Originaltitel: Bumblebee__Herstellungsland: USA__Erscheinungsjahr: 2018__Regie: Travis Knight__Produktion: Steven Spielberg, Michael Bay u.a.__Darsteller: Hailee Steinfeld, John Cena, Jorge Lendeborg Jr., John Ortiz, Jason Drucker, Pamela Adlon, Rachel Crow, Abby Quinn, Gracie Dzienny, Stephen Schneider u.a. |
Sequels und Prequels waren gestern. Filmische Universen sind seit den Milliarden-Franchises von Marvel das neue Zauberwort in der Traumfabrik. Warum also nicht auch die „Transformers“-Filmreihe zu einem filmischen Universum ausbauen? Gesagt, getan. Blöderweise verpasste ausgerechnet „Mr. Transformer“ himself diesen Plänen eine massive Blutgrätsche, denn Michael Bays „Transformers: The Last Knight“ schien zuletzt vollkommen außer Kontrolle geraten.
„Bumblebee“ muss das nun, zumindest ersten Einspielergebnissen zufolge, ausbaden. Das Spin-Off, das sich vornehmlich auf Bumblebee konzentriert, versucht dabei den komplett gegenteiligen Weg einzuschlagen, den Michael Bay zuletzt gefahren ist. Weg vom Größenwahn. Weg von undurchsichtigem Story-Mumpitz um Allsparks und ähnlichem MacGuffin-Käse und hin zu einer menschelnden Coming-of-Age-Geschichte mit noch immer ausreichend Transformers-Action.
Alles beginnt auf Cybertron. Die Autobots versuchen eine Invasion der Decepticons abzuwehren, doch sie sind der Übermacht nicht gewachsen. Die verbliebenen Kämpfer um Optimus Prime entsenden Bumblebee auf die Erde, die er einerseits vor den Decepticons beschützen und andererseits auf die Ankunft der Autobots vorbereiten soll.
Schaut in “Bumblebee” mit John Cena und Transformers-Action hinein
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Doch Bumblebees Landung auf der Erde verläuft alles andere als gut. Er gerät mit einem menschlichen Sondereinsatztrupp und einem Decepticon aneinander. Dabei macht er sich den Anführer der Soldaten zum Feind und der Decepticon entreißt ihm sein Sprachmodul und löscht seine Speichereinheit. Getarnt als VW-Käfer und bar jedweder Erinnerungen an seine Aufgaben oder seine Vergangenheit fristet Bumblebee ab sofort ein einsames Dasein auf einer Art Autofriedhof.
Hier wird er eines Tages von der aufgeweckten Charlie entdeckt. Das Mädchen hat sich seit dem Tod seines Vaters von der Welt zurückgezogen und schraubt tagein tagaus an einem Oldtimer. Charlie will den Wagen unbedingt zum Laufen bringen. Zum einen für ihren Vater, für den der Wagen ein Herzensprojekt war, zum anderen für sich selbst, um der Enge ihres kleinen Heimatstädtchens zu entkommen.
Da Charlie in dem funktionstüchtigen VW-Käfer eine schnellere Möglichkeit sieht, ihrer Heimat zu entfliehen, widmet sie sich vermehrt diesem Auto. Und entdeckt schnell dessen Geheimnis. Sie nimmt sich Bumblebees an, macht ihn mit dem Leben in den späten 80ern vertraut und muss ihm bald helfen, die Welt vor den Decepticons zu beschützen.
In der Story von „Bumblebee“ nimmt die Beziehung zwischen Charlie und „ihrem Auto“ beziehungsweise dem „darin versteckten“ Roboter den meisten Raum ein. Und das tut dem Film richtig gut. Zudem wird „Bumblebee“ von grundsympathischen Charakteren bevölkert, die endlich auch mal nachvollziehbar handeln und nicht nur irgendwelche Klischee-Abziehbilder darstellen. „Bumblebee“ wirkt dadurch im Vergleich zu den bisherigen „Transformers“-Streifen angenehm geerdet. Es menschelt immer wieder und ein angenehmer Humor löst den zuletzt doch arg kindischen Humor der „Hauptreihe“ ab.
In der Folge ist man immer in die Story involviert. Fiebert mit der plastisch gezeichneten Charlie mit, drückt Bumblebee die Daumen und hasst die Antagonisten der beiden Helden. Zudem genießt man den formvollendeten 80s-Look des Streifens. Von geschmacklosen Modeentgleisungen bis hin zu Videorekordern, Walkmans und „Alf“ im Fernsehen fängt Regisseur Travis Knight („Kubo“) das Zeitkolorit treffend ein. Zudem lässt er seine Tonspur vor 80s-Hits förmlich überfließen, so dass man im Kinosaal aus dem Mitwippen kaum herauskommt.
Action im eigentlichen Sinne findet dabei gar nicht großartig statt. Direkt zu Beginn lässt Knight es zwar ordentlich scheppern, wenn er erst fette Robo-Action auf Cybertron bebildert und dann Bumblebee auf der Erde in weitere Konflikte verwickelt, danach kommt die Action aber nur noch sporadisch auf. Etwa wenn Charlie und Bumblebee vor einem Polizeiwagen flüchten und Bumblebee zeigen darf, was in einem kleinen VW-Käfer für erstaunliche Möglichkeiten stecken. Der Mittelteil wird deutlich von Charlie und Bumblebee dominiert und bietet eher slapstickorientierte „Actioneinlagen“ wie die nicht mutwillige Zerstörung einer Wohnung.
