Originaltitel: Nou Fo__Herstellungsland: Hongkong__Erscheinungsjahr: 2021__Regie: Benny Chan__Darsteller: Donnie Yen, Nicholas Tse, Qin Lan, Patrick Tam Yiu-Man, Kenny Wong, Deep Ng, Jeana Ho, Angus Yeung, Bruce Tong Kwan-Chi, Henry Prince Mak, Yu Kang, Simon Yam, Ken Lo, Ray Lui, Carlos Chan, Julius Brian Siswojo, Ben Lam, Aaron Chan u.a. |
Wir haben Benny Chans Vermächtnis für die Actionfans rund um den Erdball in einer Videokritik für euch besprochen! Wer seine Kritiken lieber in schriftlicher Form genießt, findet direkt unter dem Video eine weitere Kritik unseres Actionfans McClane!
Video: Kritik zu “Raging Fire” mit Donnie Yen
Ein guter Genrevertreter des Cop-Actionfilms
Im August 2020 verstarb Actionregisseur Benny Chan („Call of Heroes“) überraschend an Nasenrachenkrebs, sein aktuelles Projekt „Raging Fire“, die einzige Kooperation zwischen ihm und Donnie Yen, wurde zu seinem Vermächtnis.
„Raging Fire“ ist ein Cop-Actionfilm, einer der seinem Genre so verhaftet ist, dass er eine internationale Sprache spricht und in anderen Ländern mit bestenfalls geringfügigen Änderungen genauso funktionieren könnte. Cheung Song-Bong (Donnie Yen) ist der beste Cop der Stadt, der so sehr an das Rechtssystem glaubt, dass er sich Mauscheleien und Bestechungsversuchen widersetzt, selbst wenn ihm das Ärger mit den Vorgesetzten einbringt. Die Familie kam bisher immer zu kurz, aber der prinzipientreue Superbulle will nun mehr Zeit mit seiner schwangeren Frau und dem zu gebärenden Kind verbringen. Und es gibt da noch den Gangsterboss, der sich seinem Zugriff bisher immer entzog: Wong Kwun (Julius Brian Siswojo), den ein vergangenes Ereignis mit Bong verbindet, das der Film anfangs nicht komplett enthüllt.
Klar ist nur: Eine Horde früherer Polizisten unter der Führung von Bongs Ex-Partner Yau Kong-Ngo (Nicholas Tse) war auch darin entwickelt. Und auch hier gibt das Genre den weiteren Weg vor: Die früheren Gesetzeshüter nutzen ihre Special Skills nun als Söldner auf der Seite des Verbrechens und nehmen gleichzeitig die Gelegenheit zur Rache wahr: Sie überfallen einen Drogendeal, an dem Wong Kwun beteiligt ist, killen sowohl die Gangster als auch die anrückenden Polizeieinheit, die auf eine Festnahme Wong Kwuns gehofft hat. Dass Bongs Mentor unter den Opfern ist, macht gleich noch das Rachefass auf, liefert den legendären Anlass im Actiongenre.
Noch weiß Bong allerdings nicht, wer hinter dem Massaker an Gangstern und Cops steckt. Doch der knallharte Cop und seine Einheit ermitteln, kommen auf die Spur der Gangster und müssen sich bald nicht nur ihren Ex-Kollegen, sondern auch der eigenen Vergangenheit stellen…
httpv://www.youtube.com/watch?v=tGgvkrO4X2c
„Raging Fire“ mutet in seinen Cop-Action-Standards und seiner Attitüde international, fast schon amerikanisch an – der Plot um ehemalige Staatsdiener, die zu brutalen Räubern wurden, erinnert an Werke wie „S.W.A.T.“, „Criminal Squad“ oder „Cash Truck“, doch in Details sind auch die Unterschiede auszumachen. So ist der knallharte Superbulle Bong insgesamt freundlicher und beherrschter als seine US-Kollegen, seine Regelübertretungen recht maßvoll und Marke und Waffe muss er auch nie abgeben. Wohlmeinende Vorgesetze verschieben das Hearing wegen rücksichtslosen Verhaltens einfach um einen Tag, damit Bong noch im Auftrag des Gesetzes ordentlich aufräumen kann.
