Originaltitel: Adverse__Herstellungsland: USA__Erscheinungsjahr: 2020__Regie: Brian A. Metcalf__Darsteller: Thomas Ian Nicholas, Mickey Rourke, Lou Diamond Phillips, Penelope Ann Miller, Sean Astin, Kelly Arjen, Kate Katzman, Jake T. Austin, Brian A. Metcalf, Matt Ryan u.a. |
Legst du den Datenträger von „Adverse – Zeit der Vergeltung“ in deinen Player ein, bin ich sicher, dass folgendes passieren wird: Du wirst länger auf das Menü des Datenträgers starren. Dieses ist unterlegt mit zahlreichen finsteren Momenten aus „Adverse“. Unter den Bildern schraubt sich ein Soundtrack-Cue in immer epischere Sphären. Diesem Mix wirst du dich garantiert nicht entziehen können. Respekt an das deutsche Label Lighthouse für diesen „Schauerabgang-Opener“, der anfixt und sogar dafür sorgt, dass man die Schleife aus Bildern und Musik mehrmals durchlaufen lässt. Der Film selbst kann da zwar nicht mithalten, hat aber ein paar wirklich starke Szenen.
Ethan verbüßt gerade eine Bewährungsstrafe. Er ist gewillt, diese schadlos zu überstehen. Und er übernimmt Verantwortung. Für seine jüngere Halbschwester Mia, mit der er seit dem Tod der Eltern alleine lebt. Während er versucht, sein Leben in den Griff zu bekommen und sich und seine Schwester mittels eines Jobs bei einem Uber-artigen Fahrservice über Wasser zu halten, rutscht Mia immer mehr ab. Nimmt Drogen, umgibt sich mit den falschen Leuten und macht nicht nur Ethan das Leben schwer.
Mit einem vermeintlichen Freund leiht sie sich irgendwann Geld bei einem windigen Buchmacher und Drogendealer. Der arbeitet für Gangsterboss Kaden, der keinerlei Spaß versteht und im Fall von Rückzahlungsverzug sofort Nägel mit Köpfen macht. Ein gnadenloses Geschäftsgebaren, das Mia das Leben kostet. Der schockierte Ethan findet alsbald heraus, wer hinter dem Tod seiner Halbschwester steckt. Er schnappt sich die Schraubstange aus dem Kofferraum seines Wagens und startet einen knallharten Rachefeldzug.
Schaut in den Thriller mit Mickey Rourke und Lou Diamond Phillips hinein
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Regisseur und Drehbuchautor Brian A. Metcalf, der als kleiner Handlanger Kadens auch eine Nebenrolle begleitet, geht seinen finsteren Rachethriller durchaus mit einigen Ambitionen an. Lässt sich beinahe die Hälfte des Filmes Zeit, seine Figuren einzuführen. Leider findet er dabei ausgerechnet für die Beziehung zwischen Mia und Ethan nicht den richtigen Hebel, der in den Film hineinziehen würde.
Mia ist zu sehr trotziges, klischiertes Gör und Ethan im Umgang mit ihr durchweg passiv aggressiv. Es fehlt an Nähe zwischen den beiden Figuren, an Intimität, die die Intensität des dann beginnenden Rachefeldzuges greifbarer machen und den Zuschauer mehr involvieren würde. Der hat nach Mias Tod nämlich eher den Eindruck, dass von Ethans Schultern ein gewaltiger Brocken Ballast abgefallen sein müsste. Das ist freilich verheerend für die Wirkung von „Adverse“. Der insgesamt deutlich mehr hätte mitnehmen können und müssen.
Dennoch schafft es Metcalf in der zweiten Filmhälfte erstaunlich oft, wirksame Sequenzen zu zünden. Das können mal kleine, ruhige Szenen sein, beispielsweise wenn Kaden auseinanderdividiert, warum er keine Angst vor dem Tod, sehr wohl aber vor dem Sterben hat. Und das sind mal brutale Einlagen wie jene, wenn Ethan mit seiner Schraubstange durch ein Lagerhaus schreitet und diverse Schädel einschlägt. Letzteres kennt man besser und intensiver aus „Rambo: Last Blood“ oder „A Beautiful Day“, doch auch in „Adverse“ hinterlässt diese Einlage trotz Mängeln massiven Eindruck.
