Originaltitel: Stick__Herstellungsland: USA__Erscheinungsjahr: 1985__Regie: Burt Reynolds__Darsteller: Burt Reynolds, Candice Bergen, Dar Robinson, George Segal, Charles Durning, Castulo Guerra, José Pérez, Gary Carlos Cervantes, Richard L. Duran, Tricia Leigh Fisher, Leonard P. Geer, Jorge Gil, Richard Lawson u.a. |
Manche nannten ihn Gator. Andere wiederum Stick. Einen großen Unterschied hat es nie gemacht. Der Mann dahinter war eben einfach Burt; ein ausgekochter, ausgebuffter Supertyp, der Frauen liebte und die Katzen tanzen ließ. Jemand, der mit ironisch gehobener Augenbraue über den eigenen Schnauzbart lugte und niemals ernstzunehmen schien, was sich ihm dahinter bot. Da musste sich Schriftsteller und Drehbuchautor Elmore Leonard ja eigentlich nicht wundern, dass er seinen eigenen Roman und das daraus entwickelte Skript in der Filmadaption „Sie nannten ihn Stick“ kaum mehr wiedererkannte; die war ja schließlich durch die Brille des verschmitzten Burt gefilmt.
Dabei wollte Burt Elmore ja eigentlich durchaus gerecht werden. Er durfte aber nicht. Nach Fertigstellung trug der Actor-Director seine vierte Regiearbeit voller Stolz und Überzeugung zu den Universal-Bossen, nur um sich von denen einen Rüffel abzuholen. Ferner den Auftrag, noch ein paar Kanten abzufeilen, ach was, den halben Film neu zu drehen. Auf dass der potenzielle Kinogänger sich an noch mehr Action, an noch mehr Tempo und noch mehr Aufregung erfreuen möge.
Nicht, dass man grundsätzlich etwas dagegen hätte, mit seichter Unterhaltung gebauchpinselt zu werden. Nur um das eigentümliche Leonard-Feeling ist es mit derartigen Kompromissen schlecht bestellt. „Sie nannten ihn Stick“ konsumiert sich eben wie ein schablonenhafter 80er-Actionkrimi um einen Rückkehrer in die Zivilisation, der die kriminellen Strukturen in einem gesetzten Nest ordentlich aufmischt. Ob der faszinierende Fremde aus dem Knast, aus dem Krieg oder aus dem Campingurlaub zurückkehrt, ist dabei relativ egal, solange er nur möglichst still in die Handlung gleitet und das Quatschen seinem halb so großen und doppelt so lautstarken Buddy von früher überlässt. Man kennt den Ablauf, man weiß somit, was als nächstes geschieht. Ein gewisser Teil im Gehirn, fast ebenso lautstark wie der redselige Buddy, will ja auch genau das sehen – insbesondere, wenn auf einmal ein Trio aus einem kreidebleichem Albino (Dar Robinson), einem Fettsack im Hawaii-Hemd (Charles Durning) und einem schmierigen Putzlappen (Castulo Guerra) in den Gegnerreihen auftaucht, als wäre es dem hinterletzten Comic entsprungen. Oder einem Spencer-Hill-Vehikel.
Dabei weist der Einstieg in die Handlung sehr wohl ein paar Schmauchspuren aus dem Leonard-Universum auf, gelingt es Burt doch überraschend gut, mit wenig Aufwand eine detailreiche Umwelt entstehen zu lassen, in der fortlaufend Fremdkörper miteinander kollidieren. Natürlich ist es zumeist der namensgebende Stock, an dem die anderen Figuren abprallen – sei es einfach ein aufdringlicher Geschäftsmann an der Bar, ein exzentrischer Geldsack mit besonderer Begeisterung für Stöcke wie Stick (ein wenig überdreht: George Segal) oder eben der übellaunige Albino, der einzige Kerl im gesamten albernen Cast, der es in Sachen Stocksteife mit dem Original-Stick aufnehmen kann. Die erste Begegnung der beiden Sturköpfe macht das zu einem bizarren Starr-Duell mit Blinzel-Risiko, das die Stimmung für den weiteren Verlauf prima aufheizt.
