Originaltitel: Puppet Master: The Littlest Reich__Herstellungsland: Großbritannien, USA__Erscheinungsjahr: 2018__Regie: Sonny Laguna, Tommy Wiklund__Darsteller: Thomas Lennon, Michael Paré, Udo Kier, Nelson Franklin, Charlyne Yi, Barbara Crampton, Tina Parker, Matthias Hues, Jenny Pellicer, Kennedy Summers u.a. |
Die „Puppet Master“-Reihe ist ja eigentlich das Baby von Charles Band. Der berühmt berüchtigte Vielfilmer wollte sich Ende der 1980er Jahre an den Erfolg von „Chucky“ dranhängen und legte mit seinen Filmen um Toulon und dessen Killerpuppen einen in den Videotheken höchst einträglichen Hit hin. Auf bislang elf Teile brachte es das „Puppet Master“-Franchise. Zumindest, wenn man das Crossover mit den Band’schen „Demonic Toys“ namens „Dämonische Spiele – Puppet Master vs. Demonic Toys“ ausklammert. Und damit nicht genug: Band treibt die Anzahl mit dem von ihm höchstselbst inszenierten Film „Puppet Master: Blitzkrieg Massacre“ noch weiter nach oben!
Da verwunderte es kaum, dass er allen, die an den Lizenzen des Franchises interessiert waren, einen großen Vogel zeigte. Bis Dallas Sonnier vor ihm stand. Der hatte unter anderem „Stone Cold“ Steve Austins Filme „Hunt to Kill“, „Damage“ oder „The Package“ auf den Weg gebracht und fiel zuletzt vor allem durch seine Kooperationen mit S. Craig Zahler auf. In dessen Filme „Bone Tomahawk“, „Brawl in Cell Block 99“ und „Dragged Across Concrete“ hatte Sonnier Geld gepumpt.
Sonnier gelang es, einen besonderen Deal mit dem Full-Moon-Chef Charles Band anzuleiern. Band behielt alle Rechte an seiner Reihe. Was auch weitere „Puppet Master“-Filme aus seinen Händen bedeutete. Sonnier hingegen durfte sich der Figuren bedienen. Zumindest solange, wie er sie in eine Art eigenes Paralleluniversum verpflanzte. Einen Handschlag später holte sich Sonnier Zahler als Drehbuchautor ins Boot und der verfasste folgende Geschichte.
Edgar Eastons Bruder ist vor einer Weile gestorben. Viel hat er seiner Familie nicht hinterlassen. Als sich Edgar eines Tages im ehemaligen Kinderzimmer seines Bruders umschaut, findet er eine eigenartige Puppe. Eine Puppe, die nicht nur megagruselig ausschaut, sondern auch über extrascharfe Gimmicks verfügt. Als Edgar im Netz recherchiert, was es mit der Puppe auf sich hat, stolpert er über die Geschichte von Andre Toulon. Dessen berühmte Puppen sollen auf einer Andre-Toulon-Con versteigert werden. Und erste Preisvorhersagen lassen Edgar aufhorchen.
Mit seinem Chef und guten Freund Markowitz sowie seiner neuen Perle Ashley reist Edgar gen Andre-Toulon-Con und hofft auf den großen Reibach. Doch vor Ort mehren sich bald die seltsamen Ereignisse. Neben Edgars Puppe verschwinden noch mehr der Versteigerungsobjekte. Und irgendwann türmen sich in dem teils grotesk geschmacklosen Gebäude die Leichen.
Schaut in “Puppet Master – Das tödlichste Reich” hinein
Puppen-Horror mit Michael Pare
Kenner der „Puppet Master“-Reihe werden schon früh im Film aufhorchen. Dann nämlich, wenn sich Andre Toulon, gespielt von Udo Kier, als homophober Rassist outet. Kurz darauf wird seine gesamte bislang bekannte Backgroundgeschichte auf links gedreht. Oder besser auf rechts. Denn im Gegenteil zu Charles-Bands-Version ist der Schöpfer der Mörderpuppen kein Opfer der Nazis, vielmehr ist er ein Handlanger derselben. Und seine Puppen üben sich auch nicht im Nazis-Meucheln, wie sie es in den Axis-Teilen mit Wonne taten. Stattdessen sind sie selbst kleine Nazi-Bastarde.
