Originaltitel: The Lizzie Borden Chronicles__Herstellungsland: USA__Erscheinungsjahr: 2015__Regie: Howard Deutch, Stephen Kay, Constantine Makris, Russell Mulcahy__Darsteller: Christina Ricci, Clea DuVall, Cole Hauser, Dylan Taylor, John Ralston, Bradley Stryker, Olivia Llewellyn, Jeff Wincott, Jessy Schram, Gabrielle Trudel u.a. |
Am 4. August 1892 wurde eines der bekanntesten Verbrechen der amerikanischen Geschichte verübt: Andrew und Abby Borden wurden brutal abgeschlachtet. Als Mordinstrument kam für die Tatermittler schnell nur ein axtähnlicher Gegenstand in Frage. Beim Täter allerdings wurde es schwieriger. Als die Tat verübt wurde, waren sowohl die jüngere Tochter Lizzie Borden als auch das Dienstmädchen Bridget Sullivan zugegen.
Bridget hatte allerdings keinerlei Motiv für eine derartige Bluttat und ihr Alibi erschien der Gerichtsbarkeit mehr als schlüssig. Lizzie hingegen hatte sehr wohl ein Motiv: Sie nervte das spartanische Leben ihrer im Grunde stinkreichen Familie. Sie wollte zu gerne zum Club der oberen Zehntausend gehören, wurde von ihrem Vater und ihrer Stiefmutter aber immer wieder eingebremst. Hinzu kam, dass Lizzies Aussagen sich mehr und mehr zu widersprechen begannen. Dennoch wurde sie mangels Beweisen im entsprechenden Gerichtsverfahren nicht schuldig gesprochen…
Filmemacher und Drehbuchautor Stephen Kay („Get Carter“) sowie Christina Ricci („Addams Family“) empfanden die Figur der Lizzie Borden als faszinierende Protagonistin für eine filmische Aufarbeitung. Allerdings war beiden eher an all den Ereignissen gelegen, die nach den Morden passiert sind. So dreht sich der gemeinsam für den „Lifetime“-Channel auf den Weg gebrachte Film „Lizzie Borden took an Axe“ in erster Linie um den Gerichtsprozess.
Doch für Kay und Ricci war das Thema damit noch lange nicht durch: Sie beschlossen, Lizzies Geschichte noch weiter zu erzählen. Sie riefen die Serie „The Lizzie Borden Chronicles“ aka “Lizzie Borden – Kills!” ins Leben und verfolgten Lizzies Leben nach dem Prozess weiter. Historisch wenig genau und mit viel Spaß am wilden Fabulieren…
Der Episodenführer zu “Lizzie Borden – Kills!”
1×01 Neues Leben, neues Blut
1×02 Kunstopfer
1×03 Lizzies Geister
1×04 Morde auf Maplecroft
1×05 Auf Eis
1×06 Mord macht mobil
1×07 Schwestern im Blutrausch
1×08 Ein neuer Anfang kann ein Ende sein
Darum geht es in der TV-Serie mit Christina Ricci
Nach den Ereignissen in „Lizzie Borden took an Axe“ setzt Lizzie zunächst einmal alles daran, dass das Geld ihrer vermögenden Eltern in ihren Besitz übergeht. Dass sie dabei nicht davor zurückschreckt, über Leichen zu gehen, dürfte klar sein. Mit dem enormen Familienvermögen kaufen sich Lizzie und ihre Schwester Emma ein großes Anwesen am Rande der Stadt.
Für die Bewohner des Städtchens Fall River bleiben die Schwestern und vor allem Lizzie allerdings Geächtete. Was zumindest Lizzie kein Stück zu jucken scheint. Ungebremst versucht sie alles, endlich in den Kreisen anerkannt zu werden, die ihr wirklich wichtig sind: Jene der wohlhabendsten Personen des Landes.
Derweil taucht in dem kleinen Städtchen der Pinkerton Detektiv Charlie Siringo auf, der entsandt wurde, sich richtig in den Fall Lizzie Borden hineinzuknien. Dabei kommt er Lizzie gefährlich nahe, die einen wahren Berg an Leichen um sich herum aufzuhäufen beginnt…
Schaut in “Lizzie Borden – Kills!” hinein
httpv://www.youtube.com/watch?v=QdllOwFgLgg
Lizzie Borden: Vom wahren Kriminalfall zur Groteske
Stephen Kay und Christina Ricci haben sichtlichen Spaß daran, Lizzie im Zuge ihrer Serie zur formvollendeten Soziopathin umzudichten. Die hat beim Mord an ihrem Vater und ihrer Stiefmutter sozusagen richtig Blut geleckt und eben auch gelernt, wie sie sich dennoch eine weiße Weste bewahren kann. Mehr und mehr wird Lizzie so zur brutalen Serienmöderin, die eiskalt berechnend all ihre Reize einsetzt.
Was Christina Ricci sichtlichen Spaß macht. Ohne Furcht vor Overacting wird hier immer einmal zu oft mit den Wimpern geklimpert und ein fieser Blick zu viel verteilt. Beständig umspielt ein spöttisches Lächeln ihre Lippen. Ricci entwirft trefflich ein manipulatives, unberechenbares und mordlüsternes Biest. Gleichzeitig bildet sie schon aufgrund ihrer Zierlichkeit ein ideales Gegengewicht zu ihrem Charakter. In der Folge würde niemand Lizzie zutrauen, mit welcher Vehemenz und Wucht sie jene umzubringen vermag, die ihr im Wege stehen. Und dabei kann es wahrlich jeden erwischen.