Dass der Krimi-Plot zunehmend von Vater-Tochter-Harmonie (noch völlig naiv und unverbraucht: Tricia Leigh Fisher) aufgedunsen wird und dann auch noch aufregende Flirts in Servierschürzen und weißen Bettlaken hinzukommen (dienen als provinzielle Bondgirls: Sachi Parker und Candice Bergen), dafür kann Burt womöglich ungefähr so wenig wie ein zugedröhnter Rockstar etwas dafür kann, wenn ihm die Schlüpper beim Konzert geradewegs um die Ohren fliegen. Wenn ein Mann eben eine solche Anziehungskraft auf das weibliche Geschlecht ausübt, so verlangt es die Pflicht von ihm, diese Beziehungen auch zu pflegen, gell. Und was will man sich beschweren, nicht nur spielen die Begegnungen reizvoll mit der (Un-) Verbindlichkeit, sie schüren darüber hinaus auch ein gehöriges Abenteuer- und Romantik-Flair, gemischt mit einer Prise Sehnsucht nach Stabilität. Nicht zuletzt gipfeln sie in einer der kitschigsten Abspannsequenzen, die jemals unter den Credits laufen durfte, einer leidenschaftlichen Annäherung zweier Autos nämlich auf dem Highway, gefilmt aus der Hubschrauber-Perspektive und unterlegt mit einem Schmachtfetzen von Countrysängerin Anne Murray.
Da droht der Action-Fan am langen Arm zu verhungern, aber wozu hat man denn Dar Robinson auf der Besetzungsliste? Der Stuntman hatte bereits in „Sharky und seine Profis“ mit dem Regisseur / Hauptdarsteller zusammengearbeitet und dort einen Wahnsinnssprung von einem Hochhaus absolviert, mit dem Rücken zum Boden und nur einem Drahtseil als Absicherung. Wenn er nun für das Semifinale wiederum in luftiger Höhe Stick begegnet, führt uns das zurück zu der eingangs aufgestellten These, dass man eben immer weiß, was als nächstes geschieht – was jedoch keine Auswirkungen auf das Erstaunen hat, das man beim Betrachten des Sturzes empfindet. Auf Anhieb wird man sich wieder der Tatsache gewahr, dass man hier einen Film aus der glorreichen Lethal-Weapon-Ära schaut, aus der Zeit jener prägenden Action-Reihe, deren erster Teil nicht zufällig auch zu den letzten Arbeiten Robinsons gehörte, bevor er bei den Dreharbeiten zu Richard Fleischers „4-Millionen-Dollar-Jagd“ tödlich auf dem Motorrad verunglückte.
Weil die meiste Vorbereitung und der höchste Aufwand spürbar in diese Stuntsequenz geflossen ist, verpufft nicht nur der angehangene Showdown gegen Castulo Guerra ohne größere Wirkung, sondern sämtliche vorausgehende Action-Pieces drohen ebenfalls in Vergessenheit zu geraten, weil man sich am Ende nur an den einen großen Sprung erinnert. Dabei brennt auch mal was, es wird wie irre über die Straßen gerast und es gibt natürlich diverse Ballereien und Handgemenge, ferner eine Handlungsmontage in der Mitte, die wenigstens in der Kinofassung durch die skurrile Musikwahl eine aufputschende Wirkung der Marke „Rocky“ bekommt.
In der Summe zehrt „Sie nannten ihn Stick“ aber definitiv nicht von seiner raren Action, sondern von seiner charismatischen, wenn auch eindimensionalen Hauptfigur, von der schrillen Garde an Nebendarstellern und nicht zuletzt von der einladend gefilmten Location. Elmore Leonard beobachtet und schreibt wesentlich besser als Burt Reynolds, gerade unter dem Druck der Studiobosse, Regie führt, weshalb in der Filmversion so manches Mal der Ton entgleist; zu viel Klamauk für einen deftigen Krimi, zu wenig Charakterzeichnung für eine Milieustudie. Zugleich funktioniert er als lockerer Zeitvertreib jedoch besser, als er es eigentlich aufgrund seiner Zutaten dürfte.
(knapp)
Informationen zur Veröffentlichung von “Sie nannten ihn Stick”
Limited Collector’s Edition #54
Elmore Leonard soll ja ein Poster von „Sie nannten ihn Stick“ an seine Wand gehangen haben. Nicht jedoch, weil er so glücklich war mit der Verfilmung seines 1983er-Romans, sondern weil er allem Anschein nach ein witziger Zeitgenosse war. Bei der Werbezeile „The only thing he couldn’t do was stick to the rules“ klebte er über das Wort „rules“ nämlich kurzerhand einen Zettel mit dem Wort „script“ – damit war aus seiner Sicht dann wohl der Gerechtigkeit Genüge getan.