Dementsprechend politisch unkorrekt geht es dann auch in „Puppet Master – Das tödlichste Reich“ zu. Denn Publikumslieblinge wie Blade, Tunneler und Pinhead vergehen sich in der Folge vornehmlich an Lesben, Schwulen, Schwarzen und Juden. Und das mit einer bislang unbekannten Blutrünstigkeit. Kehlen werden aufgeschnitten, Gedärme klatschen aus aufgeschlitzten Bäuchen und Extremitäten werden abgetrennt. In zwei ultrakrass ausgekosteten Szenen rütteln die Macher noch heftiger an den Grenzen des guten Geschmackes. Da darf ein blutigst Enthaupteter sich selbst ins Gesicht pinkeln. Und einer schwangeren Frau widmen sich die Puppen dergestalt, dass sie durch deren Vagina in ihren Bauch eindringen, aus selbigem herausbrechen und auch noch den Embryo herausreißen.
Auch und vor allem in Hinsicht auf den schlussendlichen Bodycount sind die klassischen „Puppet Master“-Filme im Vergleich definitiv Krabbelgruppe Kindergarten. „Puppet Master – Das tödlichste Reich“ legt nach circa 25 Minuten eine echt krasse Schlagzahl hin. Das Schöne: Die derben Effekte sind durch die Bank handgemacht. Kein CGI-Shot trübt das Vergnügen. Hier und da sieht man aber auch, dass die Macher budgettechnisch reichlich limitiert waren. Da werden die sympathischen Retrotricks ein wenig zu durchschaubar.
Die Story ist im Vergleich zum Gemetzel eher blutleer. Am interessantesten sind die Einlagen, die die bislang bekannte Storyline variieren und umkehren. Gerade der erste „Puppet Master“ wird hier doch teilweise extrem durch die Mangel gedreht und abgewandelt, damit man sich weit genug von Charles Bands Filmen entfernt. Immerhin war das ja eine Grundlage, damit „Puppet Master – Das tödlichste Reich“ überhaupt entstehen durfte.
Wo der Film allerdings zu punkten versteht, ist der angeschlagene Humor. Hier kommt es dem Film sehr zupass, dass die Hauptdarsteller Thomas Lennon (Edgar) und Nelson Franklin (Markowitz) echte Vollblutkomiker sind. Die beiden werfen mit derart trockenen Pointen um sich, dass einem teils das Lachen im Halse steckenbleibt. Flankiert werden die beiden von der megasüßen Jenny Pellicer (Ashley), die nicht nur hübsche Hupen sondern auch ein gutes Timing mitbringt und neben den beiden Hauptdarstellern mühelos bestehen kann.
In den Nebenrollen fährt „Puppet Master – Das tödlichste Reich“ aus B-Sicht ordentlich auf. Barbara Crampton („You’re Next“), die schon im altehrwürdigen ersten „Puppet Master“ zu sehen war, macht als Flintenweib ordentlich Laune. Michael Paré („Concrete War“) darf einen seltsamen Sheriff spielen. Udo Kier („Dracula 3000“) gibt wie bereits erwähnt Andre Toulon und Matthias Hues („Showdown in Manila“) ist als von einem Minihitler ferngesteuerter Hüne eine echt schräge Einlage des Filmes.
In technischer Hinsicht beschleicht einen schnell der Eindruck, Drehbuchautor Zahler habe deutlich mehr als nur mit seinen geschriebenen Zeilen auf den Film eingewirkt. Die schwedischen Regisseure Sonny Laguna und Tommy Wiklund inszenieren nämlich sehr zahlerisch. Es dominieren lange, schnittlose Einstellungen. Der Film hat dadurch ein irre getragenes Tempo. Selbst wenn die Puppen irgendwann aufdrehen und losmetzeln, wirkt der Film nie überhastet oder gar schnell. Die melancholische, immer leicht antiklimaktisch wirkende Filmmusik unterstreicht diesen Eindruck nur.
Das sorgt für eine relative eigene Atmosphäre, der aber leider echte Spannung reichlich abgeht. Dazu ist der Film zu sehr Nummernrevue und Schlachtplatte. Zumindest sorgt das Hotel mit seinen teils herrlich geschmacklosen Zimmern für optische Abwechslung und versöhnt mit dem Umstand, dass der Film insgesamt nur wenige Schauplätze zu bieten hat.
