Originaltitel: Ant-Man and the Wasp__Herstellungsland: USA__Erscheinungsjahr: 2018__Regie: Peyton Reed__Darsteller: Paul Rudd, Evangeline Lilly, Michael Douglas, Michael Peña, Walton Goggins, Judy Greer, T.I., David Dastmalchian, Hannah John-Kamen, Abby Ryder Fortson, Randall Park, Michelle Pfeiffer, Laurence Fishburne u.a. |
Als „Avengers: Infinity War“ nun zum großen Gipfeltreffen der Marvel-Helden rief, glänzten nur zwei von ihnen mit (entschuldigter) Abwesenheit: Hawkeye und Ant-Man. Im Falle von letzterem gibt das Sequel „Ant-Man and the Wasp“ genauere Infos über sein zwischenzeitliches Treiben.
Das ist anfangs allerdings eher gemächlich und vor allem räumlich begrenzt, da Scott Lang (Paul Rudd), der derzeitige Ant-Man, nach seiner Schützenhilfe für den Cap in „Captain America: Civil War“ unter Hausarrest gestellt wurde. Mit seinem Mentor, dem früheren Ant-Man Hank Pym (Michael Douglas), und dessen Tochter Hope van Dyne (Evangeline Lilly) hat er keinen Kontakt mehr, zumal das FBI ihn unter Dauerbeobachtung hat. Immerhin hat sich das Verhältnis zu seiner Tochter Cassie (Abby Ryder Fortson), seiner Ex-Frau Maggie (Judy Greer) und deren neuem Mann Paxton (Bobby Cannavale) gebessert, weshalb Scott das baldige Ende seines Hausarrests mit Fußfessel gar nicht mehr erwarten kann. Schon beim Auftakt zeigt Regisseur Peyton Reed („Der Ja-Sager“) also, dass sich „Ant-Man and the Wasp“ zu „Avengers: Infinity War“ so verhält wie „Ant-Man“ zu „Avengers: Age of Ultron“: Nach dem großen weltbewegenden Spektakel folgt der kleine komödiantische Film, bei dem selbst größere Konflikte lockerleicht und einfach wirken.
Denn die Aufgabe hat es in sich: Hank und Hope suchen nach der verschwundenen Janet van Dyne (Michelle Pfeiffer), ihrer Ehefrau bzw. Mutter, die damals als Wasp mithilfe der Schrumpftechnologie in den subatomaren Raum eindrang und von dort nicht zurückkehrte – ein Akt, der Scott allerdings am Ende von „Ant-Man“ gelang. Daher schöpfen Hope und Hank neue Hoffnung auf Rettung der Verschollenen. Eine Rückblende zu Beginn des Films rollt dies noch mal für alle auf, die Vorgänger nicht gesehen haben, kurz darauf hat Scott einen Traum von Janet und wird daraufhin – gegen seinen Willen – von Hope und Hank eingesackt. Hope trägt inzwischen das Wasp-Kostüm, das nicht nur die Schrumpf- und Wachstumstechnologie beherbergt, sondern auch noch mit Blastern und Flügeln ausgestattet ist.
Hope und Hank stehen kurz vor der Fertigstellung einer Apparatur, die es ihnen erlaubt eine Rettungsmission im subatomaren Raum zu starten. Sie glauben, dass Scotts Traum der Schlüssel zum Wiederfinden Janets ist. Doch zuvor muss noch wichtige Technologie von dem Schwarzmarkthändler Sonny Burch (Walton Goggins) besorgt werden. Den Deal stört jedoch eine vermummte dritte Partei, die auch an der Technologie interessiert ist…
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War der erste „Ant-Man“ noch ein Heist Movie in Comicform, so entfernt „Ant-Man and the Wasp“ wieder von dieser Filmgattung. Zwar wird auch hier mehrfach irgendwo eingebrochen, aber ohne die akribisch gezeigte Planung oder spektakuläre Coups – manche Szenen sind schon wieder als Parodie auf das Genre des Heist Movies angelegt, etwa wenn Ant-Man und Wasp einfach nur einen Pokal aus einer Schule stehlen wollen, Fehlfunktionen des Ant-Man-Anzugs dabei aber zu (urkomischen) Komplikationen führen. Auch die Anbindung an „Infinity War“ in der Mid-Credit-Sequenz wird eher für einen Gag genutzt, obwohl die Konsequenzen eigentlich harsch sind – doch „Ant-Man and the Wasp“ ist einfach zu sehr Gute-Laune-Film um da wirklich dramatisch zu wirken.
