Originaltitel: Soldier Boyz__Herstellungsland: USA__Erscheinungsjahr: 1995__Regie: Louis Morneau__Darsteller: Michael Dudikoff, Cary-Hiroyuki Tagawa, Tyrin Turner, Channon Roe u.a. |
Er brauchte die härtesten, mutigsten Männer, die er finden konnte. Er fand sie im Gefängnis von L.A.!
Derartig tönte die deutsche DVD von „Soldier Boyz“. Wofür er diese Teufelskerle braucht? Nunja, zunächst ist ER der Ex-Marine Howard Toliver, seines Zeichens eine Art Aufseher in dem oben erwähnten Knast. An ihn tritt der Millionär Prescott heran, dessen Tochter, die für die UN arbeitet, von „vietnamesischen Terroristen“ entführt wurde. Toliver sagt zu, die Gute zu retten.
Seine Bedingungen: Den Knastinsassen, die er für das Himmelfahrtskommando rekrutiert, soll Straffreiheit gewährt werden. Zudem soll irgendeine Bildungseinrichtung eine Spende über zehn Millionen Dollar erhalten. Dieser Versuch, so etwas wie gesellschaftliche Relevanz in den Film hineinzutragen, ist genauso billig wie unfreiwillig komisch. Aber hey, Michael Dudikoff hat schon für weniger ganze (Ninja)Armeen ausgerottet.
Sein Team stellt er zu cooler Mucke zusammen, die jedem Tarantino-Streifen zur Ehre gereichen würde. Hier werden die härtesten und mutigsten Männer direkt auch charakterisiert: Es sind allesamt verzogene, gerade dem Teenageralter entwachsene Möchtegerne, denen eigentlich nur mal der Hosenboden strammgezogen gehört.
„A Dirty Half-Dozen – but twice as deadly“
Politisch korrekt sind sie aus allen Bevölkerungsschichten der USA zusammengestellt, freilich ohne „Schlitzaugen“, die stellen ja die Bösen. So bekommt man folgenden hirnverbrannten Haufen zusammengestellt: Ein Nazi, ein Latino, dem nichts über seinen Respekt geht, ein obercooler Schwarzer mit hipper Sonnenbrille und eine „Latinabitch“, die sich von nieman(n)dem mehr eine einschenken lässt. Und wenn wir schon eine Frau (aus dem Männerknast!) dabei haben, nehmen wir am besten auch noch einen mehrfachen Vergewaltiger mit, der nicht mal einen Satz gerade rausbekommt.
Trailer: Michael Dudikoff vs. Cary-Hiroyuki Tagawa
httpv://www.youtube.com/watch?v=F1uxSW2MSnU
Im Dschungel angekommen, beschnuppert – soll heißen verdrischt – sich Tolivers Team erst mal richtig. Und Toliver mittendrin. Das nenne ich mal teambildende Maßnahme. Nach einem mega dämlichen Training, vermutlich um die 85 Minuten Laufzeit voll zu bekommen, steigen ein paar kurze „Wir knallen ein paar Vietnamesen im Wald ab“-Intermezzos, bei dem es ein paar nette Blutwolken zu bestaunen gibt.
Hätte den Vietnamesen mal einer gesagt, dass der Krieg schon vorbei ist, sie könnten noch leben. Tja ja, ist halt schwer, im Dschungel Nachrichten zu hören. Dann wird Tolivers Truppe aufgetrennt und ein paar Folterspielchen werden ins Spiel gebracht (etwa eine „nette“ Referenz an die Ratte im Sack aus „Missing in Action 2“), die den insgesamt eh schon bedenklichen Grundton von „Soldier Boyz“ noch mehr in Richtung Zynismus abrutschen lassen.
Da es auch Städte in Vietnam geben soll, kommt man freilich auch unsere Soldier Boyz (and Girlz) mal in einer an. Hier ist ein B-Film-üblicher Besuch im Puff angesagt. Als die vietnamesischen Terroristen auch mal im Puff vorbei geguckt kommen, wird im Anschluss das gesamte Dorf befriedet.
