Originaltitel: Stuber__Herstellungsland: USA__Erscheinungsjahr: 2019__Regie: Michael Dowse__Darsteller: Dave Bautista, Kumail Nanjiani, Iko Uwais, Natalie Morales, Betty Gilpin, Mira Sorvino, Karen Gillan, Jimmy Tatro, Joshua Mikel, Christine Horn u.a. |
Schaut man heuer Filme und vor allem Fernsehserien, dann fällt auf, dass die Figuren oft kein Taxi mehr rufen, sondern ein Uber bestellen. Und zwar genau diese Marke; Ausnahmefälle wie „The Equalizer 2“, in dem der Held für Lyft fährt, bestätigen die Regel. Ob dies eine kreative Entscheidung ist, geschickte Lobbyarbeit dahintersteckt oder vielleicht sogar Geld für Schleichwerbung fließt, das kann man schwer sagen. „Stuber“ kann jedenfalls als vorläufiger Höhe- bzw. Tiefpunkt der Entwicklung angesehen werden.
Der Name des Films ist auch der Spitzname des Helden, denn der heißt Stu (Kumail Nanjiani) und fährt nach Dienstschluss für Uber, während er sonst an der Kasse eines Sportwarenladens arbeitet. All diese Belastung nimmt Stu auf sich, da seine beste Freundin Becca (Betty Gilpin) ein Fitnessstudio eröffnen will und Stu als Teilhaber benötigt. Stu ist heimlich in sie verschossen, weshalb er sich den Stress antut, weshalb man kurzfristig mutmaßen könnte, dass der Film vielleicht auch Kritik an Uber und dessen Praxis üben könne – bei einer Durchschnittswertung unterhalb von 4 Sternen droht Stu den Job zu verlieren. Aber eigentlich ist dies die Schuld der eingebildeten Kunden, während Stu ein Supertyp ist und die Uber-Strukturen nie angesprochen werden, obwohl der Firmenname gefühlt alle zwei Minuten fällt.
In einem waschechten Buddy Movie braucht der introvertierte Stu, auf dem die Welt herumtrampelt, einen gegensätzlichen Buddy. Einen wie den oberharten Cop Vic Manning (Dave Bautista), der in der Eingangsszene des Films mit seiner Partnerin Sara Morris (Karen Gillan) den gefährlichen Drogenhändler Oka Tedjo (Iko Uwais) hochnehmen will. Weil die beiden Cops vor der Durchsuchung von Tedjos Hotelzimmer der Rezeptionistin zwar den Anruf dort verbieten, aber nicht sicherstellen, dass sie nicht doch dort anruft, ist der vorgewarnt, entkommt nach einer mit Shaky Cam versauten Actionsequenz und tötet dabei auch noch Sara.
Sechs Monate später bekommt Vic einen heißen Tipp bezüglich eines von Tedjo geplanten Drogendeals, hat sich aber just die Augen lasern lassen und kann daher kaum sehen. Seine Tochter Nicole (Natalie Morales) gibt ihm den Tipp zur Fortbewegung Uber zu nutzen. Vic bestellt einen Wagen – und bekommt Stu als Fahrer. Der wird in Vics Ermittlungen bald miteinbezogen…
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Eigentlich ist „Stuber“ schon eine ziemliche Frechheit, denn er fühlt sich an wie 90 Minuten Uber-Werbung – und ist es vielleicht auch. Aber es ist noch nicht einmal gut gemachte oder originelle Werbung. Stattdessen benutzt er das Rezept von Filmen wie „Cool & Fool“, „Ride Along“ und „Central Intelligence“, in denen ein schlapper Zivilist mit einem überharten Actionhelden in ein Abenteuer gestürzt wird. Die Moral ist überall dieselbe: Der Waschlappen lernt für sich selbst einzustehen und auch mal aktiv zu werden, während die Ein-Mann-Armee lernt, dass es okay ist Gefühle zu haben und auch mal Hilfe zu benötigen. Waren die Vorbilder schon nicht das Gelbe vom Ei, so ist „Stuber“ allerdings noch schlapper und lustloser. Vor allem das Annähern von Stu und Vic ist nie glaubwürdig, passiert kaum nachvollziehbar. Immerhin bricht „Stuber“ an ein, zwei Stellen aus dem Schema aus, etwa wenn sich der Stu-Becca-Plot anders als gewöhnlich entwickelt. Das erfährt man aber erst wenige Sekunden bevor der Abspann rollt in einer lapidaren Nachklappszene, weshalb das Ganze kaum Eindruck hinterlässt.
