Originaltitel: Search and Destroy__Herstellungsland: USA__Erscheinungsjahr: 2020__Regie: Danny Lerner__Darsteller: Dylan Bruce, Sergey Badyuk, Julian Kostov, Tim Fellingham, Todor Berov, Owen Davis, Jomar Jokeen Deterline, Leart Dokle, Kiril Efremov, Leslie Grantham u.a. |
Wir haben „Search and Destroy“, den letzten Film von Danny Lerner, für euch in einer Videokritik besprochen. In dieser nehmen wir die Stock-Footage-Orgie ordentlich auseinander. Unter dem Video findet ihr unsere ausführliche Kritik in Schriftform.
Video: Kritik zu „Search and Destroy“
httpv://www.youtube.com/watch?v=5DxicP_aedg
Wenn der Ranger mit den Seals …
Als wir Ranger John Cutter kennenlernen, steht er in irgendwo in Afrika unter heftigstem Feuer. Eigentlich solle er einem Lump namens Igor Rodin den Garaus machen. Doch daraus wird nichts, wird das Team von Cutter doch heftigst dezimiert und kann er froh sein, am Ende mit dem Leben davongekommen zu sein. Die Erlebnisse lassen Cutter eine endgültige Konsequenz ziehen. Er scheidet aus dem Dienst aus und zieht sich irgendwohin in die Wälder zurück.
Doch natürlich ist Igor Rodin in der Zeit nicht untätig. Er entwendet gehörige Mengen an Giftmüll und lässt drei Wissenschaftler an einer gewaltigen schmutzigen Bombe arbeiten. Selbstverständlich bekommen die Amis davon Wind und sie schicken alsbald nach John Cutter – ist er doch einer der wenigen, die Rodin überhaupt identifizieren können.
Nach einer sekundenlangen Phase des Zögerns, ist John Cutter wieder mittendrin im Lumpenabschlachten. Mit ein paar Navy Seals geht es gen Albanien, wo eine wilde Jagd quer über den europäischen Kontinent beginnt.
Schaut in „Search & Destroy“ hinein
httpv://www.youtube.com/watch?v=mz2bdNrvtl8
Wenn der Ranger mit den Navy Seals…
Kurz vor dem Einsetzen des Abspanns von Danny Lerners „Search and Destroy“, beginnt eine Art kleines Behind the Scenes, in dem alle am Film Beteiligten die Zusammenarbeit mit dem Regisseur in höchsten Tönen loben. Direkt zu Beginn wird der Regisseur und Produzent, der am 6. März 2015 verstorben ist, verabschiedet. Was schon ungefähr andeutet, wie lange „Search and Destroy“ auf Halde lag, bevor sich jemand an die Veröffentlichung des Vermächtnisses von Danny Lerner wagte.
Selbiges mutet dank zahlreicher Stock-Footage-Szenen wie ein Best of des Nu-Image-Studios an, das heute eher als Millennium Media bekannt ist. Dabei werden Filme geplündert, die Lerner selbst mitproduziert und teils sogar mitgeschrieben hat: Von „Dangerous Zone“ über „Operation Delta Force 2 + 3“, „The Sweeper“, „Shark Attack 2“, „Derailed“ bis hin zu „John Rambo“ reichen die Szenen-Entlehnungen. Die sorgen dann auch für einen heillosen Flickenteppich, der jeden Actionfan, der ob der Anschlussfehler ein Trinkspiel initiiert, ins Koma schicken dürfte.
Wenn hier Luftunterstützung angefordert wird, starten Flugzeugtypen, die mit den Flugzeugen, die ihre explosive Fracht abwerfen, nichts mehr zu tun haben. Großartig ist auch das Erscheinungsbild des Zuges, der die zweite Hälfte des Filmes bestimmt. Wenn er losfährt, hat er etwa drei Waggons. Deren Zahl variiert dann von Einstellung zu Einstellung. Mehr noch: Mal handelt es sich um Waggons für Passagiere, dann für Güter und mal wird ein Mischmasch angeboten.
Noch geiler: Mal zieht ein elektrischer Triebwagen den Zug, mal eine Dampflokomotive. Im Inneren werden dem Zuschauer Passagierwaggons, Güterwaggons und mal Waggons mit Panzerung und wohnlicher Einrichtung angeboten. Diese passen garantiert nicht mit den gerade abgefeuerten Schnittbildern des fahrenden Zuges zusammen. Dann gibt es Waggons, die enden in einer Green Screen, weil man vergessen hat, den Hintergrund einzubinden. Der Kracher ist aber der Waggon mit Seitentür, die irgendwo hinführt, nur nicht nach draußen. What the Fuck?
Damit sind die Wunder um den Zug noch nicht einmal abgefrühstückt. Irgendwann ist unser Held im Zug unterwegs, ohne dass ihm irgendwer begegnen würde. Keine Passagiere, keine Fieswichter. Dann steht plötzlich ein Kind vor ihm, das für ihn alle Waggons mit allen Gegnern darin kartographiert hat. Freilich ohne zu wissen, dass Cutter genau so einen Plan braucht. Das Geilste: Latscht Cutter dann weiter, begegnet ihm trotzdem keiner. Hat das Kind wohl halluziniert.
