Originaltitel: BuyBust__Herstellungsland: Philippinen__Erscheinungsjahr: 2018__Regie: Erik Matti__Darsteller: Anne Curtis, Brandon Vera, Victor Neri, Arjo Atayde, Levi Ignacio, Nonie Buencamino, Lao Rodriguez, Alex Calleja, Joross Gamboa, Sheen Gener, Mara Lopez u.a. |
Als „The Raid“ seinen Siegeszug um die Welt antrat, war immer wieder auch Thema, wie extrem aus dem Nichts dieser Film kam. Mit einem Paukenschlag hatte sich das filmische Niemandsland Indonesien auf die Landkarten der Actionfans gebombt. Diverse andere Länder aus den asiatischen Breiten sahen im Zuge dessen ihre Chance gekommen, ebenfalls mit einem Actionknaller zu reüssieren. Kambodscha mit „Jailbreak“ sei einfach einmal exemplarisch genannt.
Nun wollen sich auch die Philippinen „empfehlen“. Im Gegensatz zu Indonesien oder eben Kambodscha ist der Inselstaat aber alles andere als ein filmisches Niemandsland. Nicht nur dienten die Inseln zig US-Produktionen als Vietnam-Double für mehr oder weniger exploitative Nam-Knaller, auf den Philippinen gab und gibt es Filmschmieden, die mit diversen Produktionen auf sich aufmerksam machten und machen. Für uns Actionfans sind aber freilich vor allem die schnell runtergekurbelten Actioner von Interesse.
Man denke nur an Roger Corman, der auf den Inseln zig Billigfilme abdrehen ließ und in Cirio H. Santiago („Killer Instinkt“) sogar eine Art Philippinen-Stammregisseur aufgebaut hatte. Noch heute drehen ausländische Produzenten nur zu gerne auf den Philippinen. Die Drehorte sind billig und die Leute vor Ort wissen, was sie da machen. Zuletzt drehte beispielsweise Mark Dacascos sein Regiedebüt „Showdown in Manila“ auf den Philippinen. Dank Roger-Corman-Produktionen wie „Die Jagd auf Eagle One“ und „Operation Rogue“, in denen er als Hauptdarsteller durch den Dschungel des Inselstaates hechtete, wusste er genau, was ihn vor Ort erwarten würde.
Schaut in den philippinischen Actionkracher “BuyBust” hinein
httpv://www.youtube.com/watch?v=BxeN03fUYR0
Und nun also „BuyBust“. Dem Actionfilm eilt viel Lob voraus. Das Publikum habe sich auf kaum weniger als den philippinischen „The Raid“ einzustellen. Der scheint in der Story tatsächlich überdeutlich durch, bleibt ansonsten aber absolut unerreicht. Denn „BuyBust“ rockt bei weitem nicht so wie erhofft und herbei geschrieben.
Alles dreht sich um eine Truppe von Elitepolizisten, die in den Slums von Manila den Verbrecherring von Drogenkönig Biggie Chen zerschlagen wollen. Doch die Cops werden vor ihrem Zugriff enttarnt. Sofort eröffnen Biggie Chens Mannen die Jagd auf die Polizisten. Die treten die Flucht durch die Slums an, wo sie auf keine Hilfe hoffen dürfen. Denn so gut wie jeder in dieser Anordnung aus Wellblechhütten arbeitet für Biggie Chen oder hat Angst, es sich mit ihm zu verscherzen. Zudem scheint unter den Cops selbst ein Verräter zu agieren. Der Kampf ums Überleben hat begonnen…
Ein Mehr an Story hat „BuyBust“ nicht zu bieten. Interessanter als die Story ist eigentlich ihr Sujet. Denn der Kampf gegen die Drogen wurde auf den Philippinen durch den Präsidenten Rodrigo Duerte 2016 auf ein vollkommen neues Level gehoben. Er rief den „Philippine Drug War“ im Lande aus und forderte die Menschen unverhohlen dazu auf, Drogendealer und allgemein Kriminelle zu töten. Diese Aufforderung zur Selbstjustiz machte die Bevölkerung des Landes zu Vogelfreien. Jeden kann es jederzeit unter dem Deckmantel der Drogenbekämpfung erwischen. In dieses Umfeld versetzt Regisseur Erik Matti („On the Job“) nun seinen „BuyBust“ – macht die vermeintlich „Aufrechten“ zu Vogelfreien und zeichnet sie zu weiten Teilen als korrupt und von subversiven Elementen unterlaufen.
