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Day Shift

Originaltitel: Day Shift__Herstellungsland: USA__Erscheinungsjahr: 2022__Regie: J.J. Perry__Produktion: Simon West u.a.__Darsteller: Jamie Foxx, Dave Franco, Natasha Liu Bordizzo, Meagan Good, Zion Broadnax, Karla Souza, Eric Lange, Snoop Dogg, Scott Adkins, Steve Howey, Peter Stormare, Oliver Masucci u.a.
Day Shift

In J.J. Perrys Regiedebüt “Day Shift” jagt Jamie Foxx mit der Unterstützung von Dave Franco, Scott Adkins und Steve Howey Vampire

Als Stunt Coordinator und Second-Unit-Regisseur war J.J. Perry nicht nur bei B-Actionkrachern wie „Undisputed 2“, sondern auch bei Hollywood-Actionfilmen wie „Warrior“, „Bloodshot“ und „Fast & Furious 9“ ein gefragter Mann. Netflix ermöglichte ihm schließlich mit „Day Shift“ sein Regiedebüt.

Bud Jablonski (Jamie Foxx) geht dem wenig glamourösen Beruf eines Poolreinigers im San Fernando Valley nach, hat aber noch einen Nebenjob: Der Ex-Soldat jagt Vampire, die er mit Spezialmunition, Klingenwaffen und seinen Nahkampffähigkeiten zur Strecke bringt. Die Fangzähne kann er bei Schwarzmarkthändlern wie Troy (Peter Stormare) zu Geld machen, nur zahlen diese schlechter als die Gewerkschaft der Vampirjäger. Aus der ist Bud allerdings in bester Maverick-Cop-Tradition herausgeflogen, weil er sich bei Einsätzen nicht an die Regeln hielt. Allerdings wissen nur wenige Eingeweihte von seinem Job und der Existenz von Vampiren – seine Ex-Frau Jocelyn (Meagan Good) und seine Tochter Paige (Zion Broadnax) gehören nicht dazu.

Da Jocelyn allerdings das Schuldgeld und die Zahnarztrechnungen der gemeinsamen Tochter nicht bezahlen kann, will ihr Haus verkaufen und fortziehen. Um sie umzustimmen und das benötigte Geld in Höhe von 10.000 Dollar aufzutreiben, bleibt Bud nur eine Woche. Also muss er schnellstmöglich zurück in die Gewerkschaft, was ihm mit Hilfe seines Kumpels Big John Elliott (Snoop Dogg) auch gelingt. Ralph Seeger (Eric Lange), der knatschige Chef der örtlichen Behörde, wäre Bud lieber schnell wieder los, weshalb er ihm den unerfahrenen Schreibtischhengst und Paragraphenreiter Seth (Dave Franco) als Aufpasser zur Seite stellt, womit ein Buddy-Cop-Element in den Film kommt und sich die Polizeifilmparallelen des Stoffes noch verdichten.

Bud bekommt die weniger lukrative Tagesschicht zugeteilt. Doch Geldsorgen und seine Wiederaufnahme auf Bewährung sollen nicht seine einzigen Probleme bleiben: In der Eingangssequenz des Films tötete er eine Blutsaugerin, die der mächtigen Vampirin Audrey San Fernando (Karla Souza) nahestand und diese sinnt nun auf Rache…

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Blade“ meets Buddy Cop Movie – so ungefähr kann man sich „Day Shift“ vorstellen. Dabei verströmt der Film ein Nineties-Flair, was nicht nur am Soundtrack mit Songs von Ice Cube, Body Count und Tupac liegt. Auch manche Szene hat etwas vom Action- und Cop-Kino alter Schule. Wenn Bud den Rookie Seth einweist, dann hat man „Training Day“ vor Augen, wenn Audrey einen rivalisierenden Vampiranführer auf eine Baustelle in Zement eingießen lässt, „Lethal Weapon 3“, von den offensichtlichen Parallelen zum erwähnten Vampirjägerhit mit Wesley Snipes ganz zu schweigen. Aber auch von seinem Flair und seiner unkomplizierten Attitüde erinnert „Day Shift“ an jene Actiontage, denn das Treiben ist mit wenig Subtexten aufgeladen. Allenfalls die Tatsache, dass Audrey als Immobilienmaklerin die Stadt Stück für Stück aufkauft, um dort Vampire anzusiedeln, geht vielleicht als dezente Metapher auf Raubtierkapitalismus durch.

In erster Linie will „Day Shift“ ein Mix aus Action, Horror und Comedy sein und ist als solcher durchaus kurzweilig, trotz einer Länge von 113 Minuten. Dabei hilft vor allem das Wordbuilding in der ersten Filmhälfte, das in die Vampirjägergemeinschaft einführt, Details über verschiedene Vampirarten anreißt und Raum für viele weitere Geschichten bietet, denn Audrey ist nur eine von vielen Vampiranführerinnen. Leider hält das Script von Drehbuchdebütant Tyler Tice, das vom genreerfahrenen Shay Hatten („John Wick 3“, „Army of the Dead“) überarbeitet wurde, diese Qualität nicht bis zum Ende durch. Viele Ansätze werden fallen gelassen, etwa der um die verschiedenen Vampirspezies und -gangs. Die Spezialsonnencreme, die Audrey und ihren Leuten Bewegungsfreiheit bei Tag garantiert, spielt eine zunehmend untergeordnete Rolle. Und am Ende werden ein paar Ideen aus dem Hut gezaubert, die aber nicht weiter erklärt werden, etwa dass einige neu geschaffene Vampire einen eigenen Willen besitzen und sich entschließen können gegen ihresgleichen zu kämpfen. Warum dem so ist, warum vor dem Schlussdrittel keine Vampire dieser Art auftauchen, wie eine bestimmte Person dies vor ihren menschlichen Kollegen geheim halten will und wie die Gewerkschaft zu guten Vampiren steht, darüber schweigt das Script sich dann leider aus.

