Originaltitel: Hai Shi Shen Lou__Herstellungsland: China, Hongkong__Erscheinungsjahr: 1987__Regie: Tsui Siu-Ming__Darsteller: Yu Rongguang, Tsui Siu-Ming, Pasha Romani, Connie Khan, Fan Dung-Yue, Cho Wing, Wang Hua, Dion Lam u.a. |
Fotograf Tang ist mit einer Karawane in China unterwegs, als diese von ein paar russischen Halunken überfallen wird. Nach erbittertem und verlustreichem Kampf können die Angreifer in die Flucht geschlagen werden. Direkt nach dem Kampf ereilt jedoch alle siegreichen Karawanenmitglieder eine seltsame Lichtspiegelung. Sie alle sehen eine wunderschöne Frau in knallroten Gewändern. Manche fabulieren von einer Gottheit, andere, wie Tang, sind einfach nur hin und weg.
Zurück in der Heimat lässt ihn die Fata-Morgana nicht mehr los. Zumal er an der Kleidung der Frau etwas bemerkt haben will, von dem er sich Einblicke in seine Vergangenheit erhofft. Waisenkind Tang hat nämlich nur noch höchst verschwommene Erinnerungen an die Zeit, bevor er einst im Waisenhaus landete. Die signalrote Kleidung ist eine der wenigen Sachen, an die er sich noch entsinnt.
Genug Gründe also für ein Abenteuer. Dementsprechend greift sich Tang seinen Buddy Mao und bricht auf in „Das Reich der 1000 Abenteuer“.
Schaut in den Abenteuerfilm aus China hinein
httpv://www.youtube.com/watch?v=q4U4t-Muwzs
Die oben gezeichnete Story ist kaum mehr als ein erzählerisches Denkmäntelchen, das den Film zumindest gut anschiebt, aber alsbald keine wirkliche Rolle mehr spielt. Einmal in den Wüstenlandschaften Chinas angekommen, trotten unsere Helden, die sich in Shanghai noch die Hilfe einer ortskundigen jungen Dame sicherten, von einem Dörfchen zum nächsten. Hier erhalten sie entweder kryptische Hinweise im Schatzsuchen-Duktus oder sie zünden kleine Actioneinlagen.
Der Film ist infolgedessen immer in Bewegung und lässt nicht für eine Sekunde Langeweile aufkommen. Zudem lässt er sich nicht großartig in die Karten schauen, entwickelt seine eigentliche Story ganz allmählich vor den Augen des Zuschauers und wartet mit richtigen Überraschungen auf. Wie sich etwa der Storyantrieb um die Lady in Red auflöst, das hätte man so ganz sicher nicht erwartet. Erst recht nicht, wie man die Figur weiter entwickelt.
Highlight der amüsanten und temporeichen Sause ist aber definitiv die Action. Hier weiß direkt die erste, ausufernde Karawanen-Szene zu gefallen, in der blutig gestorben, effizient mit Säbeln gerasselt und viel geballert wird. Diverse Explosionen steigen gen Himmel und ein Menschlein wird brutalst von einer Granate zerfetzt. Ein erster kleiner Schock, angesichts des sehr auf Abenteuerromantik getrimmten Titels und Artworks von „Das Reich der 1000 Abenteuer“.
Hernach findet Regisseur Tsui Siu-Ming, der als Mao auch eine der Hauptrollen bekleidet, immer neue Wege, um seine Helden ins Chaos zu stürzen. Von einer cool choreografierten Kneipenschlägerei und einem furiosen Motorradstunt in Shanghai über kleinere Keilereien in unterschiedlichen Wüstenorten bis zur Zerlegung einer gewaltigen Festungsanlage setzt es an so gut wie jedem Reisestopp feine Actioneskalationen.
Wobei Regisseur Tsui Siu-Ming, der auch die Choreografie der Action verantwortete, in Richtung Finale immer spektakulärere Stunts hervorzaubert. Der Film scheint sich so von Szene zu Szene permanent zu steigern. Irrsinnigerweise immer mittendrin: der Regisseur.
