Originaltitel: Takedown__ Herstellungsland: Kanada__ Erscheinungsjahr: 2010__ Regie: Raul Sanchez Inglis__ Darsteller: Lou Diamond Phillips, Estella Warren, Deborah Kara Unger, Anja Savcic, Aaron Paul, Kendall Cross, Emma Sutton, Michael Kospa, Jordana Largy, … |
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Bei der kanadischen Low-Budget-Produktion “Takedown” handelt es sich um einen relativ gelungenen dramatischen Selbstjustiz-Thriller aus dem Jahr 2010, der einen unweigerlich (in gleich mehreren Belangen) an Pierre Morel´s 2008er Kino-Erfolg “Taken” erinnert, ursprünglich mal den Titel “Transparency” trug, von Raul Sanchez Inglis (“the Falling”) verfasst und in Szene gesetzt wurde sowie aufgrund seiner gesamten qualitativen Beschaffenheit durchaus als eine der besseren Veröffentlichungen aus dem Hause der in Los Angeles ansässigen B-Movie-Schmiede “American World Pictures” bezeichnet werden kann…
Seit seine Tochter Meg (Emma Sutton) Opfer eines brutalen Vergewaltigers wurde – wofür ihm nicht nur seine Frau Billie (Kendall Cross) eine gewisse “Mitschuld” zusprach, sondern er sich ebenfalls selbst, was u.a. dazu führte, dass ihre Ehe zerbrach und er obendrein auch seinen Job als Polizist verlor – vermag man das Leben Davids (Lou Diamond Phillips) als so etwas wie einen “Scherbenhaufen” zu umschreiben. Inzwischen hat er zumindest wieder einigermaßen “Tritt gefasst” und arbeitet nun als Wachmann für ein großes internationales Unternehmen. Auf dessen Firmengelände entdeckt er eines Nachts bei der Routine-Überprüfung eines Trucks ein verängstigtes serbisches Mädchen namens Anja (Anja Savcic), das sich unbemerkt in der Fahrerkabine aufgehalten hatte, während ihre Schwester zusammen mit etlichen anderen jungen Osteuropäerinnen hinten im Laderaum grausam ermordet wurde. Obgleich sie einander (sprachlich) nicht verstehen, sagt er ihr seine Hilfe zu – wird allerdings unmittelbar darauf von einem Mann angegriffen, welchen er im Rahmen der folgenden Auseinandersetzung zwar töten kann, doch erst nachdem er selbst angeschossen wurde…
Als er einige Zeit danach (aus einer erlittenen Bewusstlosigkeit) erneut zu sich gelangt, findet er sich auf einer Art “Krankenstation” seines Arbeitgebers wieder – wo er schon bald Bekanntschaft mit der Firmenanwältin Danielle (Deborah Kara Unger) macht, die ihm prompt ein vorbereitetes Statement zur Unterschrift vorlegt, dessen Inhalt aber stark von dem tatsächlich Geschehenen abweicht. Nicht bloß in Anbetracht “tief blicken lassender” Aussagen – wie dass es “in seinem besten Interesse” sei, das Dokument so zu unterzeichnen – wird ihm rasch klar, in welch eine Situation er offenbar hineingeraten ist: Entschieden setzt er sich zur Wehr, kämpft sich seinen Weg aus der Einrichtung frei und taucht erst einmal unter, da man ihn in der Öffentlichkeit zudem stracks als eine “Gefahr für die nationale Sicherheit” diffamiert. Fest dazu entschlossen, sein gegebenes Wort auf jeden Fall zu halten, beginnt er fortan damit, u.a. mit der Hilfe der Leiterin eines Frauenhauses (Estella Warren) im Rotlicht-Milieu nach Anja zu suchen – wobei er es nicht nur mit den verantwortlichen Menschenhändlern und Bordell-Betreibern aufnimmt, sondern zugleich auch mit dem über “umfangreiche Ressourcen” verfügenden Konzern im Hintergrund…