“Puppet Master – Das tödlichste Reich” entpuppt sich als hübscher Neustart
Was am Ende bleibt, ist ein Film, um den Freunde der Political Correctness einen großen Bogen machen sollten. „Puppet Master – Das tödlichste Reich“ ist alles andere als geschmackssicher. Der Humor ist derb, das Gemetzel heftig und die zahlreichen Anspielungen auf Holocaust und Genozid sind sicherlich nicht jedermanns Sache. Kann man sich damit irgendwie arrangieren, bekommt man eine krass blutige Neuinterpretation einer bekannten Geschichte geboten, die insgesamt leider ein wenig zu offensiv offen endet. Zumindest dürften so Fortsetzungen eine abgemachte Sache sein. Und die dürfen gerne kommen. Vielleicht wird so Charles Band sogar angestachelt, an der Qualität seiner eigenen „Puppet Master“-Filme zu drehen?
In diesem Sinne:
freeman
……
„Puppet Master – Das tödlichste Reich“ ignoriert das Gros der Reihe
Es war einmal… Charles Band und seine Puppenbande. In ganz Vollmonddorf war er bekannt als ein Papa, der immer nur das Beste für seine Kinder wollte. Einen Vertrag mit Paramount über eine große Kinoreihe zum Beispiel. Leider war er ein einfacher Kaufmann und konnte es sich nicht leisten, den kleinen Blade und seine Geschwister mit feinstem Mahagoni auszustatten, um sie wie echte Stars leuchten zu lassen. Zu seinem Glück verband ihn eine enge Beziehung mit David Allen, dem örtlichen Schuster, der die Puppen zum Freundschaftspreis mit edelsten Stoffen und hochwertigem Zwirn einkleidete, so dass die Dorfbewohner gebannt zuschauten, wie sie ihre eleganten Schneide- Schlag- und Bohrbewegungen beim alljährlichen Mini-Gemetzel auf dem Marktplatz präsentierten. Ganz ohne Marionettenfäden, eine Sensation! Doch dann starb der Schuster und mit ihm die Magie. Erzürnt über sein bitteres Los, zeugte Charlie trotzig eine Puppe nach der anderen, bis er am Ende zwölf von ihnen zu versorgen hatte, darunter einen unehelichen Bastard aus dem Schoße eines dämonischen Spielzeugs. Und je mehr von ihnen sich auf der heimischen Werkbank tummelten, desto weniger scherte sich Charlie um ihr äußeres Erscheinungsbild…
Und wenn er nicht gestorben ist, dreht er noch heute Puppet-Master-Sequels. Tatsächlich fährt Charles Band immer noch Kreisel in der von ihm selbst erschaffenen Sackgasse, hat er doch inzwischen das Spin-Off-Prinzip für sich entdeckt und spendiert nun offenbar einer Puppe nach der anderen einen Solo-Film. Kein Ende in Sicht. Kurzum: Von selbst wird die altgediente Franchise nicht mehr auf die Beine kommen. Das Reboot ist also eine großartige, eine fast schon notwendige Maßnahme, die schon lange Zeit überfällig war. Niemand bestreitet schließlich den durchaus vorhandenen B-Horror-Appeal der kleinen Giftzwerge, es haperte bislang bloß immer an der Umsetzung. 2018 war es dank der Finanzspritze von Fangoria endlich soweit und eine neue Chance auf einen brauchbaren neuen „Puppet Master“ mit Unabhängigkeit vom Full-Moon-Imperium war geboren.
„Puppet Master – Das tödlichste Reich“ holt dann auch gleich den großen Radiergummi raus und neutralisiert einfach mal nahezu die letzten 30 Jahre. Ignoriert wird praktisch alles, abgesehen vom ersten und vielleicht noch zweiten Teil. Und selbst bei denen wird eifrig Geschichtsrevision betrieben, bis nur noch eine alternative Version von André Toulon übrig ist, dem zentralen Charakter der Reihe, mitsamt einiger überlebender Fragmente der ursprünglichen Puppen-Designs.
Der radikale Kahlschlag ist notwendig, um neue Zuschauergruppen anzuziehen, er kann aber auch für Franchise-Kenner eine befreiende Wirkung haben. Der Originalreihe zu folgen, fühlte sich zuletzt nämlich so an, als würde man durch ein immer enger werdendes Labyrinth kriechen, während die Atemluft schwindet. Nicht einmal die hauseigenen Redesign-Versuche („Retro Puppetmaster“) hatten funktioniert. Insofern ist es zu begrüßen, dass ein neuer Geldgeber von außerhalb für frische Impulse sorgt. Den Regiestuhl teilen sich Sonny Laguna und Tommy Wiklund, die zwar mit ihren kruden Horrorstreifen der vergangenen Jahre nicht gerade Bäume ausgerissen haben, denen man aber zumindest zutraut, open-minded an ihre Aufgabe heranzugehen und zur Not auch ein paar heilige Kühe zu schlachten. Und dann ist da natürlich noch Drehbuchautor S. Craig Zahler, dieser eine große Name im Projekt, hatte er doch immerhin gerade erst als Writer-Director mit nur zwei Filmen („Bone Tomahawk“, „Brawl in Cell Block 99“) einen beachtlichen Kult erzeugt.
