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Homeboy

Originaltitel: Homeboy__Herstellungsland: USA__Erscheinungsjahr: 1988__Regie: Michael Seresin__Darsteller: Mickey Rourke, Christopher Walken, Debra Feuer, Thomas Quinn, Kevin Conway, Antony Alda, Jon Polito, Bill Slayton, David Taylor, Joseph Ragno, Matthew Lewis, Rubén Blades, Michael Buffer, Stephen Baldwin u.a.
Homeboy

Mickey Rourke spielt nicht nur die Hauptrolle in “Homeboy”, sondern schrieb auch das Drehbuch

Vor seiner Filmkarriere hatte Mickey Rourke eigentlich Boxer werden wollen, den Traum aber verletzungsbedingt begraben müssen. Schon während der Arbeit an „Rumble Fish“ schrieb er ein Drehbuch für einen Boxerfilm, der fünf Jahre später als „Homeboy“ das Licht der Leinwand erblicken sollte.

Die einzige Regiearbeit des Kameramannes Michael Seresin („Planet der Affen: Survival“) dreht sich um den Berufsboxer Johnny Walker (Mickey Rourke), der zu Beginn des Films als Drifter im Cowboy-Look in die Stadt kommt, jugendlichen Randalinskis den Kautabak auf die weißen Treter spuckt und sich anschließend in einer Blues-Bar zusäuft. Am gleichen Abend muss Johnny noch kämpfen und dient Runden lang als menschlicher Punching Bag, ehe er den Gegner ausknockt. Dabei trifft er schon in der Umkleidekabine auf relevante Nebenfiguren, darunter den cholerischen Promoter Moe Fingers (Jon Polito) und den Grifter und Nachtclub-Entertainer Wesley Prendergass (Christopher Walken).

Während Johnny von Kampf zu Kampf lebt und sich in die Rummelplatzbesitzerin Ruby (Debra Feuer) verguckt, will Wesley auch mal so leben und so reich sein wie die High Society und die Gangster, die er Abend für Abend im Club bespaßen muss. In Johnny sieht er einen möglichen Helfer bei einem möglichen Coup…

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Man kann „Homeboy“ zu Recht als Boxerfilm bezeichnen, sollte allerdings kein Sportdrama der Marke „Rocky“ oder „Southpaw“ erwarten. „Homeboy“ wird eher von seiner Stimmung als von einer Story getrieben. Johnny arbeitet auf kein Ziel hin, will nicht Weltmeister werden, sonst boxt einfach die Kämpfe, die man ihm anbietet. Er ist kein überragendes Talent, kein übersehener Geheimtipp, sondern einfach ein Berufsboxer. Einer, den die Punktrichter beim Auswärtskampf schon mal benachteiligen. Einer, der nicht nur Siege einfährt. Einer, der für Aufbaukämpfe gebucht wird. Ähnlich sieht es mit anderen Plotlinien aus: Johnny will Ruby gerne nahe sein, aber die Lovestory wird nie zentral. Seine Freundschaft zu Wesley und seine mögliche Teilnahme an einem Überfall laufen nebenher. Ähnlich sieht es mit Subplot um Johnnys Schäden durch die kassierten Treffer aus, die ihn nicht klar sehen lassen und seine Wahrnehmung dämpfen, wie der Film immer wieder durch POV-Shots aus Johnnys Sicht zeigt.

Dementsprechend baut „Homeboy“ auf erzählerischer Ebene nicht so viel Spannung auf, sondern versucht eher das Publikum durch seine Milieubeschreibung und seine Stimmung abzuholen. Kaum eine der Figuren kommt von der Sonnenseite des Lebens, alle versuchen sich irgendwie durchzuwurschteln, auch wenn manche wie Wesley dies mit gespielter Selbstsicherheit und großen Sprüchen zu kaschieren versuchen. Obwohl auch „Homeboy“ manchmal auf die typischer Neon-Ausleuchtung der 1980er setzt, geht es weniger um Glamourwelten, sondern eher um das Dahinter. Von den Nachtclubs und den Boxarenen sieht man wenig, dafür umso mehr aus den Umkleiden und den Plätzen hinter den Kulissen. Selbst der Rummelplatz wird stets vor oder nach Betriebsschluss gezeigt, wenn keine Gäste da sind. Passend dazu liegt ein Blues-Soundtrack von Eric Clapton („Nil by Mouth“) und Michael Kamen („Stirb langsam“) unter dem Film – das Duo hatte im Vorjahr bereits mit seinem „Lethal Weapon“-Soundtrack gewaltige Erfolge gefeiert. Wobei die Musik an „Homeboy“ weniger an Richard Donners Actionklassiker erinnert, sondern eher an die Blues-Soundtracks von Walters Hills Stammkomponisten Ry Cooder. Hills Schaffen schwebt als seelenverwandtes Werk eh über „Homeboy“: Das Setting mit dem Boxer, der sich durchschlägt, erinnert an sein Regiedebüt „Ein stahlharter Mann“, mit Mickey Rourke drehte er „Johnny Handsome“, Rourkes nächster Film nach „Homeboy“.