Zuviel Sozialkritik muss man als Actionfan allerdings nicht befürchten, denn von diesen Untertönen abgesehen inszeniert Matti seinen „BuyBust“ als reinrassigen Actioner. Schnell bringt er seine Figuren in Stellung. Schafft ein paar spannende Situationen in den Slums von Manila und lässt nach circa 35 Minuten die Action von der Kette. Diese schwingt dann bis zum Abspann ihr Zepter und stürzt die Helden rund um Hauptfigur Nina von einer gefährlichen und unübersichtlichen Situation in die nächste.
Und hier liegt dann vor allem zu Beginn auch die größte Schwäche des Filmes. Denn wenn die Action in „BuyBust“ losbricht, tut sie das relativ plötzlich und von allen Seiten auf die Polizisten und den Zuschauer einstürmend. Darunter leidet die Übersicht teils extrem. So manche Figur verschwindet beinahe beiläufig aus dem Film und es mag einfach keine rechte Spannung aufkommen. Blöd: „BuyBust“ braucht verdammt lange, um dieses Problem abzuschütteln.
Erst wenn die Heldentruppe auf einige wenige Figuren reduziert ist, beginnt die Spannungsmaschinerie hinter „BuyBust“ zu greifen und gelingt es dem Film, einige adrenalingetriebene Situationen zu kreieren, bei denen man dann endlich auch richtig im Film drin ist. Die Action wird härter, zupackender und wirkt dann auch deutlich inspirierter inszeniert. Etwa bei einer angenehm langen Plansequenz, in der sich Nina auf verschiedenen Ebenen durch ihre Verfolger prügelt. Was hier, aber auch in anderen Szenen deutlich wird: Insgesamt fehlt es Heldin Nina leider sichtlich an Power.
Und so richtig warm wird man mit ihrer Figur auch nicht. Dazu sind zu Beginn zu viele Figuren am Wirken. Genau in diesen Momenten wird Nina auch extrem zurückgenommen. Auch in den Dialogen. Wenn Nina-Darstellerin Anne Curtis über die gesamte Laufzeit hinweg auf 100 Worte kommt, dürfte das sehr viel sein. In der Folge hält man sich als Actionfan trotz der aparten Erscheinung von Nina eher an ihrem Partner Rico fest. Der von Brandon Vera gespielte Cop ist das Powerhouse des Filmes. Unbesiegbar, unkaputtbar, ziemlich cool und eine echte Abrissbirne auf zwei Beinen. Die deutsche Synchro mit der Stimme von „The Rock“ passt dabei wie die Faust aufs blaue Auge.
Die anderen Darsteller um dieses Duo sind eher von egaler Natur, bekommen dafür aber leider zu viel Screentime eingeräumt. Allen Figuren ist gemein, dass man von ihnen aufgrund der bebilderten kaum 12 Stunden Handlungszeit wirklich gar nichts erfährt. Was ein Mitfiebern mit den Nebenfiguren vollkommen unmöglich macht. Und selbst beim Heldenduo ist man für echtes Involvement immer ein wenig zu sehr außen vor.
Wo „BuyBust“ definitiv punktet, ist das Setting der Action. Erik Matti nutzt die Slums genau richtig. Betont am Anfang das Lebendige, das Farbenfrohe dieser Parallelwelt, nur um diese innerhalb von Sekunden zu einem Ort des Schreckens mutieren zu lassen. Plötzlich können aus allen Richtungen Feinde kommen. Und genau das passiert dann auch oft genug.