Da kommt vor allem Clea DuVall („The Faculty“) als Lizzies Schwester Emma nicht mit. Ihre Figur wirkt im Vergleich zu der starken – ja überstarken – und durchaus emanzipierten Lizzie arg naiv und vor allem zu apathisch. Da macht Cole Hauser („Jarhead 2“) als forscher Pinkerton Detektiv mit CSI-Habitus eine deutlich bessere Figur. Cool und souverän arbeitet er Lizzies Leichenberg ab und bietet ihr in manch funkensprühenden Blickduell souverän Paroli.
In den Nebenrollen ist “Lizzie Borden – Kills!” beinahe eine Art B-Fratzenparade Deluxe geworden. Hier tummeln sich Gesichter, die man schon in zig Nebenrollen hat wirken sehen, deren Namen einem aber nie geläufig sind. Ein Jonathan Banks („The Commuter“) sei einfach einmal stellvertretend genannt.
Zu den bekannteren B-Fratzen gehören ganz sicherlich Michael Ironside und Jeff Wincott. Während Ironside („Turbo Kid“) sich in einem besseren Cameo blutig zu Klump schießen lässt, darf B-Recke Wincott („Unstoppable“) als Sheriff der Stadt mit Bürgermeisterambitionen weitaus mehr Screentime auf sich vereinen und macht eine überaus souveräne Figur. Interessant ist zudem, dass „Highlander“-Regisseur Russell Mulcahy die Folgen 3 („Lizzies Geister“) und 4 („Morde auf Maplecroft“) in Szene gesetzt hat.
In technischer Hinsicht spaltete “Lizzie Borden – Kills!” seine Zuschauerschaft extrem. Während man die freiere Interpretation des Lebenslaufes der Hauptfigur noch als dramaturgisches Mittel hinnehmen konnte, sah das bei der technischen Umsetzung ganz anders aus. Der klare Digitallook passt per se nicht in die bebilderte Zeit. Bei der Schnittfrequenz, die in manchen Sequenzen modernen Videoclips Konkurrenz macht, verhält es sich ähnlich. Hier wird nicht in der Ausstattung geschwelgt. “Lizzie Borden – Kills!” will Tempo machen. Und mit Weitwinkelobjektiven ungewohnte Perspektiven schaffen, bei denen sich Kameraschwenks direkt mal wie eine Weltreise anfühlen können.
In Sachen musikalischer Untermalung wird es dann vollends problematisch. Wer die Elektroklänge bei „The Knick“ nicht abkonnte oder die geniale Indiemusik bei den „Peaky Blinders“, der wird mit “Lizzie Borden – Kills!” im Leben nicht glücklich! Sämtliche in der Serie erklingenden Songs wären vermutlich bei den „Sons of Anarchy“ besser aufgehoben.
Also zumindest für die Meckerer. Ich für meinen Teil kann nur festhalten, dass ich die Inszenierung von “Lizzie Borden – Kills!” absolut großartig finde. Die Musik gibt der ohnehin megalebendigen Optik der Serie noch mehr Schwung mit. Mehr noch: Manche Songs sind schlichtweg so mitreißend geraten, dass man direkt nach jeder Folge auf die Suche nach noch mehr Songs der jeweiligen Bands geht. Kurzum: Optik und Musik der Serie sind einfach nur herrlich viril und passen im Grunde eben auch zu der grundsätzlichen Ausrichtung des Stoffes. Die Serie nimmt sich selbst nicht sonderlich ernst. Überzieht gerne und erhebt das irgendwann auch zum Prinzip.
Apropos überziehen: Bei den derben Kills mit diversen Hieb- und Stich- sowie Feuerwaffen dreht die Serie ebenfalls ordentlich auf. Zudem wirken die brutalen Kills von Lizzie durch die Bank handgemacht und kommen teilweise extrem krass rüber. Lizzie Borden macht halt keine Gefangenen.
Was am Ende bleibt, ist eine durchaus unterhaltsame Schnurre, die sich allerdings in ihrem Modus Operandi irgendwann ziemlich festläuft. Wenngleich “Lizzie Borden – Kills!” beständig ein paar hübsche Überraschungen in Sachen Story-Entwicklung aufzubieten vermag, läuft sich das ewig gleiche „Der Typ hat Lizzie aber sehr schräg angeschaut, dafür muss er sterben“-Schema schnell tot. Das merkten auch die Macher und setzten nach Folge 6 einen Cut. In der Folge mussten sie in den Folgen 7 und 8 viele neue Figuren einführen und waren wieder gezwungen, mehr zu erzählen. So richtig neu beleben konnte das die Serie aber nicht, zumal das eigentliche Handlungsmotiv um Lizzies Mordlust beibehalten wurde. Und so beschloss man, das Thema Lizzie Borden nach insgesamt acht Folgen ad acta zu legen. Diese Folgen sind durchaus gut für den kleinen Hunger nach einer blutigen Groteske geeignet, ein rechter Mehrwert will sich aus der kurzlebigen Serie aber nicht ergeben.
Über eine deutsche Veröffentlichung auf physischen Datenträgern ist mir bislang nichts bekannt. Zumindest läuft “Lizzie Borden – Kills!” aber ab und an topp synchronisiert bei RTL-Crime. In den Staaten erschien eine Code 1 DVD unter dem Titel „The Lizzie Borden Chronicles“ von Sony Pictures Home Entertainment.
In diesem Sinne:
freeman
Was meint ihr zu der Serie?
Zur Filmdiskussion bei Liquid-Love
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