Seine krassesten Einlagen:
- Er hechtet als Mao aus der oberen Etage eines explodierenden Hauses und knallt sichtlich ungebremst in den Wüstenboden.
- Nach einem hohen Sprung mit einem Motorrad kann er sich im freien Fall nicht weit genug von dem vor ihm gen Erdboden rasenden Gefährt entfernen und knallt mitten in den Feuerball der explodierenden Maschine.
- Im Showdown zündet er sich selbst an, besteigt ein Motorrad und rast als lebende Fackel in ein Waffenlager.
Im Abspann sieht man dann Jackie-Chan-like, dass was im Film für offene Münder sorgt, tatsächlich genauso gefährlich war, wie es aussah. Vor allem, wenn im Film Motorräder auftauchen, wird es meist höchst spektakulär. Doch auch die Action rund um diese Highlights geht gut nach vorn. Beständig platzen Bloodpacks (witzigerweise pro Person immer nur einer und immer an der gleichen Stelle), wird der Bodycount mit Maschinengewehren nach oben geschraubt und wird sich ordentlich durch Tische und anderes Mobiliar gedroschen. Die Fights an sich machen Laune und auch die Pferdestunts im Film sind teils richtig gut.
In optischer Hinsicht gibt es hier mit den unterschiedlichsten Schauplätzen in chinesischen Wüstenlandschaften zahlreiche Settings, die man noch nicht allzu oft gesehen hat. In den Sets tummeln sich zahlreiche Statisten, die in ihren Kostümen viel buntes Gewimmel auf den Bildschirm zaubern. Das lässt den Film auch abseits der Action sehr wertig wirken und schon früh ist dank des schönen Shanghai-Settings klar, dass hier durchaus ein dickeres Budget zur Verfügung stand.
Als Held von „Das Reich der 1000 Abenteuer“ agiert Yu Rongguang („Three Kingdoms“), der als Held aber ein wenig abseits stehend wirkt. Immer wieder bekommt sein Tang von Nebenfiguren die Butter vom Brot genommen. Darunter freilich Regisseur Tsui Siu-Ming als Mao und die apart furiose Pasha Romani als „Frau in Rot“.
„Das Reich der 1000 Abenteuer“ ist eine Reise wert
„Das Reich der 1000 Abenteuer“ ist das, was man als einen echten Geheimtipp bezeichnen könnte. Der 1987 veröffentlichte Streifen scheint selbst für Google eine Art Unbekannte darzustellen. Was verwundert, da der kurzweilige Film wirklich sehr unterhaltsam geraten ist, für ihn augenscheinlich einiges an Aufwand betrieben wurde und er mit Actionszenen sowie Stunt-Einlagen aufzuwarten vermag, die mit der Zunge schnalzen lassen. Und sogar die zunächst höchst generisch wirkende Story entwickelt einen ganz eigenen Drive mit unerwarteten und schelmischen Wendungen. Auch der aufgefahrene Humor ist durchaus hinnehmbar geraten. Was dem Film tatsächlich fehlt, ist ein Indiana-Jones-artiger Held, um den sich das Ganze viel intensiver hätte drehen können. Ansonsten gibt es hier aber wahrlich nicht viel zu meckern.
Die deutsche DVD zum Film erscheint am 1. Juli 2022 von Imperial Pictures. Der Film ist mit einer FSK 18 ungeschnitten. Das wirkt ein wenig harsch, wenngleich die FSK auch heute noch ihre Problemchen mit brennenden und explodierenden Menschen hat. Der Abenteuerfilm kommt in 16:9, hatte aber leider ein relativ unscharfes und kontrastarmes Master. Alleine aufgrund der Schauplätze würde man sich hier eine knackenscharfe HD-Veröffentlichung wünschen.
In diesem Sinne:
freeman
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