Originaltitel: Transylvania 6-5000__Herstellungsland: Jugoslawien / USA__Erscheinungsjahr: 1985__Regie: Rudy De Luca__Darsteller: Jeff Goldblum, Joseph Bologna, Ed Begley Jr., Carol Kane, Jeffrey Jones, John Byner, Geena Davis, Michael Richards, Donald Gibb, Norman Fell, Teresa Ganzel, Rudy De Luca u.a. |
Aus alten Gruselschinken ist dir die Situation bekannt: Du fragst als Fremder in einer Dorfkneipe nach dem Aufenthaltsort eines berüchtigten Monsters und erntest unbehagliches Schweigen. Alle Augen sind auf dich gerichtet, es wird getuschelt, der Pianist hört abrupt auf zu spielen (Moment, sind wir jetzt in einem Western gelandet?), die Stille wird zu einem eigenen Geräusch, das in den Ohren klingelt. Vermutlich wirst du Sekunden später mit der Heugabel aus der Tür gejagt. Oder aber… der gesamte Raum bricht einfach nur in hysterisches Gelächter aus und du wirst zum Witz des Tages. Dann weißt du: Die goldene Zeit der Vampire, Mumien und Werwölfe ist ein für allemal passé.
Dabei hättest du es eigentlich wissen müssen. Spätestens nach John Carpenters „The Thing“ (1982) war der Horrorfilm endgültig in ein neues Evolutionsstadium eingetreten. Im Angesicht mutierender Spezialeffekte der neuesten Generation erschienen die klassischen Schreckgestalten aus altehrwürdigen Universal-Zeiten umso mehr wie bewegungsunfähige Pappaufsteller, die keine Krähe mehr vom Maisfeld jagen.
Weil die 80er aber so eine bunte Zeit waren, gab es für die Altgedienten und Ausrangierten immer noch einen kleinen Platz im Herzen der Studios – auch wenn das Hybrid-Fach „Horror-Komödie“ wohl hauptsächlich den Zweck erfüllte, sich über die albernen Geschöpfe lustig zu machen, die früheren Generationen einmal Angst eingeflößt haben. Wenn Mel-Brooks-Autor Rudy De Luca also zwei Journalisten mit Bus und Bahn in die Karpaten schickt, damit sie eine passende Story zur bereits vorgefertigten Titelzeile „Frankenstein lebt!“ zimmern, hat er allen möglichen Nonsens im Sinn… nur mit Sicherheit keinen Horror.
Über weite Strecken wurde „Transylvania 6-5000“ an jugoslawischen Originalschauplätzen mit einheimischen Statisten gedreht. Dem Regisseur erleichtert dieser reale Bezug zu einem mystifizierten Ort die Umkehrung alter Klischees durch den Nachweis, dass sich Klischees nicht immer bestätigen. Gene Wilder würde zwar nur ein Jahr später mit seiner Haunted-House-Comedy „Hochzeitsnacht im Geisterschloss“ wieder liebevoll mit ihnen spielen, doch De Luca scheint nicht viel Interesse daran zu haben, die Funktionsweise des klassischen Horrorfilms zu rekonstruieren: Die Ankunft in Transsylvanien wird begleitet von allerschönstem Sommerwetter (was sogleich von einer der Hauptfiguren ironisch kommentiert wird), die nüchterne Optik erzeugt in etwa die Atmosphäre eines flapsigen Monty-Python-TV-Folge und Maske bzw. Effekte bemühen sich nicht einmal, ihre Möglichkeiten auszureizen. Das Resultat ist eine altbacken gefilmte Kostümparade im Tageslicht, die in Sachen Monster-Show auch noch ziemlich spät in die Gänge kommt (im Grunde genommen erst im letzten Drittel). Atmosphäre lässt sich mit dieser Vorgehensweise selbstverständlich nicht erzeugen.