Zahler scheint sich zur Etablierung seiner Story vor allem Kevin Smiths View Askewniverse zum Vorbild zu nehmen, denn Hauptfigur Edgar (Thomas Lennon) ist ein Slacker, wie er im Buche steht: Ein gleichgültig wirkender, bärtiger Mittvierziger, der sich von seinem gleichförmigen Comiczeichner-Alltag ohne Höhen und Tiefen im Wind tragen lässt. Sein Leben ist zwischen zwei Pfeilern aufgespannt: Seinem Elternhaus, wo das Kind in ihm immer noch verhaftet ist, und seinem Comicladen, wo ihm Chef / Kumpel Markowitz (Nelson Franklin) mit Grindcore und Trash Talk auf die Nerven geht. Als die hübsche Nachbarin (Ashley Summers) das geregelte Leben des Mannkindes auf den Kopf stellt, sind die Chasing-Amy-Vibes so heftig, dass der heimische Kinosessel wackelt.
Zahlers Faulheit macht sich nicht nur in der dreisten Smith-Kopie bemerkbar, mit der er seine Charaktere etabliert, sondern auch in der Malen-nach-Zahler-Struktur der nun folgenden Akte. Natürlich zieht es das Trio auf eine Convention, und natürlich findet die Convention in einem Hotel statt, das dem Bodega Bay Inn aus der Ursprungsreihe zum Verwechseln ähnlich sieht. Spätestens jetzt führt kein Weg mehr vorbei an der Slasher-Struktur, mit der David Schmoellers Original von 1989 taktierte: Einfach die in der Lobby versammelten Charaktere aus der sicheren Herde in die isolierten Hotelzimmer lotsen und dort von den Puppen abmurksen lassen.
Bevor es soweit ist, führt allerdings B-Horror-Ikone Barbara Crampton, die bereits im ersten Teil einen Cameo hatte, als Fremdenführerin durch das Hotel und macht die Besucher, somit also auch den Zuschauer, mit dessen Geschichte vertraut. Allerhand Nazi-Mobiliar mitsamt entsprechender Symbolik wird in dieser Sequenz präsentiert, um alte Geister zu beschwören; ein alter Kniff, den wir auch aus vielen Haunted-House-Filmen kennen, wenn die Besucher mit der Mechanik des Hauses vertraut gemacht werden, die im späteren Verlauf über Leben oder Tod entscheiden kann. Sowohl Spannung als auch Humor halten sich zu diesem Zeitpunkt jedoch in Grenzen, vielleicht auch, weil sich Crampton während ihres Referats immerhin mit einer klugscheißenden Besucherin aus Deutschland herumplagen muss (denn wir alle wissen ja: Deutsche haben keinen Humor). Für ein wenig Unterhaltung sorgt zumindest Markowitz-Darsteller Nelson Franklin, der komplett im Jason-Lee-Modus aufgeht, während ausgerechnet Hauptdarsteller Thomas Lennon viel zu teilnahmslos wirkt, um Interesse für sich oder seine Figur aufbringen zu können. Er kann von Glück sagen, dass zumindest Ashley Summers immer in seiner Nähe ist und seine graue Aura aufhellt wie ein Sonnenschein.
Erst nachdem man diesen Abschnitt hinter sich gebracht hat, beginnt das Kernstück des Films, und Laguna / Wiklund entfesseln ein Gorefest mit enormer Taktfrequenz, in dem sich alle Stärken und Schwächen des Films simultan Bahn brechen. Torch, der unter Charles Band eigentlich nur in „Puppetmaster II“ so richtig zum Zuge kam, eröffnet den Reigen mit flambierter Kopfsülze. Ernüchterung macht sich allerdings breit, als klar und deutlich zu sehen ist, dass da anstatt hochwertig produzierter Fake-Köpfe offenbar zwei konturlose Schaufensterpuppen aus der Hinterkopf-Perspektive abgefackelt werden. Band hätte man das sicherlich noch durchgehen lassen, nicht aber dieser Neuauflage, die es sich schließlich zum Ziel gesetzt hat, genau solche Schlüsselmomente anständig zu konzipieren und realistisch umzusetzen.
