Originaltitel: Backdraft__Herstellungsland: USA__Erscheinungsjahr: 1991__Regie: Ron Howard__Darsteller: Kurt Russell, William Baldwin, Robert De Niro, Donald Sutherland, Jennifer Jason Leigh, Scott Glenn, Rebecca De Mornay, Jason Gedrick, J.T. Walsh, Anthony Mockus Sr. u.a. |
Bei dem Feuerwehrfilm „Backdraft“ gingen die Macher voll ins Risiko. Immerhin bestand die wesentlichste Aufgabe darin, eine Naturgewalt derart zu zähmen, dass zum einen große Kinobilder entstehen konnten und zum anderen die Produktion nie ernsthaft gefährdet werden würde. Und das weit vor der digitalen Revolution der Trickeffekte. Dieser Wagemut übertrug sich auch auf die Darsteller. In der Folge erhielten William Baldwin, Kurt Russell und Scott Glenn nicht nur einen Schauspiel-Credit, sondern auch einen Stuntman-Credit, übernahmen sie doch die feurigsten Szenen höchstselbst. Diese Bereitschaft zum Risiko sollte sich auszahlen. Denn mit „Backdraft“ entstand ein Film, an dem sich seitdem alle Filme, die feurige Infernos zelebrieren, messen lassen müssen.
Feuerwehrmänner jagen einen Feuerteufel
Die Familie McCaffrey ist stolzer Träger des Brandbekämpfergens. Seit Generationen sind die Männer der Familie für die Feuerwehr tätig. So auch Dennis McCaffrey, Vater der Gebrüder Stephen und Brian, die ebenfalls für den Job als Feuerwehrmann brennen. Doch für den jungen Brian nimmt das eine traumatische Wendung. Denn als er bei einem Einsatz seines Vaters dabei sein darf, muss er miterleben, wie Dennis im Feuer ums Leben kommt. Zwar will Brian weiterhin Brandbekämpfer werden, doch einen ersten Anlauf an der Akademie versaut er.
Seitdem wurschtelt er sich so durch. Nimmt hier und da Jobs an, ohne sonderliche Erfolge zu verzeichnen. Darum versucht er einen zweiten Anlauf an der Akademie für Brandbekämpfer. Diesmal besteht er zwar, wird aber danach direkt der Chicagoer Feuerwache 17 zugeteilt. In der ist sein großer Bruder Stephen tätig und längst in den Rang eines Leutnants aufgestiegen. Für Brian beginnt eine schwierige Zeit, denn Stephen traut seinem Bruder den Job nicht zu und lässt ihn das in einer Tour spüren.
Lass dir vom Feuer nichts gefallen. Es darf nicht merken, dass du Schiss hast. (Stephen)
Obschon Brian kämpft, gibt er nach einem versauten Einsatz, bei dem er bemerken muss, dass ihm die traumatischen Bilder vom Tod seines Vaters noch immer nachhängen, auf. Er lässt sich dem Brandermittlungsteam um Donald Rimgale zuteilen. Dieser ermittelt in einem viel Medieninteresse auf sich ziehenden Fall um einen Brandstifter. Der Täter, dessen Feuer auch Brian bereits bekämpfen musste, tötet mit Backdrafts.
Das heißt, er legt Feuer, die in einem geschlossenen Raum wüten, bis sie allen Sauerstoff aufgebraucht haben. Scheinbar erstickt, warten sie nur darauf, dass ihnen neuer Sauerstoff zugeführt wird. Passiert das, kommt es zu einer Rauchgasexplosion. Das Feuer breitet sich explosionsartig aus und entwickelt eine unfassbare Wucht und Energie. Die Nachforschungen in diesem Fall lassen in Brian alsbald einen schrecklichen Verdacht aufkeimen.
Schaut in den feurig furiosen Werbefilm für Feuerwehrmänner hinein
httpv://www.youtube.com/watch?v=GSxBCwEjcOk
Gregory Widen, der Drehbuchautor von „Backdraft“, weiß, wovon er schreibt. Bevor er beschloss, sich Hollywood zuzuwenden, arbeitete er drei Jahre bei der Feuerwehr. Hier musste er eines Tages miterleben, wie ein Kollege von einem Backdraft erfasst, meterweit weggeschleudert und auf einen Metallpfosten aufgespießt wurde. Ein Erlebnis, das so sogar fast 1:1 im Film gespiegelt wird. Davon abgesehen ging es Widen bei „Backdraft“ vor allem darum, die Gefährlichkeit des Jobs der Feuerwehrmänner auf der großen Leinwand erfahrbar zu machen.