“Takedown” eröffnet in Gestalt einer Rückblende, innerhalb derer ein von David begleiteter Suchtrupp seine Tochter (ihrer Verschleppung sowie dem genannten Verbrechen folgend) im nächtlichen Wald auffindet – was dem Werk von Anfang an eine “düster-kühle Atmosphäre” verleiht, die im anknüpfenden Verlauf kontinuierlich aufrecht erhalten sowie gar noch weiter (hin zu einer durchgehend “trostlosen Basis-Stimmung”) verdichtet wird. Speziell in dieser Beziehung kommt der Streifen erfreulich konsequent daher – und das inhaltlich wie stilistisch, von seiner ersten bis zur allerletzten Sekunde. Auf die eine oder andere Weise ist nahezu jeder der Protagonisten “vom Schicksal gebeutelt” – ausnahmslos keiner von ihnen steht irgendwie auf der sprichwörtlichen “Sonnenseite des Lebens”. Sowohl die Geschäfte des Großunternehmens als auch die Machenschaften der Schleuser (bzw. Ausbeuter und Zuhälter) reichen über diverse geographische und moralische Grenzen hinweg, dienen der Profit-Maximierung und werden immerzu eiskalt (mit Hilfe physischer und/oder psychischer Gewalt) verwirklicht. Förderlich unterstützt seitens des typischen Wetters British Columbias, wählte man für den Look des Films eine angepasst düstere Farbpalette und siedelte die meisten Sequenzen überdies nach Sonnenuntergang oder in irgendwelchen nur spärlich ausgeleuchteten Räumlichkeiten (wie Keller oder Lagerhallen) an…
Dass Dinge wie Menschenhandel und Zwangsprostitution ebenso widerwärtige wie leider nur allzu reale Angelegenheiten sind, ist ja fern eines Geheimnisses – und so war es angenehm zu registrieren, dass Regisseur und Skriptautor Inglis darauf verzichtete, diese Punkte besonders vordergründig herauszustellen: Statt Szenen von Missbrauch und Gewalt gegen hilflose, nicht selten minderjährige Frauen explizit (oder gar exploitativ) aufzuzeigen, verließ er sich primär auf sporadisch bloß mal flüchtig ins Bild gerückte Impressionen sowie auf die eindringlichen Schilderungen einer jungen Frau, die jenem “Albtraum” tatsächlich zu entkommen vermochte, sich seither in der Obhut Monikas (Warren´s Figur) aufhält und David nun Informationen über die abscheulichen Methoden jener Männer liefert – ihm also von bestimmten Details berichtet, wie etwa vom gezielten Ausnutzen der Zwangslagen der Mädchen in ihrer Heimat oder dem systematischen Verabreichen “gefügig machender” Drogen. Im Angesicht seiner Entschlossenheit, Anja zu retten und dabei möglichst auch noch den lokalen Verbrecherring zu zerschlagen, willigt sie schließlich sogar ein, sich selbst erneut in Gefahr zu begeben und ihm zu helfen, einen “Zugang” zu jenen Kreisen zu erhalten…
Regelmäßig fallen einem bei “Takedown” Details ins Auge, die wohltuend “beseelt” anmuten und somit stets ein wenig von der eigentlich streng Genre-typischen “08/15-Story” ablenken – á la ein kurzes Gebet des erwähnten Mädels, bevor sie über die Schwelle eines Hinterhofbordells tritt und David auf diesem Wege Einlass in das illegale Etablissement verschafft, oder die “ein höheres Maß an Authentizität” vermittelnde Entscheidung, die betreffenden Akteure nicht mit einem osteuropäischen Akzent versehenes Englisch, sondern ihre jeweilige Muttersprache (Russisch oder Serbisch; und das häufig auch ohne eingeblendete Untertitel) sprechen zu lassen, was den angedachten “Effekt” ein zusätzliches Stück weit (ersprießlich) nährt. Oft erhofft man sich als Zuschauer bei einer solch gradlinigen Handlung wie der vorliegenden (quasi als “Ausgleich”) zumindest tolle Schauwerte oder den einen oder anderen “Twist” im Laufe der Entfaltung – nach Möglichkeit natürlich beides: Während das verfügbare Budget das Liefern ersterer hier nicht wirklich zuließ, gelang es einer fein geglückten Offenbarung sowie der kompletten Gestaltung der finalen Minuten allerdings, mich immerhin in letzterer Hinsicht “unterm Strich” doch einigermaßen vernünftig zufrieden zu stellen…
