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Leben hinter Masken – Painted Faces

Die Schulen der Peking Oper bildeten viele spätere Stars des Hongkong-Kinos aus, darunter Jackie Chan, Yuen Biao und Sammo Hung. Letzterer spielt seinen einstigen Lehrmeister in dem Drama „Painted Faces“ alias „Leben hinter Masken“, welches das Training des Erfolgstrios als Biopic zwischen Fakt und Fiktion zeigt. Dabei geht es auch um jene Ära, in der die klassische Peking Oper ausstarb und deren Schüler sich dem Filmgeschäft zuwandten.

Originaltitel: Chat Siu Fuk__Herstellungsland: Hongkong__Erscheinungsjahr: 1988__Regie: Alex Law__Darsteller: Sammo Hung, Lam Ching-Ying, Cheng Pei-Pei, Chung Gam-Yam, Cheung Man-Lung, Wong Chiu-Wai, Yeung Yam-Yin, Siu Ming-Fui, Goo Fai, John Sham, Wu Ma u.a.
Leben hinter Masken - Painted Faces

“Leben hinter Masken” alias “Painted Faces” ist ein biographisches Drama über die Ausbildung von Jackie Chan, Yuen Biao und Sammo Hung, in dem letzterer sogar mitspielt

Die Schulen der Peking Oper, vor allem die Chinese Drama Academy, bildeten viele spätere Stars des Hongkong-Kinos aus, darunter Corey Yuen oder die „drei Brüder“ Jackie Chan, Sammo Hung und Yuen Biao. 1988 wiederum zollte Regisseur und Drehbuchautor Alex Law („Echo des Regenbogens“) dieser Kunstform mit „Painted Faces“ alias „Leben hinter Masken“ wiederum auf der Leinwand Tribut.

Bei diesem Drama steht die Ausbildung der drei Brüder im Mittelpunkt und mit Sammo Hung gibt einer aus jenem berühmten Alumni-Trio ihren früheren Mentor Meister Yu. Als dieser jedoch jene Schüler unterrichtet, die später zu Actionstars aufstiegen, ist die Kunstform der Peking Oper jedoch langsam an ihrem Ende angekommen: Die Auftritte werden immer schlechter besucht, das Ansehen der in Tanz und Akrobatik geschulten Jungen ist auch nicht mehr so hoch wie zu früheren Zeiten. Meister Yu hält jedoch an der Tradition und seinen Lehrmethoden fest, auch auf die Gefahr hin wie ein Relikt aus früheren Zeiten zu erscheinen.

Dabei merkt man „Painted Faces“ an, dass er von einer tiefen Ambivalenz gegenüber seinem erwachsenen Protagonisten geprägt ist. Meister Yu ist kein gütiger Lehrer, sondern hart und streng, wenn er das Essen seiner Schüler eisern rationiert, den Rohrstock einsetzt und sie mit unerbittlichem Drill zu körperlichen Höchstleistungen antreibt. Gleichzeitig erscheint der gestrenge Meister als Mann, der ein Frusterlebnis nach dem anderen verkraften muss: Eine Liebesbeziehung ist nicht von Dauer, die Kunstform, der er sein Leben gewidmet hat, liegt im Sterben, was einen seiner Alumni sogar vor den Augen anderer (Ex-)Schüler in den Tod treibt, als diese sich als Stuntmen an einem Filmset betätigen. Aber selbst diese ambivalente Einstellung fand nicht nur Freunde: Jackie Chan selbst war kein allzu großer Fan von „Painted Faces“, hielt die Darstellung des Meisters und seiner Lehrmethoden für zu sehr geschönt – in der Realität sei der Drill noch wesentlich härter als im Film gewesen.

httpv://www.youtube.com/watch?v=RJe-dLAcB68

Dabei will „Painted Faces“ allerdings kein reines Biopic sein, denn hier werden Fakten und Fiktives vermischt. So waren die drei Brüder nie (wie im Film dargestellt) alle gleichzeitig an der Peking Oper, auch verließen sie die Schule nach und nach, verabschiedeten ihren Lehrmeister nicht im Pulk, wie am Ende von Laws Drama. Sammo Hung nahm seinen Kunstnamen erst nach Ende seiner Ausbildung an (in „Painted Faces“ wird er bereit als Kind „Sammo“ genannt) und auch sonst scheint manche reale Begebenheit eher hingebogen zu sein, um den Mythos zu fördern oder dramaturgisch besser zu wirken.

