Tony Scott wurde als Anthony David Scott am 21. Juni 1944 als jüngster von drei Brüdern im englischen North Shields, Northumberland, geboren. Sein ältester Bruder ist der weltbekannte Regisseur Ridley Scott, der Tony Scotts Karriere anschob, obwohl der ursprünglich andere Pläne hatte: Zuerst studierte er Malerei und versuchte sich erfolglos in diesem Beruf, ehe er beschloss, sich aufs Filmen zu verlegen – und zwar von Dokumentationen.
Ridley Scott schiebt die Karriere seines Bruders an
Doch Ridley überzeugte Tony, dass er stattdessen Werbespots für dessen Produktionsfirma Ridley Scott Associates (RSA) drehen sollte, indem er ihm erzählte, nach einem Jahr Arbeit für die Firma könne sich der autobegeisterte Tony einen Ferrari leisten – was auch tatsächlich wahr wurde.
Tony Scott drehte 1969 den Kurzfilm „One of the Missing“, fürs Fernsehen den TV-Film „Loving Memory“ und eine Folge der Serie „Nouvelles d’Henry James“, blieb aber dem Werbespot-Geschäft über lange Zeit treu. Unter anderem deshalb, weil er sich mehr um RSA kümmern musste, nachdem Ridleys Karriere im Filmgeschäft durchstartete.
Ein Flop leitet die Filmkarriere von Tony Scott ein
Schließlich begann auch Tony Scotts Hollywood-Karriere, allerdings mit einem Flop: „Begierde“ wurde 1983 weder von Kritikern gemocht noch von einem sonderlich großen Publikum gesehen. Deshalb wandte sich Scott danach wieder den Werbespots zu – und las angesichts dieser negativen Erfahrungen keine Kritiken seiner Filme mehr.
„Begierde“ war es allerdings auch, der ihm eine zweite Chance in Hollywood verschaffte: Die Bildsprache dieses Vampirfilms, sowie ein von ihm inszenierter Werbespot für Saab, in dem ein Saab ein Rennen gegen einen Jet fährt, überzeugten die Hollywoodproduzenten Jerry Bruckheimer und Don Simpson davon, Tony Scott als Regisseur für das Tom-Cruise-Vehikel „Top Gun“ anzuheuern.
Mit „Top Gun“ startet der Regisseur durch
„Top Gun“ wurde prompt zum erfolgreichsten Film des Jahres 1986. Mit dem Produzenten-Duo drehte der Regisseur direkt danach auch das Sequel „Beverly Hills Cop II“, an dessen Set er eine Affäre mit der damals mit Sylvester Stallone verheirateten Brigitte Nielsen begann, was dazu führte, dass Scotts zweite Frau, Glynis Sanders, sich 1987, nach nur einem Jahr Ehe, von ihm scheiden ließ.
Seine erste Ehe mit der Ausstatterin Gerry Scott hatte von 1967 bis 1974 gehalten. 1994 heiratete er zum dritten Mal: Die Schauspielerin Donna Wilson (danach Donna W. Scott), mit der er zwei Kinder zeugte und bis zu seinem Tod verheiratet blieb.
Die fetten Jahre: Tony Scotts Wirken unter dem Produzent-Duo Simpson/Bruckheimer
Nach dem kommerziellen Misserfolg des 1990er Rachethrillers „Revenge“ kehrte Scott zu seinen Erfolgsgaranten zurück und drehte erneut mit Jerry Bruckheimer und Don Simpson, erneut ein Tom-Cruise-Vehikel. „Tage des Donners“ verlegte das „Top Gun“-Rezept ins Nascar-Umfeld. Mit Actionproduzent Jerry Bruckheimer sollte er danach noch weitere drei Male kooperieren. Bei „Crimson Tide“, „Der Staatsfeind Nr. 1“ und „Déjà Vu“.
Auf „Tage des Donners“ folgte allerdings seine einzige Kooperation mit Bruckheimers vielleicht größtem Konkurrenten: Joel Silver. Für diesen drehte Scott den von Shane Black geschriebenen Noir-Actionthriller „Last Boy Scout“ mit Bruce Willis.
Anschließend verfilmte er das Tarantino-Script „True Romance“ als bleihaltige Gangsterballade. Bei dem darauffolgenden U-Boot-Thriller „Crimson Tide“ arbeitete er zum ersten Mal mit Denzel Washington zusammen, mit dem er noch vier weitere Filme drehen sollte. Danach inszenierte Tony Scott den Baseball-Psychothriller „The Fan“, den High-Tech-Actionthriller „Der Staatsfeind Nr. 1“ und den Spionagefilm „Spy Game“.
