Originaltitel: The Black Torment__Herstellungsland: Großbritannien__Erscheinungsjahr: 1964__Regie: Robert Hartford-Davis__Darsteller: John Turner, Heather Sears, Ann Lynn, Peter Arne, Raymond Huntley, Annette Whiteley, Norman Bird, Roger Croucher, Joseph Tomelty, Patrick Troughton, Francis De Wolff, Charles Houston u.a. |
Terror Creeps From The Fringe Of Fear To The Pit Of Panic!
Keine Frage: Das Produzenten-Gespann Tony Tenser, Michael Klinger und Robert Hartford-Davis (auch Regie) wusste genau, welche Schwerpunkte es beim Marketing setzen wollte. „Das Grauen auf Black Torment“ sollte im Fahrwasser anderer erfolgreicher Gothic-Horror-Produktionen jener Zeit als Terror von unerklärlichem Ursprung verstanden werden, der sich aus dem zerfallenden Geisteszustand des halluzinierenden Protagonisten ergibt. Bläst der Prolog mit seiner obligatorischen Waldjagd eines Unbekannten auf eine verzweifelte Jungfrau dann auch in dieses Horn, folgt allerdings Sekunden später ein radikaler Stimmungswechsel, der einer kalten Dusche gleichkommt. Auf einmal befinden wir uns scheinbar in einer Kostüm-Schmonzette mit den naiven Zügen einer Sissi-Adaption, die sich um die Wehwehchen aristokratischer Familienhierarchien dreht.
Entsprechend werden die beiden Hauptdarsteller John Turner und Heather Sears als turtelndes Pärchen im Inneren einer Pferdekutsche vorgestellt, frisch verliebt und voller Aufregung ob der Dinge, die im Anwesen am Zielort auf sie warten mögen. Verbeugung, Hofknicks und Handkuss bestimmen bei der folgenden Begrüßungsprozedur die Etikette und werden nacheinander rituell durchexerziert, während die imposante Empfangshalle ihre Opulenz für sich sprechen lässt. Eine bunte Zusammenstellung aus Nebenfiguren wird im Laufe der Prozession eingeführt, gerade lange genug, damit man sich Gesichter, Namen und Verwandtschaftsbeziehung oder Stellung gegenüber den Ankömmlingen merkt.
Schaut in den Trailer zu “Das Grauen auf Black Torment”
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Speziell auf den niederen Positionen brodelt allerdings bereits spürbar der Unmut gegenüber dem Landherrn, den offenbar eine dunkle Aura umweht. Es ist der Beginn einer psychologischen Geisterbahnfahrt, die John Turner zunehmend zu mimischen Verrenkungen greifen lässt, als sein Denken schleichend vom Unerklärlichen in Besitz genommen wird.
So gehen die Einflüsse keineswegs ausschließlich auf den seinerzeit omnipräsenten Hammer-Duktus zurück, der seine viktorianische Ausstattung zumeist in den Dienst klassischen Monsterkinos stellte, das hier nicht zur Anwendung kommt. Roger Cormans Serie von Edgar-Allen-Poe-Adaptionen („Die Verfluchten“, „Das Pendel des Todes“, „Der Rabe – Duell der Zauberer“) hat mindestens ebenso viele Spuren hinterlassen. Vor allem aber Suspense-Geisterfilme wie „Schloss des Schreckens“ sind es, die mit ihren Schlüsselbildern einsam auf dem Landgut streifender Damen in Weiß die Grundlage legten für das Übernatürliche, das sich in den Sitz der Familie Fordyke bettet.
Von nacktem Terror kann also keine Rede sein, es sei denn, man hat ein besonderes Einfühlungsvermögen dafür, was hinter den weit aufgerissenen Augen Sir Richard Fordykes vor sich geht. Man darf John Turner für seine Tendenzen zum Chargieren dankbar sein, denn in ein kitschiges, von Anstand und Etikette gemaßregeltes Umfeld bringt ausgerechnet er als Hausherr etwas Unberechenbares ein, von dem sich nicht nur Heather Sears als seine Verlobte irritiert zeigt. Joseph Tomelty in der Rolle des stummen, bewegungsunfähigen Vaters eignet sich derweil ideal als Medium zur Aufbewahrung von Geheimnissen, die seine Stimme nicht verraten und auf die sein Finger nicht zeigen kann – ein klassisches Mittel, um zusätzliches Unbehagen zu schüren.
