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Total Recall – Die wahre Geschichte meines Lebens

Zunächst vorweg: Ich mag keine fremdverfassten Biografien, ist jenen doch häufig eine Wertung und Gewichtung von Autorenseite inhärent. Gleichzeitig ist mir aber auch bewusst, dass selbstverfasste Biografien häufig dazu neigen, zu unkritisch mit ihrem Gegenstand – und damit ihrem Autor – ins Gericht zu gehen. Allerdings mache ich mir von einer Person immer lieber selbst ein Bild, als vorgefasste Meinungen zu übernehmen.

Dementsprechend habe ich bisher um Arnold Schwarzenegger Biografien – von denen es einige am Markt gibt – einen großen Bogen gemacht. Doch eines Tages war es dann soweit! Schwarzenegger höchstpersönlich veröffentlichte die Geschichte seines Lebens und wurde damit durch alle Medien gezerrt. Verständlich, handelt es sich doch bei Arnold Schwarzenegger um einen DER Stars schlechthin. Ein Star, der zudem – obwohl aus Österreich kommend – in den USA eine politische Karriere hinlegte. Ich war angefixt und bestellte mir “Total Recall – Die wahre Geschichte meines Lebens” umgehend. Tage später lag ein 670 Seiten Wälzer vor mir, der erst einmal bezwungen werden wollte. Anfangs konnte ich mich nicht dazu durchringen, doch als ich das Buch wenige Monate später zufällig wieder in der Hand hielt, fing ich einfach an und konnte es nicht mehr weglegen …

Die wahre Geschichte über Arnold Schwarzeneggers Leben

Total Recall

“Total Recall” – der Titel bezieht sich im Übrigen eher auf das Ereignis, das Arnold Schwarzeneggers politische Karriere begünstigte und weniger auf den gleichnamigen Hitstreifen. © Hoffmann und Campe

Schwarzenegger, 1947 geboren und aufgewachsen im britisch besetzten Teil Österreichs, und seiner Familie ging es während seiner Kindheit mehr schlecht als recht. Der Vater, ein Polizist, war ein extrem strenger Mann, der Arnold durchaus auch verprügelte und ihn immer wieder drängte, auch den Polizistenberuf zu ergreifen. Seine Mutter war viel weicher in der Wahl ihrer Erziehungsmethoden und wünschte sich für ihren Bub nicht viel mehr als eine hübsche Frau, die ihm viele Kinder schenken möge. Schon als Kind beweist Arnold Schwarzenegger einen extremen Geschäftssinn und verdient sich das Geld, das er für Eis und Kino benötigte, selbst.

Zum Bodybuilding kam er eher zufällig. Er sollte in der Schule einen Aufsatz über Kurt Marnul halten, den damals bekanntesten Bodybuilder Österreichs. Arnold war sofort angefixt von dem Sport und begann, verbissen zu trainieren. Selbst bei der Armee dachte er nur daran, Muskeln aufzubauen und dank seiner Physis Karriere zu machen. Mit 19 geht er nach München und arbeitet hier als Trainer in einem Bodybuildingstudio. 1966 nimmt er an seinem ersten “Mister Universum” Wettbewerb in London teil und wird “nur” zweiter, was ihn noch verbissener trainieren und einen unglaublichen Siegeswillen entwickeln lässt. Er nimmt an unzähligen Wettbewerben teil, entwickelt ganz eigene, spezielle Posen und baut sich nach und nach eine Fanbase auf. Die Folge: 1967 gewinnt er den “Mister Universum” Titel als jüngster Teilnehmer der Geschichte. Im nächsten Jahr gewinnt er erneut und geht in die USA, um auch dort die Bodybuildingszene aufzumischen. Das allerdings wenig erfolgreich. Doch er wird wider Erwarten von Joe Weider – dem Bodybuilding-Guru in den USA – für ein Jahr unter die Fittiche genommen.