Ansonsten ist der Behelfsplot, in dessen Verlauf Stu und Vic an jeder Station das nächste Puzzlestück bezüglich Tedjos Aufenthaltsort finden, in erster Linie eine Folie für (vor allem) Comedy- und (gelegentlich) Actionsequenzen. Letztere sind aber schnell vorbei und auch kaum der Rede wert: Ein paar kurze Autojagden sind begrenzt spektakulär, die Schusswechsel dröge Standardware. Vor allem aber enttäuschen die Nahkämpfe. Denn warum engagiert man einen in Filipino-Martial-Arts geschulten Wrestler und einen Silat-Meister als Helden und Schurken, wenn diese nur zu Beginn und gegen Ende etwas austeilen dürfen und jeder Fight komplett verwackelt wird? Da hilft der vergleichsweise ruhige Schnitt auch nicht weiter, denn die Shaky Cam nimmt ganz allein die Freude aus der Wemmserei.
Ansonsten ist „Stuber“ ein Film, nach dem man die Uhr stellen kann. Warum Tedjo so schwer zu fassen ist, ahnen Genrekenner nach maximal 20 Filmminuten, dass sich Vic und Nicole wegen seinem Arbeits(über)eifer erst zerstreiten und dann am Ende ganz doll vertragen werden, versteht sich von selbst. Aber man kann ja manchmal auch aus Altbekanntem noch gute Gags herausquetschen, doch auch patzen Regisseur Michael Dowse („Take Me Home Tonight“) und Drehbuchautor Tripper Clancy, der zuvor die Til-Schweiger-Vehikel „Vier gegen die Bank“ und „Hot Dog“ verfasste. Auf jeden ansatzweise sitzenden Gag oder Oneliner kommen diverse Rohrkrepierer, zumal man immer den einfachsten Weg wählt: Natürlich wird der Leihwagen, den Stu empfindlich hütet, im Laufe des Films zum Wrack, natürlich rufen Becca und Nicole immer zur Unzeit an usw. Hinzu kommen die üblichen Klemmi-Witze, wenn die Helden mal in einem Men-Strip-Club ermitteln müssen. Vor allem aber bietet „Stuber“ ein seltsames Nebeneinander von oft komplett kindischen Gags und ziemlich derben Szenen, wenn Leute blutig erschossen werden oder eine Propangasflasche graphisch ein Gesicht zerdeppert. Aber vielleicht fasst dies die Misere von „Stuber“ nur allzu gut zusammen: Es ist ein Zielgruppenfilm ohne Zielgruppe.
Am wenigsten Schuld an der Misere tragen die Hauptdarsteller. Dave Bautista („Final Score“) erweist sich mal wieder als verlässlicher wie selbstironischer Actionheld mit Sympathiefaktor, während Kumail Nanjiani, dem der Durchbruch mit den vom ihm mitverfassten „The Big Sick“ gelang, eine guter Anspielpartner als Normalo mitten in der Verbrechensbekämpfung ist – auch wenn die deutsche Synchro durch Rick Kavanian seine Rolle etwas arg in Richtung Ethno-Comedy drückt. Natalie Morales („Parks and Recreation“) und Betty Gilpin („GLOW“) machen das Beste aus ihren Rollen an der Seitenlinie, während Bautistas „Guardians of the Galaxy“-Kollegin Karen Gillan und Mira Sorvino („New York Cop“) als Partnerin und Chefin Vics total verschenkt werden. Das gilt noch mehr für Iko Uwais („Triple Threat“), der nur zu Anfang und Ende wirklich im Film sehen ist, sein Martial-Arts-Können nur ansatzweise zeigen kann und schauspielerisch noch weniger gefordert wird, da man von Tedjos Bösartigkeit kaum etwas sieht. Wäre er nicht der Oberschurke, sondern nur dessen fähigster Handlanger, der Film sähe kaum anders aus.
„Stuber“ ist ausgelutschte Buddy-Comedy, eine Actionkomödie mit schwach inszenierter, sparsam eingesetzter Action und wenig memorablen Wegwerfgags, dessen Drehbuchaspirationen kaum über die möglichst häufige Nennung von Uber hinausgingen. Die Leads machen noch das Beste aus der Sache, aber das ist zu wenig – „Stuber“ hätte eine Art Comedy-Pendant zu „Collateral“ werden können (auch wenn dort ein Killer, kein Held mitfuhr), es ist aber nur Buddy-Grütze von der Güteklasse eines „New York Taxi“.
20th Century Fox bringt „Stuber” ab dem 22. August 2019 in die deutschen Kinos, freigegeben ab 12 Jahren, wobei die FSK hier anscheinend ähnlich großzügig war wie bei „Spy“ und „Der Spion und sein Bruder“.
© Nils Bothmann (McClane)
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Copyright aller Filmbilder/Label: 20th Century Fox__FSK Freigabe: ab 12__Geschnitten: Nein__Blu Ray/DVD: Nein/Nein, ab 22.8.2019 in den deutschen Kinos |