Originaltitel: Love and Bullets__Herstellungsland: USA/Großbritannien__Erscheinungsjahr: 1979__Regie: Stuart Rosenberg, John Huston__Darsteller: Charles Bronson, Jill Ireland, Rod Steiger, Henry Silva, Strother Martin, Bradford Dillman, Michael V. Gazzo, Paul Koslo, Val Avery, Sam Chew Jr., Billy Gray u.a. |
Eigentlich sollte John Huston („Flucht oder Sieg“) bei dem Bronson-Vehikel „Love and Bullets“, das man in Deutschland in Anlehnung an den größten Erfolg des Hauptdarstellers „Ein Mann räumt auf“ nannte, Regie führen, wurde jedoch nach wenigen Drehtagen gefeuert. Für ihn übernahm Stuart Rosenberg („Unter Wasser stirbt man nicht“).
Die „Ein Mann sieht rot“-Parallelen des deutschen Titels laufen zu Beginn des Films jedoch eher ins Leere, denn der Cop Charlie Congers (Charles Bronson) verhindert sogar einen Akt der Selbstjustiz: Ein Deputy findet seine bessere Hälfte nämlich tot mit einer Überdosis im Leichenschauhaus und will Rache an dem Gangsterboss Joe Bomposa (Rod Steiger) üben, doch Charlie verfolgt ihn mit quietschenden Reifen, stellt ihn und verklickert ihm im Gespräch, dass Polizisten sich ans Gesetz halten müssen. Der Erfolg ist der, dass der Kollege direkt im Anschluss an den Talk mit seinem Polizeiauto in die Luft fliegt. Wann und wie die Bombe dahin kam, ob die Gangster die Kurzschlussreaktion des Deputys durch hellseherische Fähigkeiten schon ahnten und was der Mord ihnen bringt, all das fragt man besser nicht. Hauptsache man merkt sich, dass Bomposa ganz dolle evil ist.
Das wird dann allerdings dadurch karikiert, dass der achso fiese Schurke sich schon beim ersten Onscreen-Auftritt als herrischer, aber wenig ernstzunehmender Sabbelkopf entpuppt, der ein entsprechend hohles Liebchen namens Jackie Pruit (Jill Ireland) an seiner Seite hat. Die wird als Kronzeugin geladen, hat im Gerichtssaal nichts von Wert zu erzählen und wird von ihrem Lover danach in die Schweiz verfrachtet. Da die Bundesbehörden glauben, dass Jackie doch etwas weiß, aber nicht außerhalb der USA tätig werden dürfen, schickt man Charlie nach Europa. Wie sagen die Immobilienmakler immer: Location, Location, Location. Genau diesen Grundsatz scheint auch „Ein Mann räumt auf“ verinnerlichen zu wollen, denn das große Pfund, mit dem dieses Starvehikel punkten kann, ist die unverbrauchte Kulisse der Schweizer Alpen, im Gegensatz zu jenen amerikanischen Großstädten und Hinterland-Gegenden, die Kalle Bronson sonst immer befrieden durfte.
In der Schweiz kundschaftet Charlie erst die Unterbringung der Zielperson aus, ehe er sie tatsächlich mit Finesse aus der Obhut ihrer Bewacher holen kann. Während er mit der unwilligen Zeugin Richtung Heimat reist, schlafen Bomposas Schergen jedoch nicht und setzen unter dem anderen den gefährlichen Killer Vittorio Farroni (Henry Silva) auf die Flüchtenden an…
Um Liebe und Kugeln soll es laut Originaltitel in diesem Film gehen, was das Rezept an sich ganz gut beschreibt. Die schlechte Nachricht: Das Ganze funktioniert wieder als Romanze noch als Actionthriller wirklich gut. Dabei bewegt sich der Film teilweise von Bronsons Umleger-Persona aus „Death Wish“ und Co. weg. Die Flinte kommt nur bei der Befreiung Jackies zum Einsatz und dient dann lediglich zum Verschrecken der Bewacher. Wenn später eine überschaubare Anzahl von Gegner mal dran glauben muss, dann werden diese eher unkonventionell durch Axtwürfe, ein improvisiertes Blasrohr oder Eintränken im Pool erledigt. So sind die meisten Actionszenen dann auch nicht allzu ausladend und so richtig zum Vigilanten wird Charlie erst auf der Schlussgeraden, auch wenn „Ein Mann räumt auf“ dann mit einem Knall endet.
