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Happy Hunting

Zusammen mit Joe Ditsch inszenierte Mel-Gibson-Sohn Louie den Menschenjagdfilm „Happy Hunting“, einen Horrorthriller mit Westernanleihen. Darin strandet Ex-Soldat, Meth-Koch und Alkoholiker Warren in dem Kaff Bedford Flats, dessen Bewohner eine eigenwillige Tradition haben: Einmal im Jahr werden ausgewählte Menschen gejagt. Dieses Mal gehört Warren zur Beute.

Originaltitel: Happy Hunting__Herstellungsland: USA__Erscheinungsjahr: 2017__Regie: Louie Gibson, Joe Ditsch__Darsteller: Martin Dingle Wall, Ken Lally, Kenny Wormald, Connor Williams, Gary Sturm, C.J. Baker, Jeremy Lawson, Michael Tipps, Liesel Hanson, Kenneth Billings, Frederick Lawrence, Chuck Ramage u.a.
Happy Hunting

Menschenjagd als Horrorthriller mit Western-Anleihen: “Happy Hunting”

Mel Gibson ist sowohl als Regisseur als auch als Schauspieler tätig und der Nachwuchs tritt in die Fußstapfen: Sohn Milo als Darsteller in Filmen wie „All the Devil’s Men“, Sohn Louie als Co-Regisseur des Menschenjagdfilms „Happy Hunting“, den er gemeinsam mit Joe Ditsch inszenierte.

Protagonist Warren Novak (Martin Dingle Wall) ist ganz am Boden angekommen: Er ist Alkoholiker, verdient Geld mit dem Kochen von Meth und erfährt zu Beginn des Films, dass seine Ex-Freundin gestorben ist und ihm einen Sohn in Mexiko hinterlassen hat. Zu der Zeit wird der Boden für Warren allerdings eh heiß: Ein Drogendeal geht schief, es gibt Tote und Warren landet auf der Abschussliste der verbliebenen Crew seiner toten Geschäftspartner, auch wenn er nicht allein Schuld an der Sache hat. Aber das ist ja auch ein klassischer Heldentopos über diverse Genres hinweg: Dann, wenn jemand fast nichts mehr zu verlieren, ist er unter Umständen am gefährlichsten.

Warren reist in Richtung der mexikanischen Grenze und steigt in einem verschlafenen Örtchen namens Bedford Flats ab. Dort wohnen kauzige Dörfler, die von der glorreichen Jagdvergangenheit des Kaffs schwärmen, von dem aus einst die Büffeljäger aufbrachen. Es ist die typische Gemeinde eines solchen Genrefilms: Der örtliche Trunkenbold wird gemaßregelt, man hat seine eigenen Codes, ist aber freundlich zu Fremden – so wie Steve Patterson (Ken Lally), der die Meetings der Anonymen Alkoholiker leitet und Warren zu sich nach Hause einlädt. Warren lehnt erst ab, doch als er spitzkriegt, dass seine Verfolger ebenfalls in Bedford Flats sind und sein Motel gefunden haben, besucht er Steve und dessen Frau Cheryl (Sherry Leigh). Nicht ungeschickt etablieren Gibson und Ditsch das unheimliche Gefühl, dass hinter der heilen Kleinstadtfassade Abgründe lauern könnten.

Natürlich ist dieses Gefühl nicht unberechtigt: Warren wird von den Pattersons betäubt und erwacht am nächsten Morgen mit vier anderen vor der versammelten Dorfmannschaft. Das Quintett bekommt Vorsprung und soll die Wüste fliehen, ehe sechs ausgewählte Jäger ihnen nachsetzen und sie zur Strecke bringen wollen…

httpv://www.youtube.com/watch?v=p_RY50wJ3lc

Manche Menschenjagdfilme, wie etwa „Harte Ziele“ oder „Surviving the Game“, sind Actionreißer, andere eher Horrorthriller – so auch „Happy Hunting“. Jäger und Gejagte liefern sich keine ausladenden Gefechte: Wer dem anderen vor die Flinte läuft, der hat Pech gehabt. Und das ist meist die Beute, denn allein Warren als Ex-Soldat besitzt die nötige Vorbildung, um gegen die Häscher zu bestehen. Dass es keine allzu ausgiebige Action gibt, ist aber vielleicht auch besser so, denn mache dieser Szenen gehören zu den Schwachpunkten. Gerade jener Moment, in denen Warren einem Rednecktrio in einer Hütte eine Falle stellt und diese attackiert, wird von einem konfusen Schnitt zerstört. Immerhin gibt es nette Abwechslung bei den Jägern, die in drei Gruppen teilen: Die drei waffenstarrenden Prollos, ein gewiefter Scharfschütze und das Spießerehepaar Patterson, das aber auch aus der Familienkutsche noch die Nagelkeule schwingt.