In den vergangenen fünf Jahren ist kein Tag verstrichen, an dem David nicht von belastenden Schuldgefühlen (als Ehemann und Vater “versagt” zu haben) heimgesucht wurde. Nicht gerade viel ist ihm seither geblieben: Ein mäßiger Job, kaum Freunde sowie belanglose One-Night-Stands anstelle einer festen Beziehung. Moralische Standards aufweisend und charakterfest in der Ausübung seiner Arbeit war er schon immer – was bei einem Einsatz im Irak gar mal den Unmut seiner Vorgesetzten und Kollegen heraufbeschwor, als er sich von der Ausführung eines speziellen Auftrags dort “aus Gewissensgründen distanzierte”. Im Ganzen ist es daher auch leicht nachvollziehbar, warum er sich derart intensiv für Anja einsetzt. Es hätte dazu nicht einmal einer Szene gebraucht, in der er im Krankenzimmer (noch benommen sowie unter Medikamenten-Einfluss) beim Erwachen aus der Bewusstlosigkeit ein eben darauf abzielendes Gespräch mit der ihm im Raum erscheinenden Meg führt. Lou Diamond Phillips (“Sioux City“) verkörpert die Rolle jedenfalls ohne Veranlassung zur Klage: Man nimmt sie ihm in vollem Umfang ab – was ungemein wichtig ist, da es entscheidend an ihm und seinem Engagement lag, den Streifen weitestgehend allein zu “tragen”…
Als resolute Leiterin einer Hilfseinrichtung für Frauen steht Estella Warren (“Planet of the Apes“) unserem Hauptprotagonisten in einem Nebenpart zur Seite: Ein solider, “unglamouröser” Auftritt des ehemaligen Top-Models, bei dem ihre ausgeprägten Tränensäcke aber irgendwie am meisten auffallen bzw. in Erinnerung verbleiben. Kendall Cross (“Elysium“) und Emma Sutton (“Hunt for the I-5 Killer”) sind jeweils kurz als David´s Frau und Tochter zu sehen, Anja Savcic (“Extraterrestrial“) hinterlässt in der Rolle des verschleppten Teens einen ebenso zusagenden wie “wirkungsvollen” Eindruck – worüber hinaus die Figur der gefühlskalten Anwältin Danielle mit der ausstrahlungsstarken Deborah Kara Unger (“Vengeance: A Love Story“) schlichtweg perfekt besetzt wurde. Nach außen hin repräsentiert jene die Interessen des mächtigen Konzerns: Als David an der Vertuschung des “Vorfalls” nicht mitzuwirken bereit ist, brandmarkt man ihn in der Öffentlichkeit als einen “Terroristen” und setzt (parallel dazu) ein bewaffnetes “internes Sonderkommando” auf ihn an – worauf dem Gejagten schrittweise (u.a. durch die zutage geförderten Erkenntnisse einer Hackerin) erst so richtig bewusst wird, mit welch einem Gegner er es überhaupt zutun hat, denn der Einfluss des Unternehmens erstreckt sich nicht nur in wirtschaftliche und illegale Bereiche, sondern gar bis in bestimmte Regierungskreise hinein…
Basierend auf einer Idee Matthew Kellys, griff Inglis im Rahmen seiner (binnen zwei Wochen verfassten) Vorlage einige recht anregende Themengebiete (wie eine keineswegs undenkbare Form geschäftlicher Verbindungen zwischen Angehörigen des organisierten Verbrechens und Vertretern einer raffgierigen internationalen Korporation) auf, bettete diese in ein klassisches “das Gesetz in die eigene Hand nehmen”-Story-Konstrukt ein und behielt die tatsächliche finanzielle/logistische Umsetzbarkeit des Projekts dabei kontinuierlich fest im Blick. Entsprechend wurde von Anfang an auf die Konzeption bzw. inhaltliche Einbindung aufwändiger Set-Pieces zugunsten einer “kleineren Größenordnung” verzichtet – was der allgemeinen Glaubwürdigkeit klar zugute gekommen ist. Speziell für ein