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Serial Killer

Originaltitel: Postmortem__Herstellungsland: USA__Erscheinungsjahr: 1998__Regie: Albert Pyun__Darsteller: Charlie Sheen, Michael Halsey, Ivana Milicevic, Stephen McCole, Gary Lewis, Dave Anderson, Stephen Docherty, Leigh Biagi, Phil McCall, John Yule u.a.
Serial Killer

In Albert Pyuns “Serial Killer” jagt Charlie Sheen einen ebensolchen

Wo ein Trend ist, da ist auch ein Albert. Regisseur Albert Pyun hatte unter anderem zum Veröffentlichungszeitpunkt angesagte Genres wie Schulgangfilme („Teuflische Klasse“), „Die Hard“-Rip-Offs („Blast“) und John-Woo-Style-Actioner („The Last Chance“) bedient. Da war ein Serienkillerfilm im Fahrwasser von „Das Schweigen der Lämmer“ und „Sieben“ in den 1990ern fast schon Ehrensache. Im Original heißt das Ergebnis „Postmortem“, hierzulande taufte man den Film ganz besonders einfallsarm „Serial Killer“.

Einen solchen hat Hauptfigur James McGregor (Charlie Sheen) früher als Cop in den USA dingfest gemacht. Weil es sich dabei aber um einen grausig vorgehenden Kindermörder handelte, quittierte er den Dienst und schrieb ein Buch über den Fall. Das wurde zum Bestseller, doch der traumatisierte James wurde zum Alki, entfremdete sich von der Familie und zog nach Schottland. Dem Suff geht er dort immer noch leidenschaftlich nach, wenn er nicht gerade Interviews bezüglich seines Buches im Fernsehen gibt. Man erkannt das Destillat bekannter Vorbilder, der kaputte (Ex-)Cop aus Serienkillerfilmen wie „Der Wolf hetzt die Meute“ und „Der Cop“ trifft auf Buchautoren aus Serienkillerfilmen wie „Copykill“.

Nach einem geplatzten Date und einer weiteren Nacht im Vollsuff findet James nicht nur ein Fax mit einer ominösen Todesanzeige in seinem Faxgerät, sondern wird morgens auch unsanft von der Polizei geweckt, da eine nackte Frauenleiche in seinem Garten liegt. Natürlich verhaften Detective Inspector Balantine (Michael Halsey) und seine Crew, zu der auch Gwen Turner (Ivana Milicevic) gehört, James sofort, was für einen fähigen Drehbuchautor natürlich hohes, spielfilmlanges Spannungspotential bedeutet hätte, weil die Polizei den Helden dauerhaft für den Täter hält. Das Script von John Lowry Lamb und Robert McDonnell hat hingegen ruckzuck entlastende Hinweise parat, sodass James nun als eine Art Profiler an dem Fall teilnimmt.

Denn der Serienmörder, der ihn augenscheinlich im Fernsehen gesehen hat, faxt ihm immer wieder Todesanzeigen zu, die Hinweise auf sein nächstes Opfer geben. Zusammen mit der schottischen Polizei ermittelt James nun in dem Fall, sie sind aber immer einen Schritt zu spät dran…

„Serial Killer“ ist – gerade gemessen an vielen anderen Pyun-Projekten jener Ära – finanziell einigermaßen gut ausgestattet, sieht trotz manchmal karger Locations noch recht gut aus und kann sich mit seinem schottischen, teilweise ländlichen Schauplatz von den (meist verregneten) Straßenschluchten, die im US-Serienkillerfilm dominieren, gewinnbringend absetzen. Damit hält man auch Pyuns übliche Trademarks im Zaum, etwa die (pseudo)philosophischen Laberdiskurse, derer sich „Serial Killer“ glücklicherweise enthält. Das bedeutet allerdings auch, dass man „Serial Killer“ ziemlich genau als das sieht, was er ist: Keine von irgendeinem Autorenwillen getragene Vision, sondern ein Malen-nach-Zahlen-Werk für den Videomarkt, das schnell noch gängige Formeln bedienen will, bevor diese wieder aus der Mode kommen.

