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Payday – The Web Series

Die Webserie „Payday“ ist in erster Linie Werbung für den zweiten Teil des gleichnamigen Videospiels, kann aber mit einigen bekannten Namen und Gesichtern aufwarten. Giancarlo Esposito, Gary Daniels und Bokeem Woodbine gehören zu den Darstellern der Personen aus dem Dunstkreis der Verbrecherorganisation Crime.net, um die es in Game und Webserie geht.

Originaltitel: Payday__Herstellungsland: USA__Erscheinungsjahr: 2013-2015__Regie: Demian Lichtenstein__Darsteller: Digger Mesch, Damion Poitier, Beatrice Rosen, Derek Ray, Eric Etebari, William O’Neill, Gianna Elice, Ilia Volok, Leesa Durst, Ryan Martin, Giancarlo Esposito, Dash Mihok, Gary Daniels, Bokeem Woodbine, Ron Perlman, Sharlto Copley, Gabriella Wright, Jerry Trimble u.a.
Payday - The Web Series

In der Webserie “Payday” verkörpert Gary Daniels wie im Spiel die Figur Hector

Heutzutage haben manche Games nicht nur ein Budget wie Triple-A-Blockbuster, sie setzen auch bei Erfolg in wenigen Tagen eine Menge Geld um, an die selbst Hollywood kaum herankommt (auch wenn sie im Gegensatz weniger ausgiebig Kohle generieren). Also wird auch das Marketing immer aufwändiger, ebenso die Namen, die man anzieht. Ein Marketing-Produkt, das diese Entwicklung hervorragend verdeutlicht, ist die Webserie „Payday“.

Dabei handelt es sich eigentlich um eine Werbe-Unterstützung für das Spiel „Payday 2“, für dessen Figuren allerdings auch diverse bekannte Darsteller ihr Antlitz und/oder ihre Stimme hergaben – viele spielen ihre Rollen auch noch einmal in der Webserie. Das Ganze schließt – ebenso wie das Game – an das Spiel „Payday: The Heist“ an. Im Zentrum der Serie steht die Organisation Crime.net, deren Mastermind Bain (Digger Mesch) ist. Dieser macht die Logistik rund um die Einsätze seiner kriminellen Crews, wobei vor allem ein Bankräuberquartett um Fokus der Serie steht. Aber es gibt auch noch den Drogenbaron Hector (Gary Daniels), die Meuchelmörderin Greta (Gabriella Wright), den korrupten Politiker Simmons (Bokeem Woodbine) und den an den Rollstuhl gefesselten Waffenhändler Gage (Dash Mihok), um nur einige aus seinem Orbit zu nennen.

Damit wäre dann allerdings nicht nur das Konzept, sondern auch das große Problem von „Payday“ umschrieben: Das ist nicht mehr als ein Blicks durchs Schlüsselloch der Game-Welt, eine Überblick über die Figuren und ihre Marotten, die man im Spiel sehen kann, aber es ist nichts, das irgendwie auf eigenen Füßen stehen könnte. So tauchen Charaktere wie Greta oder Hector kurz auf, sind mal bei ihrem Tagewerk zu sehen, aber verschwinden dann sang- und klanglos wieder aus der Handlung. Es werden Mordaufträge an Leuten ausgeführt, ohne dass das Warum wirklich geklärt wurde. Es gibt auch eine tapfere Ermittlerin, deren Bosse Crime.net natürlich nur für ein Märchen halten, aber auch das ist irrelevant. Manch einer mag jetzt schreien, dass man die Zusammenhänge durch Zocken von „Payday 2“ verstehen kann, aber genau das ist das Problem an der Sache: Die Webserie erlangt keinerlei Eigenständigkeit, keine eigene Handschrift oder Geschichte, sondern wirkt wie ein Beiprodukt.