Davon abgesehen spielt Regisseur Hartford-Davis die Klaviatur über einen langen Zeitraum nur mit zaghaften Tastenanschlägen und deutet im Sinne seiner eher dezenten als reißerischen Vorbilder lieber an als zu zeigen. Die Familienchronologie wird zum Adergefäß für ein Gift, das sich langsam seinen Weg in alle Bereiche bahnt – bevor die finale Auflösung den diffusen Schrecken schließlich äußerst greifbar macht, wenn sich nicht nur die Geister der Vergangenheit regelrecht materialisieren, sondern auch noch ein Fechtkampf den symbolischen Schlusspunkt setzt, als müsse das Publikum für all die Geduld und Anspannung besonders reich entlohnt werden.
Dem in solchen Konstellationen so wichtigen Drehbuch gelingt es allerdings nicht, die verräterischen Spuren der Auflösung so weit zu verwischen, dass man die übernatürlichen Elemente voll auskosten kann, wenn sie sich wie nächtliche Nebelschwaden in den Gewinden der alten Gemäuer ausbreiten. Zu sehr betrachtet man die Geschehnisse aus der Holmes’schen Perspektive eines abgeklärten Detektivs, der dem Fall schon frühzeitig auf der Spur ist. Vom undurchsichtigen Turner ist man einfach zu weit entfernt, dass man sein Grauen teilen würde, wenn er seine tote Ex-Frau als Geist über den Vorgarten schweben sieht; von Sears, die kaum mehr als ein passives Symbol der verschreckten Unschuld abgibt, ohnehin.
Trotzdem weiß „Das Grauen auf Black Torment“ seine Vorzüge als psychologischer Mystery-Thriller auf volle Laufzeit durch die schlüssige Montage und die nahtlose Zuspitzung der Geschehnisse durchaus in Szene zu setzen und legt so gewisse Grundqualitäten frei, die man bei falschen Erwartungen an ein Horror-Spektakel gerne mal übersieht. Die dunkelromantische Stimmung, die sich von den unheimlichen Schatten in den Portraits der Adelsfamilie her ausbreitet, genügt jedenfalls einem Filmabend, den man selig versunken im heimischen Ohrensessel verbringen kann, während sich das Puzzle der Familie Fordyke mit dem finalen Teil endlich zusammensetzt.
Informationen zur Veröffentlichung von “Das Grauen auf Black Torment”
Der Wicked-Vision-Katalog wird gerne mal vom Grauen heimgesucht. Kurz nachdem das „Grauen von Dunwich“ seinen Lauf nahm, folgte auch schon das „Grauen von Schloss Witley“. Zumeist stehen alte englische Schlösser im Verdacht, das Grauen zu verursachen; das war ebenso in „Die Verfluchten“ oder „Hochzeitsnacht im Geisterschloss“ der Fall. Auch das „Grauen von Black Torment“ suggeriert ein Anwesen als Namensgeber; dabei hat der im Original schlicht „Black Torment“ bezeichnete Titel gar nichts mit dem Landsitz der Familie Fordyke zu tun.
Die Verpackung
Uns soll es egal sein, denn thematisch wie atmosphärisch schmiegt sich der britische Streifen aus dem Jahr 1964 nahtlos in die „Collector’s Edition“-Serie ein. Und ganz bestimmt kann man das auch über die drei Mediabook-Motive sagen, die zur Auswahl stehen. Besprechungsgegenstand ist diesmal das Cover B, das mit seinen grellen Pinktönen vor farblich hervorsticht. Das auf 333 Stück limitierte Motiv versammelt drei der wichtigeren Darstellerköpfe um den Schemen der ominösen Frau in Weiß, die des Nachts über den Hof der Fordykes zu huschen pflegt. Eine wunderbar halluzinogene Komposition aus Form und Farbe, die man minutenlang anstarren könnte, ohne sich zu langweilen. Nicht minder stimmungsvoll ist Cover C geraten, das nur 222 Mal gedruckt wurde und als einzige den vollständigen deutschen Titel „Das Grauen auf Black Torment“ trägt. Die moosgrüne Farbpalette scheint aus Frankensteins Teint gewonnen und die modrige Requisite (eine Treppe, die in den Keller führt, ein Kerzenhalter, ein paar klobiger Grabschhände) spricht vor allem den Gothic-Horror-Afficionado an. Sie könnte unter Umständen falsche Erwartungen wecken, denn ganz so gruselig wird es hier nicht. Cover A (333 Stück) ziert das englische Originalposter. Es ist eher im Stil alter Aushangplakate designt und stellt die Werbezeilen wie im Schaukasten aus. Wer gerne altes Filmmaterial sammelt, dürfte sich von diesem Motiv angesprochen fühlen; die visuelle Wucht der anderen beiden Motive erreicht es jedoch nicht.
