Originaltitel: The Curse__Herstellungsland: USA__Erscheinungsjahr: 1987__Regie: David Keith__Darsteller: Wil Wheaton, Claude Akins, Malcolm Danare, Cooper Huckabee, John Schneider, Amy Wheaton, Steve Carlisle, Kathleen Jordon Gregory, Hope North, Steve Davis u.a. |
Die außerirdische Farbe hat ihren Glanz verloren. Während die Erstverfilmung „Das Grauen auf Schloss Witley“ noch mit neonfarbenen Lichtquellen aus kosmischer Strahlung fuhrwerkte, verkrustet das leuchtende Science-Fiction-Element aus H.P. Lovecrafts Vorlage „The Colour Out Of Space“ nun unter dem Staub der Äcker zur zähflüssigen Bio-Fäulnis, die mehlig im Wasser schwimmt und sich schleimig im Kern der angebauten Kohlköpfe, Tomaten und Äpfel windet.
Nicht umsonst kennt man die zweite Adaption der Kurzgeschichte nicht nur unter dem Originaltitel „The Curse“, sondern gemeinhin auch als „The Farm“, ist das Set in Tellico Plains, Tennessee doch der Quasi-Hauptdarsteller des Films und somit immanent wichtig für die etablierte Atmosphäre. Den Erzählrahmen um einen Landvermesser reduziert das Drehbuch auf das Nötigste. Lieber setzt es am Einschlagpunkt der Ereignisse an, bei einer fünfköpfigen Bauernfamilie, die eines Tages einen seltsamen Meteoriten auf ihrem Grundstück findet, der zunächst sämtliche Bodenschätze verseucht, dann den körperlichen und geistigen Verfall der Tiere begünstigt und schließlich jenen des Menschen. Mit der Stephen-King-Verfilmung „Friedhof der Kuscheltiere“ wird also die dramaturgische Logik geteilt, nach welcher das Böse in einem Wirt aus dem Tierreich bereits Übles anrichten kann, aber noch viel Schlimmeres, wenn es sich eines menschlichen Körpers bemächtigt. Dies deutet bereits an, dass es nicht länger die unsichtbare Macht ist, die vordergründig für Schrecken sorgt, sondern die Überträger, durch welche sie ihre Gräuel kanalisiert. Doch diese lassen sich nicht steuern wie Marionetten, sie „verfärben“ die Farbe sozusagen mit ihren eigenen Anlagen. Wir dürfen also sehr konkreten Horror erwarten, übertragen durch deformierte Gestalten, deren schwindende Gesundheit reale Ängste entstehen lässt, beispielsweise vor Ansteckung und Krankheit.
Die Fokussierung auf das Thema Landwirtschaft fördert noch weitere Assoziationen zutage. Schließlich verwies auch George A. Romero den Ursprung gesellschaftlichen Verfalls in ländliches Gebiet („Night Of The Living Dead“, „The Crazies“), bevor er die Ausbreitung in städtische Regionen beschrieb („Dawn Of The Dead“). Spätere Zombiefilme haben diese Struktur übernommen und stürzten sich hauptsächlich auf Kleinstädte, weil diese vom Land aus gesehen das nächstgrößere Ziel bildeten. Ebenso finden Meteoriteneinschläge (jenseits von Michael Bay) in Anlehnung an die Tradition des Alien-Invasionsfilms hauptsächlich außerhalb der urbanen Ballungszentren statt, weil sich die außerirdische Masse nur auf diese Weise invasiv in die Erde injizieren kann, entdeckt und verbreitet von einem arglosen Passanten, der während der Arbeit auf dem Anbaufeld oder beim Spaziergang durch den Wald zufällig eine Begegnung der dritten Art macht. All das lässt sich in Einklang bringen mit den Lovecraft’schen Motiven, deren kosmisches Grauen nicht zuletzt auch darin besteht, dass der Horror, der einem Einzelnen in Abgeschiedenheit passiert, irgendwann Allgemeingültigkeit erlangen kann, indem er sich über die ganze Welt verbreitet.
