Originaltitel: Ballistic__Herstellungsland: USA__Erscheinungsjahr: 1995__Regie: Kim Bass__Darsteller: Marjean Holden, Corinna Everson, Sam J. Jones, Charles Napier, Joel Beeson, James Lew, Richard Roundtree, Michael Jai White, Vincent Klyn, Ben Reed, Deke Anderson, Deryl Caitlin, Julie St. Claire, Benito Martinez, Nils Allen Stewart u.a. |
Marjean Holden war kampfsportgestählt und hatte sich als Nebendarstellerin in Werken wie „Nemesis“ und „Sweet Justice“ betätigt, weshalb man ihr 1995 die Hauptrolle in dem Direct-to-Video-Actionfilm „Fist of Justice“ gab, worauf sie allerdings keine B-Actionkarriere aufbauen konnte.
Die Cop-Heldin Jesse Gavin (Marjean Holden) wird in bewährten Genre-Manier für den Auftakt als vermeintliche Bordsteinschwalbe auf die Straße geschickt, doch das ist natürlich nur Tarnung, damit sie einen Drogenhändler becircen, verwemmsen und anschließend hochnehmen kann. Dabei merkt man schon, dass die Frauenpower hier immer etwas gedämpft präsentiert wird, denn der Film schickt seine Heldin nicht nur in knappem Röckchen und Nuttenstiefeln in den Auftakt, auch eine Duschszene und Lakenakrobatik mit ihrem Freund Ray (Joel Besson) sind in dem Film angesagt.
Jesse entstammt einer Cop-Familie, wobei ihr Vater Harold (Richard Roundtree) derzeit im Knast sitzt, da man ihm Drogen unterschob. Wahrscheinlich verantwortlich dafür ist Crime-Boss Braden (Sam J. Jones), der ebenso zum typischen Figureninventar gehört wie der mürrische Vorgesetzte Underwood (Charles Napier) und der passiv-aggressive Kollege Woo (James Lew), der anscheinend etwas dagegen hat, dass Frauen bei seiner Polizeieinheit arbeiten. Ebenso typisch sind die Handlanger Bradens, darunter Henchwoman Claudia (Corinna Everson), seine rechte Hand Kona (Vincent Klyn) und Martial-Arts-Experte Quint (Michael Jai White). Das ist eine B-Besetzung (oder B-Setzung?), die für die sichtlich knappen Mittel des Films überraschend prominent daherkommt.
Als ein wichtiger Zeuge unter Jesses Schutz zum Sieb perforiert wird, hat unsere Heldin natürlich gewaltigen Ärger. Da der ebenfalls zur Bewachung des Zeugen eingeteilte Kollege aber genau im Moment des Überfalls unangekündigt Essen holen gegangen war, ist sowohl Jesse als auch dem Zuschauer klar, dass dieses miese Wiesel korrupt sein muss, womit sich eine Spur ergibt…
httpv://www.youtube.com/watch?v=46XMy2aRYdg
„Fist of Justice“ ist einer jener unmotiviert zusammengeschriebenen Videothekenklopper, bei denen es fast schon egal ist, ob der Oberbösewicht sein Imperium nun mit Waffenschmuggel, Drogenhandel oder Fahrradklau aufgebaut hat. So auch im Falle Bradens, der zumindest auf den ersteren beiden Feldern tätig ist und auch sonst in so gut wie jedem schmutzigen Geschäft der Stadt seine Finger drin hat, aber dementsprechend auch kein größeres Ziel verfolgt. Er will hat kriminell sein und alle loswerden, die ihn dabei stören. Ähnlich egal ist allerdings auch der sonstige Verlauf: Die Helden stöbern ein bisschen hinter Braden und seinen Handlangern her, der gibt irgendwann einen Mordauftrag bezüglich der Heldin heraus, aber das wird alles pflichtschuldig und generisch abgehandelt, ohne dass man die Feindschaft wirklich spüren würde – und dass, obwohl der Schurke ja sogar Jesses Vater hat einknasten lassen. Natürlich gibt es die obligatorischen Verräter bei der Polizei, bei denen es sich in „Fist of Justice“ genau um jene Charaktere handelt, die es in diesen Filmen immer sind bzw. von denen man es erwartet.