Werft einen Blick auf “Transylvania 6-5000”
httpv://www.youtube.com/watch?v=RlRqVgziaaM
De Luca hat allerdings auch gar nicht vor, die Klischees zu brechen, indem er sie vorher selbst mühselig aufbaut. Stattdessen geht er den bequemen Weg und betont ihre Abwesenheit, um das Übernatürliche als kindische Narretei zu entlarven. Dadurch wird Raum geschaffen für komödiantische Improvisation, bei der es darum geht, alle Beteiligten dieser Produktion zum Affen zu machen. Man muss nur die beiden lang gewachsenen Journalisten-Trampel im Büro ihres Chefs stehen sehen, um zu wissen, dass sie am fernen Zielort ihrer Reise völlig aus dem Rahmen fallen werden. Jeff Goldblum (“Thor – Tag der Entscheidung“) quittiert jede Situation in der ihm üblichen Weise mit einer gesunden Portion Skepsis gegenüber allem, was ihm irgendwie merkwürdig erscheint. Diese Nummer zieht er bis zum bitteren Ende durch, auch wenn ihm manchmal ein echtes Lächeln über die Lippen zu kommen scheint (und man sich fragt, ob es der Schauspieler oder seine Figur ist, die hier kurz die Maske fallen lässt)… sein Kollege Ed Begley, Jr. hingegen drückt sich mit Verlegenheit durch die Handlung und erzeugt in dem Versuch, möglichst unsichtbar aus der Gleichung zu kommen, das vermutlich größte Cringefest des Films. Dabei müssen die Beiden nicht einmal allzu oft miteinander agieren, um ihre Nummern auszuspielen. Es gibt eine gemeinsame Ein- und Ausbruchssequenz zu bestaunen, bei der sie sich auf eine äußerst seltsame Strategie mit Trick-17-Twist einigen, ansonsten stehen die Hauptdarsteller weniger im Dienste typischer Buddy-Comedy, als sie vielmehr dazu da sind, das Drehbuch mit zwei voneinander unabhängigen Handlungsfäden zu versehen, die sich gelegentlich kreuzen.
Keinesfalls jedoch ist das Skript komplett auf Goldblum und Begley, Jr. zugeschnitten, denn viele Nebendarsteller sind fast ebenso oft Zentrum ihrer eigenen Szenen. John Byner referenziert als unterwürfiger Butler den Typus „Renfield“ aus den Dracula-Filmen ebenso sehr wie den blinden Butler aus „Eine Leiche zum Dessert“, während Carol Kane als Bedienstete ein wandelnder Running Gag mit stets physischer Pointe ist. Jeffrey Jones spielt so überheblich-kumpelhaft, wie es eben nur Jeffrey Jones kann. Teresa Ganzel nimmt in ihrer unschuldigen Gesamterscheinung kein Blatt vor den Mund und Geena Davis (“Thelma & Louise“) ist als toupierter Blickfang im Einteiler mit Ultra-Ausschnitt der eine große Farbtupfer, über den die Produktion verfügt. Dass das Skript für sie übrigens kaum Berührungspunkte mit Goldblum vorgesehen hat, ist angesichts deren späterer Geschichte fast ebenso irritierend wie die Tatsache, dass Goldblums späterer Stammsprecher Arne Elsholtz hier nicht etwa Goldblum spricht, sondern Begley, Jr.
Vielleicht ist es aber Michael Richards („Seinfeld“), der mit seinen Verrenkungen als penetranter Bediensteter in Sachen Humorverständnis den Rhythmus angibt. Die stark an das Sketch-Format angelehnte Struktur der Gags verteilt sich ebenmäßig über all diese Köpfe und bleibt im erzählerischen Aufbau dadurch simpel, zweckmäßig und auch ein wenig faul. Die Gags werden oft über Minuten hinweg tot geritten und nehmen auf diese Weise komplette Filmabschnitte in Beschlag. Seltener wird der Zuschauer auch mal mit unerwarteten Situationen überrumpelt (wie beim „abhängen an der Mauer“). Der Spoof-Charakter eines „Frankenstein Junior“ wird dabei immer mal wieder gestreift, doch geht man wesentlich fahriger zu Werke.
Man muss diesen Stil schon mögen, sonst hat man schlechte Karten mit „Transylvania 6-5000“. Es ist eben kein Liebhaberstück, sondern eher eine flotte Komödie mit äußerst eigenwilligem Humor, deren Gelingen arg von subjektiven Maßstäben abhängig ist. Den Horror beutet sie eher aus, als ihn wertzuschätzen, fast einem Sensationstourismus gleich: Aufreizend die Gesten für ein nettes Erinnerungsfoto imitierend, um am Ende zu behaupten, dass alles Quatsch ist. Aufgrund des namhaften Casts nähert man sich diesem Film heute in gleicher Manier, aus Sensationslust nämlich. Es könnte ja ein Kracher dahinter stecken wie „Meine teuflischen Nachbarn“ mit Tom Hanks. Nun… vielleicht sollte man seine Erwartungen aber eher auf das Level „Valkenvania“ einpegeln.