Und wer es mysteriös mag: In einer Szene reicht ein Schaffner unserem Helden ein Telefon und erklärt, dass es davon nur zwei im Zug gebe. Kurz darauf steht Cutter in einem Waggon mit drei Telefonen. Das kannst du dir nicht ausdenken…
Das ist aber alles noch gar nichts im Vergleich zu dem einen großen Moment, der sich an die Szenen anschließt, in denen einige der neuen Seal-Kameraden von Cutter von diversen Explosionen aus „Commando Deep Sea“ aus dem Leben gerissen werden. Um die anderen „nicht auch noch zu gefährden“ trennt sich Cutter von den überlebenden Seals, die daraufhin so traurig gucken, dass Lerner in den Schwarzweißmodus schaltet und ungelogen eine Montage präsentiert, die mit einer Schmalzversion des Titelsongs „Search and Destroy“ untermalt wird und die Seals und ihren Ranger beim Lachen, Dummgucken und Sterben präsentiert. Wem da nicht das Herz aufgeht…
Dank Einlagen wie dieser, den wirklich zahllosen Anschlussfehlern, die doch irgendwem aufgefallen sein müssen, und unfassbar behämmerten Dialogen, hat man mehr als einmal den Eindruck, Lerner, der alte Fuchs, wollte uns hier eine Parodie auf Actionfilme unterschieben. Dann fällt einem aber wieder ein, dass vor allem die Spezialeinheiten-Streifen von Nu Image ähnlich bescheuert und vor allem ernst gemeint waren.
Und trotzdem traut man dem Braten nicht. Warum etwa läuft im zweiten Teil des Filmes nur noch ein Musikstück, das vielleicht passig wäre, um nackte Amazonen auf Pferden über eine weichgezeichnete Graslandschaft reiten zu lassen, aber doch um Himmels Willen nicht, um Action zu untermalen. Schräg.
Die Schauspieler sind keine Hilfe, um der Frage „Parodie, ja oder nein?“ auf den Grund zu gehen. Die sind durch die Bank lausig, haben aber sichtlichen Spaß an ihrem Overacting. Vor allem seitens der Bösewichter wird schon arg oft extrem überdreht. Die Helden dagegen geben sich schweigsam und cool, vor allem Dylan Bruce („Black Orphan“) macht als Cutter einen gar nicht mal so üblen Job. Er kommt schön kernig rüber und hat auch den einen oder anderen dummdoofen Spruch parat.
Auch in der Action schaut er ganz ordentlich aus. Diese setzt sich abseits der Szenenklau-Großexplosionen aus wildem Geballer und etwas Hand-to-Hand-Kombat zusammen. Alles reichlich unblutig und wenig brutal, weshalb die FSK 16 Freigabe der deutschen Fassung mehr als in Ordnung geht. Inszeniert ist die Action alles andere als dynamisch oder ansprechend. Danny Lerner war nie ein sonderlich fähiger Bilderstürmer.
Blöderweise entschied man sich auch, die Szenenklaus ein wenig zu verschleiern, weshalb teils sehr stark in die Szenen hineingezoomt wurde. Infolgedessen unterscheiden sie sich auch in der Bildsprache stark vom Rest und fallen nur noch mehr auf. Ganz zu schweigen davon, dass sie technisch null mit dem Rest des billig runtergekurbelten Füllmaterials zusammenpassen.
Stock-Footage-Orgie vom Gröbsten
Wer angesichts „Search & Destroy“ denkt, er habe die besten Szenen irgendwie alle schon einmal gesehen, der liegt ob der hier gereichten Stock-Footage-Orgie absolut richtig. Dass das funktionieren kann, sogar aus der Hand von Danny Lerner himself, hat er mit dem Dolph-Lundgren-Vehikel „Direct Contact“ bewiesen. Der profitierte von Lundgren als Held und von besser in Szene gesetzten Füllszenen zwischen den Szenenklaus, die obendrein auch ziemlich deftige Actioneinlagen beinhalteten. Aber irgendwie wollte die Reproduktion dieses „Erfolgsrezeptes“ bei „Search and Destroy“ leider so gar nicht klappen.
Zumindest wenn man den Film als ernsthaften Beitrag zum Actiongenre begreift. Dann ist er mit zahllosen Anschlussfehlern, miesen Knallchargen, extradoofen Dialogen und harmlosen Actionszenen ohne platzende Bloodpacks eine einzige Witznummer. Eine Witznummer, die allerdings zumindest versucht, immer in Bewegung zu bleiben. Um auch mal etwas Positives über „Search and Destroy“ zu berichten.
Einzig als Parodie auf Nu-Image-Spezialeinheiten-Kokolores wäre der Film gar nicht mal sooooo misslungen. Allerdings hätte man dann seitens Drehbuch und Regie genau diesen Aspekt auch deutlicher herausarbeiten müssen. Zumal dank dem eingangs erwähnten Behind the Scenes schon deutlich wird, dass dieser Film in dieser Art als Beitrag zum Actiongenre ernst gemeint war. So bleibt kaum mehr als ein Flickenteppich aus Explosionen, U-Boot- und Tauchszenen, Zugimpressionen, Geballer und grobem Unfug, der zumindest mal wieder Lust macht, die Filme zu gucken, aus denen hier die Highlights geklaut wurden.
Die deutsche DVD / Blu-ray kommt am 28. Mai 2021 von Leonine und ist mit einer Freigabe ab 16 ungeschnitten.
In diesem Sinne:
freeman
Was meint ihr zu dem Film?
Zur Filmdiskussion bei Liquid-Love
Copyright aller Filmbilder/Label: Leonine__Freigabe: FSK 16__Geschnitten: Nein__Blu-ray/DVD: Ja/Ja |