Originaltitel: Darc__Herstellungsland: USA__Erscheinungsjahr: 2018__Regie: Julius R. Nasso__Darsteller: Tony Schiena, Armand Assante, Kippei Shiina, Tetsu Watanabe, Vienna Hehir, Shô Ikushima, Dawn Olivieri, Kevan Ohtsji, Kasey Ryne Mazak, Paul Cheng, Brad Kelly, Stephen Chang u.a. |
Als Produzent diverser Steven-Seagal-Reißer der 1990er (etwa „Zum Töten freigegeben“ oder „Alarmstufe: Rot 2“) hatte Julius R. Nasso bereits Actionerfahrung gesammelt und entdeckte auch den früheren Spion und ehemaligen Karate-Weltmeister Tony Schiena für den Filmbereich. Gemeinsam werkelten sie über Jahre an Nassos Regiedebüt, dem von Schiena verfassten „Darc“, in dem der kampfkunstgeschulte Hüne die Hauptrolle übernahm.
„Darc“ streift dabei ein Thema, dem sich Schiena auch persönlich verschrieben hat: Der Bekämpfung von Kinderprostitution und damit verbundenem Menschenhandel. Der Held selbst wächst in einem mehr oder weniger legalen Bordell, das von der Yakuza betrieben wird, als Sohn einer Prostituierten auf. Seinen (Spitz)Namen hat er nach seinem Comicidol, Darc. Als Darc seiner Mutter eines Tages heldenhaft zu Hilfe kommen will, als ein Yakuza sie auspeitscht, kommt es zur Kampf und dann zur Katastrophe: Als Darc und seine Mutter fliehen, holen die Yakuza sie ein und töten Darcs Mom, während der Junge entkommen kann und als Waisenkind eine harte Schule durchläuft.
Zeitsprung in die Gegenwart: Der erwachsene Darc (Tony Schiena) ist ein harter, mit allen Wassern gewaschener Einzelgänger, der frisch aus dem Knast kommt. Kaum draußen spricht ihn bereits der Cop Lafique (Armand Assante) an. Der bittet Darc um Hilfe, da seine Tochter Renee (Natasha Wilson) von der Yakuza entführt wurde und er der Organisation Informationen liefern muss, damit ihr nichts geschieht. Darc ist natürlich cool wie Eis, mischt bereits im Vorbeigehen ein paar Kleinkriminelle auf und will mit Lafiques Problemen erst einmal nichts zu tun haben, aber den Genregesetzten folgend muss er sich a) bald ein Herz fassen und sich anders entscheiden und fühlt sich b) natürlich sofort an das Schicksal der gemeuchelten Mama erinnert, das für den Zuschauer erst an dieser Stelle vollends enthüllt wird, damit er Darcs Entschluss versteht.
Also kommt Darc Shigeru (Shô Ikushima), dem Sohn des Yakuza-Chefs Toshi Kageyama (Kippei Shiina) zu Hilfe, scheinbar zufällig, als dieser gerade in eine Auseinandersetzung mit ein paar Bikern verwickelt ist. Begeistert wirbt Shigeru den schlagkräftigen Fremden als Helfer an, wodurch Darc die Organisation infiltrieren kann…
httpv://www.youtube.com/watch?v=56BaU33u0Zg
„Darc“ wirkt wie ein Rücksturz in jene Zeit, vor allem in den späten 1980ern und 1990erj, in der asiatische Verbrecherorganisationen beliebte Schurken im amerikanischen (B-)Actionfilm wurden. So sind die Vorbilder klar zu erkennen: Wie in Sidney Pollacks „Yakuza“ als besonders frühem Vertreter dieser Welle oder in Mark L. Lesters „Showdown in Little Tokyo“ erhält der Zuschauer Einblicke in die Riten und Regeln der Yakuza, während das Undercoverszenario an „American Yakuza“ erinnert. Darc als Einzelkämpfer gegen den Clan hat, vor allem im Showdown, etwas von „The Punisher“ mit Dolph Lundgren und „True Vengeance“ mit Daniel Bernhardt. Dabei muss „Darc“, mehr noch als seine Vorbilder, mit kleinen Budgetmängeln kämpfen, kann mit den knappen Mitteln aber meist sehr stimmig und atmosphärisch dicht arbeiten – meist schickt das Drehbuch seine Helden eben in entlegene Büros, verlassene Lagerhallen und Hafenviertel bei Nacht, während Sets wie der Yakuza-Nachtclub sich mit einer überschaubaren Anzahl von Statisten und gelungener Ausleuchtung schick in Szene setzen lassen.
