Originaltitel: Army of the Dead__Herstellungsland: USA__Erscheinungsjahr: 2021__Regie: Zack Snyder__Darsteller: Dave Bautista, Ella Purnell, Omari Hardwick, Ana de la Reguera, Theo Rossi, Matthias Schweighöfer, Nora Arnezeder, Hiroyuki Sanada, Garret Dillahunt, Tig Notaro, Raúl Castillo, Huma Qureshi, Samantha Win u.a. |
Mit dem „Dawn of the Dead“-Remake legte Zack Snyder seinen ersten Spielfilm vor und wollte mit „Army of the Dead“ eigentlich schon 2007 zum Zombiegenre zurückkehren. Doch der Film landete bei Warner in der Development Hell, ehe das Projekt zu Netflix wanderte und dort 2021 Premiere feierte.
Verwandtschaft zum 2004er „Dawn of the Dead“ sind zu sehen, denn auch hier beginnt der Film mit dem Ausbruch einer Zombieseuche und zeigt deren Ausbreitung in der anfänglichen Creditsequenz. Es ist mal wieder die gute alte Mär vom schiefgegangenen Militärexperiment, das ausbricht, als ein Konvoi einen Unfall hat. Dies geschieht in der Nähe von Las Vegas, weshalb die Glitzermetropole bald von Zombies überrannt wird. Während untote Stripperinnen und Elvis-Imitatoren durch die Straßen schlurfen, greift die Armee ein, aus deren Reihen sich auch drei der Protagonisten rekrutieren: Scott Ward (Dave Bautista), Maria Cruz (Ana de la Reguera) und Vanderohe (Omari Hardwick) sind vor Ort, evakuieren Zivilisten und halten die Zombies in Schach, während eine Mauer aus Containern um das Glücksspiel-Mekka errichtet wird.
Jahre später muss sich Scott als Imbisskoch herumschlagen. Von seiner Tochter Kate (Ella Purnell) hat er sich entfremdet, da er ihre Mutter nach einem Zombiebiss töten musste. Der US-Präsident will derweil ein für alle Mal Schluss mit der Zombiemetropole Las Vegas machen: Zum Unabhängigkeitstag soll eine Atomrakete das Problem aus der Welt schaffen. Da steht der zwielichtige Geschäftsmann Bly Tanaka (Hiroyuki Sanada) vor Scott: In einem von Tanakas Casinos lagern noch 200 Millionen Dollar. Können Scott und sein Team die Knete noch rechtzeitig sichern, dürfen sie ein Viertel davon behalten. Scott stellt dafür ein Team zusammen, zu dem neben Maria und Vanderohe noch der Zombiekiller Mikey Guzman (Raúl Castillo), der Safeknacker Dieter (Matthias Schweighöfer) und die Pilotin Marianne Peters (Tig Notaro) gehören, die alle bei der Rekrutierung mit ihren Eigenheiten vorgestellt werden.
Neben diesen Spezialisten kommen noch weitere Personen mit, darunter Tanakas Aufpasser Martin (Garret Dillahunt) – und Kate, die in einem Armencamp nahe Las Vegas arbeitet und deren Hilfe beim Betreten der verbotenen Zone benötigt wird. So wird die gefährliche Mission auch noch von persönlichen Spannungen geprägt…
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Zack Snyder („300“), der nicht nur Regie führte, sondern auch zusammen mit Shay Hatten („John Wick 3“) und Joby Harold („King Arthur: Legend of the Sword“) das Drehbuch schrieb, ist niemand, der sich gerne kurz fasst. Also dauert „Army of the Dead“ stolze zweieinhalb Stunden, hat aber dafür überraschend wenig zu erzählen. Oder vielleicht besser: Wenig auszuerzählen. Denn angerissen wird unheimlich viel. Ein kurzer Verweis darauf, dass die rechte Regierung dieser fiktiven Zukunfts-USA gerne mal liberale Kritiker im Zombie-Wasteland verschwinden lässt, ist ebenso zu finden wie kleine Einblicke in die Gesellschaftsstruktur der Untoten, die sich in die instinktgetriebenen, intelligenzfreien Shamblers und die intelligenten Alphas aufteilen, die wiederum von einem Oberzombie angeführt – all das gibt Hinweise auf größere Geschichten, die in diesem Film verborgen sind, aber schnell wieder fallen gelassen werden. Ähnlich lapidar wird ein Trauma aus der Credit-Sequenz behandelt, wenn ein Mutter-Tochter-Gespann unter dem Schutz der Helden kurz vor der Rettung von den Zombies gerissen wird, wovon vor allem Maria geschockt ist – der ganze Vorfall kommt danach aber nie wieder zur Sprache.