Im Wicked-Vision-Büro sollte man sich vielleicht mal überlegen, den Slogan zu klauen. Passen würde er jedenfalls zu ihrem Kernbeschäftigungsfeld, der „Limited Collector’s Edition“-Reihe, die weder Regeln noch Drehbücher zu kennen scheint. Denn bei weitem findet man darunter nicht mehr länger nur die Kerndisziplin Horror. Es gab Dramen, es gab Trash, es gab Komödien und Klassiker, demnächst kommt auch noch (mindestens?) ein Stummfilm. Selbst Charles Bronson hat schon zweimal vorbeigeschaut (“Das Gesetz bin ich“, “10 To Midnight“). Da kann ein Burt Reynolds (“Raven“) doch nicht einfach dabeistehen und sich die Butter vom Brot klauen lassen, oder?
„Sie nannten ihn Stick“ gehört sicher nicht zu den namhaftesten Arbeiten des 2018 verstorbenen Frauenschwarms, er passt aber ausgezeichnet ins angeschrägte Portfolio des Labels, das meistens nicht zu den ganz großen Kuchen am Buffet stürmt, die schnell übersehenen Kastenbackwaren aber so liebevoll anschneidet, dass man kaum anders kann als sich ein Stück auf den Teller zu legen. In diesem Fall dann wohl das 54. Stück, denn das ist die Nummer in der Mediabook-Reihe, die diese Veröffentlichung trägt. Ach komm, eins geht noch…
Die Verpackung
999 Exemplare des Blu-ray+DVD-Bundles wurden insgesamt produziert, gleichmäßig verteilt auf drei verschiedene Covervarianten, allesamt als Hochglanz-Mediabook. Soweit alles wie gewohnt. Cover A und B dürften wohl gemeinhin geläufig sein, handelt es sich bei ihnen doch jeweils um Plakate aus der Entstehungszeit, wobei Cover B für Reynolds’ Ursprungsversion gedacht war, vom Studio jedoch abgelehnt wurde. Bei Cover A orientierte man sich dann wohl am Motiv von „Sharky und seine Profis“, denn auch dort blickte Reynolds durch eine zerbrochene Glasscheibe, während er eine Waffe hielt. Da es keine weiteren Hintergrundelemente gibt, die das Bild füllen, wirkt das Artwork sehr minimalistisch und trotz der Scherben in gewisser Weise aufgeräumt. Dynamische Akzente liefern hauptsächlich die Farbübergänge des marineblauen Hintergrunds ins Weiße, ferner der sehr breite Schriftzug, der als einziger nicht nur den Namen der Titelfigur wie im Original trägt, sondern den vollen deutschen Titel „Sie nannten ihn Stick“ (eine damals sehr gebräuchliche Titulierungsphrase, von der man unter anderem auch bei Bud Spencer häufig Gebrauch gemacht hat). Der deutsche Zusatz ist dabei in militärischer Schriftart abgedruckt, was vielleicht nicht so ganz zum legeren Ton im Film passt. Das zur Besprechung bereitstehende Cover B lässt es da schon lässiger angehen und bietet lediglich den geschwungenen, wie mit gelber Farbe aufgekleisterten Originaltitel „Stick“, dazu eine äußerst ungewöhnliche Kopfmontage: Reynolds vordere Kopfhälfte liegt nämlich quasi wie ein gigantischer, fleischfarbener Wal im Hafen der hübschen Kulisse und raucht lässig seine Kippe, während Candice Bergen über ihm kauert und wohl den ganzen Qualm in die Nase bekommen dürfte. In der oberen linken Ecke sind noch zwei Action-Momente sehr dezent am Rande untergebracht, unten rechts geben sich George Segal und Charles Durning im gleichen Urlaubsmodus wie der Hauptdarsteller. Ganz wunderbar kann man sich dieses Poster auf einer Plakatwand auf einem Highway irgendwo vor Los Angeles oder Miami vorstellen. Cover C wiederum ist eine Neuanfertigung von Künstler Jole Stamenkovic. Entsprechend bekamen die ersten 111 Besteller dieser Variante auch eine Autogrammkarte des Zeichners (ob diese immer noch erhältlich ist, ist unbekannt). Es handelt sich um eine klassische Collage, die aus mehr oder weniger einprägsamen Highlights des Hauptfilms entnommen ist, verschmolzen durch die Grundfarbe Rot, die in Wasserwolken den Raum zwischen den einzelnen Szenen füllt und sich wie der Rauch des im unteren Teils lodernden Feuers verbreitet. Durchaus solide, allerdings bei weitem nicht so ungewöhnlich arrangiert wie das mit Fotografie arbeitende Cover B oder so angenehm schlicht wie das vertraute Cover A.