Traum-Duo für Fans taffer Filme: Denzel Washington und Tony Scott
2004 drehte Scott das Remake eines Films, dessen Original im schon 1987 angeboten wurde, was er damals ausschlug: „Man on Fire“. Der neben „Training Day“ für den Imagewechsel Denzel Washingtons verantwortliche Rachefilm wurde zu einem Erfolg, während der darauf folgende „Domino“ an der Kasse unterging. Die Zeitreisegeschichte „Déjà Vu“ dagegen schlug wieder ein, erneut mit Denzel Washington in der Hauptrolle, mit dem Scott auch das Remake „The Taking of Pelham 123“ und den Katastrophenthriller „Unstoppable – Außer Kontrolle“ drehte.
Videoclip-Ästhet und erfolgreicher Produzent
Tony Scott, dessen Markenzeichen eine ausgeblichene rote Baseballkappe war, die auch oft in seinen Filmen auftauchte, gehörte neben seinem Bruder Ridley zu den treibenden Kräften der sogenannten Videoclip-Ästhetik im Hollywood-Mainstream, die neben Tony Scott vor allem Michael Bay treibend ins Actionkino trug. Seine fiebrige, mit schnellen Schnitten, aufwändiger Kameraarbeit und greller Beleuchtung arbeitende Bildsprache wurde von vielen Epigonen kopiert.
Nicht nur als Regisseur, sondern auch als Produzent betätigte sich Tony Scott. Zusammen mit seinem Bruder Ridley gründete er 1980 die Firma Scott Free Productions, die ursprünglich Percy Main Productions hieß, nach vier Jahren aber in Scott Free Productions umbenannt wurde. Tony Scott produzierte neben seinen eigenen Werken auch Filme seines Bruders (wie etwa „Prometheus“) und die Erfolgsserien „The Good Wife“ und „Numb3rs – Die Logik des Verbrechens“, bei der er auch die erste Folge der vierten Staffel inszenierte.
Neben den Joe-Carnahan-Reißern „Das A-Team“ und „The Grey“ produzierte Scott aber auch kleinere Filme, etwa Park Chan-wooks Hollywooddebüt „Stoker“, das Thrillerdrama „The East“, die melancholische Rachegeschichte „Out of the Furnace“, den Mumblecore-Film „Cyrus“, die Tragikomödie „In den Schuhen meiner Schwester“ oder das Coming-of-Age-Drama „Cracks“.
Das tragische Ende
Am 19. August 2012 beginn Tony Scott, der anscheinend unter Depressionen litt und Medikamente zu sich genommen hatte, Selbstmord, indem er von der Vincent Thomas Brücke in San Pedro sprang. Gerüchte, dass er an einem inoperablen Hirntumor gelitten habe, stellten sich als Falschmeldungen heraus.
Tony Scott, der zwei Abschiedsbriefe in seinem Auto und in seinem Büro hinterließ, wurde am 24. August 2012 beerdigt und posthum von Kollaborateuren und Bewunderern geehrt. Zudem widmete man ihm die erste Episode der Miniserie „Coma“, die erste Folge der vierten Staffel von „The Good Wife“ sowie den Ridley-Scott-Film „The Counselor“, allesamt von Scott Free produziert.
Die Filmografie von Tony Scott
1969 | One of the Missing (Kurzfilm) |
1971 | Loving Memory |
RHM Mother’s Pride Supermarket Raid 87670 (Kurzfilm) | |
1976 | Nouvelles d’Henry James (TV Serie) |
1983 | Begierde |
1986 | Top Gun – Sie fürchten weder Tod noch Teufel |
1987 | Beverly Hills Cop II |
1990 | Revenge – Eine gefährliche Affäre |
Tage des Donners | |
1991 | The King of Ads (Documentation) |
Last Boy Scout – Das Ziel ist Überleben | |
1993 | True Romance |
1995 | Crimson Tide – In tiefster Gefahr |
1996 | The Fan |
1997 | The Hunger (TV Serie) |
1998 | Der Staatsfeind Nr. 1 |
2001 | Spy Game – Der finale Countdown |
The Hire (Kurzfilmsegment: “Beat the Devil”) | |
2004 | Mann unter Feuer |
Agent Orange (Kurzfilm) | |
2005 | Domino |
Le Court Des Grands (Kurz-Dokumentation) | |
In den Schuhen meiner Schwester (Ausführender Produzent) | |
2006 | Déjà Vu – Wettlauf gegen die Zeit |
2007 | Numb3rs – Die Logik des Verbrechens (TV Serie – Regie und Produzent) |
2009 | Cracks (Ausführender Produzent) |
Die Entführung der U-Bahn Pelham 1 2 3 | |
2010 | Unstoppable: Außer Kontrolle |
2011 | The Grey – Unter Wölfen (Ausführender Produzent) |
2012 | Prometheus (Produzent) |
2013 | Auge um Auge (Ausführender Produzent) |
Stoker – Die Unschuld endet (Produzent) | |
The East (Ausführender Produzent) |