Vin Diesel hat die „Bloodshot“-Comics als neues mögliches Franchise für sich aufgetan. Man darf sicher gespannt sein, ob es dem Actionstar gelingen wird, sich neben seinen darbenden „Riddick“- und „xXx“-Reihen sowie dem erfolgreichen „Fast & Furios“-Franchise ein weiteres filmisches Standbein aufzubauen.
„Bloodshot“ ist eine Figur des Comic-Verlages „Valiant Comics“ und wurde von Kevin VanHook, Don Perlin und Bob Layton 1992 zum Leben erweckt. Die Figur geriet für den Verlag zu einem echten Hit, in deren Umfeld man über die Jahre immer wieder Relaunches und neue Reihen startete – bislang sind es sieben. Leider ist davon kaum etwas in Deutschland erschienen. Zumindest versuchte sich der Actionkraft-Verlag an Reihe drei und veröffentlichte die ersten vier Hefte in einem Sammelband. Diese sind Gegenstand dieser Besprechung.
Menschliche Geheimwaffe voller Kleinstroboter
Ray soll in Afghanistan einen ehemaligen Kameraden aus den Händen fieser Terroristen befreien. Doch sein Fallschirmabsprung geht dramatisch schief. Er wird Ziel einer Rakete, die Ray förmlich zerfetzt. Die Terroristen finden seinen Leichnam und bahren ihn in ihrem Unterschlupf auf. Wenig später kommt Bewegung in Rays verkohlte Leiche. Ray ist nämlich kein normaler Mensch. Er wurde bei einem wissenschaftlichen Experiment mit Naniten, einen Nanometer große Roboter, geflutet.
Diese Roboter machen Ray besonders. Besonders stark, besonders schnell und besonders unverwundbar. Solange nur ein paar Fitzelchen Rays eine Attacke übersteht, übernehmen die Naniten sofort die Regeneration seines Gewebes. Dank der Naniten hat Ray Kontrolle über alle denkbaren Maschinen und er kann in den lebensfeindlichsten Umgebungen problemlos überleben. Obendrein kann der Soldat dank der Roboter in seinem Blut die Gestalt anderer Personen annehmen.
Doch die Naniten bringen nicht nur Vorteile. Denn wie alle anderen Maschinen können sie gehackt werden. Zudem benötigen die winzigen Roboter für ihre Funktion Proteine. Bleiben diese aus, ist Ray aufgeschmissen. Auch die Möglichkeit der unendlichen Replikation der Naniten stellt eine Gefahr dar. Gerät diese außer Kontrolle, könnten die Maschinen auf eine unendlich große Zahl anwachsen und würden dann zur Gefahr für alles Leben auf der Erde. „Grey Goo“ nennen die Wissenschaftler um Ray dieses Szenario. Last but not least wird Ray durch die Naniten für seine „Erschaffer“ komplett lenkbar.
Wann immer sie ihn einsatzbereit brauchen, flößen sie ihm über die Naniten manipulierte Erinnerungen ein. Entweder ist sein Bruder in Gefahr, sein Sohn oder eben ein ehemaliger Kamerad. Schüsse in den Kopf oder gezielte Eingriffe der Wissenschaftler löschen diese Erinnerungen wieder aus. Als Ray in dem vorliegenden Abenteuer von einem ominösen Arzt auf genau dieses Procedere aufmerksam gemacht wird, bricht er mit seinen Schöpfern, bricht aus dem ihn beherbergenden militärischen Komplex aus und versucht, herauszufinden, wer er wirklich ist.
Das „Wer bin ich?“-Abenteuer von „Bloodshot“
Duane Swierczynski zieht den Leser gleich zu Beginn mitten in die von ihm ersonnene Geschichte hinein. Ohne große Informationen über das Wer und Warum erleben wir Ray bei einem seiner Einsätze, bei dem er nach wenigen Panels stirbt und kurz darauf erstmals als Bloodshot in Erscheinung tritt. Der Leser bekommt im Zuge dessen eine ungefähre Ahnung davon, was da in dem Mann schlummert. Plötzlich zieht der Autor den Stecker. Erklärt das soeben Gesehene zum Hirngespinst und streut einen ganzen Haufen an falschen und richtigen Fährten, die die Grundlage für die gesamte Reihe bilden werden.
In der Folge entdecken wir mit Ray, was es mit ihm und seinen Fähigkeiten auf sich hat. Das wird allerdings nicht immer geradlinig abgespult. Vor allem zu Beginn ist häufiger mal unklar, ob Ray aka Bloodshot in einer manipulierten Erinnerung festhängt, oder nicht doch in Wirklichkeit durch das Kroppzeug wütet. Spätestens ab Heft drei ist „Bloodshot: Die Welt steht in Flammen“ in Richtung Road Movie umgeschwenkt und präsentiert den Helden auf der Suche nach Antworten.