In den USA macht Arnold verbissen mit seinen Trainingsprogrammen weiter und entwickelt ganz neue Ansätze. Diese lässt er in Broschüren drucken und verkauft sie selbst, was sich zu einem einträglichen Geschäft für Schwarzenegger entwickelt. Mit 22 dreht er seinen ersten Film: “Herkules in New York”. Als die Produktionsfirma pleite geht, verschwindet der Film in der Versenkung, doch Arnold selber hat Blut geleckt. Gleichzeitig eröffnet er mit seinem Kumpel Franco Columbo ein Bauunternehmen, dessen Gewinne er in Immobilien investiert. Das geht soweit, dass er irgendwann von den daraus generierten Mieteinnahmen problemlos leben kann. Später wird er mit Immobilien seine erste Million gemacht haben. Weit vor seiner Filmkarriere.

Nebenbei gewinnt er Titel um Titel im Bodybuilding und versucht alles, seinen Sport populärer zu machen und aus der Nische herauszuholen. Er geht ins TV, in Talk Shows, richtet selbst Wettkämpfe aus und geht sogar ins Gefängnis, um den Insassen seinen Sport nahe zu bringen.

1975 dreht Bob Rafaelson “Mister Universum” mit Arnold. Während der Dreharbeiten wird er gefragt, ob er in der Doku “Pumping Iron” mitwirken möchte. Die Filmkarriere nimmt konkretere Formen an, obwohl “Mister Universum” in den Kinos floppt. 1977 lernt er bei einem Benefiz-Tennisturnier Maria Shriver (ein Mitglied des Kennedy-Clans) kennen und unterschreibt für “Conan – Der Barbar”. Doch dieser wird immer wieder verschoben. Derweil wird Schwarzenegger vom Kennedy-Clan mehr oder weniger assimiliert und von jenen angespornt, sich mehr für die Gesellschaft stark zu machen. So hilft Arnold mit, den Kraftdreikampf zum Teil der Special Olympics zu machen. Und dank Maria und ihrer Verwandtschaft schnuppert er unentwegt politische Luft.

“Conan” wird dann doch noch zur Initialzündung für Schwarzeneggers Filmkarriere. 1983 erhält er die doppelte Staatsbürgerschaft und unterschreibt für einen kleinen Film namens “Terminator”. “Conan – Der Zerstörer” kommt vorher ins Kino und geht wie “Red Sonja” an den Kassen eher unter. Ganz im Gegenteil zu “Terminator”. 1986, er dreht gerade “Predator” in Mexiko, heiratet Arnold Maria. “Red Heat”, “Running Man” und “Total Recall” festigen seinen Status als neuer Actionsuperstar. Sogar als Komödiant (“Twins“) wird er von den Zuschauern akzeptiert.

1987 wird Katherine, sein erstes Kind, geboren. Christine folgt nur wenig später. Der erste Sohn, Patrick, folgte ebenfalls auf dem Fuße. Derweil begannen dann auch die Dreharbeiten an “Termintor 2”, die “Planet Hollywood” Kette geht mehr als erfolgreich an den Start und er wird zum Vorsitzenden des “Nationalen Rates für Fitness und Sport”. Das, sein allgemeines Interesse an Politik und die Tatsache, dass etwa Clint Eastwood zum Bürgermeister seiner Heimatstadt gewählt wurde, ließen Arnold Schwarzenegger immer auch eine politische Karriere in Erwägung ziehen. Doch vorher muss er den (von den Medien dazu gemachten) Flop “Last Action Hero” hinnehmen und sich mit “True Lies” wieder aufrappeln. 1997 steht eine Herzklappen Operation an, die fast seine Karriere beendet, da die Studios ihn als unwägbares Risiko betrachteten und nicht mehr glaubten, dass er noch in Action machen könne. Obendrein geht “Planet Hollywood” bankrott.