Gute:
Informationen zur Veröffentlichung von “Transylvania 6-5000”
Unter den Gruselkomödien der 80er Jahre sind viele Titel besser in Erinnerung geblieben als „Transylvania 6-5000“. Dennoch ist es diesem Film gelungen, die Evolution des Heimkinomarkts in vollem Umfang zu begleiten. Vor 32 Jahren erschien er von VCL auf Videokassette im Vollbildformat mit deutschem Monoton. Der Sprung ins Digitale ließ allerdings auf sich warten: Erst 2011 erschien eine DVD von Savoy / Intergroove, diesmal unter dem deutschen Verleihtitel „Reise nach Transsilvanien“. Enthalten war nicht nur das korrekte Bildformat in 1,85:1, sondern neben der deutschen Synchronfassung auch der englische Originalton, ein Audiokommentar mit Rudy De Luca und Steven Haberman sowie Trailer und TV-Spots – man hatte erfreulicherweise die Ausstattung der US-DVD übernehmen können.
Dank Wicked Vision ist seit diesem Jahr die Blu-ray die Wählscheibe der Wahl, um 6-5000 anzurufen. „Transylvania 6-5000“ ist nämlich ab sofort offizieller Teil der „Limited Collector’s Edition“-Reihe. Geliefert wird sie wie zumeist im Hochglanz-Mediabook mit 24-seitigem Booklet. An Bord befindet sich nicht nur die Blu-ray, auf deren Ausstattung wir gleich zu sprechen kommen, sondern auch eine DVD mit identischem Inhalt.
Die Anzahl der verfügbaren Cover schwankt ja bisweilen in der Serie. Zwischen 1 und 5 war schon alles dabei. „Transylvania 6-5000“ greift auf die Standard-Lösung zurück und steht in drei unterschiedlichen Motiven zur Auswahl, wobei interessanterweise keines den alternativen deutschen Titel „Reise nach Transsilvanien“ trägt – vielleicht nicht die verkehrteste Entscheidung, stellt sich die Horror-Klientel des Labels wohl eher ungern einen Schriftzug ins Regal, den man mit „Die Vampirschwestern 3 – Reise nach Transsilvanien“ verwechseln könnte. Das bereits von VHS und DVD bekannte Originalmotiv auf Cover A weist mit 555 Einheiten die geringste Limitierung bzw. höchste Stückzahl auf. Jeweils 333 Mal wurden Cover B (mit starren Augen glotzende Portraits der Hauptdarsteller, zum Quartett ergänzt durch jene Filmmonster, die den beiden Stars noch am meisten ähneln) und Cover C (eine in grellem Blau-Lila gehaltene Collage der wichtigsten Charaktere inklusive Schloss-Panorama und Monster-Telefon) gedruckt. Auffällig ist noch, dass man inzwischen wohl öfter mal auf das ganzseitige Deckblatt verzichtet und stattdessen einfach einen Sticker auf der Folie platziert, auf dem das FSK-Logo, der „Limited Collector’s Edition #28“-Schriftzug und einige Darstellernamen abgehandelt werden, so dass das Cover trotz Einsparungen bei der Umverpackung weiterhin dem Anspruch auf einen störfreien Anblick gerecht wird.
Richtig schick bleibt es auch im Inneren des Buchs: Die Innenseiten hinter den transparenten Disc-Halterungen sind mit einem Panorama aus Monsterpranken versehen, das vor allem farblich sehr schön zur Geltung kommt. Das comicartig gehaltene Motiv ergänzt sich zudem auch noch wunderbar mit dem Cover des eingeklammerten Booklets, das eine Zeichnung von Geena Davis im Vampir-Kostüm präsentiert – ein Wunder, dass dieses Outfit auf den Cover-Artworks nicht bereits viel mehr ausgeschlachtet wurde. David Renske darf dann in einem Essay mit der Überschrift „Kein Anschluss unter dieser Nummer“ über den Film und seine Eigenarten reüssieren. Zu diesem Zweck greift er auf einen ziemlich speziellen Schreibstil zurück, der zwar mitunter recht eigenartig zu lesen ist, formell aber frischen Wind in die Mischung aus Filmhistorizismus und -Kritik bringt. Unter anderem verwendet er als Kapitelüberschrift eine Schlagzeile aus einer Zeitung, die in der ersten Szene im Büro des Chefredakteurs hängt – da gibt’s also für echte Nerds eine Menge zu knobeln. Genug Inhalt für 24 Seiten liefert eine Kuriosität wie „Transylvania 6-5000“ aber vielleicht nicht. So wird das Booklet dann einfach „English-friendly“: die zweite Hälfte bietet den gleichen Text noch einmal, diesmal auf Englisch. Schön allerdings, dass die fortlaufenden Szenenfotos sich nicht mit dem Textinhalt wiederholen.
