Originaltitel: Goodnight, My Love__Herstellungsland: USA__Erscheinungsjahr: 1972__Regie: Peter Hyams__Darsteller: Richard Boone, Michael Dunn, Barbara Bain, Victor Buono, Gianni Russo, John Quade, Walter Burke, Lou Wagner u.a. |
Sein Regiedebüt „Rolling Man“ inszenierte Peter Hyams als TV-Film der Woche auf ABC, nach einem Script der Produzenten. Auch sein Zweitling „Goodnight, My Love“ alias „Ein Koffer für das Syndikat“ kam als ABC-Film heraus, basierte jedoch auf einem Drehbuch, das Hyams selbst verfasste.
Im Jahr 1946 angesiedelt ist das Ganze eine Hommage an die Hard-Boiled-Romane von Raymond Chandler und Co. sowie an deren Noir-Verfilmungen. Gleich zu Beginn kommt auch der hierzulande titelgebende Koffer für das Syndikat ins Spiel, wenngleich dieser einen ähnlichen MacGuffin darstellt wie beispielsweise der Malteser Falke aus dem berühmten Dashiel-Hammett-Roman. Ein Kurier soll das gute Stück an seinen Bestimmungsort bringen, muss sich auf der Busfahrt jedoch von einem redseligen Soldaten vollschwallen lassen. Am Ende der Fahrt erweist sich der Laberkopf auch noch als Auftragskiller, der dem armen Knilch das Lebenslicht auspustet und den Koffer klaut.
Auftritt der beiden Private Eyes Francis Hogan (Richard Boone) und Arthur Boyle (Michael Dunn). Genregemäß sind beide chronisch pleite und können sich noch nicht einmal ein Mittagessen leisten, als Susan Lakely (Barbara Bain) mit einem Auftrag durch ihre Tür spaziert. Das Duo soll ihren verschwundenen Verlobten wieder finden, der – wie sich bald herausstellt – in die Geschichte mit dem verschwundenen Koffer involviert ist…
„Ein Koffer für das Syndikat“ ist ein ziemlich interessantes TV-Projekt, das sich jedoch etwas mehr vornimmt als es tatsächlich leisten kann. So armen Ausstattung und Locations das Flair von den Film Noirs der 1940er durchaus stimmig nach, gleichzeitig war dann nicht genug Budget für die ganz große Retrosause da. So bleibt die Anzahl der Locations ebenso überschaubar wie das handelnde Personal. Da ist es fast verwunderlich, dass noch Knete für eine kleine Autoverfolgungsjagd in der Filmmitte da war, die Hyams routiniert inszeniert, aber noch nicht mit der Stilsicherheit, mit der er entsprechende Szenen in späteren Werken wie „Presidio“ oder „Diese Zwei sind nicht zu fassen“ darbot.
Leider haben die Rahmenbedingungen auswirken auf die Handlung, denn im Grunde gibt es nur vier größere Parts in dem Film: Neben Hogan, Boyle und Susan spielt nur noch der Nachtclubbesitzer Julius Limeway (Victor Buono) noch eine zentrale Rolle. Limeway erinnert an Kaspar Gutman aus „Die Spur des Falken“, wäre aber auch sonst von seinem ersten Auftritt an als schmieriger Gangsterboss zu identifizieren. Da es sich bei der Hälfte der Hauptfiguren um die Privatschnüffler handelt, bleiben die Intrigen überschaubar, der Kreis der Tatverdächtigen klein, da Charaktere wie der gesuchte Auftragsmörder Michael Tarlow (Gianni Russo) oder Limeways Mann fürs Grobe Edgar (John Qually) nur sehr untergeordnete Rollen spielen. Dementsprechend bietet der Plot nur Film-Noir-Standards nach bekannten Mustern, mit bekannten Figuren und bekannten Tatmotiven, weshalb „Ein Koffer für das Syndikat“ erzählerisch kaum von den Socken zu reißen weiß.
Wesentlich besser fängt Hyams‘ Drehbuch den Sprachduktus und die Weltsicht der Hard-Boiled-Detektive ein. Gleichzeitig überzeichnet er die Manierismen und Eigenheiten des Genres ein wenig komödiantisch, sodass „Ein Koffer für das Syndikat“ zwar keine Noir-Parodie, aber schon eine Krimikomödie ist. So witzeln die Detektive untereinander, Hogan führt einen schwarzhumorigen Dialog mit einem Cop nach einem Leichenfund, während auch die Tatsache, dass Boyle kleinwüchsig ist, teilweise ironisch eingesetzt wird: Als ein Hitman den Privatdetektiv durch eine Tür erschießen will, kommt Boyle ungeschoren davon, da der Killer auf die Brusthöhe einer Durchschnittsperson gezielt hatte. Es gibt ein paar coole Sprüche in der Tradition von Philip Marlowe und amüsante Szenen, wenn die Detektive sich durchwurschteln wollen und dem Burgerladen am Telefon eine wilde Geschichte erzählen, warum sie ihre letzten Mahlzeiten dort noch nicht bezahlt haben. Ähnlich wie bei Raymond Chandler (an dessen „Farewell, My Lovely“ der Originaltitel erinnert) hat der Humor jedoch auch eine bittere, sarkastische Note – die Abgeklärtheit und der zynische Humor der Detektive erscheinen eher als Reaktion auf eine Welt, in der jeder jeden übers Ohr hauen will.
Dass der Dialogwitz meist gut rüberkommt, liegt auch an den beiden Hauptdarstellern. Richard Boone („Alamo“) und Michael Dunn („Nur noch 72 Stunden“) spielen sich die Bälle als abgehalftertes Detektivduo, welches sich keine Illusionen macht, aber das Herz am rechten Fleck hat, launig zu. Herrlich hassenswert und schmierig tritt auch Victor Buono („Hügel der blutigen Stiefel“) als Verbrecherchef auf. Nur Barbara Bain („Panic“) als Auftraggeberin und potentielle Femme Fatale fällt etwas ab: Sie ist okay, aber das Niveau von Veronica Lake, mit der ihre Filmfigur intradiegetisch oft verglichen wird, hat sie bei weitem nicht.
So bleibt ein interessanter, wenn auch nicht gänzlich gelungener TV-Film, der vor allem unter seinen Limitierungen in Sachen Figuren und Plot leidet – vielleicht war angesichts des Budgets und einer Lauflänge von rund 73 Minuten auch nicht mehr drin. Das Flair, die Attitüde und den Lingo von Hard-Boiled-Crimegeschichten fängt Regisseur und Drehbuchautor Peter Hyams in „Ein Koffer für das Syndikat“ nämlich überzeugend ein, mit einer komödiantischen Note, die aber nie in Richtung Parodie kippt.
In Deutschland lief „Ein Koffer für das Syndikat“ bisher nur im Fernsehen. Eine offizielle FSK-Prüfung des Films scheint es nicht zu geben. Auch sonst sieht es schwer mit Datenträgern aus: Im Internet wird eine DVD angeboten, die allerdings sehr nach einem Bootleg aussieht. Ansonsten ist der Film bei Videoplattformen wie YouTube zu finden.
© Nils Bothmann (McClane)
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