Hunde” adelt: Die Inszenierung des Roadtrips. Straßen, die irgendwann mit dem Horizont verschmelzen, knallblauer Himmel, komplett menschenleere Gegenden, von Reifen aufgewirbelter Staub… Michael Cimino hat seine Hausaufgaben in Sachen Roadmovie gemacht. Stark arrangierte Totalen und lange Einstellungen zelebrieren die Schönheit des Drehortes Montana und Amerikas im Allgemeinen. Man kann die Freiheit förmlich mit jedem Bild des Streifens einatmen. Fantastisch.
Interessant ist, dass Cimino seinen breiten und weiten Optikstil für das letzte Filmdrittel deutlich ändert. Denn der geplante Heist und dessen Vorbereitung führen die inzwischen zu vier Mann angewachsene „Helden“truppe in eine amerikanische Kleinstadt. Alles wirkt nun begrenzter. Ständig steht „Zivilisationsmüll“ im Weg und verwehrt den Blick auf die großartige Natur. Schön ist, dass “Die Letzten beißen die Hunde” seinen lockeren und relaxten Stil zunächst beibehalten kann.
Vor allem die Vorbereitungen auf den Raubzug bergen enorm viel komisches Potential. Toll ist auch, dass die zu Eastwood und Bridges stoßenden Figuren von George Kennedy („Hired to Kill“) und Geoffrey Lewis („Geballte Ladung“) ebenfalls eine starke Chemie mit den bereits etablierten Figuren entwickeln. In der Folge meint man häufiger, ein paar Jungs auf Klassenfahrt zuzugucken, die sich ständig gegenseitig Streiche spielen oder übertrumpfen müssen.
Doch sobald der Heist dann läuft, lässt Cimino den Wunsch nach Freiheit und einem besseren Leben außerhalb der Normen brutal mit der Realität kollidieren. Die nun gezündete Action bietet ein paar hübsche Auto-Verfolgungsjagden, während denen das Team eindrücklich zerbricht. Auch aufeinander losgeht. Es gibt Todesopfer und alles mündet in ein melancholisches Finale…
Was am Ende bleibt, ist ein höchst unterhaltsamer Mix aus Road- und Heist-Movie, der mit grandiosen Darstellern aufzuwarten versteht und in großartigen Bildern die Schönheit Amerikas geradezu zelebriert. Manchem wird der Heist sicherlich zu klein skaliert sein, das Frauenbild des Filmes könnte ebenfalls aufstoßen und auch das Erzähltempo des Filmes hat mit heutigen Seh- und Rezeptionsgewohnheiten nicht mehr viel gemein. Eine Entdeckung ist der relaxed in die Katastrophe mäandernde “Die Letzten beißen die Hunde” aber in jedem Fall wert!
“Die Letzten beißen die Hunde” wurde schon diverse Male in Deutschland ausgewertet. Vornehmlich von MGM und Fox und ausschließlich auf DVD und VHS. Capelight Pictures hat sich nun des Filmes angenommen und bringt ihn am 23. März 2018 mit einer Freigabe ab 16 als DVD und als Limited Collector’s Edition heraus. Letztere enthält neben der DVD erstmals auch eine Blu-ray zum Film. An Extras werden ein aufschlussreicher Audiokommentar von drei Filmhistorikern, Trailer und die Möglichkeit geboten, den Film nur mit dem isolierten Soundtrack zu genießen. Ein nettes Booklet von Stefan Jung bietet viele Informationen zum Film.
In diesem Sinne:
freeman
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