Originaltitel: Wonder Woman 1984__Herstellungsland: Großbritannien, Kanada, Mexiko, Spanien, USA__Erscheinungsjahr: 2020__Regie: Patty Jenkins__Darsteller: Gal Gadot, Chris Pine, Kristen Wiig, Pedro Pascal, Robin Wright, Connie Nielsen, Lilly Aspell, Amr Waked, Kristoffer Polaha, Natasha Rothwell u.a. |
1984 lebt Diana Prince in Washington. Nach ihrem schweren persönlichen Verlust im Kampf gegen den Kriegsgott Ares auf den Schlachtfeldern des Ersten Weltkrieges hat sie sich gefühlt von der Menschheit zurückgezogen und erlaubt sich kaum, wirklich zu leben, geschweige denn zu lieben. Ganz hat sie die Menschheit aber noch nicht aufgegeben, zieht sie doch häufiger als ihr Alter Ego Wonder Woman los, um Menschen in Not zu helfen.
Eines Tages lernt Diana ihre unscheinbare, ja beinahe unsichtbare, tollpatschige neue Kollegin Barbara Minerva kennen. Zwischen den beiden einsamen Seelen funkt es sofort. Sie freunden sich an und beginnen mehr und mehr aufzutauen. Nebenher muss Barbara neue Ausstellungsstücke für das Smithsonian Institute katalogisieren und stolpert dabei über ein unscheinbares, aber ungeheuer mächtiges Artefakt.
Es ist in der Lage, Wünsche zu erfüllen – doch bis Barbara und Diana das herausfinden, wird einige Zeit vergehen. Dennoch tragen beide unabhängig voneinander ihre Wünsche an den vermeintlich simplen Glücksbringer heran. Während Diana so ihren geliebten Steve zurückerhält, will Barbara eigentlich nur so sein, wie ihre tolle neue Freundin. Dies geht zwar in Erfüllung, hat allerdings seine Nebenwirkungen. Dass Diana Wonder Woman ist, konnte Barbara ja nicht wissen. So entwickelt auch sie übermenschliche Kräfte.
Und noch jemand hat Interesse an dem Artefakt: Der windige Scharlatan Maxwell Lord. Er macht sich den Glücksbringer derart zu eigen, dass er selbst zum Glücksbringer wird. Doch Lord verlangt für seine Dienste Gegenleistungen und stürzt damit irgendwann die Welt ins Chaos.
Schaut in die Comic-Verfilmung mit Gal Gadot hinein
httpv://www.youtube.com/watch?v=TRFNGvO7Mw8
„Wonder Woman 1984“ ist ein langer Film. Ein leider viel zu langer Film. Dabei steigt er mit hohem Tempo ein und liefert einen hübschen Rückblick in Dianas Amazonen-Vergangenheit. In einer Art Ninja-Warrior-Veranstaltung lernt die junge Diana eine Lektion fürs Leben, während wir bekannte Gesichter wie Connie Nielsen („Soldier“) und Robin Wright („Wonder Woman“) zumindest für wenige Minuten erleben dürfen. Danach springt der Film sofort ins Jahr 1984 und präsentiert Wonder Woman in einer weiteren Actionszene, in der sie fiesen Diebeslumpen mittels harter Kicks und Punches sowie ihres Lassos das Handwerk legt.
Die zweite Actionszene hat zwar einen leicht trashigen Einschlag und wirkt irgendwie seltsam aus der Zeit gefallen, vor dem Hintergrund, dass der Film 1984 spielen soll, passt das aber wieder. Denn irgendwie wirkt die ganze Szene, als sei sie tatsächlich in dem Jahr entstanden. Auch, was den einen oder anderen Effekt angeht. Zumindest erlebt man sofort den Unterschied, wenn ein Mann für „Justice League“ Wonder Woman inszeniert, oder wenn das eben eine Frau für das von ihr verantwortete Franchise macht. Wonder Woman wirkt bei Patty Jenkins nicht mehr so sexualisiert. Die Kamera ist nicht beständig bemüht, ihr unter den Rock zu filmen. Und trotzdem sind da echt coole, geschmeidige, ja sexy wirkende Bewegungsabläufe zu bestaunen. Topp.
Nach den beiden Actionszenen hat „Wonder Woman 1984“ nun eine Menge zu erzählen. Zunächst nimmt die Freundschaft zwischen Barbara (Kristen Wiig „MacGruber“) und Diana enorm viel Raum ein. Kurz darauf taucht Steve wieder auf und schlüpft sozusagen in die Rolle von Diana Prince im ersten Teil: Sprich, es ist diesmal an Steve, eine ihm vollkommen neue Welt zu entdecken und zu verstehen. Und als wäre das nicht genug, muss mit Maxwell Lord ein weiterer Charakter installiert werden. Unter dieser Last geht das Erzähltempo von „Wonder Woman 1984“ schon gewaltig in die Knie.
Während die Storyline um Steve und Diana prächtig funktioniert, weil Chris Pine („Unstoppable“) und Gal Gadot („Das Jerico Projekt“) so eine tolle Chemie miteinander haben, sich gekonnt gegenseitig die Bälle zuspielen und die Geschmacklosigkeiten der für den Film ansonsten seltsam egal bleibenden 80er-Jahre abfeiern dürfen, stehen sich die Storylines um Barbara und Maxwell hier und da gewaltig im Weg. Beide werden zu Bösewichten aufgebaut, wobei der Aufbau von Maxwell bald so raumgreifend und übergroß wird, dass Barbara und ihre Verwandlung zu der in den Comicvorlagen ungemein wichtigen Wonder-Woman-Gegnerin Cheetah mehr und mehr zur Randnotiz geraten.