Wenn man von den beiden oben beschriebenen Einflüssen der Zombie-Strömung folgt, kommt man nicht umhin festzustellen, dass ein gewisser Lucio Fulci als Associate Producer geführt wird. Das alleine deutet noch nicht zwangsläufig auf eine kreative Beteiligung hin, doch wer noch etwas tiefer gräbt, findet heraus, dass er tatsächlich die Second-Unit-Regie für die Innenszenen übernahm, die in Rom gedreht wurden, nachdem er ursprünglich sogar die Hauptregie übernehmen sollte. Auch findet man seinen Namen aufgeführt als Spezialist für optische Spezialeffekte. Und wer Fulcis Zombiefilme kennt, kann schon erahnen, worauf das hinausläuft. Der rüpelhafte Halbstarke (Malcolm Danare als typisches Abziehbild eines Bullies aus einer High-School-Komödie), der seinen kleinen Bruder (Wil Wheaton, “Boy Soldiers“) in einen Haufen Kuhmist stößt, ist ein noch vergleichsweise bekömmlicher Aperitif, bevor die unappetitliche Steigerung einsetzt, die sich die Effekte-Crew im Laufe der Handlung noch leisten wird. Rindern und Pferden werden abartige Ausschläge auf das Fell gekleistert, die sich dann im Close-Up öffnen und einen wuselnden Eintopf aus Insekten freigeben. In der zusehends verklumpenden Maske der befallenen Menschen werden sogar Melt-Movie-Anleihen wach und die trübe Soße, die ihnen aus den Mundwinkeln läuft, ist die finale Glasur auf dem Kuchen.
Werft einen Blick auf “The Curse”
httpv://www.youtube.com/watch?v=Hk8ZvBQV8kQ
Nun ist „The Curse“ kein Effekt-Feuerwerk wie „The Thing“, der kaum aus etwas anderem besteht als ständig die Form verändernden Spezialeffekten. Er gönnt sich deutlich mehr Leerlauf und wird zwischenzeitlich auch mal gepflegt langweilig, woran das Drehbuch einen gewaltigen Anteil hat, kann es sich doch oftmals nicht entscheiden, wer denn nun eigentlich die Hauptfigur ist oder aus wessen Perspektive die Invasion aus dem All erzählt werden soll. Viele Charaktere qualifizieren sich natürlich nicht als Identifikationsfigur: Recht schnell werden die destruktiv handelnden Parteien der dysfunktionalen Familie von ersten Symptomen befallen und mutieren spätestens dann zu empathielosen Monstern, während die Unschuldigen aus nicht ganz geklärten Gründen fürs Erste geschont werden. So bleibt der junge Wil Wheaton übrig als derjenige, aus dessen Blickwinkel man die Geschichte eventuell erlebt. Doch die eigentlichen Anlagen zum Heldentum, das man einer solchen Figur gewöhnlich auferlegt, teilen sich mindestens zwei weitere Charaktere von außerhalb. Auch wenn hier ein kluges Spiel mit der Vorlage getrieben wird, es irritiert doch etwas den Aufbau, der bei der klar auf einen Höhepunkt zulaufenden Geschichte wesentlich stringenter hätte ausfallen können.
Also liegt es an den Ekelmomenten, für eine gewisse Struktur zu sorgen. Spätestens, als ein Grünkohl sein verdorbenes Inneres offenbart und eine Tomate ihre blutigen Innereien ins Gesicht der Köchin spritzt, ist es auch vorbei mit den Chips auf der Couch. Der Apfel, dessen Gehäuse von Maden bewohnt wird, bringt sogar noch eine religiöse Komponente ins Spiel, die vor allem vom Familienoberhaupt gepflegt wird. Claude Akins spielt den Farmer der alten Schule mit einer verhärmten Gottesfürchtigkeit, die ihm einen erzkonservativen Umgang mit Frau und Kindern erlaubt, was das Skript in einem seiner hellen Momente nicht ganz ungeschickt mit Lovecrafts Vorgaben kombiniert: So mechanisch (oder blind), wie der Farmer auf Gottes Beistand vertraut, nimmt er nämlich auch sein täglich’ Wasser und Brot ein und zwingt die Seinen, es ihm gleich zu tun, auch gegen ihren Will(Wheat)en.
