Originaltitel: Namhansanseong__Herstellungsland: Südkorea__Erscheinungsjahr: 2017__Regie: Hwang Dong-hyuk__Darsteller: Lee Byung-hun, Kim Yoon-seok, Park Hae-il, Go Soo, Park Hee-soon, Jo Woo-jin, Soo Song-hyun, Hee byeong-yoon u.a. |
Anfang des 17. Jahrhunderts bekriegen sich im heutigen China die Qing- und die Ming-Dynastie. Es geht um die Vorherrschaft im asiatischen Raum. Die Koreaner geraten dabei schnell zwischen die Fronten, denn sie haben der Ming-Dynastie ihre Verbundenheit zugesichert. Um diese Allianz zu brechen, marschiert der Khan der Qing-Dynastie 1636 mit seiner riesigen Armee in Korea ein.
Der König Koreas muss schnell erkennen, dass er den Chinesen nichts entgegenzuwerfen hat. Also flieht er mit seinem Stab in eine weit abgelegene Festung namens Namhansaseong. Doch sicher ist er hier noch lange nicht. Denn die Festung ist marode und ein brutaler Winter verlangt seinen Soldaten und den Anwohnern um die Festung alles ab. Als die Truppen der Qing-Dynastie anrücken und einen Belagerungsgürtel um den Namhan-Berg errichten, scheint die Lage vollends aussichtslos.
Gelingt es dem cleveren koreanischen Außenminister mit verhandlungstaktischem Geschick sein Volk vor einer verheerenden Niederlage zu retten? Oder kann der Kriegsminister eine schlaue List gegen die Übermacht ersinnen?
Schaut in “The Fortress” mit Lee Byung-Hun hinein
httpv://www.youtube.com/watch?v=ho7pPjqUf7c
Liest man die Inhaltsangabe zum Film und bestaunt das Artwork der DVD/Blu-ray, muss man hinter „The Fortress“ eine dieser typisch südkoreanischen Involvierungsbomben vermuten, bei denen man spätestens im Showdown wild mit den Armen fuchtelnd auf dem heimischen Sofa mit den Helden mitfightet. Das an „300“ oder zuletzt im südkoreanischen Historien-Actionknaller „The Great Battle“ zelebrierte „Wenige-gegen-eine-Übermacht“-Konzept geht erst recht in diese Richtung. Tatsächlich geht „The Fortress“ aber einen ganz anderen Weg.
Der Historienfilm von Hwang Dong-hyuk fokussiert weniger auf große Schlachten und Heldentum. Stattdessen stellt er den kränkelnden südkoreanischen König und dessen Regierungsstab in den Mittelpunkt. In der Folge steht das politische Kräftezerren im Fokus. Welcher Minister schafft es, den König mit seinen Argumenten zu überzeugen? Wer kann das gesundheitlich angeschlagene Staatsoberhaupt am besten einlullen? Und wem gelingt es, die Konkurrenz unter den Politikern am eindrücklichsten zu besiegen? Vielleicht gar dessen Tod herbeizuführen?
Die Ergebnisse dieser Entscheidungen sehen wir zumeist anhand der Schicksale derjenigen, auf deren Rücken die politischen Ränke ausgetragen werden. Wir sehen fallende Soldaten. Frierende und verhungernde Zivilisten. Und Befehlshaber, die teils wider besseren Wissens agieren müssen. Eine interessante Perspektive, die jedwedes Pathos aus „The Fortress“ herausquetscht und einen eher nüchternen, sachlichen Erzählton zur Folge hat.
Die Action von „The Fortress“ bricht zumeist recht unvermutet über den Zuschauer hinein. Bei einigen Szenen fährt man gar zusammen, so überraschend wird es plötzlich brachial. In erster Linie dominiert wütendes und sehr blutiges Hack and Slay. Von Köpfen bis Extremitäten wird eigentlich alles irgendwann mal abgeschlagen. Wenn die Chinesen ihre Artillerie auffahren, kriechen gar halbierte Koreaner übers Schlachtfeld. Von relativ kurzen Actioneinschüben bis zu größeren Actionszenarien wird alles geboten.