httpv://www.youtube.com/watch?v=mtqXnGoC7oM

Das ist schade, denn in diesem Wust aufgenommener und fallengelassener Storyfäden befinden sich ein paar nicht immer ganz logische, aber doch ganz putzige Ideen. Da ist etwa ein Filmproduzent, der für Crime.net Drogen in Sportwagen schmuggelt, weil er das Ganze dann als Filmrequisite ausgeben kann. Da ist der Kampf zwischen einer schwer bewaffneten Gangstertruppe und einem schwer gepanzerten Gesetzeshüter. Da ist die Fleischerei als Tarnung für ein Kriminellenhauptquartier. Manches davon erinnert an filmische Vorbilder, aber auf derartige Zitate ist „Payday“ durchaus angelegt: Da spielt Ron Perlman einen Biker nach Art seiner „Sons of Anarchy“-Rolle, da gibt es eine nachgereichte Episode mit Sharlto Copley, die das „Hardcore Henry“-Zusatzpack anpreist und die Payday-Heistcrew auf Figuren aus dem Film treffen lässt. Im Spiel wurden auch Kooperation mit den Filmen „John Wick“ und dem Remake „Point Break“ eingebaut.

So ist es dann kaum verwunderlich, dass Vieles an der Webserie wiederum nach dem Vorbild bekannter Actionreißer gezimmert ist: Gerade die Überfälle der Heistcrew mit ihren Clownsmasken erinnern an vergleichbare Szenen aus Werken wie „Heat“, „The Dark Knight“ oder dem Original „Gefährliche Brandung“. Mancher Spruch und manche gewollte Schrägheit bewegt sich im Tarantino-Fahrwasser, ähnlich wie manche Gewaltspitze. Da wundert es kaum, dass die Produzenten als Regisseur Demian Lichtenstein anheuerten, dessen bekanntester Film der Tarantino-Style-plus-Geballer-Streifen „3000 Miles to Graceland“ ist. Der erweist sich als meist solider Actionhandwerker, sorgt für einige deftige Shoot-Outs, in einer Episode auch mit kurzer Ego-Shooter-Sequenz. Zwar sind die Ballereien manchmal etwas schnell vorbei, aber klar die Highlights der Webserie. Während Lichtenstein die Imitation seiner Actionvorbilder gut drauf hat, schwächelt er als Regisseur und Co-Autor der Serie bei dem Coole-Gangster-Part: Es wird zwar blutig und mit zynischen Witzen gestorben, aber es fehlen da die sichere Hand und der Dialogwitz von Vorbildern wie Tarantino der Guy Ritchie, weshalb „Payday“ in diesen Szenen eher bemüht, manchmal sogar pubertär, als wirklich souverän oder gewagt wirkt.

Spaßig sind natürlich die Auftritte bekannter Gesichter und Namen, wenn auch meist nur in kleinen Rollen: Giancarlo Esposito („Maze Runner – Die Auserwählten in der Todeszone“) klaut die Serie regelrecht, wenn er in einer Episode als wahrhaft eiskalter Zahnarzt auftritt. Gary Daniels („The Secret of King Mahi’s Island“) darf in seiner Szene seine Fähigkeiten in einem knackigen Martial-Arts-Fight beweisen, in dem er unter anderem auf Jerry Trimble („The Package“) trifft. Dash Mihok („Trespass“) hat einen starken Auftritt als Waffenhändler im Rollstuhl, während Bokeem Woodbine („The Night Crew“) mit sichtlicher Freude den verlogenen Politiker gibt, der keinerlei moralische Grundsätze gibt. Viele andere verkörpern wandelnde Klischees, machen das aber recht gut, etwa Gabriella Wright („Everly“) als Abziehbild der mordlustigen Auftragskillerin. Das Stammpersonal der Payday-Crew wirkt dagegen etwas blass, mit Ausnahme von Eric Etebari („Bullet“), der als zentrales Crew-Mitglied durchaus mit Charisma aufwarten kann.

Doch unterm Strich zeigt sich: Ein paar kompetent gemachte Shoot-Outs und ein paar gut aufgelegte (Neben)Darsteller können nicht verbergen, dass die „Payday“-Webserie eher fades Beiwerk für ein Blockbuster-Game ist, nicht mehr als Zusatzmaterial, das jeden Nicht-Gamer mit seinen herumflatternden Handlungsfäden und mangelnd erklärten Zusammenhängen eher vor den Kopf stößt als fesselt. Zumal Regisseur Demian Lichtenstein nur manchmal so souverän ist wie jene Vorbilder, denen er stilistisch nacheifert.

Da es sich bei „Payday“ um eine reine Webserie handelt, gibt es keine DVDs oder Blu-Rays, aber man kann die Serie im Internet, z.B. bei YouTube, schauen.

© Nils Bothmann (McClane)

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