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Sioux City

Originaltitel: Sioux City__Herstellungsland: USA__Erscheinungsjahr: 1994__Regie: Lou Diamond Phillips__Darsteller: Lou Diamond Phillips, Salli Richardson-Whitfield, Melinda Dillon, Lise Cutter, Bill Allen, Apesanahkwat, John Dye, Gary Farmer, Ralph Waite, Tantoo Cardinal, Michael Corbett u.a.
Sioux City

Lou Diamond Phillips ist als Regisseur und Hauptdarsteller für das Krimidrama “Sioux City” verantwortlich

Nachdem Lou Diamond Phillips bereits in „Renegades“ und „Canyon Cop“ indianische Ermittler gespielt hatte, fühlte er sich in dieser Rolle recht wohl und setzte sich selbst als solchen in „Sioux City“ in Szene.

Jesse Rainfeather Goldman (Lou Diamond Phillips) ist aber kein Polizist, sondern ein junger Arzt in Los Angeles, den seine Mutter im Kindesalter zur Adoption freigab, woraufhin er von dem reichen jüdischen Ehepaar Leah (Melinda Dillon) und Douglas Goldman (Adam Roarke) aufgenommen wurde. Jesse wird von Flashbacks an eine nicht ganz einfache Kindheit gequält, während das Nummernschild seines Autos, „Med Man“, durchaus schlagfertig seine Zwischenstellung ausdrückt: Einerseits moderner Arzt in der Großstadt, andrerseits indigener Abstammung.

Die beiden Sphären vermischen sich, als er zu seinem Geburtstag ein Amulett und einen Brief von seiner leiblichen Mutter erhält, die ihn darum bittet, sie zu besuchen. Jesse nimmt die Einladung an, fährt ins Sioux-Reservat, muss aber dort feststellen, dass seine Mutter vor wenigen Tagen verstorben ist. Da wird uns hier ja im Kriminalgenre befinden, ist natürlich klar, dass es kaum ein Zufall sein kann, dass Mama genau zu diesem Zeitpunkt über den Jordan geht, angeblich verstorben aufgrund eines Brandes nach Rauchen im Bett.

Jesses Verdacht bestätigt sich nur, nachdem die Polizisten regelrecht feindlich auf Nachfragen reagieren und der Polizeichef Drew McDermott (Ralph Waite) sich das Beweismaterial nur sehr widerwillig noch einmal ansehen möchte, während Jesse sofort Unstimmigkeiten im Autopsiebericht, darunter eine Schussverletzung bei der Toten, auffallen. Also ermittelt er auf eigene Faust…

httpv://www.youtube.com/watch?v=9Z3SwSh7Qi0

Betrachtet man „Sioux City“, dann tun sich Parallelen zu einem anderen Film aus dem gleichen Jahr auf: „Auf brennendem Eis“. Beide Filme sind Regiearbeiten von Stars, die mit Actionrollen bekannt wurden, beide erzählen die Geschichte eines Mannes aus der weißen Welt, der erst in der indigenen Kultur zu sich selbst findet und gegen weiße Schurken antritt. Außerdem beleuchten beide Filme ein Thema, das ihrem jeweiligen Star und Regisseur wichtig ist: Bei Steven Seagal ist es der Umweltschutz, bei Lou Diamond Phillips, der selbst zu einem Achtel Cherokee ist, ist es die Behandlung der amerikanischen Ureinwohner. Es gibt allerdings einen gewaltigen Unterschied zwischen „Auf brennendem Eis“ und „Sioux City“, abgesehen von dem üppigeren Budget, das Seagal zur Verfügung hatte: „Auf brennendem Eis“ vergisst nicht die Regeln von knackiger Genreunterhaltung, „Sioux City“ schon.