Dummerweise fehlt es „Serial Killer“ dann an vielem, was ein Routineprodukt immerhin noch aufbessern kann. James bleibt eine flache Figur, da mag er noch so viel weglitern und der Film damit fast wie ein Homevideo seines trinkfreudigen Hauptdarstellers wirken. Seine Familie kommt immer nur am Rande vor, via Faxgerät oder Erzählung, weshalb man dem Film und der Figur nicht abkauft, dass James unter der Trennung leidet. Noch extremer ist bei seinem Trauma ob des Serienmörders: Eine kurze, eher harmlose Eingangssequenz soll das Grauen des Auffindens ermordeter Kinder verdeutlichen, bleibt aber viel zu wenig einprägsam. Dummerweise sieht es auf der Gegenseite kaum besser aus: Ein Mörder, der seine Opfer durch wiederholte Betäubungsspritzen in den Tod schickt, weil er gern mit den regungslosen Frauen kuschelt, und auf besondere Art und Weise seine Opfer sucht, ist tatsächlich mal ein halbwegs origineller Lichtblick. Jedoch ist auch hier die Erklärung für sein Verhalten bestenfalls halbgar. Sie wird nebulös angerissen, aber nie so wirklich verdeutlicht. Noch dazu ist der Täter, den der Zuschauer zur Filmmitte bereits kennt, eine wenig bedrohliche Luftpumpe und seine Mordmethoden denkbar unspektakulär, weshalb „Serial Killer“ noch nicht einmal reißerisches Potential entwickelt.

So hangeln sich James und die schottische Polizei brav von Hinweis zu Hinweis, sind mit jedem Eingreifen näher dran, aber immer noch oft genug zu spät, damit der Täter nicht zu früh gefasst wird und nackte Frauenleichen verdeutlichen sollen was für ein übler Übelwicht hier zu stellen ist. Die Knobelei ist nur begrenzt involvierend und auch nicht extrem komplex. Immerhin gibt es ein paar halbwegs involvierende Spannungsmomente, etwa wenn die Polente einem potentiellen Opfer nachjagt, das nicht weiß, dass der Killer es gerade kaschen will – ob dafür allerdings gefühlt der halbe Polizeiapparat Glasgows unkontrolliert hätte lossprinten müssen, ist eine andere Frage. Bei manchen in rotes oder blaues Licht getauchten Szenen scheint Pyun einen auf Argento machen zu wollen, ohne eine kohärente Farbsymbolik zu nutzen. So plätschert „Serial Killer“ dann bis zum unspektakulären Showdown dahin, in dem Killer erneut beweist was für eine unheimliche Flachzange er eigentlich ist.

Für Charlie Sheen („Machete Kills“) war „Serial Killer“ bereits eines der ersten Anzeichen eines Abstiegs, nachdem er in der ersten Hälfte der 1990er eigentlich noch zur Hollywood-Oberliga gehörte. Die Rolle des trinkenden Wracks ist natürlich wie Method Acting für ihn, aber mehr als solide ist seine Performance dann doch nicht, da er oft zu unterkühlt, zu weit abseits stehend wirkt. Michael Halsey („The Last Witch Hunter“) als bärbeißiger Inspector ist da schon eine Nummer besser, Ex-Model Ivana Milicevic schlägt sich okay, hat aber später in Werken wie „Running Scared“ oder der Serie „Banshee“ wesentlich Besseres geleistet. Stephen McCole („A Lonely Place to Die“) tut sein Möglichstes noch das Beste aus der schwachen Schurkenrolle herauszuholen, ist dabei gar nicht mal so übel, auch wenn er angesichts des Scripts auf verlorenem Posten steht.

Insofern ist „Serial Killer“ kein furchtbarer Film, gerade angesichts mancher Direct-to-video-Desaster, die Pyun zur gleichen Zeit drehte. Er ist einfach nur richtig uninspiriert, nach Schema F runtergeschriebene und identitätsarm runtergekurbelte Kost, die mit einem ansatzweise originell mordenden Killer und gelegentlichen Spannungspassagen immerhin phasenweise gegen das Gefühl distanzierter Langweile, die „Serial Killer“ auslöst, ankommt.

„Serial Killer“ erschien zuerst bei Ascot/Splendid auf DVD, später als Neuauflage bei Planet Media/Intertainment. Das Bonusmaterial geht über Trailer, ein paar Texttafeln und (bei Planet Media/Intertainment) eine Bildergallerie nicht hinaus. Außerdem liegt der Film nur mit deutscher Tonspur vor, ist aber immerhin mit FSK 16 ungekürzt.

© Nils Bothmann (McClane)

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