Eine der ersten Arbeiten von Joel Silver als Produzent war diese Slapstick-Comedy-Version des Klassikers von Robert Louis Stevenson. Darin spielt der frühere TV-Komiker Mark Blankfield beide Titelrollen als brillanter Chirurg, der ein selbstentwickeltes Wundermittel schnupft, welches das Animalische im Menschen freisetzt, in seinem Falle den triebgesteuerten Mr. Hyde.
Originaltitel: Jekyll and Hyde… Together Again__Herstellungsland: USA__Erscheinungsjahr: 1982__Regie: Jerry Belson__Produktion: Joel Silver, Lawrence Gordon u.a.__Darsteller: Mark Blankfield, Bess Armstrong, Krista Errickson, Tim Thomerson, Michael McGuire, Neil Hunt, Cassandra Peterson, Jessica Nelson, Peter Brocco, Michael Klingher, Noelle North, Lin Shaye, Art LaFleur u.a. |
Nicht nur aus „Saturday Night Live“, sondern auch aus der ähnlich gelagerten (und namentlich sehr ähnlichen) Sketchshow „Fridays“ drängten die Fernsehkomiker ins Kino. Einer davon war Mark Blankfield, der es 1982 mit „Jekyll und Hyde – Die schärfste Verwandlung aller Zeiten“ versuchte.
Die Grundidee Robert Louis Stevenson Novelle „Dr. Jekyll und Mr. Hyde“ als moderne Komödie zu inszenieren war allerdings damals schon nicht neu – Jerry Lewis hatte es mit „Der verrückte Professor“ bereits in den 1960ern getan. „Jekyll und Hyde – Die schärfste Verwandlung aller Zeiten“, im Original dezenter „Jekyll and Hyde… Together Again“ genannt, versucht es dagegen mit direktem Bezug zum Vorbild und ist eine der ersten Produzentenarbeiten von Joel Silver, bevor dieser Megablockbuster wie „Stirb langsam“, „Lethal Weapon“ oder „Matrix“ produzierte. Der Jekyll-und-Hyde-Film muss da mit sichtlich schmalerem Budget auskommen und ist in einer cartoonhaften Verzerrung der Realität angesiedelt, die an ZAZ-Werke wie „Die nackte Kanone“ oder „Top Secret“ erinnert.
So ist es hier auch eine Ehrensache, dass der brillante Chirurg Dr. Daniel Jekyll (Mark Blankfield) die erste Ganzkörper-OP vornehmen soll, die einem reichen alten Knacker einen neuen Körper verschaffen soll oder dass sein asiatisches Patenkind sich in einem Brief nicht nur für ein Geschenk bedankt, sondern gleichzeitig von dem Tag schwärmt, an dem kapitalistische Hunde wie er ausgelöscht werden. Das alles interessiert Jekyll aber nur am Rande, da seine neueste Forschung dazu dienen soll das Animalische im Menschen freizusetzen, zum Wohle der Allgemeinheit natürlich.
Als Jekyll jedoch am Labortisch einschläft, schnupft er selbst etwas von dem Wirkstoff und entwickelt ein sexbesessenes Alter Ego, das sich nicht um gesellschaftliche Konventionen schert: Mr. Hyde. Und der bringt Jekylls Liebesleben durcheinander: Wo der brave Arzt mit Mary (Bess Armstrong), der Tochter seines Chefs Dr. Carew (Michael McGuire), liiert ist, entwickelt Hyde Verlangen nach der Prostituierten Ivy (Krista Errickson)…
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Dass die Verwandlung in Mr. Hyde die animalischen und vor allem sexuellen Triebe des Protagonisten entfesselt, war sowohl bei Stevenson als auch beim verrückten Professor mehr oder weniger deutlich zu sehen, wobei „Jekyll und Hyde – Die schärfste Verwandlung aller Zeiten“ das vergnügungssüchtige Alter Ego immerhin in den koksgeschwängerten 1980ern ankommen lässt: Neben einer dicken Beule in der Hose, einem Schnauzer und einer wilden Frisur Marke Tingeltangel-Bob wächst dem Protagonisten nämlich der verlängerte Fingernagel zum Drogenschnupfen. Der eine oder andere Zeitgeistwitz ist dabei, etwa wenn Ivy in einem Rotlichtviertel gleichzeitig noch als Punksängerin in einem japanischen Lokal auftritt, das Hühnersushi serviert – eine wohl nur leicht überspitzte Ausformung der Kapitalismus-Logik der 1980er. Amüsant ist auch eine in schwarz-weiß gefilmte Verfolgungsjagd durch London kurz vor Schluss, die natürlich an die Universal-Horrorfilme der 1930er denken lässt, und die letzte Einstellung, in der Robert Louis Stevenson angesichts der Geschehnisse wortwörtlich im Grabe rotiert.