Erst in Richtung Showdown wird es dann wieder im eigentlichen Sinne actionreicher. Im Vergleich zu den Bay-Spektakeln ist der Showdown jedoch geradezu klein und intim. Es stürzen keine Häuser ein, es werden keine Straßenzüge plattgemacht. Im Grunde geht es nur um einen Sendemast, um den herum es aber trotzdem derb scheppern darf. Vor allem Bumblebee darf hier gegen die Decepticons in einer Art und Weise echten Kampfsport-Choreografien folgen, wie man es im Franchise um die „Transformers“ so noch nie gesehen hat.
Effekttechnisch ist das von allererster Güte. Hier bediente man sich sichtlich bei den Effektroutinen der Vorgängerfilme und lässt die Roboter immer wieder geschmeidig und teils megaschnell in andere Formen transformieren. Interessant ist, dass man immer wieder einmal auch eine POV-Sicht von Bumblebee angeboten bekommt und so endlich mal sieht, was die Roboter sehen. Vor allem die Pixelschrift erinnert extrem an uralte Spielkonsolen. Wie Bay in „Transformers: Last Knight“ setzt auch Travis in „Bumblebee“ auf lange Einstellungen in der Action. Lässt selbiger Raum, um sich zu entfalten, und verfällt nicht in den sonst üblichen, deutlich hektischeren Baystil der Teile 1-4.
Herz und Seele des Filmes bleiben trotz der perfekten, definitiv kleiner skalierten Action aber immer Bumblebee und Charlie. Zwei Außenseiter, die Freunde werden und sich immer bedingungslos gegenseitig helfen. Während Charlie Bumblebee hilft, eine für ihn vollkommen neue Welt zu erschließen, hilft der Roboter dem Mädchen, wieder an sich zu glauben und mit Verlusten besser umzugehen. In diesen Momenten scheint wie bei keinem anderen „Transformers“-Film vorher die Handschrift von Produzent Steven Spielberg endlich mal überdeutlich durch.
Und natürlich profitieren diese Momente von den starken Darstellern. Allen voran Hailee Steinfeld („Term Life“) als Charlie, die trotz störrischer Grundattitüde immer nahbar und damit sympathisch bleibt. Auch die Darsteller um Steinfeld werden vom Drehbuch ernst genommen und nicht als Comic Reliefs verheizt. Vor allem Pamela Adlon („Californication“) und Stephen Schneider haben als Eltern von Charlie einen weitaus dankbareren Job abbekommen, als beispielsweise die Eltern von Sam Witwicky. Schön ist auch, dass sich die Figur von Wrestling-Held John Cena („Der Sex Pakt“), die den menschlichen Antagonisten markiert, im Verlauf der Handlung nachvollziehbar wandeln darf.
Das Spin-Off “Bumblebee” leidet am extremen Qualitätsabfall der Hauptreihe
Was am Ende bleibt, ist ein interessanter „Neuanfang“, der mit genug Elementen der „Hauptreihe“ bricht, um durchaus als frisch und anders empfunden zu werden, ohne die „Hauptreihe“ zu verleugnen. Was dem technisch perfekten und glaubwürdig ausgestatteten Film sehr zum Vorteil gereicht, ist, dass er sich „Spielbergischer“ anfühlt als alle anderen Teile zuvor. Der Film, der im Übrigen auch stark an „Der Gigant aus dem All“ erinnert, wirkt dadurch menschlicher, zugänglicher und emotional packender als die zuletzt sehr überkandidelten Bay-Transformers. Auch der immer wieder durchblitzende Humor ist deutlich angenehmer als jener der „Hauptreihe“.
Kleinere Schwächen leistet sich der Film eigentlich nur im Mittelteil. Hier hätte man vielleicht die eine oder andere Minute einsparen und den Film ein wenig flotter vorantreiben können. Für das größte Problem an und für sich kann „Bumblebee“ allerdings überhaupt nichts. Selbiges geht zu weiten Teilen auf die Kappe von Michael Bay. Der hat „Bumblebee“ mit seinem letzten, uninspiriertem „Transformers“-Film einen echten Bärendienst erwiesen. Auch weil sich in „Transformers 5“ noch deutlicher als zuvor abzeichnete, dass es aus dem Universum der Roboter scheinbar nichts Gescheites mehr zu erzählen gibt. Die daraus resultierende „Transformers“-Müdigkeit ließ sich zuletzt auch an den Kinokassen nicht mehr abstreiten. Und on top hat sich der Verleih das Filmes beim Startdatum von „Bumblebee“ reichlich dämlich angestellt und ihn gegen zwei starke Konkurrenten platziert, die im Grunde dasselbe Zielpublikum abfischen. Soviel Ungemach hat der sympathische, extrem unterhaltsame „Bumblebee“ nun wahrlich nicht verdient.
„Bumblebee“ läuft seit dem 20. Dezember 2018 in den deutschen Kinos, kommt von Paramount Pictures und ist mit einer Freigabe ab 12 ungeschnitten.
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In diesem Sinne:
freeman
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Zur Filmdiskussion bei Liquid-Love
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