Dementsprechend sind auch die einzelnen Handlungsfäden eher lose verbunden: Sonny will selbst ein Stück vom High-Tech-Kuchen, als er herausfindet, wem er da gerade wichtiges Gerät verkauft, die dritte Partei entpuppt sich als Ava (Hannah John-Kamen) alias Ghost, die aus der Realität hinein und hinaus flickert und für ihre Heilung an der Technologie interessiert ist, während die Behörden immer noch nach Hope und Hank jagen, Scotts Abwesenheit verschleiert werden muss. Und dann mischen noch Nebenfiguren wie Hanks alter Kollege Bill Foster (Laurence Fishburne) und Scotts frühere Einbrechercrew aus Luis (Michael Peña), Dave (T.I.) und Kurt (David Dastmalchian) mit, wobei letztere inzwischen zusammen mit Scott eine Sicherheitsfirma betreiben. Insofern ist der Plot wenig geschlossen und fokussiert, sondern legt mehr Wert auf hohes Tempo und das Kreieren denkwürdiger Szenen, die Peyton Reed aber hervorragend gelingen: Eine extralange Luis-erzählt-eine-Story-Szene in gewohntem Stil, eine amüsante Montage von Scotts Tagesablauf unter Hausarrest, eine Sequenz, in der Janet die Kontrolle über Scotts Körper übernimmt usw. usf.
Ähnlich einprägsam sind die Actionszenen, von denen es eigentlich nur zwei größere gibt. Diese haben es jedoch in sich. Das erste ist eine von Chris Brewster („Thor – The Dark Kingdom“) hervorragend choreographierte Prügelei mit Ant-Man, Wasp, Ghost und Sonnys Schergen im Foyer und der Küche eines Nobelschuppens, die trotz aller Schrumpf- und Wachseinlagen, trotz Blasterfeuers erfreulich zupackend und körperlich daherkommt. Das andere ist der Showdown, der als extrem lange Verfolgungsjagd in Szene gesetzt wird. Nicht nur in diesen Szenen wird das Spiel mit den Größenverhältnissen mit Verve auf die Spitze getrieben und noch stärker einbezogen als bei allen früheren Ant-Man-Auftritten: Giant-Man benutzt einen Laster als eine Art Skateboard, das Forschungslabor lässt sich locker zum Rollkoffer schrumpfen, ein PEZ-Spender wird zur riesigen Waffe usw. Dabei ist „Ant-Man and the Wasp“ der kreative Gebrauch dieses Stilmittels anzurechnen, denn die Einlagen wiederholen sich nie und laufen dementsprechend auch nicht Gefahr anzuöden.