Dafür rummst es in „Day Shift“ regelmäßig und ordentlich. Die Kampfszenen profitieren vom Vampirdesign, denn die Blutsauger können sich hier wie Schlangenmenschen verbiegen und verknotet kämpfen als kämen sie gerade vom Spiderwalk aus „Der Exorzist“. So sind die übersichtlichen, dynamischen und hervorragend geschnittenen Fights ein Highlight des Films, wobei die Vampirjäger blitzschnell zwischen Schusswaffen, Nahkampfutensilien und waffenlosem Kampf hin und her wechseln. Ein Highlight ist jene Szene in der Filmmitte, in der Bud und Seth gemeinsam mit den Nazarian-Brüdern Mike (Steve Howey) und Diran (Scott Adkins) ein Vampirnest ausheben. Das erfreulich ausgiebige Gefecht profitiert von der Körperbeherrschung und den Moves von Adkins, der leider nur für diese eine Szene vorbeischaut. Doch auch andere Set Pieces können sich sehen lassen, darunter die Vampirjagd vom Beginn, eine Verfolgungsjagd mit Autos und Motorrädern durch L.A., die einige Vehikelstunts und Crashes beinhaltet, sowie der Showdown, in dem unter anderem Big J mit einer Gattling die Vampire gleich hordenweise umballert. Auch stark: Teile des Finales sind mit „Body Count“ von der gleichnamigen Band unterlegt.

Der Tonfall ist eher leicht und flapsig, passend zur unkomplizierten Attitüde des Films. Nicht jeder Joke sitzt, etwa der eher unlustige Running Gag, dass sich Seth bei jedem Vampirgefecht in die Hose pisst, die Mehrzahl allerdings schon. Gerade wenn der einsilbige Knarzkopf Bud und der regeltreue Schreibtischhengst Seth zusammenarbeiten müsste, entfalten sich amüsante Buddy-Reibereien. Auch die Actionszenen haben eine dezente Comedy-Note, etwa wenn die Nazarian-Brüder während eines Gefechts einander Waffen, Munition und sogar Knoblauchkaugummis zuspielen. Große Charakterzeichnung oder innovative Figuren erwartet man bei „Day Shift“ besser nicht, aber die Charaktere haben durchaus Profil: Sei es der bärbeißige Held Bud, sein allseits beliebter Kumpel und Ladies Man Big J, Rookie Seth oder die erfreulich unnervige Tochter des Helden. Schade nur, dass Audrey eine Standardschurkin bleibt und es am Ende auf die Standardsituation hinausläuft, dass der Held seine Liebsten aus den Klauen der Bösen retten muss – da versprach Audreys komplexer Plan vom Beginn des Films doch mehr als das Schlussdrittel einhalten kann.

Dass die Figuren trotz gewisser Stereotypen markig und charismatisch rüberkommen, liegt natürlich auch an der Besetzung. Jamie Foxx („Spider-Man: No Way Home“), der den Film gemeinsam mit „John Wick“-Mastermind Chad Stahelski produzierte, liefert eine starke Vorstellung als Vampirjäger ab, der im Dienst knallhart und bärbeißig ist, privat aber komplett um die Sicherheit seiner Familie besorgt und im Umgang mit ihr auf herzige Weise unsouverän. Snoop Dogg („Future World“) ist bei seiner Nebenrolle cooler als Eis, einen markanten Part hat auch Natasha Liu Bordizzo („Guns Akimbo“). Dave Franco („6 Underground“) kann sein Comedy-Talent gewinnend ausspielen, lässt seine Rolle gelegentlich aber zu sehr ins Klamaukige abdriften. Karla Souza („The Sleepover“) als Oberschurkin und der Deutsche Oliver Mausucci („Das Blut der Templer“) als ihre rechte Hand Klaus haben durchaus Ausstrahlung, bekommen aber zu wenig Gelegenheit diese wirklich auszuspielen. Meagan Good („Monster Hunter“) und Zion Broadnax überzeugen als familiärer Anhang, in Nebenrollen werten Peter Stormare („Songbird“), Steve Howey („Stuber“) und Scott Adkins („One Shot“) den Film auf, auch wenn der Actionstar leider nur für eine Szene vorbeischaut.

Als unkomplizierte Sause hat „Day Shift“ Witz und Tempo und kann mit seinem Worldbuilding ebenso überzeugen wie mit den starken, handgemachten Actionszenen. Für einen größeren Kracher sind die Figuren etwas zu stereotyp, nicht jeder Gag sitzt und im letzten Drittel gehen einige gute Ansätze über Bord. Aber ein Funfilm ohne Reue und ohne aufgesetzten Weltschmerz oder erzwungene Subtexte ist J.J. Perry bei seinem Regiedebüt jedenfalls gelungen.

„Day Shift“ ist eine Netflix-Eigenproduktion, die nur auf dem Streamingdienst veröffentlicht wurde und daher nicht von der FSK geprüft wurde. Netflix empfiehlt ihn ab 16 Jahren.

© Nils Bothmann (McClane)

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