Originaltitel: Wildling__Herstellungsland: USA__Erscheinungsjahr: 2018__Regie: Fritz Böhm__Darsteller: Liv Tyler, Brad Dourif, James Le Gros, Bel Powley, Mike Faist, Charlotte Ubben, Troy Ruptash, Patrick M. Walsh, Frank Deal u.a. |
Die Welt der kleinen Anna ist seit Jahren eine enorm eingeschränkte. Eingepfercht in ein kleines Zimmer im Dachstuhl einer alten Hütte hat sie ausschließlich Kontakt zu einem Mann, den sie Vater nennt. Der erzählt ihr jeden Tag gruselige Storys von der Gefährlichkeit der Außenwelt. Vor allem die sogenannten Wildlinge seien eine echte Bedrohung für kleine Mädchen wie Anna. Von der Welt um sich herum bekommt Anna kaum mehr mit, als sie sieht, wenn sie tagein tagaus aus dem Fenster starrt.
Doch eines Tages erblüht sie vollends zur Frau. Ihre erste Regelblutung veranlasst ihren Vater zum Handeln. Er spritzt ihr einen Medikamentencocktail, der Annas Regel unterdrückt und ihren Hormonhaushalt komplett Amok laufen lässt. In der Folge wird Anna extrem krank. Irgendwann kann sie sich kaum noch auf den Beinen halten. Als sie ihren Vater bittet, ihr Leben zu beenden, ist der nicht fähig dazu. Stattdessen richtet er sich selbst.
Die Nachbarn vernehmen die Schüsse und alarmieren die Polizei. Die Beamtin Ellen Cooper nimmt sich des Mädchens an, das nun eine vollkommen neue Welt zu entdecken beginnt. Zudem keimen in Anna Gefühle für Ellens Bruder auf. Als sie ihn auf einer Party küsst, geht wieder etwas in ihrem Körper vor. Anna beginnt sich zu verändern. Derweil organisiert ihr vermeintlicher Vater, der den Selbstmordversuch überlebte, eine Jagd auf Anna…
Schaut in “Wildling” mit Liv Tyler hinein
httpv://www.youtube.com/watch?v=rEJM3y9wJJs
Im Zeitalter der Comicverfilmungen kommt man gar nicht umhin, „Wildling“ als eine Art Origin-Story zu umschreiben. Wir sind dabei, wie Anna ganz neue Seiten und Fähigkeiten an sich entdeckt. Diese machen sie zwar nicht zu einem Superhelden, doch die Übertragung der Story-Ingredienzien einer Superhelden-Werdungsstory ins Creature-Feature-Subgenre funktioniert hervorragend.
Das Ergebnis erinnert zwar ab und an eher an eine Art Versuchsanordnung und ist daher auch kein Ausbund an Spannung, aber die optische Umsetzung und die atmosphärische Dichte nehmen einfach nur gefangen und sind mit rauschhaft gut umschrieben. „Wildling“ zieht hervorragend in seine Welt hinein und funktioniert über eine Laufzeit von ab und an ein wenig zu knapp wirkenden 92 Minuten prächtig. Zudem schimmert bei „Wildling“ und dessen Grundidee immer wieder der Genreklassiker „Ginger Snaps“ durch. Auch hier wurde die Frauwerdung eines Teenagers hervorragend mithilfe von Horrormotiven bebildert und dynamisiert.
Das größte Pfund zum Gelingen von „Wildling“ trägt die starke Hauptdarstellerin Bel Powley bei. Mit ihren Kulleraugen, den ebenmäßigen, sanften Gesichtszügen und ihrer unschuldigen Art nimmt sie den Zuschauer komplett für sich ein. Lässt ihn erfahren, wie es sich anfühlen muss, eine fremde Welt mit wahnsinnig vielen neuen Sinneseindrücken zu entdecken. Und verliert ihn auch dann nicht, wenn sich ihre Anna verändert und zu etwas anderem wirkt.
Flankiert wird Powley von starken Nebendarstellern: Liv Tyler („The Strangers“) als Quasi-Adoptivmutter, Brad Dourif („Cult of Chucky“) als Annas „Vater“ und James Le Gros („Kalifornia Nightmare“) geben in ihren kleinen, aber feinen Rollen richtig Gas. Wobei vor allem Le Gros enormes Potential für unfreiwillige Komik böte, allerdings seine Figur niemals in diese Richtung abrutschen lässt. Eine weitere Stärke sind die guten Darsteller der Jugendlichen um Anna.
In optischer Hinsicht kann man „Wildling“ einfach nur als wunderschön bezeichnen. Jedes Bild wirkt bis ins kleinste Detail durchgeplant. Nichts mutet auch nur ansatzweise zufällig an. Es dominieren erdige Farben. Nicht nur dank verwunschen wirkender Wälder erinnert „Wildling“ in optischer Hinsicht immer mal wieder an ein düsteres Märchen. Die dunkel dräuende Musik von Paul Haslinger unterstreicht die Wirkung der Bilder nur und ist nicht unerheblich an der Schaffung der bereits erwähnten extrem dichten Atmosphäre beteiligt, die sich durch den ganzen Film zieht.
“Wildling” ist kein Creature Feature von der Stange
Was am Ende bleibt, ist ein atmosphärisch enorm beeindruckendes, fast schon zu schönes Creature Feature, das gekonnt in seine Geschichte hineinzieht und neugierig auf mehr macht. Das ist dann zugleich, wenn man so will, die einzige echte Schwäche von „Wildling“: Der fühlt sich nämlich immer wie die Exposition für etwas Größeres an. Eben ganz im Sinne einer „Origin“-Story. Manches bleibt darum im Dunklen. Etwa einige Hintergrundinformationen zu den sogenannten Wildlingen. Oder einige Motive handelnder Figuren – als Beispiel sei Annas „Vater“ genannt.
Ab und an beschleicht einen auch das Gefühl, dass derartige Details der insgesamt ein wenig zu knapp bemessen wirkenden Laufzeit geopfert wurden. Sollte auf „Wildling“ also noch etwas folgen, ist dieses „Problem“ Makulatur. Aktuell geht man allerdings dennoch minimal unbefriedigt aus dem Film. Zumal man sich gerade für den Showdown des Langfilmdebüts des deutschen Regisseurs Fritz Böhm vielleicht noch ein wenig mehr Creature-Action gewünscht hätte. Die ist im Übrigen durchgehend handmade und hat auch ein paar hübsche Beißwunden für die Gorehounds im Gepäck.
Die deutsche DVD / Blu-ray zum Film erscheint am 26. Oktober 2018 von Capelight Pictures und ist mit einer FSK 16 Freigabe ungeschnitten. Outtakes, entfallene Szenen und Trailer sind als Extras an Bord der Scheiben. Besonders beeindruckend geriet die Mediabook-Version mit DVD und Blu-ray und einem langen Interview zum Film in Bookletform.
In diesem Sinne:
freeman
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Zur Filmdiskussion bei Liquid-Love
Copyright aller Filmbilder/Label: Capelight Pictures__Freigabe: FSK 16__Geschnitten: Nein__ Blu-ray/DVD: Ja/Ja |