Zudem verdichtet Metcalf in der zweiten Filmhälfte gekonnt. Sorgt für Spannung und ein ordentliches Pacing. Zudem kann er sich auf seinen Hauptdarsteller Thomas Ian Nicholas („Radio Flyer“) immer verlassen. Der spielt beherzt gegen sein Softie-Image aus der „American Pie“-Reihe an und versucht gar nicht erst, dem Vehikel irgendwie von ihm erwarteten Humor einzuimpfen.
Leider sind die Darsteller um ihn herum nicht immer eine Hilfe. Manche, etwa Kate Katzman als sein Love Interest und auch Kelly Arjen als seine Halbschwester, spielen sogar richtig schlecht. Zudem ist schade, dass Metcalf mit Sean Astin („Boy Soldiers“), Penelope Ann Miller („Das Relikt“), Matt Ryan (die Serie „Legends of Tomorrow“), Mickey Rourke und Lou Diamond Phillips für seine Low-Budget-Produktion einen namhaften Nebendarsteller-Cast verpflichten konnte, dieser aber – von Rourke abgesehen – keinerlei Impact auf die Handlung hat.
Lou Diamond Phillips („Big Kill“) etwa hat nur vier total unpräzise, kurze Szenen als Bewährungshelfer von Ethan, bei denen er kaum mehr macht, als hinter seinem Schreibtisch zu hocken. Mickey Rourke („Point Blank“) hingegen ist ein wichtiger Motor für „Adverse – Zeit der Vergeltung“ und es macht richtig Spaß, ihm hier zuzusehen. Er ist extrem engagiert bei der Sache, entwirft einen angenehm beherrschten, coolen Fieswicht, dessen Mantra es ist, es sei alles geschäftlich und nichts persönlich. Sein einziger und größter Irrtum. Rourke bekommt vom Drehbuch obendrein ein paar coole Dialogzeilen ab und vor allem im Zusammenspiel mit Nicholas entwirft der Darsteller tolle Szenen.
Neben einigen schwachen Darstellern und dem mangelhaften Aufbau von Involvement hat der Film noch ein paar Probleme mehr. So kann er seine offensichtlichen Budgetbeschränkungen nie abschütteln. Absolut großartigen Schnittbildern einer nächtlichen Metropole stehen die eigentlichen Schauplätze gegenüber. Diese rekrutieren sich aus langweiligen Nebenstraßen in wenig einladenden Vorort-Ecken und wenig aufregenden, kaum authentisch wirkenden Innenraumsettings. Dazu gesellen sich vollkommen verbockte CGI-Einlagen um spritzendes Blut und heftige Trefferwirkungen. Die sind so dilettantisch umgesetzt, dass sie manche Bluttat ins Lächerliche ziehen.
Und während der Soundtrack-Schöpfer Alex Kharlamov in manchen Szenen sogar dem Digitallook trotzt und mit seiner Musik erstaunlich viel Atmosphäre aufzubauen vermag, ist er in manch anderen Szenen leider total drüber und wird mit seinen Cues viel zu episch – während der Zuschauer ein wenig entgeistert nach optischen Entsprechungen für den soeben zu hörenden Bombast sucht.
„Adverse – Zeit der Vergeltung“ hat seine Momente
Der dramatisch angehauchte Gangsterthriller „Adverse – Zeit der Vergeltung“ braucht ein wenig, um in Fahrt zu kommen. Hier und da mutet er in diesem Abschnitt ein wenig zu ambitioniert an. Zumindest nutzt er die Zeit, um seine Hauptfigur einigermaßen plausibel aufzubauen. Schafft es gleichzeitig aber nicht, den Zuschauer rundweg für seine Figuren einzunehmen. Dementsprechend kalt lässt einen zunächst der Rachefeldzug von Hauptfigur Ethan. Doch je länger dieser Rachefeldzug dauert, umso mehr ist man drin.
Weil Hauptdarsteller Thomas Ian Nicholas gut aufspielt, er in Mickey Rourke einen starken Konterpart hat und Regisseur Metcalf ein paar intensive Momente gelingen. So läuft der kostengünstige Streifen in seiner zweiten Hälfte erstaunlich rund, wirkt besser durchgetaktet und schafft es sogar, ein paar unvermutet spannende Momente abzufeuern.
Die deutsche DVD / Blu-ray zum Film kommt von Lighthouse Home Entertainment und ist mit einer FSK 16 Freigabe ungeschnitten. Extras zum Film sind leider Fehlanzeige.
In diesem Sinne:
freeman
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Copyright aller Filmbilder/Label: Lighthouse Home Entertainment__Freigabe: FSK 16__Geschnitten: Nein__Blu Ray/DVD: Ja/Ja |