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Veronica Mars

Originaltitel: Veronica Mars__Herstellungsland: USA__Erscheinungsjahr: 2004-2007__Creator: Rob Thomas__Regie: Rick Rosenthal, Rob Thomas, John T. Kretchmer u.a.__Produktion: Joel Silver__Darsteller: Kristen Bell, Percy Daggs III, Jason Dohring, Francis Capra, Enrico Colantoni, Ryan Hansen, Teddy Dunn, Michael Muhney, Tina Majorino, Brandon Hillock, Kyle Gallner u.a.
Veronica Mars

Die erste und beste Staffel der von Joel Silver produzierten und von Rob Thomas erdachten Teen-Detektivserie „Veronica Mars“

Manch eine gefeierte US-Serie hat es hierzulande schwer: „The Shield“ wurde im Nachtprogramm versteckt, „Nip/Tuck“ wegen zu großer Bösartigkeit früh abgesetzt und „Veronica Mars“ blieb durch schlechte Sendeplatzwahl und mangelnde Werbung verborgen – wobei der O-Ton hier eh vorzuziehen ist.

Titelfigur ist Veronica Mars (Kristen Bell), die Tochter des Privatdetektivs Keith Mars (Enrico Colantoni). In ihrer Heimatstadt Neptune wohnen diverse Millionäre, egal ob Stars oder Konzernchefs, früher war ihr Vater sogar der Polizeichef. Doch das wurde durch den Lilly Kane Mordfall beendet: Keith sprach von Vertuschung durch Lillys Vater, einen der Millionäre, verlor daher seinen Job und seine Frau. Seitdem schlagen sich Vater und Tochter alleine durch, er als Detektiv, sie als seine Bürokraft nach Schulschluss…

Im Kreise neuerer, auf Spannung gezirkelter US-Serien nimmt „Veronica Mars“ eine Sonderstellung ein. Im Gegensatz zu „24“, „The Shield“ und ähnlichem wird hier nicht auf Action gesetzt, auch auf deren große Härte wird verzichtet, wobei man nicht so harmlos wie manche Highschool-Serie daherkommt. Nur deren Milieu wird übernommen, denn Veronica ermittelt erst als Schülerin (Staffel 1 + 2), ab Staffel 3 dann als Studentin an der Uni.

Die von Joel Silver produzierte Serie ist schwer mit anderen Formaten zu vergleichen, hat aber durchaus Vorbilder und Anleihen. So erinnert die erste Staffel teilweise an „Twin Peaks“, denn hier sind auch die schöne Frauenleiche, Lilly Kane, und die Geheimnisse darum Auslöser der Geschichte, denn Staffel 1 beschäftigt sich hauptsächlich mit dem Aufrollen des mysteriösen Falles, der die Familie Mars soviel kostete. Nebenher muss Keith noch Fälle lösen, doch auch Veronica wird immer wieder von Mitschülern angeworben, um ihnen mit ihren Fähigkeiten unter die Arme zu greifen.

Der Trailer zu Staffel 1

So unterteilen sich die ersten beiden Staffeln auch jeweils in einen Hauptplot (Staffel 1: der Lilly Kane Mord, Staffel 2: ein Busattentat) sowie Einzelfälle, die es in den einzelnen Folgen zu lösen gilt, sodass der Hauptplot in jeder Folge nur ein wenig weiter aufgedeckt wird, ehe es dann jeweils im Season-Finale nur noch um ihn geht. Seit Staffel 3 rückt „Veronica Mars“ etwas von diesem Konzept ab, das es in Staffel 2 sehr schwer war mitten in die Serie einzusteigen: So gibt es hier in jeder Season kleinere Bögen, die sich über ungefähr 8 Folgen erstrecken (neben den Einzelfällen), sodass auch der Einstieg während der Season möglich sein soll.

Für den geneigten Fan eignen sich beide Erzählkonzepte, denn „Veronica Mars“ ist wirklich sehr spannend geraten. Die Mainplots sind teilweise sehr komplex, aber raffiniert ausgedacht wie ein James-Ellroy-Roman. Auch die Einzelfälle sind amüsant, egal ob es das Verschwinden von Haustieren in Neptune, vermisste Personen oder gar die eventuelle Planung eines Schulattentats geht. Die Idee, das Ganze in einem Milieu anzusiedeln, in dem viele reiche Kinder verkehren, ist ein doppelter Kniff: Neben einem brisanten arm-reich-Gegensatz, der immer wieder verhandelt wird, lieferte dies auch die Erklärung, warum einige Jugendliche die Möglichkeit haben wie fortgeschrittene Verbrecher zu agieren – Papas Knete macht’s möglich. Natürlich kann auch „Veronica Mars“ nicht auf die obligatorischen Cliffhanger verzichten, doch ähnlich wie „24“ klärt jede Season fast alle offenen Fragen, nur ein kleiner Anreiz am Ende macht neugierig auf die kommende Staffel.

