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The Brave

Originaltitel: Lazarat__Herstellungsland: USA/Bulgarien__Erscheinungsjahr: 2019__Regie: William Kaufman__Darsteller: Louis Mandylor, Armand Assante, Ravshana Kurkova, Igor Jijikine, Radoslav Parvanov, Yuriy Kutsenko, Ivan Makarevich, Issa Zaroui, Mensur Safqiu, Salsano Rrapi, Sonny Puzikas, Marco Balsamo, Matt Beckham u.a.
The Brave

William Kaufman lässt Louis Mandylor in “The Brave” gegen ein Drogensyndikat in Albanien antreten

William Kaufman dreht immer mal wieder Auftragsarbeiten wie „The Marine 4“ oder „Jarhead 3“, dann aber auch wieder eigene Herzensprojekte. Es ist nicht ganz klar zu erkennen, in welche Kategorie „The Brave“ (auch bekannt als „Lazarat“ oder „Lazarat Burning“) fällt, da eine federführende Kraft bei dem größtenteils in Bulgarien gedrehten Actionfilm der Drehbuchautor, Produzent und Schauspieler Marco Balsamo ist.

Balsamo siedelt die Geschichte in Albanien an, wobei Kaufman bei der Etablierung auf ähnliche Strategien wie bei „Sinners and Saints“ setzt: Wieder geben körnige Nachrichtenbilder einordnende Informationen über das ehemalige Bürgerkriegsland, jetzt EU-Beitrittskandidat. Danach geht es in die Gassen der Hauptstadt Tirana, wo zwei Gruppen zwielichtiger Gestalten Geschäfte machen wollen, auch wenn sich einer von ihnen, Enci (Ivan Makarevich), über die Darstellung von Albanern in Filmen beschwert: „We’re not all crooks!“ Womit er durchaus Recht hat: Bei Enci und seinen Leuten handelt es sich um verdeckte Ermittler, die dummerweise enttarnt worden sind und in eine Falle des lokalen Syndikats laufen. Doch der Mafioso Rei Turner (Louis Mandylor) stellt sich gegen die eigenen Leute und hilft ihnen – denn auch Rei ist ein Undercovercop, der die Verbrechertruppe schon länger infiltriert hat.

Nach dem üblichen Kompetenzgerangel und gegenseitigen Schuldzuweisungen werden Rei und die anderen Ermittler zu einer Sondereinheit zusammengesteckt, die das Syndikat aushebeln soll.Drahtzieher ist der frühere US-Marine Frank Pedulla (Armand Assante), der als Drogen-Kingpin quasi unantastbar war. Doch im Zuge der Bewerbung um die EU-Mitgliedschaft wollen die Behörden nun aktiver gegen Kriminalität und Korruption vorgehen, weshalb man Frank das Handwerk legen möchte. Damit greift „The Brave“ durchaus aktuelle Themen auf, versucht dem Schauplatz mehr als nur eine kostengünstige Location abzuringen. Im Gegensatz zu mancher B-Actionsünde aus den frühen 2000ern muss der Ostblock hier also nicht irgendein westliches oder asiatisches Land doubeln.

Obwohl Rei nun aufgeflogen ist, kann er über Kontakte eine neue Spur organisieren, mit der er und das Team Frank dingfest machen wollen. Als dieser ihnen jedoch immer einen Schritt voraus zu sein scheint, wächst der Verdacht, dass die Polizei einen Verräter in den eigenen Reihen hat…

httpv://www.youtube.com/watch?v=yci-QrLm8X0

Bei „The Brave“ handelt es sich um einen archetypischen Cop-Actionfilm, der wie auf einer Checkliste verschiedene Stereotypen des Genres abhakt: Da ist der Maulwurf in den Reihen der Polizei, da sind jene Handlanger, die man mit Blick auf ihre Familie zur Aussage bewegen kann, da ist der Gangsterboss, der lange Zeit über dem Gesetz stand und noch dazu ein alter Weggefährte des Chefermittlers Agim Hoxha (Igor Jijikine) ist. Alles soweit bekannt also, wobei das Albanien-Setting Fluch und Segen zugleich ist. Einerseits gewinnt „The Brave“ dem Ganzen dadurch eine ansatzweise neue Perspektive ab, dass mal nicht amerikanische Großstädte den Hintergrund des Ganzen abgeben. Politische und gesellschaftliche Aspekte Albaniens und seiner Geschichte werden zumindest am Rande in das Geschehen eingearbeitet, etwa Reis traumatische Erinnerungen an den Verlust seiner Mutter während eines Aufstands oder eben der EU-Aufhänger des Plots. Andrerseits wird „The Brave“ dann auch von jenem wenig ansprechenden Look gekennzeichnet, der viele im Ostblock gedrehte B-Actioner plagt und dem Kaufman in „One in the Chamber“ noch besser beigekommen war. „The Brave“ verfügt zwar über eine ansprechende Kameraarbeit durch Kaufman-Regular Mark Rutledge („The Hit List“), sieht aber trotzdem immer etwas schmuck- und trostlos aus.

