Originaltitel: Mother’s Day__ Herstellungsland: USA__ Erscheinungsjahr: 2010__ Regie: Darren Lynn Bousman__ Darsteller: Rebecca De Mornay, Jaime King, Patrick John Flueger, Deborah Ann Woll, Shawn Ashmore, Frank Grillo, Warren Kole, Briana Evigan, Lisa Marcos, Tony Nappo, Matt O’Leary, Lyriq Bent, Jessie Rusu, Alexa Vega, A.J. Cook, Andrew Bryniarski, … |
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Bei Darren Lynn Bousman´s “Mother´s Day” handelt es sich um einen knallharten Thriller aus dem Jahr 2010, der zwar über gewisse Verbindungen zum gleichnamigen 1980er “Kultfilm” Charles Kaufmans verfügt – abgesehen von seinem Titel, einzelnen Handlungs-Punkten und Anspielungen allerdings kaum eine konkrete Gemeinsamkeit mit jener grotesken “Billig-Produktion” aus dem Hause der berüchtigten Trash-Schmiede “Troma Entertainment” aufweist, deren Reputation ohnehin nicht wirklich auf der eigentlichen Qualität des Werks an sich basiert. Anstelle eines traditionellen Remakes jener teils karikaturesk überzogenen Kreuzung aus “Backwoods-Slasher” und “Rape&Revenge-Flick” – welche damals ja im “Fahrwasser” solcher Genre-Veröffentlichungen wie “the Last House on the Left” und “I spit on your Grave” entstand – kann man das von Drehbuchautor Scott Milam (“Submerged“) und Regisseur Bousman (“Spiral: From the Book of Saw“) Erschaffene vielmehr als ein “Re-Imagining” bezeichnen: Ein ebenso packender wie brutaler Streifen, der zwar eine fast komplett andere Geschichte erzählt – allerdings auch einige Elemente der entsprechenden zugrunde liegenden Materie erkennbar mit eingebunden präsentiert…
Mit ihrem einst klar ausgearbeiteten Plan inzwischen “in Scherben”, beschließen die Brüder Ike (Patrick Flueger), Addley (Warren Kole) und Johnny Koffin (Matt O´Leary), zumindest temporär im Hause ihrer Mutter Unterschlupf zu suchen, nachdem zuvor bei einem missglückten Banküberfall gleich verschiedene Dinge furchtbar schief liefen – á la dass sie hintergangen wurden, Johnny eine fiese Schusswunde erlitten hat und ihnen obendrein die Cops nun auf den Versen sind. Vor Ort müssen sie allerdings verwundert feststellen, dass jene dort überhaupt nicht mehr wohnhaft ist: Stattdessen haben sich Beth (Jaime King) und Daniel Sohapi (Frank Grillo), deren Ehe sich nach dem Tod ihres Kindes zuletzt immer stärker “aufzulösen” begonnen hat, seit einigen Wochen schon in dem Objekt eingerichtet, welches sie im Vorfeld einer angesetzten Zwangsversteigerung günstig erwerben konnten. Während sich draußen allmählich ein heftiges Unwetter zusammenbraut, feiert das Paar mit sechs Freunden (u.a. Brianna Evigan und Lyriq Bent) gerade Daniel´s Geburtstag im Sturm-sicheren Partykeller – wo sie im Folgenden alle prompt zu Geiseln werden, als sich der “Pfad” der Koffins schließlich mit dem ihren kreuzt…
Umgehend zwingt man den anwesenden Mediziner George (Shawn Ashmore) dazu, sich um Johnny zu kümmern, während Ike (aus der Not heraus) eine weitere “Regel” bricht und doch telefonischen Kontakt zu seiner Mutter (Rebecca DeMornay) aufnimmt, welche mit ihrer “recht verschlossenen” Tochter Lydia (Debroah Ann Woll) seither in einem Camper wohnt und wenig später kurzerhand zu ihnen stößt. Sofort übernimmt jene die Führung und bemüht sich, die angespannte Lage in den Griff zu bekommen: Entschieden stellt sie heraus, dass bis zu ihrem in einigen Stunden angedachten Aufbruch zur kanadischen Grenze keinem etwas passieren werde, sofern sich jeder an ihre Anweisungen hält – bloß gibt es bis dato noch so manche Sache zu klären bzw. zu erledigen, wie das Beschaffen von Cash für einen Schleuser oder das Nachgehen dessen, was eigentlich mit diversen Geldsendungen geschehen ist, die ihre Söhne regelmäßig an diese Adresse geschickt hatten. Speziell letztere Angelegenheit ist ihr überaus wichtig – und Gewalt für sie und ihre Familie ein probates Mittel zur Ergebnis-Erreichung. Ein “Nervenkrieg” setzt ein, dessen Eskalation nur eine Frage der Zeit zu sein scheint…