Letzteres bekommt man übrigens in allen drei Varianten als Designelement im Innenteil noch einmal, denn das Booklet-Cover nutzt es (in einem leicht veränderten Layout, u.a. mit rotem Rand) ebenso wie die Fläche hinter den Disc-Halterungen, wo man links den Vollbart-Burt aus der ersten Viertelstunde des Films durch die Scherben lugen sieht und rechts die eindringlichen Augen seines Albino-Widersachers. Auf dem Backcover haben sich diesmal übrigens ein paar Fehlinformationen eingeschlichen, weil das Mediabook in Druck ging, bevor die Disc finalisiert war. Darüber klärt die Innenseite des Deckblatts auf. Der falsche Booklet-Autor wird nämlich referenziert und es fehlt die Ankündigung eines ganz besonderen Special Features, das es in letzter Sekunde auf die Disc geschafft hat… dazu gleich mehr.
Das Booklet
Das eingeklammerte Booklet umfasst den Standard-Umfang von 24 Seiten und bietet zumindest auf den ersten 16 Seiten davon einen Begleittext von einem Autoren namens Stuart Taylor Cameron (und nicht Christoph N. Kellerbach, wie aus lauter Routine aufs Backcover geschrieben), dessen genaue Identität zwar nicht ermittelt werden konnte, der sich aber offenbar ein wenig mit damaligen Zeitungsartikeln und Kritiken auseinandergesetzt hat und viele Begleitumstände der Produktion niederschreibt, die so manches aus dem Film erklärt, etwa die zwei Gesichter des Films in der ersten und zweiten Hälfte oder Reynolds’ etwas geschwächt wirkende Erscheinung, die zwar recht einfach mit einem Unfall von einem anderen Set erklärt werden konnte, damals aber Gerüchte in Bezug auf eine mögliche AIDS-Erkrankung aufwarf, die offenbar einen enormen Effekt auf die folgenden Karrierejahre des Mimen und Filmemachers ausübten. Die Netto-Textmenge beläuft sich auf etwa neun Seiten, der Rest ist aufgefüllt mit Screenshots, Szenenfotos und Posteraushängen sowie natürlich den Credits der Edition.
Schaut in den Teaser zur Veröffentlichung
httpv://www.youtube.com/watch?v=bg3_q_BdkcA
Legen wir nun die Blu-ray ein, läuft zuerst ein Countdown, dann erscheint das Wicked-Logo mit Rechtehinweisen… und dann eine Danksagung an einen gewissen Gator McKlusky. Moment, etwa DER Gator McKlusky aus „Mein Name ist Gator“, quasi Reynolds persönlich? Aber nein; der Dank geht an einen amerikanischen Youtube-Reviewer, der sich selbst mit dem Rollennamen seines Idols getauft hat. Warum McKlusky Dank ausgesprochen wird, darauf gehen wir gleich noch ein.
Bild und Ton
Als erstes gilt es natürlich stets den Hauptfilm anzutesten, der hier in der ungekürzten Kinofassung vorliegt – und die kann sich wahrlich sehen lassen. Ob es nun um die Schärfe geht, die Darstellung von Farben oder die Bildsauberkeit, in quasi allen Disziplinen schneidet die optische Präsentation mindestens überdurchschnittlich ab im Vergleich mit Produktionen ähnlicher Größe aus einem vergleichbaren Zeitraum. Der Dreh führte auf Sets mit sehr unterschiedlichen Umgebungsbedingungen, die alle sehr natürlich wiedergegeben werden. Überwiegend spielt „Sie nannten ihn Stick“ am Tage, in denen der Transfer besonders gut aussieht, es gibt aber auch Nachtsequenzen mit Beleuchtung durch ein brennendes Feuer oder Aufnahmen in dunklen Hallen mit wenigen Lichtquellen, die recht solide bewältigt werden.