Auch wichtige Plotwendungen werden ohne große Wirkung und ohne große Logik in den Film geworden: Da findet eine nette Polizeikollegin Jesses mal eben so entlastende Beweise, die Harolds Fall in einem neuen Licht erscheinen lassen, sodass er bis zur Revision aus dem Knast darf. Dass die Tochter trotz persönlicher Motivation und Kompetenz im Job vorher nichts in der Richtung erreichen konnte, erscheint da wenig glaubwürdig. Immerhin gibt Harolds Freilassung Raum für etwas zaghafte Buddy-Komik, wenn er und Ray sich zusammentun, um Jesse bei ihrem Kampf gegen das Verbrechen zu unterstützen. Sonderlich pfiffig sind die Witzeleien nicht, aber doch ganz charmant.
Doch so egal der Plot, die Figuren und die Motive des Schurken auch sein mögen, einen dicken Vorteil hat „Fist of Justice“. Denn neben all seinen anderen dreckigen Geschäften betreibt Braden glücklicherweise auch illegale Untergrundfights, bei denen Quint meistens mitkämpft. Und so wie die Besetzung eigentlich zu gut für dieses billige Fließbandprodukt ist, so sind die Kampfchoreographien, für die James Lew als Stunt Coordinator verantwortlich war, eigentlich zu gut für den Film. Denn die Fights innerhalb und außerhalb des Untergrund-Rings sind dynamisch gemacht und zeigen, dass die Beteiligten ihr Handwerk verstehen. Bei einer Prügelei während des Showdowns ist noch Zeit für eine kurze Anspielung auf „Karate Kid“, außerdem gibt es noch ein paar ganz okaye Shoot-Outs, doch der Fokus von „Fist of Justice“ liegt auf Martial Arts – und in den Szenen kann der Film auch punkten.
So kann Hauptdarstellerin Marjean Holden („John Carpenters Vampire“) ordentlich zulangen und ist auch eine ganz solide Darstellerin, aber das große Charisma geht ihr ab. Man versteht schon, warum es später nicht zum B-Star reichte. Den Status hatte Sam J. Jones („Silent Assassins“) zum Drehzeitpunkt bereits inne, der seinen Baddie herrlich schmierig verkörpert. Darstellerisch gelungenen Support gibt es von Charles Napier („Mörderischer Irrtum“) und Richard Roundtree („Der Gigant“), während der ehemalige Chippendale Joel Beeson („Der Tod steht ihr gut“) dann eher talentfrei daherkommt. James Lew („Robo Warriors“) ist ganz gut als cholerischer Kollege, während die wichtigsten Handlager des Schurken vor allem wegen ihrer Fratzengeballer-Talente an Bord sind, egal ob jetzt Michael Jai White (kurz vor seinem Durchbruch mit „Tyson“), Albert-Pyun-Spezi Vincent Klyn („Cyborg“) oder die sechsfache Miss Olympia Corinna Everson, deren bekannteste Rolle wohl jene als Van-Damme-Gegnerin in „Double Impact“ war. In einer Nebenrolle als klischeehafter Latino-Gangster ist Benito Martinez zu sehen, der einige Jahre später vor allem als Captain Aceveda in „The Shield“ bekannt wurde.
So hinterlässt „Fist of Justice“ gemischte Gefühle: Der B-Cast ist überraschend prominent mit Charaktergesichtern besetzt und die Kampfszenen sind stark choreographiert, doch all das wird als Teil eines sichtbar billigen, klischeehaften und lustlos erzählen Klischee Cop-Actionfilms präsentiert. Unterer Durchschnitt, aus dem man mit etwas mehr Sorgfalt beim Script wesentlich mehr hätte machen können.
Starke:
„Fist of Justice“ in Deutschland bisher nur auf VHS erschienen und 18 Jahren freigegeben. Die deutsche Fassung macht einen ungekürzten Eindruck und entspricht von der Laufzeit auch der niederländischen VHS. Einige seltsame Montage-Entscheidungen, z.B. bei Kämpfen immer wieder Zwischenschnitte zu anderen Handlungssträngen einzubauen, während die Tonkulisse des Kampfes aber weiterläuft, scheinen eher auf Regisseur Kim Bass („Kill Speed“) und nicht auf andere Gründe zurückzugehen.
© Nils Bothmann (McClane)
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