Bald schon stellt sich heraus, dass das Effekte-Team den mangelnden Detailgrad mit schierer Masse zu kompensieren gedenkt. Von nun an werden ohne Unterlass Hotelgäste in ihren Zimmern zur ewigen Ruhe gebettet, ein Mord grotesker als der andere. Auf dramaturgische Pausen wird in dieser Phase gepfiffen, es entwickelt sich ein Kumulations- und dadurch Eskalationseffekt, der jegliches Reagieren oder Gegensteuern seitens der vermeintlichen Helden unmöglich macht. Ein gigantisches Blutbad ist angerichtet, noch bevor die restlichen Besucher oder der Sheriff (verpeilt wie ein South-Park-Charakter: Michael Paré) überhaupt wissen, wie ihnen geschieht. Man könnte fast die From-Dusk-Till-Dawn-Stimmung nach Einbruch der Nacht als Referenz heranziehen, oder vielleicht noch eher das Strand-Barbecue aus dem „Piranha“-Remake. Allerdings träfe ein solcher Vergleich nicht ganz, denn es fehlt die Simultanität der Ereignisse. Die Attacken werden vielmehr wie Perlen an der Kette aneinandergereiht, als sich die Kamera von einem isolierten Zimmer zum nächsten bewegt. Letztlich eine wenig originelle, eben faule Art und Weise, das eigene Handwerk zu präsentieren. Als würde man uns für Lehrkörper halten, die Spaß daran haben, in der Bastelstunde von einem Tisch zum nächsten zu schlendern, um die architektonischen Künste der Schüler zu bewerten.
Wenn wir schon Schulnoten vergeben müssen: Die einzelnen Kills sind immerhin kreativ und vor allem von einer Wucht beseelt, wie sie die klapprigen Original-Puppen nie gekannt haben. Wenn es an Bands Puppengewerk nur eine Sache zu kritisieren gab, dann war es die mangelnde Durchschlagskraft der Mini-Kreaturen, die nicht nur repetitiv immer nach dem gleichen Muster vorgingen, sondern in ihrem Herzen eigentlich liebenswerte Gesellen waren. Das kann man von den neuen Puppen nun nicht mehr behaupten. Hier haben wir es eindeutig mit Vertretern des Bösen zu tun, die perfide Wege finden, zur Not auch völlig unschuldige Besucher um die Ecke zu bringen. Immer mit diesem zynischen Unterton in der finalen Pointe, der sich im Grunde gegen die gesamte Menschheit zu richten scheint. Prolligkeit, Arroganz und Ignoranz werden von den Helferlein des Bösen nur allzu gerne bestraft, aber im Grunde reicht es schon, schwanger, nerdig, jüdisch oder homosexuell zu sein. Sprich: Wenn an ein Mensch ist, landet man auf der Abschussliste.
Um ein solches Massaker in dem Umfang überhaupt bedienen zu können, müssen natürlich auch Unmengen an Puppen in den Einsatz geschickt werden. Auch dahingehend findet man wieder Licht und Schatten gleichermaßen. Was die Präsentation der Veteranen angeht, wird durchaus vieles richtig gemacht. Gerade Blade, dessen Design schon unter Bands Fuchtel zu den besseren gehörte, bekommt ein effektives Makeover verpasst, das ihn nun besonders grimmig wirken lässt, ohne dass seine geisterhafte Ausstrahlung dabei verloren ginge. An seinen Kompagnons Pinhead, Tunneler und Torch wurde gar nicht allzu viel herumgedoktert, ihre Vorzüge wurden aber noch einmal deutlicher betont. Positiv auch, dass man nicht gleich alle bekannten Puppen verbraten hat, sondern sich einige für mögliche Sequels aufgespart hat. Stattdessen wurden unzählige neue Modelle eingeführt. Einige davon schmiegen sich nahtlos in das Ensemble ein und erweisen sich als interessante Neuzugänge (etwa der Totenschädel-Offizier im Ledermantel, der leicht an „Doktor Death“ aus „Retro Puppetmaster“ erinnert), andere wiederum wirken wie Fremdkörper aus einer anderen Franchise, aber das Problem hatten im Grunde auch schon einige der neuen Puppen in den „echten“ Sequels. Bedauerlich ist es, dass aufgrund der Nonstop-Attacken keinerlei Zeit bleibt, die unterschiedlichen Modelle vernünftig vorzustellen. Sie flattern einfach ins Bild, töten einen Nerd und tauchen dann wieder unter bis zur nächsten Attacke. Auch das ist faul geschrieben, wird doch praktisch keinerlei Aufwand betrieben, um Charakter- und Spannungsaufbau zu betreiben.