Beim Ton sollte man, sofern man des Englischen mächtig ist, auf jeden Fall zum Original greifen, nicht nur der höheren Authentizität wegen, sondern weil die Qualität schlichtweg bedeutend besser ist. Die Musik ist deutlicher zu hören und die Geräuschkulisse ist gerade in den Höhen wesentlich präziser. Die deutsche Tonspur hat hingegen mit einem dauerhaften Grundrauschen zu kämpfen, von dem sich ein sensibles Gehör womöglich ablenken ließe, auch wenn es eher in den ruhigen Passagen auftritt und irgendwann der Gewöhnungseffekt einsetzt. Allerdings hat die Synchronisation ein ziemlich prominentes Ensemble an Sprechern zu bieten, als da wäre natürlich Reynolds- und Selleck-Stammsprecher Norbert Langer, aber auch Edgar Ott (zB. Earl Sinclair in „Die Dinos“), Joachim Kerzel (u.a. Dustin Hoffman, Jean Reno) und auch mal wieder Thomas Danneberg, auch wenn sein Albino nicht allzu redselig ist, er sich also eher im Modus „Terminator“ befindet als „Kindergarten Cop“ (wobei er diesmal eigentlich eher nach den ernsteren Filmen von Terence Hill klingt als nach Schwarzenegger). Das Tonformat lautet in beiden Fällen DTS-HD Master Audio 2.0, Untertitel sind in Deutsch und Englisch an Bord.
Der Audiokommentar
Auch ein Audiokommentar ist wieder dabei. Dr. Gerd Naumann und Christopher Klaese verstehen sich längst blind und haben darüber hinaus offensichtlich ihre Reynolds-Hausaufgaben gemacht. Ein Großteil der fast zweistündigen Unterhaltung dreht sich um den Hauptdarsteller, der hauptsächlich im Spannungsfeld zwischen Charles Bronson und Clint Eastwood eingeordnet wird, die in den 80ern ähnliche Wege beschritten, obwohl ihre Filme nicht hundertprozentig den gleichen Appeal verströmten und somit auch ein etwas unterschiedliches Publikum anlockten. Auch Elmore Leonard wird in der zweiten Hälfte des Kommentars dann mal etwas intensiver zum Thema gemacht und es gibt zwischendurch sogar noch ein wenig Platz, um vermeintliche Nebensächlichkeiten anzuschneiden, wie etwa den Soundtrack oder die deutsche Synchronisation. Insgesamt sind sich in der Diskussion beide Parteien einig, dass „Sie nannten ihn Stick“ nicht unbedingt zu den besten Reynolds-Vehikeln zu zählen ist, dass er zwanzig Minuten zu lang sei und zu unentschlossen im Ton. Dennoch kommen sie zur positiven Abschlussbemerkung, Burt Reynolds mit ihrer Sichtung wiederentdeckt zu haben und Lust bekommen zu haben, weiteren seiner Streifen mal wieder einen Besuch abzustatten.
Sie nannten ihn Stick – Director’s Cut
So, und jetzt wird es richtig interessant, denn im Bonusmaterial finden wir tatsächlich einen TV-Mitschnitt des ursprünglichen Reynolds-Cuts, der eigentlich offiziell nie wirklich erschienen ist und von dem man annahm, dass er, wenn überhaupt, nur noch in den verschlossenen Schubladen des Studios Staub ansetzte. Und hier kommt nun wieder die Danksagung beim Blu-ray-Start ins Spiel, denn Mr. McKlusky hatte dank der raren TV-Aufnahme eines weiteren Reynolds-Enthusiasten aus den Niederlanden Zugriff auf besagte Schnittfassung und veröffentlichte auf seinem Kanal einen Schnittvergleich, wovon die Wicked-Vision-Köpfe Wind bekamen und sich einfach mal auf Verdacht meldeten. Das Ende der Geschichte: Der erste anwählbare Punkt im Bonus-Abteil ist nun die von Reynolds und wohl auch von Leonard bevorzugte Schnittfassung. Natürlich entspricht die Qualität ziemlich genau dem, was man sich unter einer alten VHS-Kopie vorstellen würde, entscheidend ist aber der Umstand, dass diese Fassung durch eine Fügung glücklicher Umstände überhaupt erstmals auf einem offiziellen Medium veröffentlicht werden konnte. Und das ist besonders interessant, weil sich in dieser inoffiziellen Fassung quasi alles ändert; die Musik, der Tonfall, das Tempo. Präsentiert wird der mit 99 Minuten etwa 10 Minuten kürzere Director’s Cut im Format 1,30:1, wobei die Bildfläche eher 1,27:1 entspricht, oben und unten aber noch dünne Balken erscheinen. Die enthaltene Tonspur ist Englisch in Dolby Digital 2.0, deutsche Untertitel sind auch für diese Fassung dabei.