So viel Subversion hätte man dem ursprünglichen Stoff vielleicht zugetraut, nicht aber dieser Verfilmung, die doch eigentlich damit drohte, sich ebenso wie die erste auf die Genre-Schablonen ihrer Zeit zu verlassen. „Die Nacht der Creeps“ war gerade abgedreht, das Remake zum „Blob“ stand kurz bevor und David Cronenberg hatte den Körperhorror auch gerade erst mit „Die Fliege“ neu kultiviert. In solcher Gesellschaft könnte das bäuerliche Theaterstück mit der dysfunktionalen Familie und dem giftigen Himmelskörper fantasiearm erscheinen, angesichts des linearen Aufbaus vielleicht auch vergleichsweise unspektakulär. Zu allem Überfluss bricht der Schlussteil ein weiteres Mal mit seiner Linie, als die sehr reale Gefahr aus der eigenen Familie wieder in den Hintergrund drängt und eher die Regeln eines Katastrophenfilms zu greifen beginnen. Auch wenn der gesamte Dreh mit viel Frischluft versorgt gewesen sein muss, weil Außenszenen das Gesamtbild bestimmen: Die Nahaufnahmen werden nun endgültig durch Panorama-Shots ersetzt, so dass man in die Markoperspektive versetzt wird. Komponist Franco Micalizzi, der neben diversen Poliziotteschi auch an einigen Spencer-Hill-Streifen mitwirkte, versucht übrigens jede Entwicklung mit seinem exzentrischen Mix aus Angelo-Badalamenti-Idylle und Country-Stil mitzugehen, drängt sich aber mit seinen auffälligen Stücken oft in den Vordergrund der jeweiligen Szene, wo er keine Stimmungen erschafft, sondern zu zerstören droht. Isoliert betrachtet erscheint die Musik gelungen, auf den Film angewendet ist ihre Wirkung manchmal etwas zu stark.
Trotz dieser Mängel ist „The Curse“ aber im Vergleich mit der Karloff-Verfilmung etwas näher dran an der Essenz von „The Colour Out Of Space“. Fulcis sehr konkret ausbrechende Spezialeffekte erzeugen zwar eher physischen Ekel als unbegreifliches Grauen. Für die 80er ist die Konzentration auf körperlichen Horror jedoch nichts Ungewöhnliches und sie widerspricht auch nicht per Definition dem Lovecraft’schen Grundgedanken. In diesem Film herrscht eine Stimmung wie ein trockenes Würgen: Die Vorahnung, welche schrecklichen Dinge zum Vorschein kommen könnten, wird mit dem tatsächlichen Ergebnis überspült. Ein Film, so typisch für seine Zeit und doch völlig aus der Zeit gefallen.
Informationen zur Veröffentlichung von “The Curse”
Bereits im Dezember brachte Wicked-Vision „The Curse“ als „Limited Collector’s Edition #23“. Es ist schon die zweite Verfilmung zu H.P. Lovecrafts „The Colour Out Of Space“, die in dieser Reihe erschienen ist; schon im September 2018 kam Daniel Hallers „Das Grauen auf Schloss Witley“ als Nr. 19 auf den (Sammler-) Markt.
Der Bezug des Labels zum Schaffen des US-Schriftstellers ist bekanntermaßen auch sonst sehr reichhaltig. Neben den genannten Lovecraft-Adaptionen erschien noch „The Dunwich Horror“ als Nr. 18, es ist außerdem für die nahe Zukunft „Necronomicon“ angekündigt. Bevor wir auf der vorliegenden Scheibe im Hauptmenü landen, wird zu dem viel gesuchten Episodenfilm ein offenbar bereits restaurierter Trailer geschaltet, man wird also wohl bald mit einer Ankündigung rechnen können.
Nach inzwischen rund 50 veröffentlichten Filmen könnte man beinahe vergessen, dass Wicked-Vision einstmals als Online-Magazin gestartet sind und dann auch mit einer einzelnen Print-Ausgabe in den physischen Markt einstiegen. Es handelte sich um eine reine Themen-Ausgabe, die ausschließlich Artikel rund um Lovecraft und sein Werk beinhaltete. Der Booklet-Text zur Mediabook-Ausgabe von „The Curse“ könnte fast aus diesem Magazin stammen. Die 24 Seiten füllt Christoph Kellerbach fast im Alleingang, unterstützt nur durch einige Szenenbilder. Über satte vier Kapitel mitsamt Unterkapiteln holt er aus, wobei er sich in der ersten Hälfte auf den Autoren und im Speziellen seine Kurzgeschichte (und deren Eignung als Einstiegsdroge) konzentriert, bevor er zur Verfilmung überleitet und ihr durchaus einige Vorzüge abgewinnen kann.Wie zumeist ist ansonsten jeweils eine DVD und eine Blu-ray enthalten; die Front des Buchs ist durch ein Auflegeblatt geschützt, das FSK-Logo, Banderole und Infotafeln abfängt, so dass sich das Artwork in voller Pracht entfalten kann.