Man merkt dem Film an, dass Rourke das Box-Metier kennt. Realistische Trainingsmethoden und Milieubeschreibungen herrschen vor, auch die Box-Szenen sind weniger auf Spektakel und mehr auf Realismus gebürstet. Hier steckt niemand die Kopftreffer im Dutzendpack weg, hier achten die Boxer auf Deckung, hier wird nicht nur auf spektakuläre Schläge gesetzt. Doch so, wie man dem Film erzählerisch den Drehbuchdebütanten Rourke anmerkt, so merkt man den Kampfszenen manchmal den Regiedebütanten Seresin an. Gelegentlich beginnen oder enden die Fights etwas abrupt, gelegentlich ist der Schnitt von Ray Lovejoy („Aliens – Die Rückkehr“) nicht optimal. Wenn sich etwa Johnny und sein Gegner während eines Kampfes gleichzeitig treffen, sieht es so aus als habe Johnny den härteren Treffer eingesteckt, tatsächlich geht jedoch der andere Boxer zu Boden.

Dass Mickey Rourke („The Commando“) dieser Film sehr am Herzen lag, sieht man auch an seiner Darstellung. Er schrieb sich den unglamourösen Verliererpart auf den Leib, der seine „The Wrestler“-Rolle ein wenig vorwegnimmt. Man sieht ein wenig von Rourke selbst in dieser Rolle, der wahrscheinlich gerne Profiboxer geworden wäre und es wenige Jahre später mit begrenztem Erfolg in der Realität versuchte. Schon Johnny Walker fragt seinen Coach, ob er richtig gut hätte werden können, wenn er früher das richtige Training bekommen hätte – es fällt schwer hier nicht Parallelen zum realen Rourke zu ziehen. Seine damalige Frau Debra Feuer („Leben und Sterben in L.A.“) besetzte er als sein Love Interest, als Unterweltgestalten castete man Christopher Walken („King of New York“) und Coen-Brothers-Spezi Jon Polito („Gangster Squad“), die für solche Rollen prädestiniert sind und diese dementsprechend stark spielen. Kleinere Akzente können Kevin Conway („Unbesiegbar“) und Antony Alda („Das Vermächtnis der Tempelritter“) setzen, aber der Film bleibt stark auf seine Hauptfigur und seinen Hauptdarsteller zugeschnitten, bis zur finalen, mehrseitig interpretierbaren Einstellung.

So zieht „Homeboy“ einen Teil seiner Faszination aus den Parallelen zwischen Hauptfigur Johnny Walker und Hauptdarsteller/Drehbuchautor Mickey Rourke. Auch die Stimmung dieser Verliererballade und der Soundtrack wissen zu gefallen, auch wenn es der Geschichte an Stringenz, klassischem Spannungsaufbau oder einem klar definierten Ziel mangelt. Dadurch wird „Homeboy“ etwas sperrig, mäandert gelegentlich, aber einen Blick er auf jeden Fall wert.

OFDb Filmworks hat „Homeboy“ hierzulande auf DVD, Blu-Ray und Mediabook beiden Medien veröffentlicht, ungekürzt ab 16 Jahren freigegeben. In Sachen Bonusmaterial gibt es den Originaltrailer und eine Einführung durch den Filmwissenschaftler Marcus Stiglegger, dem Mediabook liegt außerdem ein umfangreiches Booklet mit einem Text von Stefan Jung bei.

© Nils Bothmann (McClane)

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