Leider ist man in der Action aber nie wirklich drin. Weil man die Akteure, die sich hier beharken, kaum kennt. Was vor allem daran liegt, dass nur wenigen Figuren abseits des königlichen Stabes ein Rückgrat eingezogen wird. Und da es „The Fortress“ mit Pathos und Heldentum eh nicht so hat, bleiben die großen Gänsehautmomente durchweg aus. Was auch am sparsamen Musikeinsatz und der geerdeten Inszenierung der Actionszenen festgemacht werden kann.
Der Aufwand hinter der Action stimmt jedoch. Sowohl Ausstattung als auch Menschenauftrieb überzeugen. Der größte Pluspunkt ist ganz sicher das Setting. Denn die Festung Namhansaseong liegt auf einem Berg, inmitten einer Waldlandschaft. Einen richtigen Überblick über die Festung und ihre Ausmaße hat man nie. Immer wieder verschwinden Burgteile in dem Wald. Der ist dann auch der Hauptschauplatz für diverse Actionszenen, wo das Blut dekorativ in den Schnee spritzen darf.
Die Witterungsbedingungen geben dann auch den Look von „The Fortress“ vor. Der Film wirkt meist kalt und abweisend. Nur in Innenräumen dominieren mal warme Farben. Die Kälte, die den Soldaten zusetzt, kriecht so auch dem Zuschauer ins Gebein. Während die politischen Ränkespielereien extrem statisch daherkommen, wird der Film in der Action deutlich dynamischer. Bemüht auch mal längere Szenen ohne Schnitte. Auch abseits der Action gefällt die detailverliebte Ausstattung.
Darstellerisch wird „The Fortress“ von Lee Byung-hun („Die glorreichen Sieben“) als umsichtigen Außenminister, Kim Yoon-seok („The Chaser“) als irgendwann zum Kriegsminister beförderten Minister und Park Hae-il („War of the Arrows“) als König getragen. Besonders tragisch gerät dabei vor allem Lee Byung-huns Charakter, weil dieser als einziger auch das Los anderer Menschen und des Landes insgesamt in Betracht zieht, während die Minister um ihn herum nur auf ihr eigenes Wohl bedacht zu sein scheinen. Alle drei Darsteller überzeugen mit ruhigem, zurückgenommenem und darum mehr als glaubwürdigem Spiel. Auch die Darsteller um dieses Dreieck spielen ordentlich auf, leider fehlt den meisten eine spürbare Motivation. Frauen spielen in „The Fortress“ überhaupt gar keine Rolle.
“The Fortress” holt den Zuschauer nicht vollends ab
Nachdem „The Fortress“ dem Zuschauer mittels Texttafeln erklärt hat, wie die Geschichte Koreas nach den gezeichneten Ereignissen weiterging, präsentiert der Film eine wundervoll normale Szenerie. Zivilisten, die den Krieg überlebt haben, gehen ihrem normalem Tagwerk nach. Es fühlt sich an, als sei nie etwas passiert. Alles bisher Geschehene scheint so weit weg. Die Kriegspolitik, die eh keinem der Zivilisten irgendetwas gebracht hat, ist zu Ende. Das Leben, so scheint es, findet seinen Weg. Ohne überkommene Ehrvorstellungen, ohne Machtgier und ohne politische Ränke Einzelner.
Diese Sicht auf das Volk ist einer der interessantesten Aspekte am Film. Der für sich gesehen leider ein wenig zu dialoglastig und vor allem zu lang geraten ist. Gerade die zermürbenden Diskussionen zwischen Ministern und König hätten gerne mit deutlich mehr Action oder zwischenmenschlichen, emotionalen Szenen konterkariert werden dürfen. So lässt einen „The Fortress“ immer ein wenig zu kalt, auch weil die Figuren nicht berühren. Selbst das zumindest betroffen machende Finale des rau bebilderten, stark gespielten und mit wuchtigen Actionszenen aufwartenden Filmes will nicht so einschlagen, wie es das angesichts der zugrundeliegenden Dramatik der Ereignisse eigentlich sollte.
Die deutsche DVD / Blu-ray zum Film erscheint am 27. Juni 2019 von Koch Media und ist mit einer FSK 16 Freigabe ungeschnitten.
In diesem Sinne:
freeman
Was meint ihr zu dem Film?
Zur Filmdiskussion bei Liquid-Love
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