Doch trotz der flott erzählten, clever erdachten Plots ist „Veronica Mars“ eine Serie, die ihre Faszination nicht allein aus dem Krimianteil zieht, sondern auch eine gehörige Portion Humor bietet. Dabei handelt es sich jedoch nicht um flache Gags oder groben Slapstick, sondern großartige Wortgefechte. Neben den abgeklärten Äußerungen Veronicas fallen vor allem die Sprüche Keiths und Eli ’Weevil’ Navarro (Francis Capra), dem Anführer der örtlichen Bikergang, auf. Auf Veronicas Vorwurf „Dad, you aren’t cool.“ antwortet Keith mit Bestimmtheit „I was!“, Weevil kommentiert einen von reichen Kiddies angerichteten Sachschaden mit den Worten: „What do we have here? Vandalism? The only vandalism in this town goes through me.“ Derartiger Wortwitz durchzieht die ganze Serie, weshalb man „Veronica Mars“ möglichst im O-Ton sehen sollte – das ZDF scheint die Serie eh nicht zu würdigen.

Jedoch hat die von Rob Thomas kreierte Serie noch einen weiteren schwerwiegenden Vorteil: Gut erdachte Charaktere, die das Zuschauerinteresse über mehrere Staffeln hinweg aufrecht erhalten. So sind die Figuren keineswegs nur blasse Stereotypen oder eindimensionale Sprücheklopfer, stattdessen bricht man auch gerne mit Klischees: Sowohl der arrogante Logan Ecchols (Jason Dohring) als auch der Straftaten abgeneigte Biker Weevil haben ihre netten Seiten, auch das eingespielte Team aus Vater und Tochter Mars kann sich zerstreiten. Private Probleme nehmen nur selten überhand (dies sind dann auch meist die etwas schwächeren Folgen), doch stets präsentiert „Veronica Mars“ emotional handelnde, lebensnahe Charaktere, die manch anderer Serie fehlen.

Für den modernen Zuschauer dürfen auch die Anspielungen nicht fehlen, in jeder Folge finden sich Verweise auf die Popkultur, vor allem Filme von „Citizen Kane“ über „Kiss Kiss, Bang Bang“ bis hin zu „House of Wax“. Ganz stark natürlich die Anlehnungen an Detektivfilm und Film Noir, was schon bei der Veronicas Kommentierung aus dem Off anfängt, die klar in der Noir-Tradition steht. Zudem erinnern Keith und Veronica als toughe, wortgewandte Detektive an Vorbilder aus unterschiedlichen Epochen wie die Hauptfiguren „Die Spur des Falken“, „Chinatown“ oder „Last Boy Scout“. Jedoch sind die Anspielungen und Zitate nie zu eitel oder gewollt, sondern fügen sich stets amüsant ins Geschehen ein.

Großartig auch die Darstellerriege, vor allem Kristen Bell als tough-schnuckelige Nachwuchsermittlerin kann die Titelrolle mit viel Elan und Esprit stemmen, dass man ihr Kino mehr Erfolg wünscht als die Hauptpart in dem versaubelten „Pulse“-Remake. Auch der Rest der Stammcast rekrutiert sich komplett aus unbekannten Gesichtern, jedoch spielt die Besetzung durchweg klasse, wobei vor allem Enrico Colantoni und Francis Capra wirklich groß auftrumpfen. Zudem enthält „Veronica Mars“ zahlreiche Gastauftritte. Keine Superstars, aber für Fans bekannte Gesichter, unter anderem Steven Williams, Alyson Hannigan oder Richard Grieco. Auch die unsägliche Paris Hilton hat eine Gastrolle in Folge 2 der ersten Staffel, doch in Staffel 2 macht man sich zum Glück dann über die Frau dann lustig.

Wie an sich jede Serie hat auch „Veronica Mars“ einige schwächere Folgen, gerade wenn es zu sehr um Herzschmerz und ähnliche Probleme der Hauptfiguren geht (in erster Linie in der dritten Staffel), doch abgesehen davon handelt es sich hierbei um die vielleicht beste US-Serie neueren Datums: Clever erdacht, spannend, witzig und mit gelungener Charakterzeichnung, sodass der Unterhaltungswert in zweiten Staffel nicht, in der dritten nur etwas abnimmt.

Hierzulande auf DVD von Warner erschienen, gute Qualität mit ein paar netten, aber übersichtlichen Extras, dafür mit der wichtigen O-Ton-Option (die deutsche Synchro ist ein Graus). Entgegen der Angabe auf der Verpackung ist die “unaired pilot” nicht im Bonusmaterial der ersten Staffel enthalten.

© Nils Bothmann (McClane)

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Copyright aller Filmbilder/Label: Warner__FSK Freigabe: ab 12 (Staffel 1)/ ab 16 (Staffel 2 + 3)__Geschnitten: Nein__Blu Ray/DVD: Nein/Ja

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