Was „Raging Fire“ dabei prägt, ist ein Subplot um Schuld und Sühne, der sich immer mehr herausarbeitet, je mehr das Publikum über die Räuber, ihre Motivation und ihre nicht zufällig ausgewählten Ziele erfährt. Das sorgt für Spannung in der Story, macht den Cops-contra-Gangster-Plot aber auch persönlicher und steigert die Fallhöhe. Die Bösen waren in der Vergangenheit schuldlos schuldig Gewordene, bei ihrer Vergeltung überschreiten sie jedoch jede Grenze, begehen kaltblütige Morde und andere Kapitalverbrechen. Für Bong werden die Ermittlungen eine Reise ins Herz der Finsternis, quer durch Hongkong, wobei die verkommenen Subjekte nicht nur in den Wellblechhüten der Armenviertel, sondern auch in den Chefetagen der modernen Konzernhochhäuser zu finden sind. In bester Cop-Action-Tradition gibt es ungute Verbindungen zwischen Straße und Geldadel, nur dass letztere die besseren Beziehungen zur Polizei, oder eher: zur Polizeiführung haben.
Bei dieser Ermittlungsarbeit arbeitet „Raging Fire“ mit zweierlei Wissensvorsprüngen, die aber beide nicht zu groß sind: Während das Publikum erst nach und nach alle Hintergründe des Geschehens erfährt, das dereinst Bong und Ngo entzweite, hat es gegenüber dem Inspektor ein paar Infos mehr über den Plan der Schurken. Sicherlich hätte man den Privatkrieg zwischen Cops und Kriminellen auch rund zehn, zwanzig Minuten kürzer abhandeln können, manche gut gemeinte Spannungspassage (etwa wenn die Kriminellen sich der Polizei stellen, um vordergründig unschuldig zu erscheinen) funktioniert im Film dann nicht so gut wie auf dem Papier gedacht, doch allzu große Längen vermeidet „Raging Fire“, der zudem mit seiner Atmosphäre in den Bann zu ziehen weiß.
Vor allem aber knallt es mit hübscher Regelmäßigkeit, wenn es Reibereien zwischen Cops und Gangstern kommt. Das Massaker zu Beginn, eine Massenprügelei im Slum, eine Verhaftungsaktion im Straßenverkehr und das an „Heat“ gemahnende Finale, das in einen erbitterten Zweikampf in einer Kirche mündet, sind die großen Set Pieces, mit denen „Raging Fire“ protzen kann, plus ein paar kleinere Scharmützel. Die Choreographie ist famos, die Inszenierung dynamisch und der Härtegrad ruppig, wenn Kontrahenten mit Messern filetiert, blutig erschossen oder schlicht und einfach totgeprügelt werden. Unschön ist der gelegentliche CGI-Einsatz, etwa wenn Bong bei einem waghalsigen Autosprung in ein anderes Vehikel kracht, aber insgesamt beweisen Benny Chan und Donnie Yen, der auch als Action Director des Films gelistet ist, warum ihre Namen zu ersten Riege des Hongkong-Actionkinos gehören, unterstützt von Stunt Coordinator Kenji Tanigaki („Snake Eyes: G.I. Joe Origins“) und Action Choreographer Kang Yu („Kung Fu Killer“) – letzterer ein Dauerkollaborateur des Hauptdarstellers.
Donnie Yen („Ip Man 4: The Finale“) legt sich nicht nur körperlich ins Zeug, der Martial-Arts-Star überzeugt auch als darstellerisch als knallharter Cop zwischen Gewissensbissen und Rechtsempfinden. Benny-Chan-Regular Nicholas Tse („Air Strike“) gibt einen starken Gegenpart als eiskalter Schurke ab, unter dessen Oberfläche es stets brodelt, was sich immer wieder in Gewaltausbrüchen entladen kann. Daneben ist der Rest vom Cast wenig auffällig, liefert aber soliden Support. Darunter sind auch die Hongkong-Veteranen Simon Yam („Operation Red Sea“), Ken Lo („Shock Wave“) und Ray Lui („Guns of Dragon“).
Für das ganz große Vermächtnis von Benny Chan ist „Raging Fire“ vielleicht etwas zu generisch geraten und könnte sich auch etwas kürzer fassen, aber ein guter Genrevertreter des Cop-Actionfilms ist dem Hongkong-Regisseur mit seinem letzten Werk gelungen. Die Atmosphäre ist dicht, die Leistungen von Donnie Yen und Nicholas Tse als Gegenspieler stark und die Action mit ihren Shoot-Outs, Fights und Stunts ebenso spektakulär wie ruppig, während die Story um Schuld, Sühne und Rache unter (Ex-)Polizisten in ihren Bann zieht. Nicht gerade innovativ, aber gelungene Genrekost.
„Raging Fire“ war in Deutschland auf dem Fantasy Filmfestival zu sehen. Ab 10. Februar 2022 bringt Koch Media den Actionkracher auf Blu-Ray und DVD heraus, ungekürzt ab 16 Jahren freigegeben. In Sachen Bonusmaterial gibt es Trailer und ein Making Of.
© Nils Bothmann (McClane)
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