Stattdessen stehen die Action- und High-Tech-Szenen eher im Dienst der Comedy und da erweist sich „Ant-Man and the Wasp“ als ähnlich pointiert wie der erste Teil. Das Timing stimmt, egal ob Wortwitz oder Slapstickeinlage, die Running Gags laufen sich nicht tot und Peyton Reed lotet in mehreren Szenen aus, wie sich das Verhalten von Tauben und Möwen auf Einsätze in Schrumpfform auswirken kann. Doch bei aller Witzelei hat „Ant-Man and the Wasp“ auch ein Herz hinter den ganzen Gags, das den Film erst richtig trägt. Der Tonfall ist versöhnlich, manche Schurkenfigur wird mal nicht getötet oder wird Opfer der eigenen, außer Kontrolle geratenen Kräfte, stattdessen wird das Miteinander betont. Und zusammengehalten wird das illustre wie charmante Bündel einzelner Handlungsstränge noch dazu vom großen Thema Familie, speziell des Generationenkonflikts. Der arrogante Hank ist nicht unschuldig an der Schaffung manches Kontrahenten, die Schuldgefühle bezüglich Janets Verschwinden treiben ihn wiederum an und Scott fragt sich wie er sowohl Vater als auch Superheld sein kann ohne dabei eines von beidem zu vernachlässigen.
Dass „Ant-Man and the Wasp“ bei alledem so gut gelingt, ist auch den Darstellern anzurechnen. Vor allem Paul Rudd („Year One“) gelingt der Spagat zwischen wohlmeinendem Familienvater, diebischem Schlitzohr und Actionheld wider Willen erneut großartig, während Evangeline Lilly („The Hurt Locker“) die im Vergleich zum Vorgänger ausgebaute Rolle dankbar annimmt und als toughe Heldin zu glänzen weiß. Judy Greer („Planet der Affen: Survival“), Bobby Cannavale („Fast Food Nation“), Michael Peña („12 Strong“), T.I. („Voll abgezockt“) und David Dastmalchian („Prisoners“) haben in ihren gewohnten Sidekickrollen mal wieder alle Sympathien auf ihrer Seite, während Michael Douglas („Unlocked“) etwas in den Hintergrund rückt. Bis auf den obligatorischen Cameo Stan Lees gibt es (auch „Infinity War“-bedingt) keine Auftritte bekannter Marvel-Nasen. Dafür ist Michelle Pfeiffer („Der Tag des Falken“), trotz begrenzter Screentime, eine tolle Addition zum Cast, während Walton Goggins („Tomb Raider“) als arroganter Schurkenfatzke eigentlich immer eine Bereicherung ist – so auch hier. Daneben sind Laurence Fishburne („John Wick 2“) und Hannah John-Kamen („Ready Player One“) als weitere storytragende Neuzugänge eher okay als wirklich herausragend, während Randall Park („The Interview“) in einer komödiantischen Nebenrolle als (über)eifriger FBI-Agent Akzente setzen kann.
Der simple Plot von „Ant-Man and the Wasp“ zerfisselt schon bald in lauter kleine Stränge und Einzelszenen, doch wie Peyton Reed diese Momente verbindet, das ist schon erstklassiges Comedy-Handwerk, garniert mit zwei tollen Actionsequenzen und jeder Menge denkwürdiger Einlagen. Gerade wenn im Abspann Schlüsselszenen des Films als Dioramen nachgestellt werden, dann ist erneut klar wie charmant die „Ant-Man“-Filme doch sind, sodass man ihnen erzählerische Schwächen nur wenig ankreiden möchte. Das passt auch zum heiteren, versöhnlichen Tonfall des Films, der auch schwerste Missionen als lockerleichtes Entertainment darstellt. Und wenn Scott durchblicken lässt wie wenig Verständnis er für das High-Tech-Mumbojumbo-Gebrabbel seiner Kollegen hat, dann beweist „Ant-Man and the Wasp“ nur erneut seine Nähe zum Publikum.
„Ant-Man and the Wasp” startet am 26. Juli 2018 in den deutschen Kinos und wird wie inzwischen alle Marvel-Filme von Walt Disney verleihen. Die FSK hat den Film bisher noch nicht geprüft, es ist aber schwer von FSK 12 auszugehen
© Nils Bothmann (McClane)
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Copyright aller Filmbilder/Label: Walt Disney__FSK Freigabe: ungeprüft__Geschnitten: Nein__Blu Ray/DVD: Nein/Nein, ab 26.7.2018 in den deutschen Kinos |