So weit zum Standard. In anderen Kategorien gibt sich diese Veröffentlichung allerdings ungewohnt spartanisch. Das fängt bereits damit an, dass diesmal nur ein Cover zur Auswahl steht. Das gab es in der Reihe bisher nur dreimal („Die Brut“, #3 / „Hammer House Of Horror“, #2). Kein zwangsläufiger Makel; das Motiv mit der verwurzelten Hand, die aus dem Boden greift und das Haus ergreift, sieht schick genug aus, um für sich alleine zu stehen.
Leider wird der Minimalismus diesmal auch auf den Discs fortgesetzt. Unter den „Limited Collector’s Editions“ dürfte „The Curse“ in Sachen Bonusmaterial das Schlusslicht bilden. Die Extras-Abteilung bietet lediglich den Originaltrailer, den restaurierten Trailer und eine Bildergalerie. Unter einem weiteren Unterpunkt des Hauptmenüs finden wir noch Trailer aus dem Wicked-Vision-Programm. Fehlendes Bemühen kann man dem Label aber nicht vorwerfen: Interviews wurden unter anderem bei Hauptdarsteller Wil Wheaton und Regisseur David Keith angefragt. Die zeigten aber wohl beide kein Interesse daran, alte Erinnerungen noch einmal aufzufrischen. Die Dreharbeiten sollen wohl nicht besonders harmonisch abgelaufen sein. Einerseits verständlich, dass man dann abblockt, andererseits wären gerade dann bestimmt spannende Anekdoten möglich gewesen. Immerhin wurde ein neuer Audiokommentar aufgenommen. Darin treffen wir wieder auf Gerd Naumann, der aber diesmal nicht mit seinem Spezi Rolf Giesen zusammensitzt, sondern mit Matthias Künnecke und Christopher Klaese von Splatting Image. Den beiden Neuzugängen überlässt er dann über weite Strecken auch wie ein vornehmer Host die Redezeit. Zwischenzeitlich schaltet er sich aber auch ein, um das Thema mal in eine neue Richtung zu lenken. Über den Film, seine Produktionsumstände und die Biografien der beteiligten Akteure werden viele Informationen geteilt, ferner wird ausgiebig über die doch sehr eigenwillige Atmosphäre diskutiert. Die Chemie ist dabei zwar nicht ganz so ausgereift wie bei Giesen/Naumann, Künnecke und Klaese geben aber alles, um den abwesenden Giesen würdig zu vertreten.
Das Wichtigste, die Präsentation des Films, duldet jedoch keine Kompromisse und die werden natürlich auch nicht eingegangen. Seit VHS-Zeiten ist „The Curse“ nicht mehr in Deutschland erschienen und auf eine Blu-ray-Präsentation warten selbst die Amerikaner noch. Hinzu kommt, dass die letzten vier Minuten des Films auf der Videokassette nicht enthalten waren. In der hier vorliegenden Fassung sind sie wieder dabei – da keine Synchronisation für den geschnittenen Teil existiert, im Originalton. Ansonsten fällt der deutsche wie englische 2.0-Monoton in DTS-HD sehr solide aus. Es ist ein insgesamt dialoglastiger Film, vereinzelte Effektgeräusche fügen sich dabei organisch ein. Auffällig ist der relativ laut abgespielte Soundtrack. Das Bild ist knackig, scharf und weitgehend rauschfrei, was neben der ruhigen, professionellen Kameraarbeit zu der Illusion beiträgt, dass man einen wesentlich höher budgetierten Film sieht.
Auch wenn man Sachen Ausstattung gerne noch mehr hätte vertragen können (es war aber offenbar einfach nichts zu holen), Filmpremieren auf digitalen Medien sind immer ein Grund zum Feiern, insbesondere wenn es sich um eine so schön restaurierte und präsentierte Blu-ray-Veröffentlichung handelt wie diese.
Bildergalerie von “The Curse”
Sascha Ganser (Vince)
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