Platoonmitglied 1: „Sind das nicht alles unsere Feinde? Wenn wir jetzt ein paar töten, haben wir am Ende weniger zu tun.“
Toliver: „Hm, okay, wer will hier noch sein Leben riskieren?“
Platoonmitglied 2: „Ich!“
Platoonmitglied 3: „Ich!“
Platoonpsycho: „Ich habe sowieso immer Lust zu töten.“
Hier ist meines Erachtens das Action-Highlight des Filmes zu finden, denn die Ballerei in der Stadt ist nett choreographiert, sehr blutig und mit Zeitlupen-Sequenzen an den richtigen Stellen versehen. Es darf dann auch erstmals schön pathetisch gestorben werden. Yeah, für Ruhm und Vaterland. Ein Brüller ist der coole Schwarze aus Tolivers Team, der seine M16 im Ghettostyle abfeuert, also einhändig, schräg gehalten und mit Armbewegungen, die wohl die Kugel zusätzlich beschleunigen sollen.
Hernach vergeht nur noch wenig Zeit und wir landen direkt im Finale. Für dieses fuhren die Pyrotechniker Sonderschichten, denn es explodiert wirklich alles, was nicht niet- und nagelfest ist. Und alles, was niet- und nagelfest ist, explodiert auch.
In einer Sequenz zeigt man dann auch mal „xXx – Triple X“ und Konsorten, wo der Bauer den Most holt. Wer bei dieser Szene nicht johlend in der Ecke liegt, hat den Film schon entnervt ausgemacht oder ist tot. Mit einer Hand an einem M16 baumelnd, das lose an einem Stahlseil befestigt ist, rutscht einer aus Dudikoffs Platoon gut 30 Meter von einem sechs Meter hohen Wachturm auf den rettenden Boden zu und rotzt währenddessen mit der anderen Hand eine Beretta leer. Um ihn herum explodiert es in einer Tour und der Turm, von dem er losgerutscht ist, geht freilich auch in Flammen auf. Unfassbar.
„Soldier Boyz“ ist ein echtes Dumm-Dumm-Geschoss
Was für ein Film. Für eine strunzdoofe Handlung, enddämliche Dialoge und menschenverachtende Foltereien, Metzelszenen, Geiselmisshandlungen und Zivilistenumrußszenen wird man mit hervorragend inszenierter Action, einem hohen Blutgehalt und einer wahrlich gelungenen Optik belohnt. Mit Michael Dudikoff („Platoon Leader“) und Cary-Hiroyuki Tagawa („Showdown in Little Tokyo“) gibt es zudem zwei höchst vertraute B-Fratzen, die insgesamt solide abliefern.
Regisseur Louis Morneau sollte insbesondere mit dem genialen „Retroactive“ zwei Jahre später zeigen, dass wenn das Drumherum stimmt, er auch richtig gute Filme drehen kann. Bei „Soldier Boyz“ hat es eben einen großen Stolperstein und der heißt Drehbuch. Selbiges liefert kaum mehr als ein ultrazynisches „Das dreckige Dutzend“-Rip-off mit den wohl unsympatischsten „Antihelden“ aller Zeiten, bei denen man nie das Gefühl verspürt, ihnen die Daumen zu drücken. Man fragt sich eher, wieso Toliver wollte, dass diese Psychos nach dem Einsatz in die Freiheit entlassen werden sollten. Hirnverbrannt. Wie eigentlich der ganze Film.
Ob „Soldier Boyz“ dann beim jeweiligen Zuschauer zündet, liegt daran, ob die ordentliche und vor allem technisch perfekt in Szene gesetzte Action mit ihren Blutwolken und platzenden Bloodpacks in der Lage ist, den Handlungsirrsinn und die vollkommen desolaten Charakterzeichnungen zu übertünchen. Das klappte bei mir nur bedingt. Dementsprechend gibt es von mir…
Laser Paradise veröffentlichte den Film als erstes auf DVD. Diese enthielt den Film ungeschnitten im Vollbildformat (allerdings open matte) und mit – vor allem zu Beginn – ziemlichen Qualitätsschwankungen. Im Dschungel angekommen, ist das Bild dann ordentlich, mit satten Farben. Ab dem 27. Mai 2022 kann man den bis 2021 indizierten und nach einer Neuprüfung mit einer spektakulär unvermuteten FSK 16 Freigabe versehenen Streifen von Koch Media im Mediabook erstehen. Dann erstmals auch als HD-Variante.
In diesem Sinne:
freeman
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