So scheint Phillips‘ Film vor allem von der spirituellen Reise eines Mannes erzählen zu wollen, was sich aber womöglich schlechter finanzieren ließ als ein Indianerkrimi fürs Genrepublikum. Dummerweise wird ausgerechnet der Mainplot um die Ermittlungen so stiefmütterlich behandelt, dass er wie ein flüchtiger Nebengedanke erscheint: Abgesehen von der Polizei, die von Anfang an suspekt ist, gibt es noch nicht einmal weitere Verdächtige, mögliche Motive hält der Film ebenso unter Verschluss, sodass das Miträtseln ausfällt. Aber Jesse ermittelt eh sehr wenig, muss sich mal eines Anschlags auf sein Leben erwehren, aber seine Lösung liegt (nach der Konvertierung zum Vollblutindianer) darin einfach mal den Geist der verstorbenen Mutter in einem Ritual anzurufen. Aufgrund äußerer Umstände hat diese kriminalistische Maßnahme sogar Erfolg, ehe dann die Lösung des Falles kommt, die in sich sogar stimmig ist, aber gleichzeitig recht banal erscheint. Auf Schauwerte wird weitestgehend verzichtet, der Anschlagsversuch und das kurze Showdowngerangel müssen reichen.

Dabei findet Phillips durchaus brauchbare Bilder für seine Geschichte, ohne sich als extrem inspirierter Regisseur zu beweisen, doch dummerweise gelingt dieser Geschichte der Spagat zwischen Krimi und Selbstfindungsdrama nicht. Denn auch letzteres ist nur mäßig interessant, zumal Jesse sich eigentlich kaum ändern muss: Er ist ein netter wie souveräner Typ, der vielleicht etwas neureich daherkommt und halt ein bisschen Anschluss zu seinen Wurzeln braucht. Das macht ihn nicht schlechter als vorher, ist aber auch keine signifikante Verbesserung seines eh schon guten Charakters. Dem erliegen sowohl die weiße Allison (Lise Cutter) als auch die indigene Jolene (Salli Richardson-Whitfield), womit „Sioux City“ sich auch ein wenig wie ein Eitelkeitsprojekt anfühlt, für das sich Phillips einen duften Saubermann auf den Leib schreiben ließ, den die Frauen begehren. Doch zur Selbstfindung gehören eigentlich Fehler, sei es Forrest Tafts Vergangenheit als Konzernvollstrecker in „Auf brennendem Eis“ oder John J. Dunbars Todessehnsucht in „Der mit dem Wolf tanzt“. Immerhin merkt man „Sioux City“ seinen Informationswillen über die indianische Kultur an, die Phillips hier filmisch erforscht, wobei er aus Respekt vor der Religion der Sioux ihre Riten und Heiligtümer nur in abgewandelter Form darstellt.

Auch als Darsteller kann man Lou Diamond Phillips („Heißer Asphalt“) kaum einen Vorwurf machen: Er spielt die Hauptrolle mehr als solide, kann aber aus dem platten Protagonisten jetzt auch keinen Mittelpunkt des Interesses machen. Ähnlich sieht es bei den wichtigsten Nebendarstellern aus, seien es Lise Cutter („Zwei tolle Hechte im Knast“) und Salli Richardson-Whitfield („Black Dynamite“), deren wichtigste Aufgabe das Anschmachten Jesses ist, sei es Ralph Waite („24 Stunden in seiner Gewalt“) als knarzig-unsympathischer Polizeichef, sei es Phillips „Canyon Cop“-Buddy Gary Farmer, der auch hier wieder den indianischen Helfer geben darf – alles brauchbare bis gute Leistungen, verschenkt an uninteressante Pappkameraden-Charaktere.

„Sioux City“ ist dabei gar kein bärig schlechter Film, sondern einfach nur ein vollkommen belangloses Malen nach Zahlen, getragen von guten Absichten, die aber unter einer kraftlosen Umsetzung leiden: Als Krimi fiel zu einfach gestrickt und banal, als Drama ohne große Fallhöhe. Da setzt sich ein Film wie „Wind River“ doch gleichzeitig spannender und tiefergehender mit dem Leben in den Reservaten auseinander.

Die deutsche DVD von „Sioux City“ kommt von Pidax, ist ungekürzt ab 16 Jahren freigegeben und bietet als Bonusmaterial Trailer zu zwei weiteren Pidax-Titeln.

© Nils Bothmann (McClane)

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Copyright aller Filmbilder/Label: Pidax__FSK Freigabe: ab 16__Geschnitten: Nein__Blu Ray/DVD: Nein/Ja

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