Wobei „Painted Faces“ es eh nicht so mit klassischer Filmdramaturgie hat. Einen klaren Spannungsbogen oder einen Plot im traditionellen Sinne gibt es nicht, vielmehr folgt der Film der Ausbildung der Jugendlichen in kleinen Episoden und Vignetten. Diese trainieren nicht nur und absolvieren ihre Auftritte mit jenen geschminkten Gesichtern, die dem Film seinen englischen Verleihtitel beschweren, sondern spielen manchmal auch Streiche oder machen einen unerlaubten Ausflug in die Stadt, bei dem sie ihre Fähigkeiten einsetzen, wenn sie beispielsweise einem Schaffner in einem Bus entkommen wollen. Der Gegensatz zwischen kindlichem Spieltrieb und der Strenge der Peking Oper ist eines der Leitmotive des Films, wobei der Film sich eine Positionierung verkneift, es dem Publikum es selbst überlässt, ob es die harte Schule als Fluch oder Segen für die jungen Eleven ansehen möchte, denen einerseits die unbeschwerte Kindheit geraubt wird, die aber andrerseits den Grundstein für ihren späteren Ruhm damit legen.

So bleibt der Film letzten Endes seltsam unkonkret, konzentriert sich mal mehr auf den Lehrer, mal mehr auf die Schüler und mal eher auf das Gesamtbild vom Ende einer Epoche, wenn die traditionellen Bühnenkünstler sich mehr und mehr im Filmgeschäft betätigen. „Painted Faces“ steht und fällt mit seinen Einzelszenen, kann in seinen besten Momenten aber zeigen, was die Kunst der Peking Oper so faszinierend machte, wenn die Bühnenstücke, Akrobatik und Stunts der Truppe von den Filmdarstellern noch einmal auf der Leinwand nachgestellt werden.

Dabei nimmt sich der sonst für seine Kampfkunst bekannte Sammo Hung („The Bodyguard“) deutlich zurück, zeigt wenig von seiner Körperbeherrschung, sondern präsentiert sich einzig und allein als Schauspieler, wenn er den Lehrer zwischen Strenge und (kaum artikulierter) Liebe für seine Schüler präsentiert. Dass er dafür den Preis als bester Darsteller bei den 8. Hongkong Film Awards bekam, ist durchaus gerechtfertigt. Neben Hung verblasst der Rest vom Cast ein wenig, seien es die Jungdarsteller der Schülerclique um Sammo, Biao und „Big Nose“ (der spätere Jackie Chan) oder Hongkong-Veteranen wie Lam Ching-Ying („Der Boss von San Francisco“), Cheng Pei-Pei („Mulan“) oder Wu Ma („Shanghai Police“) in kleineren und größeren Nebenrollen.

So bleibt „Painted Faces“ eine Erfahrung, die gemischte Gefühle hinterlässt. Ein Biopic zwischen Fakt und Fiktion, das einerseits vielfältige Einblicke in die Peking-Oper-Ausbildung gewährt, andrerseits einen klaren Fokus vermissen lässt und auch nicht so tief in seine Figuren einsteigt, dass diese Ansammlung von Einzelepisoden komplett mitreißen würde. Sammo Hung in der zentralen Rolle dagegen ist tadellos.

Starke:

Eine deutsche Veröffentlichung auf einem physischen Medium gibt es bisher noch nicht. In den 1990ern lief der Film im deutschen Fernsehen in deutscher Synchro, bei Netflix war eine für eine ganze Weile im kantonesischen Original mit deutschen oder englischen Untertiteln zu sehen, wurde aber im Herbst 2021 aus dem Programm genommen. Es ist aber durchaus möglich, dass er in Zukunft wieder bei einem Streamingdienst zu sehen sein wird.

© Nils Bothmann (McClane)

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