Das Booklet
Kuratiert wird die Veröffentlichung von einem Dreigespann, das uns nur allzu bekannt ist. Den Anfang macht Dr. Rolf Giesen, der selbst bei einem zugeknöpften Film wie diesem keine Gelegenheit auslässt, nackte Brüste unterzubringen – und sei es nur als Negation in der Überschrift seines Booklet-Textes, des sich einmal mehr um die Genese des britischen Gruselfilms aus dem Milieu der Bahnhofskinos dreht, unter Berücksichtigung des mächtigen Einflusses der großen Hammer Studios. Irgendwie gelingt es ihm, den Text zu beenden, ohne eine eigene Meinung oder Interpretation zum Hauptfilm verfasst zu haben; lieber lässt er die Filmgeschichte für sich sprechen, um anzudeuten, wie es zu jener Filmsorte kam, der auch „The Black Torment“ angehört. Der Text ist diesmal recht kurz gehalten, denn das 24-seitige Booklet bietet ihn für die englischsprachige Kundschaft auch noch einmal in englischer Übersetzung an.
Der Audiokommentar
Im Audiokommentar bekommt Giesen Gesellschaft von seinem alten Weggefährten Dr. Gerd Naumann, der die Unterhaltung so stimmungsvoll eröffnet, dass man meinen könnte, die Beiden säßen gemeinsam mit einem Glas Wein vor einem lodernden Kamin. Wie üblich funktioniert die Paarung äußerst gut. Naumann zwingt Giesen regelmäßig dazu, zum eigentlichen Gegenstand zurückzukehren, wenn das Gespräch mal wieder zu sehr abdriftet, so dass wir doch noch zu einer Analyse des Films kommen und letztlich zu seiner Ehrenrettung, erläutert das Gespann doch sehr schlüssig, weshalb er trotz seiner Armut an Grusel und Aufregung durchaus mit der Zeit seine Qualitäten entfaltet.
Die Extras
Als Dritter im Bunde gesellt sich Dr. Marcus Stiglegger hinzu – nicht etwa im Kommentar, sondern in seinem eigenen Video-Feature. Seinen knapp viertelstündigen Monolog vor einem Regal mit Büchern und Filmen beginnt er mit einer Definition dessen, was man unter „Gothic Cinema“ zu verstehen hat, um dann direkt auf die Einflüsse von „Das Grauen auf Black Torment“ einzugehen, zu denen unter anderem Werke wie Hitchcocks „Rebecca“ gehören.
Nicht nur dieses Feature wurde eigens für die vorliegende Veröffentlichung produziert; auch das halbstündige Interview mit den Nebendarstellern Annette Whiteley und Roger Croucher wurde frisch von Wicked Vision produziert. Die damals noch recht jungen Schauspieler erinnern sich lebhaft an die Dreharbeiten und sorgen so für eine Insider-Perspektive, die sich hervorragend mit der Außenbetrachtung der drei deutschen Filmwissenschaftler ergänzt. Ein tolles Paket an Extras, das mit altem und neuem Kinotrailer, der deutschen Titelsequenz und einer Bildergalerie abgerundet wird.
Bild, Ton und Untertitel
Bild und Ton kommen hingegen nicht ganz ohne Mängel aus. Die Prologsequenz ist noch vollständig mit einem blassen Schleier belegt, der sich zum Glück schon bald auflöst; dennoch kommt es immer wieder zu Sequenzen, in denen die Farben leicht ausgemergelt wirken. Trotzdem ermöglicht es das HD-Bild, den Film gänzlich neu zu entdecken, wenn man ihn nur von alten VHS-Tapes oder gegebenenfalls von der e-m-s-DVD kennt, die vor zwölf Jahren auf den Markt kam. Die deutsche Synchronisation wiederum hat manchmal mit leise abgemischten Stimmen zu kämpfen.
Untertitel sind übrigens in Deutsch und Englisch an Bord. Zusätzlich verfügt das englischsprachige Interview mit den Darstellern über optionale deutsche Untertitel. Und wer gerade keinen Blu-ray-Player zur Verfügung hat, findet das vollständige Paket auch noch einmal wie üblich auf einer zusätzlichen DVD.
Bildergalerie zum Film
Sascha Ganser (Vince)
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