Immerhin sorgt das Katz-und-Maus-Spiel für einige spannende Sequenzen, etwa wenn sowohl die Jäger als auch die Gejagten mit ihren Vehikeln auf einem Autozug sind und der einzige Ausweg ein waghalsiger ist, der für einen hübschen Stunt sorgt. Oder jene Szene, in der Charlie die Zeugin in einem Riesenrad parkt und versucht alle Häscher auf und um den Rummel auszuschalten. Dummerweise bleiben solche starken Passagen auf Einzelmomente beschränkt, dazwischen ist „Ein Mann räumt auf“ reichlich behäbig. Obwohl die Schurken mit Hubschrauber, mehr Manpower und ordentlich Knarren ausgerüstet sind, können sie nur ab und zu dem Heldenduo aufschließen, das unbewaffnet ist und sich teilweise zu Fuß oder via Schlitten fortbewegt. So gibt es viele Atempausen bei der Jagd, die Stuart Rosenberg dann auch eher pflichtschuldig als mit großem Elan inszeniert. Dazu kommen dann auch noch ein paar dramaturgische Klopper, beispielsweise die Tatsache, dass ausgerechnet der fieseste Sadist und Schläger in diesem Film ungeschoren davonkommt. Vielleicht sollte dies – zusammen mit einer Wende kurz vor Schluss – den Nihilismus des Jahrzehnts spiegeln, der vor allem in den Politthrillern der 1970er hervorkam, vielleicht sollte der Fieswicht auch für ein eventuelles Sequel herhalten – egal wie es gemeint war, es funktioniert im Film einfach nicht.
Was allerdings noch viel weniger funktioniert, ist der Romantikpart, was allerdings auch an der Anlage der Jackie-Figur liegt. Die von Dolly Parton inspirierte Rolle ist quietschendes Dummchen, das sich vornehmlich unter einer Perücke und reichlich Make-Up versteckt und eigentlich den ganzen Film über als hohle Frucht dargestellt wird. Nun ist Charlie als herrischer Grummelbart nur begrenzt sympathischer, aber wenigstens kompetent, diese Schieflage zwischen den Figuren ist jedoch weniger das Problem. Viel mehr kauft man dem Film nie ab, dass sich diese beiden ineinander verlieben, noch dazu in so kurzer Zeit. Auch die Wortgefechte, die Drehbuchautor Wendell Mayes („Von Ryan’s Express“) den beiden in den Mund legt, sind keine pfiffigen Screwball-Dialoge, sondern pointenarmes Genöle, das eher langweilt als unterhält.
Dabei waren Charles Bronson („Der Mann ohne Nerven“) und Jill Ireland („Nevada Pass“) privat ein Paar, doch ihre Off-Screen-Chemie ist in diesem Film überhaupt nicht zu erkennen. Nun gehört Ireland eh nicht zu den stärksten Darstellerinnen, die einen nicht unerheblichen Teil ihrer Karriere in mehr oder weniger großen Rollen an der Seite ihres Ehemannes bestritt, aber hier besonders negativ auffällt. Bronson als Held, der sich nicht zwischen der Pose des Stoikers und Romantikers entscheiden kann, ist allerdings auch von seinen Bestleistungen entfernt und wirkt ausgerechnet dann am lebendigsten, wenn Charlie die Schnauze voll von den Winkelzügen zwischen Behörden und Gangstern hat. Rod Steiger („The Specialist“) als wahlweise stammelnder, stotternder oder motzender Mafiaboss wirkt auch eher wie eine Karikatur denn wie ein echter Schurke, zumal sein Ganovenoberhaupt vor allem von seinen Beratern angetrieben wird, was einem Oberbösewicht selten gut zu Gesicht steht. So trumpft hier einzig und allein Henry Silva („Cy-Warrior“) in einer seiner zahlreichen Schurkenrollen auf: Als diabolischer Killer, der flucht, eiskalt mordet und auch Leute aus dem eigenen Umfeld verprügelt, ist er eine Schau und hätte noch einen größeren Part verdient. In kleinen Rollen sind zudem Charakterfressen wie Michael V. Gazzo („Fear City“), Paul Koslo („Robotjox“) und Peckinpah-Regular Strother Martin („Ein stahlharter Mann“) zu sehen.
So ist „Ein Mann räumt auf“ ein weitestgehend hilfloser Versuch das Offscreen-Paar Bronson/Ireland im Film als romantisches Duo zu zeigen. Ihre Chemie ist auf der Leinwand jedoch nicht zu sehen, ihre Zankereien sind ohne Biss und in Sachen Action fährt Rosenbergs Film auch mit angezogener Handbremse. Die Landschaft der Schweizer Alpen und ein paar kompetent inszenierte Spannungspassagen können zwar zeitweise für Amüsement sorgen, insgesamt ist dies aber ein behäbiger Romantik-Actionthriller mit wenig Romantik, wenig Action, wenig Thrill.
„Ein Mann räumt auf“ erschien bei mehreren Labels in Deutschland auf DVD erschienen, zuletzt bei Concorde. Leider sind alle deutschen Fassung um rund zehn Minuten an Handlungsszenen gekürzt, darunter auch eine Selbstjustizaktion Charlies. Ungekürzte Discs des Films gibt es unter anderem in Großbritannien und Holland – auf der niederländischen DVD basiert auch dieses Review. Interessante Kuriosität im O-Ton: Da der Film ein PG-Rating erhielt, wird an ein paar Stellen die Tonspur mitten im Satz auf stumm gestellt, wenn die Personen böse Worte sagen.
© Nils Bothmann (McClane)
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