Film dieses Genres geht die gebotene Dialog-Qualität und Charakterzeichnung jeweils in Ordnung – insgesamt hätte ich mir jedoch mehr Originalität und eine nicht ganz so oberflächliche Plot-Beschaffenheit gewünscht, da sich alles überaus stringent entfaltet und dabei auch nicht sonderlich weit in die “Tiefe” der Materie vordringt. Abgesehen von Andeutungen und einzelnen Aufdeckungen erfährt man als Zuschauer kaum Einzelheiten über den konkreten Aufbau der weitläufigen Organisations-Strukturen: Definitiv ein wenig schade – obgleich man im Prinzip ohnehin kaum mehr erwarten durfte, denn schließlich kommt David an die wahren Hintermänner ja gar nicht erst heran; hat es stattdessen immerzu nur mit irgendwelchen “Abgesandten” oder “kleinen Fischen” zutun…
Mit einem geringen Budget realisierte Inglis den Streifen in nur 13 Tagen im kanadischen Vancouver: An seiner handwerklichen Leistung gibt es nichts Ernsthaftes auszusetzen – die unterschiedlichen Aspekte der Produktion schien er fest im Griff zu haben. Obendrein konnte er sich auf eine kompetente Cast&Crew verlassen, von denen sich einige zu jener Zeit übrigens gerade in einer Drehpause der Serie “Stargate Universe” befanden (u.a. Phillips sowie Kameramann Michael Blundell). In passend finstere Bilder gekleidet und mit einem stimmigen, manchmal allerdings minimal „zu vordergründig“ erklingenden Score Christopher Nickels (“Way of the Wicked“) unterlegt, wird einem eine straff gehaltene Geschichte präsentiert, die sich permanent voran bewegt und in keinem Moment zu langweilen beginnt. Neben einer Auto-Verfolgungsjagd bekommt man in Sachen “Action” diverse Schusswechsel und harte Fights zu sehen, welche aber nie einen überzogenen Eindruck erwecken und nicht bloß deshalb relativ ordentlich überzeugen können. Unabhängig so einiger beileibe nicht perfekt anmutender Elemente – wie eine gewisse Vorhersehbarkeit oder der “niedrige Beeinträchtigungsgrad” der Schussverletzung Davids – habe ich mich alles in allem aber dennoch anständig unterhalten gefühlt – zumal es in regelmäßigen Abständen immer wieder angenehm inspirierte Augenblicke gibt, durch die sich das Werk von vielen seiner “Artgenossen” abhebt: Man nehme da nur mal die bereits erwähnte überraschende Offenbarung, David´s emotionale Reaktion auf sein Überschreiten einer speziellen “Grenze” sowie das erstaunlich kompromisslose Ende, mit dem man letztlich in den Abspann entlassen wird…
Fazit: “Takedown” ist ein ebenso düsteres, gradliniges wie solides kleines B-Movie, in dessen Gestalt Regisseur und Skriptautor Raul Sanchez Inglis verschiedene “zeitgemäß-brisante” Themenfelder (á la Profitgier, Menschenschmuggel, Zwangsprostitution, individuelle Wiedergutmachung und Selbstjustiz) zu einem erfreulich brauchbaren, wenn auch recht oberflächlich gestrickten Ergebnis vereinte, bei dem man (insbesondere als Fan des Genres) durchaus mal einen Blick riskieren kann…
Hierzulande ist “Takedown” (alternative Schreibweise: “Take Down”) seit November 2010 auf DVD und BluRay erhältlich – und das seit Januar 2015 zudem auch als Neuauflage unter dem miesen deutschen Titel “Die Menschenhändler – Sex und Gewalt”...
Stefan Seidl
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zur Filmdiskussion bei Liquid-Love
Copyright der “Takedown” Covermotive und Pics: Matt Kelly Films / QubeFilm / American World Pictures / Entertainment One, Lions Gate Films Home Ent. (US) / Lighthouse Home Entertainment, M.I.B., Edel Germany GmbH (D)__ Infos zur dt. VÖ:__ Freigabe: FSK-16__ DVD/BluRay: ja/ja__ |