Originaltitel: Xanadu__Herstellungsland: USA__Erscheinungsjahr: 1980__Regie: Robert Greenwald__Produktion: Joel Silver, Lawrence Gordon u.a.__Darsteller: Olivia Newton-John, Gene Kelly, Michael Beck, James Sloyan, Dimitra Arliss, Katie Hanley, Fred McCarren, Renn Woods, Sandahl Bergman, Lynn Latham, Melinda Phelps u.a. |
Nicht jeder Anfang ist glorreich. „Xanadu“, der zweite Spielfilm an dem Joel Silver („Lethal Weapon“) als (Co-)Produzent arbeitete, wurde nicht nur mit Häme übergossen und spielte im Kino gerade einmal seine Produktionskosten ein, sondern soll sogar mit verantwortlich für die Schaffung der Razzie-Awards sein, in deren erstem Jahrgang der Film sechs Nominierungen erhielt und Regisseur Robert Greenwald („Der stumme Schrei der Angst“) die goldene Himbeere gewann.
Der Titel „Xanadu“ entstammt dem Gedicht „Kubla Khan“ von Samuel Taylor Colridge und bezieht sich auf die Sommerresidenz des berühmten Herrschers. Das Gedicht wird im Film auch kurz von Kira (Olivia Newton-John) zitiert, einer Muse, die einem Mural entsteigt, nachdem ein zerrissener Entwurf des Künstlers Sonny Malone (Michael Beck) die Wandmalerei berührt. Sonny hat gerade seine Künstlerkarriere hingeworfen und ist zu seinem alten Beruf zurückgekehrt, in dem er Großversionen von Plattencovern malt, welche die Plattenfirma wiederum an Musikläden liefert. Die Muse Kira küsst ihn jedoch nicht nur im metaphorischen Sinne, weshalb er bald alles daran setzt die schöne Unbekannte zu finden.
So weit der Aufhänger dieses handlungsarmen Musicals, das gelegentlich mal Konflikte anreißt, diese aber sofort wieder im Sande verlaufen lässt. Dass Sonnys Boss selbst ein früherer Künstler ist, der sich jetzt dem ambitionslosen Geldverdienen hingibt, und noch ein Arsch dazu, mag zwar leichten Antagonistencharakter haben, entschärft den Film aber auch: Bei so einem Kack-Chef schmeißt man den Job doch gerne ein zweites Mal hin, um den nächsten Lebenstraum zu erfüllen. Der kommt, als Sonny dem alternden Big-Band-Leader Danny McGuire (Gene Kelly) bei der Locationsuche für einen Nachtclub hilft. Kira war auch mal dessen Muse in seinen jüngeren Jahren, was kurz als möglicher Konfliktherd aufgebaut wird, dann aber direkt wieder verpufft, als Danny anmerkt, dass Kira ja eigentlich gealtert sein müsste und daher nicht seine Sängerin von damals sein kann. Auch sonst gibt es keine Hindernisse bei Bau und Eröffnung von Nachtclub, der Xanadu getauft wird.
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So gibt es am Ende dann das einzige Event mit echter Fallhöhe: Nachdem Kira ihre Arbeit erledigt hat, soll sie auf den Olymp zurückkehren. Man merke: Die griechischen Götter haben nichts Besseres zu tun als die Eröffnung irdischer Nachtclubs zu forcieren. Sonny will die Angebetete nicht gehen lassen, folgt ihr bis in die Wandmalerei bzw. auf den Olymp, bettelt bei Zeus und Hera – und dann besteht die Lösung darin, dass sie für einen Abend noch einmal zur Erde darf. Dort singt und tanzt sie dann kräftig im Xanadu, während Sonny tatenlos und selig lächelnd zuguckt, ehe sie wieder futsch geht. Da hat sich die Aktion ja richtig gelohnt.
