Im dritten Teil „Divergent“-Reihe verschlägt es Tris Prior und ihre Getreuen in die verseuchte Wüste außerhalb der Schutzmauer, wo eine Gen-Behörde sitzt, die das Experiment in Chicago betreut und Tris’ DNA untersuchen will. Shailene Woodley als Heldin wird erneut von Maggie Q unterstützt, die ebenso wie Naomi Watts, Ray Stevenson und Octavia Spencer zum prominenten Ensemble gehört.
Originaltitel: The Divergent Series: Allegiant__Herstellungsland: USA__Erscheinungsjahr: 2016__Regie: Robert Schwentke__Darsteller: Shailene Woodley, Miles Teller, Theo James, Naomi Watts, Zoë Kravitz, Maggie Q, Ansel Elgort, Jeff Daniels, Jonny Weston, Bill Skarsgård, Octavia Spencer, Keiynan Lonsdale, Xander Berkeley, Nadia Hilker, Ray Stevenson, Daniel Dae Kim, Mekhi Phifer, Ashley Judd, Rebecca Pidgeon, Janet McTeer u.a. |
„Harry Potter“ hat es vorgemacht, „Twilight“ und „The Hunger Games“ zogen erfolgreich nach: Die Aufsplittung der Verfilmung des letzten Bandes auf zwei Filme. Das wollten die Macher der „Divergent“-Reihe auch tun und scheiterten krachend: „Allegiant“ spielte wenig ein und kam bei den Kritikern nicht an, weshalb der Abschlussfilm gecancelt wurde und der Abschluss nun wohl als TV-Serie ohne den prominenten Cast entstehen wird.
Nach der erfolgreichen Revolte am Ende von „Insurgent“ erweist sich Evelyn Eaton (Naomi Watts), die Mutter von Four (Theo James) und Anführerin der Fraktionslosen, als kaum bessere Herrscherin als die zuvor gekillte Jeanine Matthews: Deren Anhänger werden bei Schauprozessen exekutiert, wie man an Max (Mekhi Phifer) sehen kann. Tris Prior (Shailene Woodley), Lichtgestalt der Revolution und wieder mit neuer Frisur unterwegs, sieht darin aber keine Verbesserung, weshalb sie ihren gefangenen Bruder Caleb (Ansel Elgort) befreit und mit ihm, Four, ihren ehemaligen Dauntless-Kollegen Christina (Zoë Kravitz) und Tori (Maggie Q) sowie Quälgeist Peter (Miles Teller) stiften geht, jenseits der Mauer, die Chicago umgibt, das – wie wir am Ende von „Insurgent“ lernten – ja nur ein Testgebiet war.
Evelyns Henchmen, angeführt von Edgar (Johnny Weston), verfolgen die Truppe und dezimieren dieser auch um eine Person, da die Heroes so schlau sind auf der Mauer erst einmal kurz innezuhalten, die Landschaft zu bestaunen und sich fürs Hochklettern zu beglückwünschen, während sie die Verfolger im Nacken und in einem Falle dann eine Kugel im Rücken haben. Bei der weiteren Flucht durch atomar verseuchte Ödlande werden sie von anderen Truppen gerettet, die sie zu einem alten Flughafen bringen, wo eine Gen-Behörde um David (Jeff Daniels) ihren Sitz hat und über beeindruckende Technik verfügt. Sie steuern auch das Experiment, von dem man am Ende von „Insurgent“ erfuhr.
Denn die Menschheit der „Divergent“-Zukunft ist das Ergebnis von Gen-Experimenten, beschädigt durch Überspezialisierung, während Divergents wieder zum natürlichen Urzustand zurückkehren. Tris ist die einzige zu 100% natürliche Person, weshalb David mit der Analyse ihrer DNA eine bessere Zukunft schaffen will. Doch so ganz heil scheint das Idyll nicht zu sein, gerade weil David das von den Revolutionsnachwehen geplagte Chicago mehr und mehr dem Bürgerkrieg überlässt…
httpv://www.youtube.com/watch?v=6vPC-NIjDI4
Dass David natürlich ein skrupelloser Möpp ist, ahnt der Zuschauer schon deshalb, weil Erwachsene in leitenden Positionen dies im Young-Adult-Dystopie-Bereich eigentlich immer sind, man ähnliche Konstellationen schon von den „Hunger Games“-Filmen und „Maze Runner 2“ kennt und sich bereits Jeanine und Evelyn als moralisch korrumpierte Anführer erwiesen. Insofern folgt man Tris‘ quälend langem und quälend langsamem Pfad zur entsprechenden Erkenntnis, der dadurch noch langweiliger wirkt, dass die Hintergründe für die in „Divergent“ aufgezeigte Gesellschaftsordnung regelrecht trivial und banal erscheinen – mal ganz abgesehen davon, dass die Ausgangslage nun stark an die „Maze Runner“-Reihe erinnert (man fragt sich manchmal, ob die Young-Adult-Autoren voneinander abschreiben). Noch dazu ist David, den Jeff Daniels („Looper“) auf Autopilot im Halbschlaf spielt, eine unfassbar öde Antagonistenfigur mit ihrem leidenschaftlosen Schreibtischtätertum und ihrem Lavieren. Aber mit der Beseitigung von Jeanine fehlt es an guten Schurken: Edgar bleibt bloß der Aggro-Handlanger ohne Profil, während an Evelyn diverse Macht-korrumpiert-Gedankenansätze im Schweinsgalopp durchgespielt werden, die aber an der Oberfläche bleiben, die Evelyn aufgrund dieser Ambivalenz aber nicht zur Schurkin taugen lassen.