Aus Budgetgründen kommt dann auch das Blut in den Actionszenen aus dem Rechenknecht, die aber sonst den Charme des Handgemachten versprühen. In Shoot-Outs, Martial-Arts-Fights und Schwertkämpfen dezimiert Darc seine Gegner, wobei sein Stil in Richtung der Todesballette von „John Wick“ geht, wenn auch nicht ganz so kunstvoll und dynamisch arrangiert. Doch die Choreographie der gut über den Film verteilten Actionszenen durch Brett Chan („Marco Polo“) kann sich sehen lassen, zumal Schiena die entsprechenden Fähigkeiten in Sachen Körperbeherrschung mitbringt. Manche Auseinandersetzung könnte ruhig etwas länger gehen, doch Darc räumt meist effektiv und schnell mit den Gegnern auf, wobei sich diverse Härten wie Knochenbrüche, Kehlenschnitte und Kopfschüsse finden. Die Inszenierung des Ganzen ist ebenfalls meist gelungen, nur an zwei Stellen hapert die Montage von Nasso und seinen zwei Cuttern Ryan Stevens Harris („Humanoid – Der letzte Kampf der Menschheit“) und Gordon Rempel („Tactical Force“): Sowohl Darcs Fight gegen die Biker beim ersten Treffen mit Shigeru als auch eine spätere Actionsequenz am Hafen sind leider etwas verschnitten und nehmen der Action dabei Dynamik – zum Glück trifft das auf die restlichen Konfrontationen nicht zu.
Tadellos dagegen ist die Kameraarbeit von Joel Ransom („Outcast – Die letzten Tempelritter“), der die B-Actionstandards von „Darc“ mit ein paar netten Einfällen aufpeppt, etwa wenn die Kamera durch eine Aufsicht in der Anfangsszene die Topographie des Bordells, in dem Darc aufwächst, zeigt oder er dem Blick eines Triadenmitglieds durch ein Einschussloch in einer Klotür folgt. Die Triaden mischen neben den Yakuza und den Bikern ebenfalls mit, damit die Kriminellen sich zwischenzeitlich auch mal bekriegen können und Darc auch was zu tun hat, denn sonderlich viel Ermittlungsarbeit ist bei dem Undercoverplot nicht angesagt – noch weniger als in artverwandten Actionstorys wie „Gefährliche Brandung“ oder „The Raid 2“. Auch Situationen, in denen Darc auffliegen könnte, sind eher dünn gesät, womit sich Nasso leider um ein paar mögliche Spannungsmomente bringt.
Was eher für Spannung sorgt, ist die Anzahl weiblicher Figuren, die Darc potentiell beschützen muss (dabei natürlich das Schicksal der gemeuchelten Mutter vor Augen). Neben der entführten Renee sind das die Prostituierte Lisa (Vienna Hehir), die zu seiner Vertrauten wird, und seine Nachbarin Ivy (Dawn Olivieri), die auch droht in die Ereignisse hineingezogen zu werden. Mit Ivy wird auch ein romantischer Subplot ausgelegt, der allerdings an den unbeholfenen Dialogen und holzschnittartiger Dramaturgie krankt, weshalb es gut ist, dass dieser nicht so viel Raum einnimmt. Da konzentriert sich „Darc“ mehr auf eine wenig innovative, aber erfreulich flott erzählte Standardgeschichte, die immerhin kurz vorm Finale noch mit einer handfesten Überraschung aufwarten kann.
Standard sich auch die Figuren, doch immerhin sind sie gut besetzt. Der 1,91 Meter große Tony Schiena („Vampirkiller – Untote pflastern ihren Weg“) bringt nicht nur Credibility durch (Kampf-)Erfahrung mit und macht eine dementsprechend gute Figur in den Krawallszenen, das Zeug zum Actionstar hat er auch. Darstellerisch okay mit Luft nach oben, auch in Sachen Charisma noch nicht ganz auf Starhöhe, aber gut dabei – mit mehr Titeln wie „Darc“ könnte er sich etwas in dem Genre aufbauen. Armand Assante („Dead Man Down“) ist der einzige bekanntere Name auf der Besetzungsliste und macht seine Sache routiniert, ähnlich wie auch Dawn Olivieri („Bright“) und Vienna Hehir („Odd Squad“) in den tragenden Frauenrollen. Noch ein Stück besser sind Shô Ikushima („Sekigahara“), Kippei Shiina („Shinobi“) und Tetsu Watanabe („Shin Godzilla“), die als Hauptschurken aus drei Yakuza-Generationen auftreten – sie verkörpern drei eiskalte Mistkerle, die man gerne hasst.
„Darc“ mag keine Innovationspreise gewinnen und unter kleinen Schwächen wie der unglaubwürdigen Romanze und ein, zwei etwas verschnittenen Actionszenen leiden. Doch Julius R. Nassos Regiedebüt ist ein straighter, meist gelungener One-Man-Army-Film bekannter Bauart, der mit ausreichend harter Action überzeugt, mit Atmosphäre punktet und einen unironischen Retrocharme für den B-Actionfan besitzt. Wer noch einmal so Party machen möchte wie zu den Zeiten von Filmen wie „American Dragons“ und „Back to Back“, der erlebt mit „Darc“ einen unterhaltsamen Rücksturz in frühere Actiongefilde.
Knappe:
Auf DVD und Blu-Ray ist „Darc“ bisher noch nicht erschienen, sondern der Film würde über Netflix ausgewertet. Dort gibt man die Freigabe ab 16 an, die FSK verzeichnet bisher allerdings noch kein offizielles Prüfergebnis des Films, was nicht so verwunderlich ist, denn beim noch nicht woanders veröffentlichten Programm bestimmt Netflix die Freigaben mehr oder weniger selbst.
© Nils Bothmann (McClane)
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