Das bringt dem Zuschauer zwar einen lustvoll chargierenden Pedro Pascal („Prospect“), der mit Wonne und Verve den Superlump gibt, aber rund um seine Pläne stimmt das Storytelling nicht. Irgendwann wirkt es, als habe man diverse Minuten des Filmes verpasst oder verschlafen, so sprunghaft schreitet die Handlung urplötzlich voran und wird unverhofft viel zu groß.
Zumindest darf dann auch endlich die Action mal wieder greifen und präsentiert eine saustarke Sequenz um einen Konvoi, der von Steve und Wonder Woman in spektakulären Bildern und mit vielen handgemachten Stunteinlagen zerlegt werden darf. Auch danach kommt es dann immer mal wieder zu kleineren Actionszenen, was den zweiten Teil von „Wonder Woman 1984“ ein wenig smoother und temporeicher wirken lässt.
Ausgerechnet der Showdown ist dann jedoch eine echte Enttäuschung. Hier wird dann erst recht deutlich, dass die Macher die Figur der Cheetah wirklich nur brauchten, um Wonder Woman wenigstens einen richtigen Gegner offerieren zu können. Der daraus resultierende Fight ist aufgrund der meines Erachtens trashigen Optik von Cheetah komplett misslungen und kommt ohne irgendeine brauchbare Idee daher.
Der Rest des Showdowns besteht dankenswerterweise mal nicht aus über die Leinwand zischenden Blitzen, aber spektakulärer als das, was man nun geboten bekommt, hätte es schon ausfallen dürfen. Auch was die Strafe für den Oberfieswicht angeht. Der wird nun eigentlich eher belohnt als bestraft.
Auch manch andere Entscheidung des Drehbuches zu „Wonder Woman 1984“ wirkt nicht so glücklich. Warum man beispielsweise Steve so zurückbringt, wie man es nun getan hat, ist überhaupt nicht nachvollziehbar. Rund um seine Figur wird auch der unsichtbare Jet von Wonder Woman ins Filmfranchise gebracht. Das nutzt man für eine in vielerlei Hinsicht schöne Szenenfolge, konterkariert den Nutzen des Jets aber wiederum sofort dadurch, dass Wonder Woman nun das Fliegen ohne jedwede Hilfsmittel erlernt.
Wobei man hier auch den Nutzen sehen muss, denn dass sich Wonder Woman zuvor im Spider-Man-Style fortbewegte, wirkte schon reichlich fantasielos. Ob Sony oder Marvel da mal klagen? Sony könnte sich eh beschweren, kommt Barbara doch extrem wie ein Electro-Plagiat rüber. Egal, denn das eigentlich schlimmste Verbrechen des Filmes ist die trockene letzte Steve-Sequenz.
Wo die Verortung des Filmes im Jahr 1984 am meisten durchschlägt, ist die Optik des Filmes. Der strampelt sich nun vollends vom düsteren Snyder-Look im DC-Film-Universe los und präsentiert sich farbenfroh, freundlich und im formvollendeten, topp ausgestatteten Blockbuster-Look. Optik und technische Umsetzung schreien mithin am Lautesten: Lehnt euch zurück und genießt. Das gelingt dank der unausgegorenen, überladenen Story leider nur selten. Schade auch, dass Hans Zimmer irgendwie keinen Bock auf einen originären Score gehabt zu haben scheint. Der liefert einfach ein Best of seiner bekanntesten Superhelden-Film-Cues und kleistert damit die Szenen zu.
„Wonder Woman 1984“ ist nur wenig wonderfull
„Wonder Woman 1984“ funktioniert immer dann am besten, wenn er auf Wonder Woman und Steve, sprich auf die topp eingespielten Gal Gadot und Chris Pine fokussiert. Vor allem Frau Gadot hat sich inzwischen sichtlich auf ihren Diana/Wonder-Woman-Charakter eingegroovt. Allgemein sind die Darsteller eine sichere Bank – allen voran Pedro Pascal, der schon zum extremen Showsteeler mutiert und vor allem Frau Wiig und deren seltsam motivationsloser Figur den Schneid abkauft. Dementsprechend wäre „Wonder Woman 1984“ gut beraten gewesen, mehr aus Pascals Figur herauszuholen und sich Cheetah sinnvoll aufzusparen.
In der jetzigen Form jedoch wirkt der Film inhaltlich überfrachtet, was vor allem in den ersten 80 Minuten sehr zulasten des Pacings und des Tempos geht. In der zweiten Hälfte fängt sich der Film zwar, steuert aber auf einen lustlosen Showdown zu. Der bleibt im Vergleich zu den großen Destruktionsorgien der aktuellen Superheldenfilme einerseits angenehm klein skaliert. Andererseits holt er den Zuschauer nicht ab, unterhält oder begeistert nicht. Was am Ende bleibt, ist einfach nur ein seltsam unbefriedigendes Filmerlebnis.
In Deutschland kann man den Film auf Sky sehen. Angeblich ist nach wie vor ein Kinostart geplant. Im europäischen Ausland kann man den Film bereits in verschiedenen Ländern erstehen. Die britische 4k-Blu-ray soll wohl sogar den deutschen Ton an Bord haben. Mein Review basiert auf der englischen Blu-ray mit topp Bild und starkem Sound. Freigegeben ist das gute Stück ab 12 und bietet 90 Minuten an Extras. Darunter ein hinreißend witziges Gag Reel und diverse Featurettes, in denen vor allem Frau Gadot einfach nur irre sympathisch rüberkommt.
In diesem Sinne:
freeman
Was meint ihr zu dem Film?
Zur Filmdiskussion bei Liquid-Love
Copyright aller Filmbilder/Label der UK-VÖ: Warner Bros. Entertainment Inc.__Freigabe: ab 12__Geschnitten: Nein__Blu-ray/DVD: Ja/Ja |