Wie schon die Vorgänger leidet „Allegiant“ darunter, dass der Film rund zwei Stunden Laufzeit für ein Nichts an Handlung braucht – die Forschung an Tris ist uninteressant und ohne Fortschritte, das wachsende Misstrauen gegenüber David wird kaum für Spannungsszenen genutzt und der Hexenkessel Chicago kocht auch so langsam über, dass er erst zum pflichtschuldigen Finale wieder betreten werden muss. Die bekannten Nebenfiguren haben kaum etwas zu tun – Christina etwa leistet bei der anfänglichen Flucht und im Finale etwas Schützenhilfe, ist aber sonst kaum zu sehen. Opportunist Peter tut sich mal wieder durch fröhliches, dramaturgisch begrenzt nachvollziehbares Seitenwechseln hervor und die Neulinge kommen kaum im Film an, außer Matthew (Bill Skarsgård) vielleicht, der Davids schwer durchschaubare rechte Hand gibt.
Das Nichts an Handlung sieht mal wieder hübsch aus, da die Ausstatter ganze Arbeit leisten, doch „Allegiant“ hat noch nicht einmal die Schauwerte, die „Insurgent“ noch durch seine Simulationen hatte – Regisseur Robert Schwentke („R.E.D.“) und sein Kameramann Florian Ballhaus („Mädelstrip“) sorgen zwar für ganz schicke, aber durchweg konventionelle Bilder von der dystopischen Zukunft. Mancher Regieeinfall ist zudem etwas fragwürdig: Etwa wenn Edgar mit einem Fahrzeug über einen Graben springt, in dem die Helden kauern, das Ganze in Superzeitlupe gezeigt wird und man sich gegenseitig anstarrt, dann geht das eher in den Bereich der unfreiwilligen Komik.
Auch in Sachen Action ist wenig los bei „Allegiant“. Die schon im Vorgänger handzahmen Ballereien mit Zukunftswummen werden noch uninteressanter, da die Helden nun mit Drohnen ausgerüstet werden, mit denen sie nicht nur um die Ecke gucken können, sondern die auch automatische Schilde gegen Feindfeuer hochfahren (durch welche die Helden natürlich hindurchballern können). Eine Flucht via Gleiter krankt an der wenig glaubwürdigen Physik der CGI-animierten Verfolgungsjagd, während immerhin die Nahkämpfe, die hier vor allem Four bestreiten muss, überraschend krachig und gut choreographiert daherkommen – Fight Coordinator Don Thai Theerathada („The Expendables 2“) ist aber schon ein paar Jahre im Geschäft und versteht sein Handwerk dementsprechend.
Ebenfalls handwerklich versiert, aber kaum mit Seele dabei sind Shailene Woodley („Snowden“) und Naomi Watts („St. Vincent“), die noch mit am überzeugendsten aus dem Schauspielerensemble daherkommen, aber kaum mitreißen können. Theo James („Underworld: Blood Wars“) ist hölzern wie eh und je, während die meisten alten Bekannten, darunter Zoë Kravitz („Mad Max: Fury Road“), Maggie Q („The Crash“), Ray Stevenson („Accident Man“), Octavia Spencer („Snowpiercer“), Daniel Dae Kim („Cradle 2 the Grave“) und Mekhi Phifer („Dawn of the Dead“) bessere Cameos absolvieren und meist nur für eine oder ganz wenige Szenen zu sehen sind. Miles Teller („Fantastic Four“) sorgt mit frechen Kommentaren für gute Laune, was aber auch geplante Frechheit sein kann, da er nach eigener Aussage wenig Lust auf das Projekt hatte. Ansel Elgort („Baby Driver“) ist okay, aber unscheinbar, während unter den Neuzugängen immerhin Bill Skarsgård („Es“) und die deutsche Nadia Hilker („Spring: Love is a Monster“) noch Akzente setzen, soweit das Drehbuch sie eben lässt.
Besagtes Drehbuch ist allerdings die große Krux an dem Film, der mit so viel geballter Kompetenz vor und hinter der Kamera aufwarten kann. Doch die (erneut komplett ausgetauschte) Drehbuchmannschaft serviert wieder einen inhaltsarmen, quälend langsamen Film, der noch dazu mit gestelzten, teilweise eher zur Belustigung animierenden Dialogen aufwartet. Vor allem die Szenen zwischen Tris und Four, deren Liebesglück erneut in Gefahr ist, da sie eine Vorzugsbehandlung durch David erhält und er sich als minderwertig fühlt, sind reinster Seifenopernkitsch der ganz unteren Schublade.
Insofern kann man der „Divergent“-Reihe immerhin in einem Punkt Konstanz attestieren: Mit jedem neuen Film geht die Formkurve konstant nach unten. Zwei Stunden Film, in denen fast nichts passiert, die mit ihrem Figurenensemble nichts anfangen können, mit peinlichen Dialogen und einigen unfreiwillig komischen Szenen aufwarten. Immerhin: Hübsch sieht das Ganze aus, auch wenn neue Ideen bei der Inszenierung Mangelware sind, Peters Sprüche sind mal ganz witzig und die wenigen Nahkampfszenen können was – doch das sind sehr kleine Lichtblicke in einem gnadenlosen Langweiler.
Wie schon bei den Vorgängern hat Concorde den Film erst ins Kino und danach auf DVD und Blu-Ray herausgebracht, erneut ungekürzt ab 12 Jahren freigegeben. Während die Einzel-DVD nur den Audiokommentar und Trailer als Extras bietet, haben die Doppel-DVD und die Blu-Ray zusätzlich noch jede Menge Featurettes an Bord.
© Nils Bothmann (McClane)
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