1997 wird sein viertes Kind (Christopher) geboren, “End of Days” beendet die filmische Durststrecke und neue Angebote trudeln ein. Derweil verstärkt Arnold seine politischen Bemühungen und eruiert, ob er schon bereit wäre, zu kandidieren. Für eine Wahl 2001/02 bremst ihn allerdings “Terminator 3” aus, doch er beschließt, sich für den nächsten Wahlrun fit zu machen. Da sieht sich 2003 der amtierende Gouverneur Kaliforniens – Gray Davis – einem Amtsenthebungsverfahren ausgesetzt. Eine Neuwahl wird notwendig, bei der JEDER kandidieren darf. Arnold Schwarzenegger geht mit einem Erdrutschsieg als neuer Gouverneur von Kalifornien aus dem Wahlverfahren hervor und lernt in sieben Jahren Politik, was es heißt, wirklich zu verlieren und wirklich zu gewinnen. Seine größten Errungenschaften verzeichnet er auf dem Gebiet des Umweltschutzes, den größten Problemen seines Bundesstaates wird aber auch der Terminator nicht Herr. Zumal die weltweite Wirtschaftskrise die Lage noch aussichtsloser macht.

Nach seiner Amtszeit konfrontiert ihn Maria zudem damit, dass sie von seiner Affäre mit einer Haushälterin wisse und man trennt sich … Dieses Geschehen ließ seine Karriere wieder kurz erstarren. Erst die Angebote zu “The Expendables 2” und “The Last Stand” gaben Arnold wieder etwas Oberwasser zurück …

“Total Recall” und die Gewichtung verschiedener Lebensabschnitte

Wie man anhand dieses kurzen Abrisses sehen kann, hat Arnold Schwarzenegger ein mehr als bewegtes Leben hinter sich, das durch “Total Recall” flott und durchaus spannend wiedergegeben wird. Dabei legt Schwarzenegger einen sehr großen Fokus auf seine Bodybuildingkarriere. Hier gelingt ihm ein großartiger Mix aus tiefergehenden Einblicken in seine Trainingsprogramme und unterhaltsamen Momentaufnahmen von Psychospielchen bei Wettkämpfen usw. Hier trifft Schwarzenegger genau den richtigen Ton, um einerseits seine Faszination an dem Sport hervorzuheben und einen andererseits nicht mit zu detaillierten Internas zu langweilen.

Das gelingt ihm erstaunlicherweise bei seiner filmischen Karriere nicht. Hier geht er nur auf seine Karrierehighlights wirklich ein. Manche Filme frühstückt er in zwei Zeilen ab, andere sind ihm kaum eine Fußnote wert und Kracher wie “Eraser” finden gleich gar keine Erwähnung. Auch hat Schwarzenegger zu seinen Filmen erstaunlich wenig zu sagen. Wer sich also Hintergrundinformationen aus erster Hand zu Filmen wie “Phantom Kommando” und Co. erhofft, wird von “Total Recall” sicherlich sehr enttäuscht sein. Schwarzenegger geht eigentlich fast wie ein BWL’er an seine Filme heran. Waren sie ein Flop? Wie lief das Marketing? Was hätte man besser machen können? Es erstaunt, wie abgeklärt Schwarzenegger auf diesen Karriereaspekt eingeht.

Dagegen spielt die Privatperson Schwarzenegger eine sehr wichtige Rolle in diesem Abschnitt. Man erfährt also vielmehr, was abseits der Filme passierte. Wen er kennen lernte, wie sich seine Beziehung zu Maria entwickelte, wie die Kindererziehung im Hause Schwarzenegger funktionierte, was er über “Planet Hollywood” dachte, wie er seine Komik trainierte usw. Das ist mal hochinteressant und megawitzig, ab und an aber auch ziemlich dröge zu lesen.

Im letzten Abschnitt, der sich seiner politischen Karriere widmet, wird es dann teils zu speziell. Hier rückt dann auch das Private sehr in den Hintergrund. Man erfährt viel über die Kämpfe, die es zu kämpfen galt, dass der Erfolgsmensch Schwarzenegger hier verdammt viel zu schlucken hatte und man meint auch, eine leichte Verschiebung im Ton herauszulesen. Denn gerade die ab und an sehr nüchterne Aufarbeitung der Vorgänge wirkt doch sehr distanziert. Dennoch bleibt die Spannung rein inhaltlich durchweg erhalten.