Dies ist allerdings ein roter Faden, der sich durch „Army of the Dead“ zieht, denn das Ganze ist kein schlechter, aber ein frustrierender Film. Immer wieder sieht man das Potential dahinter, nur um Zeuge zu werden, wie es ungenutzt bleibt. Besonders ärgerlich ist das Ende des Films. Auch in offensichtlichen Vorbildern wie „Das dreckige Dutzend“, „The Wild Bunch“ oder „Aliens – Die Rückkehr“ kamen nur wenige der Protagonisten zurück, aber ihr Wirken und auch ihr Sterben hatte eine Art von Bedeutung. In „Army of the Dead“ hat die Truppe quasi nichts erreicht, der größte Schurke bleibt unbehelligt und das Schicksal einer Figur, zu deren Rettung man zwischenzeitlich ausgerückt war, wird vom Film bestenfalls angedeutet. Man kann das natürlich dahingehend interpretieren, dass „Army of the Dead“ das sinnlose Söldnerleben und -sterben zeigen will, aber Snyder liefert wenig Anhaltspunkte für eine derartige Deutung. Vielleicht will man sich manche ungeklärte Frage auch für ein Sequel aufheben, denn das Ende weist darauf hin, dass sich die Zombieseuche trotz erfolgreichen Atomschlags weiterverbreiten wird und teasert eine Fortsetzung offensiv an.
Ähnlich frustrierend sieht es, wenn Snyder und Crew es menscheln lassen wollen. Fast jedes Mal, wenn Emotionen offen ausgesprochen werden, dann wird eine der beteiligten Figuren kurz darauf platt gemacht, was den Zuschauer wohl involvieren soll, aber eine reichlich durchschaubare Taktik ist. Außerdem irgendwie schade, denn im Grunde stimmt die Anlage der Charaktere: Markige Typen mit Profil und Eigenheiten, sei es der pedantische Dieter, der schweigsam-mürrische Vanderohe oder die quasselige Marianne – es ist ein buntes Arsenal, das sich gut ergänzt, Reibungsfläche untereinander bietet und mit seinen Spezialfähigkeiten für verschiedene Teile der Mission verantwortlich ist. Man drückt sich ein paar coole Machosprüche in bester Actionkinotradition, wächst zu einer Einheit zusammen und muss in manchen Fällen auch dunkle Seiten entdecken.
Denn natürlich haben Tanaka und sein Handlanger Martin eigene Pläne, natürlich sind die Söldner nur Schachfiguren, die sich aber als zähe Stehaufmännchen erweisen. Warum man für diese Standardgeschichte allerdings zweieinhalb Stunden braucht, wird allerdings nicht klar, zumal der Heist-Plan von Anfang an steht, nicht allzu komplex ist und die Komplikationen selten allzu große Improvisation erfordern. So punktet der Film dann eher mit seiner Beschreibung des Ökosystems, das sich in und um Las Vegas gebildet hat. Das Camp Gestrandeter vor den Toren von Las Vegas (über dessen Hintergründe man allerdings herzlich wenig erfährt), die Menschenschmuggler, welche lukrative, aber gefährliche Trips zu den verlassenen Slot-Maschinen in der früheren Glücksspielmetropole anbieten, zombiefizierte weiße Tiger aus dem Bestand von Siegfried und Roy, die durch die Ruinen streifen. Masken, Sets und Effekte sind dabei von hoher Güteklasse und lassen manche Kinoproduktion alt aussehen.