Ob Stevenson das wirklich muss, darüber kann man geteilter Meinung sein. Denn „Jekyll und Hyde – Die schärfste Verwandlung aller Zeiten“ mag dem Stoff wenig Neues hinzuzufügen haben, legt aber anfangs mit hoher Schlagzahl absurden, simplen und brachialen Slapstick vor, der manchmal amüsant um die Ecke denkt und vom Timing oftmals gar nicht schlecht ist – gerade bei der Vorstellung von Jekylls Alltag im Spital, seinen ersten Ausflügen als Mr. Hyde oder jener Szene, in welcher Protagonist in einem Zwischenstadium zwischen Jekyll und Hyde das Schlafzimmer seiner vermeintlich keuschen Verlobten aufsucht, die von der neuen Virilität ihres Mannes bezaubert ist. Mit einem urkomischen Intermezzo, wenn der Schwiegerpapa in spe hereinbricht.
Leider fällt den vier Drehbuchautoren, die dieser Film verschliss, zunehmend weniger ein. Die Hyde-Exzesse wiederholen sich nur noch, der Plot ist bald eh nur noch ein dünner Vorwand für die Slapstickeinlagen – egal ob es um Jekylls Hin-und-Her-Gerissensein zwischen Ivy und Mary geht oder seine Forschung, für die er ausgezeichnet werden soll. Die geplante Ganzkörper-OP spielt irgendwann überhaupt keine Rolle mehr, sobald sie ihre Pflicht für ein paar Gags getan hat. Und eines darf man bei dem Treiben ganz sicher nicht erwarten: Niveau. Denn der drogen- und sexfixierte Humor bleibt konsequent unter Gürtellinie und ist dabei manchmal bloß begrenzt geschmackssicher. Die erste Begegnung mit Ivy hat Jekyll beispielsweise, nachdem eine Schwester ihn zur Behandlung Ivys ruft, da diese ein „foreign object“ in ihren Genitalien feststecken habe – bei der Visite erweist sich besagtes Objekt dann als asiatischer Freier.
Dazu kaspert sich Mark Blankfield (später auch im Mel-Brooks-Slapstick wie „Robin Hood – Helden in Strumpfhosen“ zu sehen) mit viel Elan und noch mehr Overacting durch die Szenerie, ohne ganz die Qualitäten eines Jim Carrey zu haben – dabei hätte der Film diese durchaus brauchen können. Aber Blankfield macht seinen Job ganz gut, ähnlich wie Bess Armstrong („Der weiße Hai 3“) und Krista Errickson („Martial Outlaw“) in den wenig fordernden weiblichen Hauptrollen. Immerhin gibt es ein paar nette Nebenrollenauftritte: Der spätere Albert-Pyun-Spezi Tim Thomerson („Brain Smasher“) hat einen amüsante Gastauftritt als Schönheitschirurg, der Opfer der eigenen Ambitionen wurde, Lin Shaye („Abattoir“) schaut als unterwürfige Krankenschwester vorbei und in Minirollen kann man Art LaFleur („Mit stählerner Faust“) und Cassandra Peterson („Elvira – Herrscherin der Dunkelheit“) sehen.
„Jekyll und Hyde – Die schärfste Verwandlung aller Zeiten“ ist albern, niveaulos und inkohärent, keine Frage, zumal Hauptdarsteller Mark Blankfield auch nicht als Genie in die Comedy-Geschichte eingehen wird. Doch zumindest zu Beginn macht die Stevenson-Parodie mit ihrer Übertragung in die 1980er und ihrem hemmungslosen Slapstick durchaus Freude – nur leider kann dieser Schwung nicht gehalten werden, weshalb sich der Film dann gegen Ende reichlich zieht.
Starke:
Hierzulande gibt es den Film nur auf VHS von CIC, ungekürzt ab 16 Jahren freigegeben. In den USA ist er auf DVD erschienen, sowohl einzeln als auch im Double Feature mit der Slasherparodie „Student Bodies“.
© Nils Bothmann (McClane)
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