Nun sind Musicals generell nicht das handlungsstärkste Genre, haben aber in den besten Fällen sehr viel über ihre Tanznummern und Songs zu erzählen. Doch auch da ist weitestgehend Ebbe bei „Xanadu“. Allenfalls ganz interessant ist jene Sequenz, in der sich Danny und Sonny den zukünftigen Club vorstellen, der eine mit Swing-Orchester und Tänzern in Zoot Suits im Stil der 1940er, der andere mit Prog-Rock-Band und Tanzformation im Musikvideo-Style der anbrechenden 1980er, gemischt mit ein wenig Funk- und Flower-Power-Spirit aus den gerade erst beendeten 1970ern. Dieser Mix aus Klassik und Moderne, auch verkörpert durch Musical-Maestro Gene Kelly in seiner letzten Filmrolle, ist zumindest ein Thema, das der Film anreißt, aber nicht konsequent durchzieht. Die Verbindung von den Musen der Antike über die klassischen Filmmusicals Marke „Singin‘ in the Rain“ bis hin zu damals angesagten Rollschuh-Discos wäre ja vielleicht ein interessantes Statement zu Kontinuität und Veränderung in der Kunst, ist aber bestenfalls zu erahnen.
Dabei wurden weder Kosten noch Mühen gescheut. Als das Budget von 4 auf 13 Millionen Dollar kletterte, feuert ein erboster Universal-Studiochef Joel Silver, der von seinem Mentor und Freund Lawrence Gordon („Stirb langsam“), der ebenfalls Produzent von „Xanadu“ war, jedoch umgehend wieder eingestellt wurde. Für eine Zeichentricksequenz, die später zur Unterbringung eines weiteren Songs eingebaut wurde, heuerte man Animationsmeister Don Bluth („In einem Land vor unserer Zeit“) an, es wird mit farbenfrohen Sets und Kostümen geklotzt, nicht gekleckert, auch wenn die ganz großen Massenszenen im Stil Busby Berkeleys Mangelware sind. Leider ist die Choreographie der Tanzszenen manchmal durchwachsen, die Inszenierung hausbacken, sodass „Xanadu“ zwar laut und bunt ist, einige schmissige Songs vom Electric Light Orchester auffährt, aber doch irgendwie wenig Pep besitzt.
Olivia Newton-John, mit der man nach dem Smash-Hit „Grease“ hier gleich den nächsten Musical-Erfolg landen wollte, tanzt und singt hervorragend, spielt dann zwischen den Nummern aber wenig beeindruckend, was allerdings auch daran liegen mag, dass Kira nur eine mysteriöse, glucksende Frohnatur ist – wobei kaum eine Figur abseits von Sonny so etwas wie echte Charaktereigenschaft hat. Allerdings ist Michael Beck („Forest Warrior“) kein Sänger und auch kein ausgebildeter Tänzer, weshalb er relativ biedere Nummern bekommt, bei denen er zu denen Gesang eines anderen tanzt. Dadurch, dass das Kunst-oder-Kommerz-Dilemma seiner Figur schon 1980 reichlich abgegriffen war, wirkt er auch sonst eher verloren in einem Film zwischen ausgebildeten Sängern und Tänzern. So ist der damals schon 68 Jahre alte Gene Kelly („Die drei Musketiere“) eine wesentlich größere Schau, da er sich immer noch grazil bewegt, was einem als Zuschauer schon Respekt abnötigt. In einer Rolle als Musenkollegin Kiras zu sehen: Sandahl Bergman, deren bekannteste Rolle zwar Valeria in „Conan – Der Barbar“ ist, die jedoch ursprünglich vom Tanz kam.
All jener Spott, der über „Xanadu“ ausgekippt wurde, erscheint in der Rückschau etwas übertrieben. Der Film ist ein überproduziertes Nichts, das zwar diverse memorable Songs hat (der Soundtrack wurde im Gegensatz zum Film ein Hit) und in manchen Tanznummern glänzen kann, aber eben keine Geschichte erzählt, weder auf Handlungsebene noch über seine Musicaleinlagen. Er ist eigentlich nur leer, stellenweise fade, teilweise auch ordentlich kitschig. Aber immerhin ist „Xanadu“ auch ein ziemliches Unikum, im Guten wie im Schlechten.
„Xanadu“ ist in Deutschland ab 6 Jahren freigegeben. Die DVD-Erstauflage erschien bei Universal, inzwischen hat Justbridge den Film auf DVD und Blu-Ray veröffentlicht. Die Universal-Scheibe hat keine Extras, bei Justbridge gibt es eine Mitsing-Version und einen Audiokommentar vom Cine Entertainment Podcast.
© Nils Bothmann (McClane)
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