Eine Begleitung hat er da ebenfalls längst aufgegabelt und in Form einer jungen Dame namens Puls wird eine lebensbedrohliche Gefahr für den eigentlich unverwüstlichen Helden installiert. Natürlich kreuzen sich die Wege der beiden recht schnell. Was die Rätsel hinter der Story allerdings nicht aufklären, sondern ihnen neue Facetten geben wird. Kurzum: „Bloodshot: Die Welt steht in Flammen“ macht auf storytechnischer Ebene verdammt viel richtig, ist schön spannend, entwickelt einen ordentlichen Zug und lässt einen durch die Seiten fliegen. Problematisch ist allerdings, dass einem Ray respektive Bloodshot noch sehr fremd bleibt – und dass man nie weiß, ob eventuelle Entdeckungen nicht doch nur falsche Fährten darstellen.
Actiontechnisch brennt in dem Comic mehrfach die Hütte. Vor allem, weil sich „Bloodshot“ als astreine Killermaschine entpuppt, die keinerlei Gnade kennt und aufgrund der Naniten ein paar fiese Vorteile besitzt. In der Folge färben sich die Panels häufiger blutrot und werden sowohl „Bloodshot“ als auch seine Gegner teils sehr detailliert in ihre Einzelteile zerlegt. Wie das mit der PG-13-Freigabe des Vin-Diesel-Filmes zusammengehen wird, muss sich zeigen. So herzhaft wie im Comic kann es dementsprechend im Film aber nicht abgehen. Was freilich auch problematisch für den Film ist, da die ausgiebig zelebrierten Splatterszenarios schon einen gewissen Teilaspekt des Spaßes am Comic ausmachen. So erfreut werden die Hardcore-Fans über die Verfilmung also vermutlich nicht sein.
Die Zeichnungen von Manuel Garcia und Arturo Lozzi fallen sehr detailverliebt aus. Die kräftige Kolorierung lässt das Artwork auch acht Jahre nach seiner Premiere noch sehr modern und ansprechend wirken. Das allgemeine Design des Helden mit seiner grauen Haut, den komplett roten Augen und dem auf Brusthöhe befindlichen roten Punkt mutet durchaus gewöhnungsbedürftig an, weshalb es auch wenig verwundert, dass Vin Diesel in Trailern und Teasern eher selten beziehungsweise weniger konsequent diesen Look hat. Vermutlich befürchtete man einen zu trashigen Einschlag.
„Bloodshot: Die Welt steht in Flammen“ macht Laune
Schade ist, dass der Actionkraft-Verlag nach dem vorliegenden, sehr gelungenen Einstieg in das „Wer bin ich“-Abenteuer des Helden Bloodshot nicht nachlegte. Zwar wurde mit dem Band „Bloodshot: Aufstieg und Fall“ eine Fortsetzung versprochen, die allerdings bislang nicht erschienen ist. Vielleicht bringt der Kinofilm ja noch einmal etwas Bewegung in die Angelegenheit.
Bis dahin ist „Bloodshot: Die Welt steht in Flammen“ in erster Linie ein fieser, weil spannender, cool erzählter und neugierig machender Teaser auf die große Geschichte von Reihe drei aus dem „Bloodshot“-Universum. Dieser Appetitmacher punktet mit blutigem Artwork, derber Action und einer Art des Erzählens, die vom Leser Konzentration erfordert und mitreißt. Leider bleibt der eigentliche Held zu Beginn noch etwas blass. Aber das ist natürlich auch der Art und Weise geschuldet, wie die Handlung von Reihe drei aufgebaut ist.
Alle Informationen zur Veröffentlichung von „Bloodshot: Die Welt steht in Flammen“
„Bloodshot: Die Welt steht in Flammen“ vereint die vier Einzelhefte „Dunk Tank“, „Zu den Waffen“, „Flashback“ und „Braves Mädchen“ in einem Comicband. Dieser kommt von dem Verlag Actionkraft und wurde mit Bonus-Artworks, Zeichenskizzen und einer Leseprobe der Comicreihe „Archer und Armstrong“ angereichert.
Bloodshot: Die Welt steht in Flammen
von Duane Swierczynski (Autor), Manuel Garcia und Arturo Lozzi (Zeichner)
Taschenbuch: 128 Seiten
Verlag: Actionkraft; Auflage: 1 (15. April 2019)
ISBN 978-3-96560-003-4
Hier könnt ihr den Comicband erwerben
In diesem Sinne:
freeman