Am Ende des Booklets informiert eine Seite nochmals über den angefertigten Transfer. Dieser sei Ende 2018 im externen Auftrag direkt vom Interpositiv gescannt und einer Farbkorrektur unterzogen worden, wobei auch ein durchgehender Magenta-Stich entfernt worden sei. Die Bildsäuberung geschah wiederum direkt über das Label, während die die Tonspuren in Kooperation mit Saal Media in Form gebracht wurden. Das Ergebnis darf man sich im wortwörtlichen Sinne als „neutrale Wiedergabe“ vorstellen: Besondere Schärfewerte oder frische Farben werden in diesem Transfer eindeutig nicht erreicht, gerade in vielen aufsichtigen Weitwinkelaufnahmen und ähnlichen Einstellungen mit viel Umgebung wird es auch mal dezent körnig und unscharf. Der kleine Drehort in Jugoslawien wirkt stets freundlich und ein bisschen bieder, selbst die Nachtsequenzen muten immer noch hell an. Wichtig aber: hier wurde nicht herumgefuhrwerkt, um aus diesem Film ein stimmungsvoll ausgeleuchtetes Gruselabenteuer zu machen, das er nicht ist. Das Gleiche gilt auch für den simplen, funktionalen Ton. Wie schon in der Kritik zum Hauptfilm angeklungen, irritiert in der deutschen Fassung die Besetzung von Arne Elsholtz auf Ed Begley, Jr., wenn Jeff Goldblum gleich daneben steht; schon deswegen greift man natürlich auch gerne auf den Originalton zurück. Schade, dass die zweite Synchronisation mit Elsholtz auf Goldblum nicht mit an Bord sein kann, von der im Booklet die Rede ist; der Vergleich wäre sicher interessant gewesen.
Bei den Extras bilden die Audiokommentare das Highlight. Derjenige mit Regisseur De Luca und seinem visuellen Berater Steve Haberman (der auch die Drehbücher zu einigen Mel-Brooks-Filmen geschrieben hat) war bereits auf den alten DVDs zu finden. Wer Kommentare mit direkt Beteiligten mag, kommt hier sicherlich auf seine Kosten. Ganz frisch muss der Kommentar von James Chandler und Ash Hamilton von der Horror-News-Seite HorrorFix sein, nehmen die Beiden doch schon Bezug auf den Tod des erst 2017 verstorbenen Joseph Bologna. Sie scheinen jedenfalls eine Menge Spaß bei der Sichtung zu haben, jedenfalls wird in ihrem Kommentar eine Menge gelacht.
Bei den restlichen Bonusmaterialien sieht es auf den ersten Blick recht dünn aus: Von Trailern, Spots und Bildergalerien ist auf dem Cover zu lesen. Immerhin, wenn man zuerst den restaurierten Trailer und gleich danach den Originaltrailer anschaut, sieht man im Direktvergleich noch einmal, was bei der Restauration geleistet wurde. Selbiges gilt für die fünf TV-Spots, die ebenfalls im Vorher-Nachher-Zustand zu bestaunen sind. Zur Storyboard-Galerie läuft der Titelsong, der an Glenn Millers Swing-Jazz-Nummer „Pennsylvania 6-5000“ angelehnt ist. Gleiches gilt für die über 5-minütige Bildergalerie, die zusätzlich noch mit der 80s-Pop-Version unterlegt wird. Was die Ausstattungshinweise auf der Rückseite des Mediabooks verschweigen, ist der Unterpunkt „Deleted Scenes“. Hier sollte man aber nicht zu viel erwarten, denn dabei handelt es sich um einen gerade einmal 25-sekündigen Zusammenschnitt aus kurzen Einstellungen.
Diese kleineren Extras müssen zwar ohne Untertitel auskommen, dafür gibt es aber welche in Deutsch und Englisch für den Hauptfilm; außerdem wurden beide Audiokommentare mit optionalen deutschen Untertiteln ausgestattet.
Bildergalerie von “Transylvania 6-5000”
Sascha Ganser (Vince)
Was hältst du von dem Film?
Zur Filmdiskussion bei Liquid-Love
Copyright aller Filmbilder/Label: Wicked Vision__FSK Freigabe: ab 12__Geschnitten: Nein__Blu Ray/DVD: Ja / Ja |