Mit „Extreme Heist“ legten zwei Stuntteams, zwei Regisseure und mehrere Darsteller aus dem „Power Rangers“-Milieu einen Low-Budget-Actionfilm vor. Zwei Diebe und eine Undercoveragentin bekommen es mit einem Kartell zu tun, dem sie die für einen Millionenbetrug nötigen Codes geklaut haben, was zu plotarmer und stuntreicher Martial-Arts-Action führt.
Originaltitel: Wicked Game__Herstellungsland: USA__Erscheinungsjahr: 2002__Regie: Koichi Sakamoto, Makoto Yokoyama__Darsteller: Johnny Yong Bosch, Jason Narvy, Motoko Nagino, Michael Hexum, George Cheung, Luke LaFontaine, Koichi Sakamoto, Danny Wayne, Ed Neil, Paul Schrier, Makoto Yokoyama u.a. |
Wenn man jahrelang an den „Power Rangers“ arbeitet, die eigenen Actionkompetenzen dann aber vor allem im Kinder- bzw. Jugendfernsehen zum Tragen kommen, dann will man vielleicht auch mal Boden im klassischen Actionfilm gut machen. Dachten sich wohl auch mehrere Darsteller und Stuntleute der Serie, als sie gemeinsam den Low-Budget-Klopper „Extreme Heist“ auf die Beine stellten.
Wobei einer der beiden Regisseure, Koichi Sakamoto, auch noch anderweitige Erfahrung vorzuweisen hat, war er doch Stunt Coordinator und Fight Choreographer unter anderem bei den launigen Steve-Wang-Actionfilmen „Guyver 2“ und „Drive“. Sein Co-Regisseur Makoto Yokoyama inszenierte im Vorjahr „Shadow of the Dragon“ und gemeinsam treten sie als Schläger auf, welche die Helden Billy Ray Leung (Johnny Yong Bosch) und Guile Lydon (Jason Narvy) in der Auftaktsequenz jagen. Billy Ray und Guile haben nämlich wertvolle Diamanten von Gangstern gestohlen, verteidigen diese während einer ausgiebigen Verfolgungsjagd und begehen nur einen Fehler – sie vertauschen den richtigen und den Köder-Koffer, weshalb sie am Ende mit dreckigen Socken anstelle der wertvollen Steine dastehen.
Doch das Schicksal weiß nicht so genau, ob sie jetzt Pechvögel oder Glückspilze sind. Denn schon kurz darauf stolpern sie bei einem Einbruch über Codes, die der Schlüssel zu einem Millionenbetrug sind, und stehlen diese. Damit fahren sie jedoch der Undercover-Agentin Kim Matsuda (Motoko Nagino) in die Parade, welche die Betrüger observiert hatte, und nun genauso wie die Bestohlenen hinter ihnen her ist…
httpv://www.youtube.com/watch?v=DiV8twFzTp0
„Extreme Heist“, teilweise auch als „Wicked Game“ bekannt, ist so eine Art Bewerbungsvideo für höhere Actionweihen. Das Budget ist sichtlich niedrig, gefilmt wurden vom allem im miniDV-Format und als Locations gibt es Lagerhallen, Flugplätze, Büros und hin und wieder mal eine Kneipe, die aber unter sichtlicher Besucherarmut leidet – eben alles Räume, die man billig bekommt und nicht mit Statisten vollkleistern muss. Schusswaffen kommen nicht groß zum Einsatz und man erkennt in diesen Szenen auch gut, dass dort nur Platzpatronen geladen sind, denn vom Look und Sound ist da nicht viel authentisch. Aber die Knarren werden den Besitzern eh schnell aus der Hand getreten, damit Raum für die Kernkompetenz da ist: Martial-Arts-Action und Stunts.
Und die beiden Stuntcrews, Alpha Stunt und AAC, lassen sich da auch nicht lumpen. Zu Beginn gibt es einen dramaturgisch begrenzt nötigen Fallschirmsprung auf einem Snowboard, der aber ziemlich schick aussieht, fürs Finale geht es noch mal in die Luft, mit einem weiteren Fallschirmsprung inklusive Schießerei und Schlägerei zwischen zwei Kontrahenten. Dazwischen weichen die Stuntleute Autos aus, werden durch die Luft gewirbelt und liefern sich knallige Wemmsereien. Die Choreographien sind ziemlich gut, es gibt reichlich akrobatische Sprung-und-Tritt-Kombinationen, denen man die Anfänge der Regisseure und Stunt Coordinators definitiv ansieht. Teilweise sieht man den Stunts auch an, dass nicht alles wie geplant lief, aber dennoch tapfer weiter gedreht wurde, etwa wenn der Held auf einem Auto hängt, dieses durch eine Holzhütte rast und er sich den Kopf an einem Balken stößt.
Etwas problematisch ist, dass „Extreme Heist“ noch nicht ganz so weit geht wie Sakamotos folgender Spielfilm „Broken Path“, der die Handlung noch weiter reduzierte und fast nur noch aus einer einzelnen Actionszene bestand. So ist „Extreme Heist“ zwischen seinen immerhin recht ausführlichen Actionszenen eher egal, was an dem 08/15-Plot liegt. Kim schmeißt sich an Guile heran, der auf die Nummer reinfällt, gemeinsam bekommt man es mit den Schurken zu tun und arbeitet dann schließlich mit- und nicht gegeneinander. Am Ende kommt ein Verräter vor, dessen Wirken zum einen nicht groß von Belang ist, dessen Identität man andrerseits auch unschwer erraten kann – es gibt nicht viele Figuren zur Auswahl und dann ist es auch die Person, die es in solchen Filmen eigentlich immer ist. Gelegentlich wird das Ganze durch ein paar Gags und Sprüche aufgelockert, die aber nicht besonders originell sind – da vertrat der ähnlich gelagerte „Contour“ von Eric Jacobus und seinen Stunt People einen wesentlich schrägeren und markanteren Humor.
Neben Johnny Yong Bosch („Hellbinders“) und Jason Narvy wirken mit Ed Neil („Death Match“) und Paul Schrier noch zwei „Power Rangers“-Alumni vor der Kamera mit, aber in sehr kleinen Rollen – Schrier immerhin als Kneipenwirt, der „Mom“ heißt. Aber eigentlich sind es Bosch, Narvy und Motoko Nagino („Godzilla vs. Megaguirus“), die den Löwenanteil der Screentime beschreiten und bestenfalls als solide zu beschreiben sind. Aber hier geht es um Kampf-, nicht um Schauspielkunst, weshalb man mit dem Defizit leben kann.
Als plotschwache, nicht gerade umwerfend gespielte Actionorgie läuft „Extreme Heist“ jedoch ganz gut rein und bietet bei seinen Set-Pieces genug Abwechslung, um nicht monoton zu werden. Zu mehr als netter Prügelunterhaltung für den Genrefan reicht es dann aber nicht, da die Reduktion eines „Broken Path“ oder der abgedrehte Humor eines „Contour“ fehlen – diese ähnlich gelagerten Produktionen hatten da mehr Reiz.
Obwohl der Originaltitel laut IMDb „Wicked Game“ lautet, wurde der Film dort als „Extreme Heist“ auf DVD von Replay Home Entertainment veröffentlicht. Die DVD trägt die Freigabe PG-13 und liefert in Sachen Bonusmaterial den Trailer zum Film sowie Filmographien.
© Nils Bothmann (McClane)
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