Inszenatorisch setzt Matti auf viele Momente mit Komplementärfarben, einen grobkörnigen Look und eine immer leicht nervös wirkende Handkamera, die ganz selten richtig starre Bilder einfängt. Musikalisch macht „BuyBust“ zu Beginn alles richtig und pumpt mit düster dräuenden Klängen ordentlich Spannung, ausgerechnet in der Action setzt der Film dann aber plötzlich auf höchst antiklimaktische Musik, die den Actionszenen wenig hilft. Und ein weiteres Problem nagt an der Wirkung der Action: Der Soundmix. Vor allem der allgegenwärtige Regen und dessen Sound schlucken viel von der Power der Action.
In Sachen Spannung wird der Regen dabei echt cool genutzt. So können sich die Cops im Schutz der Soundkulisse der auf Blech krachenden Regentropfen relativ ungehindert und durchaus auch mal unvorsichtig durch die Slums bewegen. Sobald es aber aufhört zu regnen, wird es haarig, da dann jeder Fehltritt ihren Standort verraten könnte. In der Action aber schluckt der laute Regen Punches und Genick-/Knochenbrüche. Das mag realistisch sein, nimmt der Action aber dringend notwendige Wucht.
“BuyBust” verpufft leider relativ wirkungslos
Was am Ende bleibt, ist ein Film, der aus Sicht des Actionfans prinzipiell eine Menge richtig macht: Eine funktionale und komplett bei „The Raid“ entlehnte Minimalstory trifft auf Daueraction. Doch so richtig funktionieren will das gereichte Gebräu nicht. „BuyBust“ geht lange Zeit vor allem echte Spannung komplett ab. Auch und vor allem, weil einem viele der Figuren vollkommen egal sind. Erst wenn der größte Teil der Figuren aus dem Film verschwunden ist, beginnt „BuyBust“ als Actioner zu funktionieren.
Dabei gestaltet sich die Action eher grobschlächtig und brutal. Es wird viel gehackt und geschlitzt. Die Ballereien bleiben dagegen erstaunlich blutleer. Der Bodycount ist ordentlich. Und kleine fiese Spitzen wie Enthauptungen nimmt der Actionfan gerne mit. Andere Actioneinlagen, etwa jene um ein Motorrad, verpuffen leider komplett und bleiben obendrein unpointiert. Auch inszenatorisch hapert es in der Action. Vor allem zu Beginn fehlt Übersicht. Eine echte Choreografie erkennt man höchst selten. Der Soundmix schluckt Kraft und allgemein fehlt es der Action komplett an Durchschlagskraft.
Erst gegen Ende beginnt sich „BuyBust“ zu fangen und lässt durchblitzen, welches Potential eigentlich in ihm steckt. Vor allem, weil das eigentliche Heldenduo Nina und Rico ENDLICH zum Tragen kommt und beide Darsteller zeigen dürfen, dass sie einiges auf dem Kasten haben. Bis dahin hat man aber bereits 90 Minuten hinter sich, die in gewisser Weise reichlich enttäuschend verliefen. Und denen zudem ein echter Bösewicht verdammt gut getan hätte. Dass rund um die farblose Fieswichtparade am Ende auch noch getwistet wird, soll wohl noch einmal wohliges „The Raid“-Flair aufkommen lassen, funktioniert dahingehend aber wahrlich nur begrenzt. Wie eben der gesamte, insgesamt solide produzierte Film, von dem ich mir aber einfach deutlich mehr versprochen hatte. Schade…
Die deutsche DVD / Blu-ray zum Film kommt am 23. November 2018 von dem Label Capelight Pictures und ist mit einer FSK 18 Freigabe ungeschnitten. Richtig ins Zeug gelegt hat sich der Verleih für das schmucke Mediabook, das neben DVD und Blu-ray zum Film auch ein hübsches Booklet enthält. An Extras gibt es ein Making Of, eine „Hinter den Kulissen“-Featurette und diverse Trailer zum Film und anderen Capelight-Veröffentlichungen.
In diesem Sinne:
freeman
Was meint ihr zu dem Film?
Zur Filmdiskussion bei Liquid-Love
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