Dazu entwickelte er eine Story, die zweigleisig fährt. Zu Beginn zelebriert er mit allen sattsam bekannten Klischees die Story um einen Rookie, der sich in einer verschworenen Gemeinschaft zurechtfinden muss. Und es ist alles drin, was derartige Filme auszeichnet. Der Spießrutenlauf des Neulings beim Kennenlernen der Kollegen. Das Durchleiden von Initiationsritualen. Das Streiche spielen. Der Hohn und Spott, wenn der Neuling nichts gebacken bekommt. Der Mentor, der sich des Neulings annimmt. You name it, you get it. Dann wird noch etwas Geschwisterzwist beigemengt, der ab und an ein wenig zu dominant hochkocht.
Dank starker Darsteller, feiner Bilder, dem grandiosen Score und erster feuriger Großeinsätze kommt in diesem Abschnitt niemals Langeweile auf und wird man mitten in das Leben der 17. Feuerwache hineingezogen. Ganz allmählich webt Regisseur Ron Howard („Solo – A Star Wars Story“) dann einen zweiten Storystrang aus Widens Drehbuch in den Film ein. Damit kippt der Feuerwehrwerbefilm allmählich in Richtung Thriller.
Der Thriller-Plot löst den Rookie-Plot ab
Dieser Aspekt schlägt dann vollends durch, wenn Brian zum Brandermittler mutiert und mit einem saustarken Robert De Niro („Joker“) gegen einen Feuerteufel ermittelt. Ein selten auftauchender, dafür aber umso präziser aufspielender Donald Sutherland („Die Tribute von Panem“) liefert starken Support für diesen Abschnitt. In dem Ron Howard dann das Feuer richtig zelebriert. Es mehr und mehr zu einem eigenständigen Charakter seines Filmes macht. Es „sprechen“ lässt, es beinahe intelligent handeln lässt und so beinahe wortwörtlich zum Leben erweckt. Vor allem De Niros Rimgale hat eine irre Sicht auf das Feuer an sich und liefert immer neue, faszinierende Sprüche.
Das Feuer ist ein lebendes Wesen. Es atmet, es frisst und es hasst. (Rimgale)
Erstaunlicherweise haben die großen Feuersbrünste in diesem Abschnitt etwas Pause. Der Thrillerplot übernimmt nun überdeutlich die Führung und sorgt für eine feine Spannungskurve und ein nach wie vor niemals erlahmendes Tempo. Deshalb mutet es auch ein wenig schade an, dass „Backdraft“ die Lösung des Thrillerparts seltsam überhastet präsentiert. In Nebensätzen verpackte Motive und Täter gehen beinahe unter. Stattdessen versucht Howard beinahe verzweifelt, das große Ganze auf eine persönlichere Ebene herunterzubrechen und einen intimeren Showdown zu präsentieren. Die einzige Schwachstelle eines ansonsten erzählerisch bockstarken Streifens. Die auch noch eine nachgeschobene Erklärungsszene notwendig macht, die seltsam drangehängt wirkt.
Apropos bockstark: Das gilt durchgehend für alle Szenen, in denen Howard und Co. ihren eigentlichen Hauptdarsteller zelebrieren. Es gibt Szenen in „Backdraft“, da hockt man vor dem TV und erahnt förmlich, wie diese Einlagen heute aussehen würden. Glattgebügelt, mit CGI-Flammen und einem „Helden“, der in einem grünen Zimmer Panik und Angst simulieren muss, um hernach in die PC-Welten einkopiert zu werden. Nicht so bei „Backdraft“.
Echte Pyrotechnik macht “Backdraft” so feurig
Wenn hier ein brennendes Hausdach einstürzt und ein Charakter auf selbigem panisch vor einem entstehenden, immer näher kommenden Riss davonläuft, brennen hier tatsächlich Soundstages in einem Studio. Ständig züngeln Flammen. Es raucht, es qualmt. Natürlich können die Flammen jederzeit abgestellt werden, die Gefahr, die von ihnen ausgeht, ist allerdings eminent. Und wie ich am Anfang erwähnte, rennen hier keine Stuntmen durch die Flammen, es sind die Stars höchstselbst. Ein Einsatz, der Respekt abringt und der die ganzen Szenarien so ungemein realistisch rüberkommen lässt.
Die Highlights ballen sich dabei vor allem zu Beginn und Ende des Filmes und sind absolut auf den Punkt inszeniert. Schnitt, Kamera und der übergroße Score von Hans Zimmer zaubern einem eine Gänsepelle vom Feinsten auf die Haut. In Zeitlupe zelebrierte „Bewegungen“ des Feuers und das irre Sounddesign machen es zu einer Art lebendiger Bestie, die sich ihre Opfer sucht. Unfein anzuschauende, fast schon zu detailverliebte Make-ups von Verbrennungen und grausam zugerichtete Verbrennungsopfer sorgten für die hohe FSK 16 Freigabe.