Da hilft es dann auch nicht, dass Balsamos Script nicht wirklich durch Originalität oder besonders markante Charaktere auffällt. Weder die erst in Rückblenden oder Dialogen angedeuteten Geheimnisse in der Vergangenheit von Rei oder der Polizistin Elena (Ravshana Kurkova) fügen dem Plot etwas hinzu noch kommen sie über Klischees hinaus. Zudem sind die Ermittlungen der Cops kaum der Rede wert, den Maulwurf überführt man so nebenbei, weshalb „The Brave“ ein ziemlicher 08/15-Film ist, bei dem allenfalls die Konsequenz im Gedächtnis bleibt, mit der sich die Feinde durch die Reihen der Cops mähen: Am Ende ist nur noch ein kleiner Teil der Ermittler am Leben, wobei es dann weniger überraschend ist, um wen es sich dabei handelt.

Es ist also nicht das beste Ausgangsmaterial, auf das Kaufman hier bauen kann, wobei er mit Louis Mandylor („Pay Day“) einen seiner verlässlichen Regulars in der Hauptrolle hat. Der hat als Bad-Ass-Cop nicht ganz die Ausstrahlung von Kaufmans anderem Spezi Johnny Strong, macht als tougher Held aber schon eine gute Figur. Armand Assante („Ich, der Richter“) erfüllt in der Schurkenrolle das Klischee des unantastbaren Paten mit Leben, bleibt aber leider eine Randerscheinung, die für einen vernünftigen Oberbösewicht viel präsenter hätte sein müssen. Der Rest vom Cast besteht größtenteils aus einheimischen Darstellern, die wenig auffällig sind; nur Ravshana Kurkova („Hardcore“), Igor Jijikine („Hunter Killer“) und Ivan Makarevich („Metro – Im Netz des Todes“) können noch ein paar Akzente setzen. Kaufmans alter Weggefährte Matt Beckham („The Prodigy“) ist kurz als Bürgermeister in einem TV-Interview zu sehen. Weniger durch Schauspiel und mehr durch Körperlichkeit kann noch Sonny Puzikas („Daylight’s End“) herausstechen, noch ein Kaufman-Regular, ehemaliger Spetsnaz und dessen Waffenexperte, den der Regisseur auch als härtesten Vollstrecker Pedullas inszeniert.

So tragen dann auch die Actionszenen ganz klar die Handschrift von Kaufman und Puzikas: Die Handhabung der Waffen ist realistisch, die Kombattanten gehen taktisch vor und nutzen Körperpanzerung ebenso wie Deckung aus. Jedoch ist die Action anfangs etwas dünn gesät, weshalb in erster Linie zwei Set-Pieces in Erinnerung bleiben. Das erste findet sich in der Mitte des Films und montiert die Erstürmung eines Gangsterverstecks mit Sprüngen zum Überfall auf einen Gefangenentransport. Das zweite ist der rund fünfzehnminütige Showdown, der sich an wahre Ereignisse anlehnt: 2014 stürmten Polizeieinheiten das Dorf Lazarat, das als Cannabis-Hauptstadt Albaniens bekannt war, wobei sie auf heftigen bewaffneten Widerstand der Dorfbewohner stießen. Hieraus macht Kaufman ein Finale, das als B-Variante von „Black Hawk Down“ durchgehen könnte, wenn sich Polizisten und Gangster en masse beharken, wobei Straßensperren, Scharfschützen und Jeeps mit Maschinengewehren zum Einsatz kommen. All das hat merklich Power, auch wenn manche Explosion und mancher Einschuss sichtbar aus dem Rechenknecht kommt. „The Brave“ konzentriert sich dabei auf gelungene Shoot-Out-Action, von ein paar rohen, ebenfalls eher realistischen Nahkampfaktionen mal abgesehen.

Wer Kaufmans bodenständige, packende Art der Actioninszenierung schätzt, der bekommt auch in „The Brave“ zwei große Shoot-Outs, die mit Härte und Dynamik punkten können. Leider kann dies nicht darüber hinwegtäuschen, dass die generische Cops-contra-Gangster-Story weitaus weniger involvierender als jene des ebenfalls nicht innovativen, aber deutlich stärkeren „Sinners and Saints“ ist. Mit seinen flachen Figuren, dem typischen Ostblocklook und der egalen Geschichte ist „The Brave“ Kaufmans bisher schwächster Film, auch wenn die Actionszenen und die Verortung in Albanien den Film noch einigermaßen auf das Niveau des gehobenen Durchschnitts retten.

Knappe:

Nachdem „The Brave“ bisher nur auf Festivals sowie digital zu sehen war, bringt Unified Pictures den Film am 5. November 2019 immerhin in den USA auf DVD heraus, ohne Prüfung durch die MPAA. Über Pläne einer Veröffentlichung in Deutschland ist mir bisher nichts bekannt.

© Nils Bothmann (McClane)

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