Tatsächlich ist „Army of the Dead“ ein waschechter Zack-Snyder-Film, hier ohne die Rating-Hemmungen, die er manchmal eingehen muss. Also wird kräftig geflucht (in einer ironischen Szene weist Scott seine Tochter an doch bitte auf ihre Sprache zu achten), in der Anfangsceditsequenz wüten die barbusigen Zombie-Damen und natürlich geht es auch in den Actionsequenzen hübsch blutig zur Sache. Allerdings dreht Snyder seinen gewohnten Stil herunter, präsentiert weniger Edelzeitlupen und weniger Speed-Ramping als gewohnt, sondern weniger stilisiertes Gehaue, Gesteche und Geballer. Zudem hält sich der Film trotz seiner stolzen Länge von rund 148 Minuten mit Action zurück, vor allem in der Anfangsphase: Vor dem Showdown gibt es eigentlich nur eine größere Actionsequenz, als eine Schleichaktion schief läuft, ansonsten ein paar ultrakurze Zombientsorgungen, die Actionmontage anfangs zu den Credits und eine kurze Fantasiequenz, in welcher sich Tanaka die Helden aus allen Rohren ballernd inmitten einer Zombiehorde vorstellt. Immerhin bringt der ausladende Showdown dann die Actiongeschenke, wenn es zu einer riesigen Schlacht gegen die Zombiehorden kommt, in Katakomben, in Casinohallen und in luftigen Höhen. Das hat eine hohe Qualität, ist allerdings bisweilen etwas eintönig, da die Snyder-Trademarks eben zurückgefahren sind und sich manches wiederholt, etwa wenn sich Charaktere in die Luft jagen, wenn sie von Zombies überrannt werden – „Aliens – Die Rückkehr“ lässt grüßen. Snyder-typisch dagegen ist die ironische Kommentierung mancher Szenen durch Popsongs, etwa wenn inmitten des Zombiegemetzels „Do You Really Want to Hurt Me“ von Culture Club oder „Zombie“ von den Cranberries läuft.
Auch Dave Bautista („Hotel Artemis“) ist eine Idealbesetzung für den typischen Snyder-Helden: Ein Bad Ass mit Herz und Prinzipien, der wenige Worte verliert. Mit dem sympathischen Hünen gewinnt der Film, um den sich eine typische Horde aus harten Hunden und Hündinnen sammelt. Dabei punktet vor allem Omari Hardwick („Reach Me“) als grimmiger Schweiger, aber auch Garret Dillahunt („Widows“) überzeugt in seiner Paraderolle als unausstehlicher Arschkrampen. Hiroyuki Sanada („Avengers: Endgame“) verströmt sein Charisma in einer kleinen Nebenrolle, während Theo Rossi („Sons of Anarchy“) als arschiger Security-Guard aufdreht, ehe er (mit Ankündigung) in einer Schadenfreude-Sequenz draufgeht. Überraschend gut funktioniert Matthias Schweighöfer („Kursk“) als Comedic Sidekick, während Tig Notaro („Plötzlich Familie“) besonderer Respekt gebührt: Die Komikerin ersetzte Chris D’Elia, der nach Vorwürfen sexuellen Missbrauchs aus dem Film geschnitten wurde, und drehte ihre Szenen teilweise ohne den Rest des Casts nach. Leider schwächeln mit Ella Purnell („Kick-Ass 2“) und Ana de la Reguera („Cop Out“) gleich zwei zentrale Cast-Mitglieder – da macht Nora Arnezeder („Safe House“) als beinharte Schmugglerin in einer kleineren Rolle einen wesentlich besseren Eindruck.
Der nächste große Netflix-Ensemble-Actionfilm nach „6 Underground“ und „The Old Guard“ ist erneut nicht der erhoffte Volltreffer: „Army of the Dead“ baut eine interessante Welt auf, hat einen starken Cast und ist souverän inszeniert, geht aber viel zu lang, ist weniger actionreich als erwartet und erzählt leider viele Sachen nur halbherzig und nicht zu Ende. Und das ist ärgerlich, denn das Potential des Films ist stets zu spüren.
Als Netflix-Produktion ist „Army of the Dead“ nur bei dem Streamingdienst zu finden. Dort wird er ab 16 Jahren empfohlen eine offizielle FSK-Prüfung gibt es nicht, obwohl Netflix vorhatte, den Film in ausgewählten Kinos auszuwerten.
© Nils Bothmann (McClane)
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