Schnittbericht
Ergänzend zu diesem Highlight der Edition wird außerdem ein fast 40-minütiges Video von McKluskys „Gator Movie Reviews“-Seite geboten, indem der Youtuber einen Schnittvergleich zwischen Kinofassung und Director’s Cut präsentiert, wobei er die teils enormen Unterschiede unter die Lupe nimmt und analysiert. Der mit Cowboyhut und texanischem Akzent ausgestattete Moderator sitzt dabei in einem digitalen Studio mit zwei virtuellen Bildschirmen und spielt eine Szene nach der anderen ab, jeweils im Wechsel der beiden Fassungen. Ferner teilt er einige wertvolle Hintergründe darüber, weshalb es überhaupt zu diesen Schnittfassungen kam. Ein schönes Zusatz-Feature von einem offensichtlichen Reynolds-Experten, mit dem die Original-Schnittfassung würdig eingeordnet wird, anstatt sie einfach nur als nacktes Video-File auf die Edition zu packen. Auf seiner Youtube-Seite gibt es übrigens inzwischen auch ein Video, in dem McKlusky die fertige Wicked-Vision-Edition auf Herz und Nieren prüft.
The Ultimate Stuntman
Und dann wäre da noch die 50-Minuten-Dokumentation „The Ultimate Stuntman – A Tribute to Dar Robinson“, die 1987 nur kurze Zeit nach dem Unfalltod des Stuntman produziert wurde. Niemand Geringerer als Chuck Norris führt als Host durch das fürs Fernsehen gedrehte (und deswegen auch im Vollbildformat vorliegende) Feature. Es gehört zu jener Sorte Bonusmaterial, die man auch dann nicht überspringen sollte, wenn man sonst keine Extras schaut, denn nicht nur erfährt man an Robinsons Beispiel viel über die Ängste und die Motivationen eines Stuntmans, mit lebensgefährlichen Aktionen das eigene Leben aufs Spiel zu setzen, man bekommt eben auch die volle Packung spektakulärer Beispiele in Entstehung und Ausführung zu sehen. Robinson war auf Sprünge aus großen Höhen spezialisiert und derer gibt es massig zu bestaunen. Der Sprung aus „Sie nannten ihn Stick“ gehört zu den besonders ausführlich dokumentierten Stunts, bei denen man auch viel über die penible Planung erfährt, aber auch Einlagen aus „Sharky und seine Profis“, „Rückkehr aus einer anderen Welt“ oder „Lethal Weapon“ sind Teil der ausführlichen Würdigung des nur scheinbar furchtlosen Teufelskerls, über den am Ende deutlich wird, dass die Angst ihn bei jedem seiner Sprünge begleitet hat – was man nicht nur aus seinen Interview-Auszügen oder denen seiner Wegbegleiter lesen kann, sondern auch aus seinem Gesicht, wenn er kurz vor der Ausführung noch einmal tief in sich geht.
Die Robinson-Dokumentation sowie der Director’s Cut des Hauptfilms sind leider nicht auf der beiliegenden DVD enthalten, alle anderen Inhalte jedoch schon. Dazu gehört auch das Paket aus Trailer, TV-Spot und 14-minütiger Bildergalerie mit Postern, Artworks, Lobby Cards, Stills, Pressematerial und Motiven für alle möglichen Medien. Zumindest solange Universal den Originalschnitt nicht in hochauflösender Qualität freigibt, ist diese Ausgabe von „Sie nannten ihn Stick“ nicht nur in Deutschland, sondern sogar weltweit zweifellos die schönste und vollständigste überhaupt.
Sascha Ganser (Vince)
Bildergalerie
Sascha Ganser (Vince)
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