Man kann das Feuer nur umbringen, wenn man es auch ein wenig liebt. (Rimgale)
Interessant ist, dass Drehbuchautor Widen sich nicht ohne Grund auf Chicago als Schauplatz verlegte. Immerhin gilt die dortige Feuerwehr als besonders risikofreudig. Sie halte nicht viel davon, Feuer von draußen zu löschen und gehe immer mittenrein. Das erklärt zumindest so manche Harakiri-Aktion der Hauptfiguren, so manches Logikloch stopft aber auch diese Begründung nicht. Wenn Kurt Russell, William Baldwin und Scott Glenn durchgehend ohne Atemschutzmaske in den irrsten Feuern agieren, wird das Ganze trotz risikobereiter Charaktere arg unglaubwürdig.
Die starken Darsteller von “Backdraft”
Freilich muss man vermuten, dass man diesen Kniff auch deshalb gefahren ist, um besser darstellen zu können, wer da gerade vor der Kamera agiert. Bei der Vollmaskierung hätte man den wagemutigen Einsatz der Stars gar nicht erkannt. Sei’s drum: Fakt ist, dass diese stark agieren. William Baldwin („Maximum Impact“) macht als unsteter Rookie eine gute Figur. Wirkt nur im direkten Spiel mit De Niro ein wenig eingeschüchtert, ist ansonsten aber vollkommen glaubwürdig und ein guter Anker für den Zuschauer.
Kurt Russell („Deepwater Horizon“) hingegen hat als leicht manischer, viel zu viele Risiken eingehender Stephen durchaus ein paar unvermutet unsympathische Einschläge, die der Mime aber großartig transportiert, ohne jemals die Bindung zum Zuschauer zu verlieren. Denn als ewig vorpreschender Mann mit nicht zu übersehender Helden-Attitüde zieht er freilich viele Sympathien auf sich.
De Niro habe ich bereits erwähnt, Sutherland ebenso. Scott Glenn („Night of the Running Man“) macht in seiner leicht mentorartigen Rolle auch viel Spaß und hätte gerne noch mehr in den Fokus gezogen werden dürfen. Schade ist, dass die immer starken Darstellerinnen Rebecca De Mornay („Blind Side“) und Jennifer Jason Leigh („The Hateful 8“) in diesem Film mit extrasatter Testosteroneinspritzung keinen Fuß auf den Boden bekommen und in unwichtigen Rollen versauern. In Nebenrollen erleben wir J.T. Walsh, mit dem Kurt Russell Jahre später in „Breakdown“ hart aneinandergeraten wird, Jason Gedrick („USS Montana“) als Rookie Nummer zwei und Clint Howard („3 From Hell“), den auf schräge Figuren abonnierten Bruder von Regisseur Ron Howard.
“Backdraft” ist das Maß aller Dinge, wenn es um pyrotechnischen Filmspaß geht
Was am Ende bleibt, ist ein übergroßer Werbespot für eine Berufsinnung, der selbiger sicherlich so manch neuen Rekruten eingebracht haben wird. „Backdraft“ ist ein saustark erzählter, spannend durchgezogener, temporeich dahinrasender und mit tollen Darstellern geadelter Film, der zudem mit einem unvergesslichen, epischen Soundtrack, hypnotischen Bildern und einer unvergleichlichen Effektarbeit daherkommt.
Was hier mit damals satten 40 Millionen Dollar auf die Leinwand gebrannt wurde, ist schlicht und ergreifend Referenz im Genre und zelebriert die Naturgewalt Feuer absolut unnachahmlich. Selten zuvor und eigentlich nie wieder danach hat ein Film die gefährlichen und faszinierenden Seiten des Feuers so eindringlich abzubilden vermocht.
Von Universal Pictures erschien eine ungeschnittene, FSK 16 freigegebene DVD zum Film. Nicht anamorph und in – für einen großen Studiofilm – gruseliger Bildqualität. Eine irgendwann nachgeschobene Blu-ray und eine 2-Disc-Special-DVD-Edition steuerten da nach. Am 28. November 2019 veröffentlichte Black Hill Pictures die DtV-Fortsetzung „Backdraft 2“. Darunter auch eine Combo aus Teil 1 und 2. Wer sich hier für die DVD ein technisches Update versprach, sei gewarnt: Es liegt nur die altbekannte Erstauflage der Universal DVD bei.
In diesem Sinne:
freeman
Was meint ihr zu dem Film?
Zur Filmdiskussion bei Liquid-Love
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