Die Probleme von “Total Recall”

Das größte Problem von “Total Recall” ist, dass die negativen Aspekte des Lebens von Schwarzenegger immer sehr flott abgearbeitet werden. Hat Arnold Schwarzenegger Steroide genommen? Ja! Eine kurze Erklärung später spielt dieses Thema keine Rolle mehr. Die Affäre mit Brigitte Nielsen (da war er schon mit Maria zusammen), ist ihm zwei bis drei Zeilen wert. Und in Sachen Politik gibt es nichts zu lesen zu Themen wie Todesstrafe in Kalifornien usw.

Auch wirkt sein Buch teilweise extrem wie ein Beraterbuch. „Glaube an dich und du wirst alles schaffen“, schwingt in ungeheuer vielen Aspekten mit. Eine Auflistung von zehn Regeln, nach denen Schwarzenegger lebt und die man mantraartig übernehmen könnte, verstärkt diesen Eindruck nur.

Vom Aufbau her ist „Total Recall“ ein wenig anstrengend geraten. Zum einen arbeitet Schwarzenegger viel zu selten mit einordnenden Jahreszahlen. Mehr als einmal ist von „einem Jahr später“ die Rede, so dass man häufiger zurückblättert, um dann Ewigkeiten später einmal eine Jahreszahl zu finden, die passen könnte. Auch springt Schwarzenegger in der Chronologie stark hin und her, so dass es teilweise schwer ist, der Abfolge der Ereignisse zeitlich wirklich zu folgen. Aufgrund dieses Aufbaus ist Schwarzenegger auch immer wieder gezwungen, einordnende Bezüge aufzubauen und zu wiederholen, damit man als Leser nicht vollends den roten Faden verliert. Die Folge sind überdurchschnittlich viele Informationsdopplungen.

In der deutschen Übersetzung haben sich dann auch noch einige kleine Rechtschreibfehler eingeschlichen.

Auf den Menschen Arnold Schwarzenegger bezogen, hat das Buch einige Momente, bei denen man hart schlucken muss. Der Ehrgeiz, mit dem Schwarzenegger teils agiert, ist einem ab und an wahrhaft unheimlich. Man hat das Gefühl, er würde alles machen, um seine Karriere voran zu treiben. In diesen Momenten wird einem Schwarzenegger sogar ziemlich unsympathisch.

Und deshalb lohnt sich “Total Recall”

Doch das steht freilich alles in keinem Verhältnis zu den Einblicken, die einem der Superstar in seinem Buch in seine Seele, sein Denken und sein Wesen gewährt. Detailliert taucht man in Arnolds Leben ein und erfährt Sachen, die man kaum für möglich gehalten hätte. So sind seine Geschichten aus seiner Militärzeit ein unfassbarer Hort an Komik und beinhalten schier unglaubliche Anekdoten. Auch seine Art, andere teils ganz bewusst vor den Kopf zu stoßen, hat einige sehr amüsante Momente zur Folge.

Seine Begeisterung für seinen Sport fasziniert über die Maßen und die Art und Weise, wie er seine Umwelt wahrnimmt, zeugt von einem aufgeschlossenen Geist, der teilweise fast naiv in neue Lebensabschnitte stolperte und diese dann mit dem unbändigen Willen zum Erfolg meisterte. Untermalt von tollen Fotos aus seiner Privatsammlung wird das flott geschriebene Buch zu einem schier unerschöpflichen Fundus an Erfahrungen und Erlebnissen aus einem nicht ganz normalen Leben eines normalen Menschen. Ein Mensch, dessen Motto zeitlebens war und ist: “Hohes Risiko – hoher Gewinn” und der gleichzeitig zugibt: “(Ich bin) Jemand, der alles seiner Disziplin zu verdanken hat und der nicht immer diszipliniert genug war.”

Ein lohnenswertes Buch – nicht nur für Fans.

Alle Details zu “Total Recall – Die wahre Geschichte meines Lebens”

Total Recall
Die wahre Geschichte meines Lebens
von Arnold Schwarzenegger (Autor), Heike Schlatterer (Übersetzer), Anne Emmert (Übersetzer), Karlheinz Dürr (Übersetzer), Karin Schuler (Übersetzer)
Verlag: Hoffmann und Campe
Erschienen am: 4. Oktober 2012
ISBN: 978-3-455-50278-7
Seiten: 672, gebunden, mit Bildteil

In diesem Sinne:
freeman

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