Schade nur, dass „Happy Hunting“ nicht mehr aus seiner Figurenkonstellation herausholt. So befinden sich auch Warrens Verfolger, ein Vater-Sohn-Duo, unter den Gejagten, was eigentlich Spannungen garantiert, dann aber im weiteren Verlauf kaum eine Rolle spielt. Ähnlich sieht es bei dem interessanten Background der Jagd aus. Warum es das Ritual gibt, wird nur schwach mit den üblichen Begriffen erläutert: Tradition, Stärkung der Dorfgesellschaft, Ausmerzung der Unmoralischen. Aber es bleibt bei diesen Schlagwörtern, die ebenso wenig Leben gewinnen wie die Tatsache, dass einer der Jäger ein ehemals Gejagter ist, der überlebte und in den Schoß von Bedford Falls zurückkehrte. Im Grunde genommen würde „Happy Hunting“ auch ohne diese Details und andere Hintergrundaspekte (z.B. um das verstorbene Kind der Pattersons) fast genauso funktionieren.

Großer Pluspunkt ist die Hauptfigur. Warren ist nämlich einerseits ein wehrhaft Ex-Soldat, andrerseits aber auch ein Spritti, dessen Zielvermögen ohne Alk in den Keller geht und der sich angesichts der Jagd auf Cold Turkey befindet. Das sorgt nicht nur für zusätzliche Spannung, sondern gibt auch Hauptdarsteller Martin Dingle Wall („Gun Shy“) Raum zum Glänzen. Er verkörpert Warren mit Hingabe und als Mann, der eigentlich am Ende ist und neuen Lebensmut schöpft – eventuell für ein Kind, von dem er nie wusste. Wall trägt den Film über weite Strecken, während die Nebendarsteller meist okay sind, aber kaum im Gedächtnis bleiben. Die Ausnahme hier ist Ken Lally („Lethal Punisher“) als Jäger, der einiges mit der Beute gemeinsam hat und so quasi zum Endgegner aufgebaut wird.

Leider geht ein Großteil der Gejagten schon früh im Film drauf, sodass der Film nicht das volle Potential seiner Katz-und-Maus-Spielchen ausschöpft und leider ist auch die Anzahl der Jäger etwas überschaubar. Doch aus dem Gezeigten holen Gibson und Ditsch schon einiges heraus: Die staubige Atmosphäre unterstreicht das Westernflair, das auch in der Geschichte angelegt ist (siehe die erwähnte Büffeljägertradition), und die Spannungspassagen ziehen durchaus gut, etwa wenn sich Warren mit dem Sniper in einem Gebiet voller Bärenfallen duelliert. Zwar sind die Verschnaufpausen zwischen Begegnungen von Jägern und Beute manchmal etwas zu großzügig bemessen, das mag aber auch dem überschaubaren Budget geschuldet sein. Doch wenn etwas los ist, dann hat „Happy Hunting“ durchaus Drive, bis zur bitteren Schlusspointe.

Insofern mag „Happy Hunting“ das Genre des Menschenjagdfilms nicht neu erfinden und manches Potential verschenken, gerade was die zentralen Jagd- und Kampfszenen angeht. Doch er ist schon recht spannend, besitzt Atmosphäre und erwartet mit einer erfrischend nuancierten Hauptfigur auf, die Martin Dingle Wall stark verkörpert. Der Feinschliff fehlt noch, aber es ist ein durchaus bemerkenswertes Spielfilmdebüt zweier Nachwuchsregisseure.

Nachdem „Happy Hunting“ zuerst nur als ungeprüfte Veröffentlichung in Österreich bei Shock Entertainment erschien, gibt es ihn inzwischen als reguläre deutsche DVD und Blu-Ray von I-On. In dieser Version ist er ungekürzt ab 18 Jahren freigegeben worden.

© Nils Bothmann (McClane)

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Copyright aller Filmbilder/Label: I-On__FSK Freigabe: ab 18__Geschnitten: Nein__Blu Ray/DVD: Ja/Ja

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