Laguna und Wiklund versuchen dem mit langen Einstellungen und vielen Dialogen zwischen dem Gemetzel entgegenzuwirken, vermögen aber nicht den Eindruck zu verschleiern, dass man es bloß mit einer Sammlung von Mini-Webisodes zu tun hat, die man auch als 1-Minuten-Clips auf dem Full Moon Channel verbraten könnte. Dabei verrät der kunstvoll gestaltete Vorspann im Scherenschnittstil zur virtuos neu arrangierten Titelmelodie von Richard Band noch gewisse erzählerische Ansprüche, die durch den atmosphärischen Prolog noch untermauert werden, in dem ein wieder mal exquisiter Udo Kier als André Toulon die bedrohliche Präsenz eines Frankensteinmonsters aufbaut. Falsche Versprechen letztlich, die auch von seinem finalen Auftritt als Klammer am Ende des Films nicht mehr eingelöst werden können.
“Puppet Master – Das tödlichste Reich” lässt mit minimalem Aufwand die meisten Original-Sequels hinter sich
„Puppet Master – Das tödlichste Reich“ landet auf Anhieb im oberen Drittel auf der Skala der besten Filme zum Thema, aber das ist in Anbetracht der unterirdischen Qualität der meisten Vorgänger keine Leistung. Bemerkenswert ist es immerhin, wie konsequent das Remake sich bemüht, die Schwächen seiner Vorlage zu revidieren und in Stärken umzumünzen, was durchaus gelingt. Wenigstens gibt es mal wieder den ein oder anderen Adrenalinkick, der den Totenschlaf im Hause Full Moon zu stören vermag. Leider führen die radikalen Veränderungen zu neuen Schwächen, die den Gesamteindruck wieder etwas runterziehen. Trotzdem: Lieber ein Sequel hierzu als zehn neue Solofilme von Charles Band.
Informationen zur Veröffentlichung
In Deutschland verwehrte die FSK dem Film nicht ganz unerwartet die Freigabe. Das Label Pierrot Le Fou ging daraufhin zur Spio/JK. Hier holte man sich deren leichtes Siegel ab. Den Film veröffentlichten sie sodann uncut als Mediabook. Dieses enthält den Film auf DVD und Blu-ray, hat neben Interviews auch ein Settagebuch zu bieten und kommt zudem mit einem hübschen Booklet. Die deutsche Edition erschien übrigens fast zeitgleich mit der englischen Ausgabe, die nur einen Monat früher erhältlich war – eher eine Seltenheit. Diese hat neben dem Hauptfilm in Englisch ohne Untertitel ein paar Extras zu bieten, die sich von der Pierrot-Le-Fou-Edition unterscheiden: Ein Behind-the-Scenes-Feature, ein Making Of, den Trailer, einen selbstablaufenden Minicomic und ein Konzeptfeature über die Puppen – alles zusammen weniger als 20 Minuten, während die Extras der deutschen Disc eine Laufzeit von über 100 Minuten haben. Dafür ist ein hübsches Set mit vier Postkarten dabei.
In diesem Sinne:
Vince
Puppet-Master-Kritiken bei den Actionfreunden:
Puppetmaster [1989]
Puppetmaster 2 – Die Rückehr [1990]
Puppetmaster 3 – Toulons Rache [1991]
Puppetmaster IV [1993]
Puppetmaster V [1994]
Curse of the Puppetmaster [1998]
Retro Puppetmaster [1999]
Puppet Master – The Legacy [2003]
Dämonische Spiele – Puppet Master vs. Demonic Toys [2004]
Puppet Master: Axis of Evil [2010]
Puppet Master: Axis Rising [2012]
Puppet Master: Axis Termination [2017]
Puppet Master – Das tödlichste Reich [2018]
Blade – The Iron Cross [2020]
Doktor Death [2022]
Was meint ihr zu dem Film?
Zur Filmdiskussion bei Liquid-Love
Copyright aller Filmbilder/Label: Pierrot Le Fou / Exploitation Film__Freigabe: Spio/JK__Geschnitten: Nein__ Blu-ray/DVD: Ja/Ja |