Nach einer kurzen, in einem nächtlichen Krankenhaus angesiedelten (nett “klassisch-altmodisch” anmutenden) Pre-Credits-Sequenz wird das Publikum bei “Mother´s Day” stracks mitten in die Entfaltung “hineingeworfen”: Binnen weniger Momente findet sich das männliche Trio des Koffin-Clans bereits (verdutzt) im Living-Room der Sohapis wieder – kurz darauf ist die daraus hervorgehende Geiselnahme bereits in vollem Gange; frei einer ausgiebigen Einführung sowie ohne dass der zuvor misslungene Überfall jemals gezeigt wird (ähnlich wie etwa bei Tarantino´s “Reservoir Dogs”). Demnach lernt man die einzelnen Protagonisten – von denen es stolze 13 gibt – im Prinzip ausschließlich im Kontext einer Extremsituation kennen – was die Schwierigkeit erhöht, eine ergiebige “Verbindung” zu ihnen aufzubauen, u.a. da sich Menschen unter solchen Bedingungen ja oft nicht unbedingt rational/normal verhalten. Obendrein wird auf eine eindeutige Unterteilung der Figuren in “Schwarz/Weiß” verzichtet – worüber hinaus angesichts des angestrebten Tempos und Umfangs des Werks schlichtweg nicht genügend Zeit besteht, um allen die für eine rundum dreidimensionale Charakterzeichnung notwendige Aufmerksamkeit zuzugestehen. Vor diesem Hintergrund kann man der Aussage durchaus Glauben schenken, dass Bousman noch im Besitz einer knapp fünfstündigen Schnittfassung ist, in welcher der kompletten Angelegenheit (nicht nur in diesem Bereich) wesentlich mehr “Tiefe” verliehen wird…
Genährt seitens der “intensiven” Inszenierungsart, überträgt sich die “aufgeladene Stimmung” sogleich ersprießlich auf den Betrachter: Ein gängiger Effekt bei “Home Invasion”-Movies, in denen die gewähnte Sicherheit des eigenen Heims meist jäh von einer “äußeren Einwirkung” zerstört wird. Nicht nur hinsichtlich der Widersacher, sondern auch “untereinander” lassen die Gegebenheiten rasch unterschiedliche Konfliktherde erkeimen. Im Zentrum all dessen markiert Johnny´s kritischer Zustand einen entscheidenden Faktor: Sollte er seinen Verletzungen erliegen, wäre das wohl das Todesurteil für die Geiseln. Engagiert versucht George, dies mit Hilfe der ihm verfügbaren Mittel zu verhindern – wobei ihm natürlich wohlbewusst ist, dass sich die Chancen seines “Patienten” mit jeder Minute verringern. Zugleich muss er sich ebenfalls um seine Freundin Melissa (Jessie Rusu) sorgen, die zuvor von ihm getrennt wurde und schon bald woanders verzweifelt um ihr Leben zu kämpfen hat. Shawn Ashmore (“X-Men 2“) verkörpert George prima – was dienlich dabei hilft, ihn als einen der wenigen wahren Sympathieträger zu etablieren. Im fortschreitenden Verlauf gelingt es ihm, einen gewissen “Zugang” zu der von ihrer Mutter bislang sehr abgeschirmt aufgezogenen sowie in ihrem Handeln noch nicht allzu “gefestigt” anmutenden Lydia herzustellen: Bspw. indem er sie gezielt mit seinen Beobachtungen, Ansichten und Erkenntnissen konfrontiert, sät er bei ihr zunehmend Ansätze von Zweifel an dem “aufgezeigten Weg” ihrer Familie. Eine optimale Kombination aus Furchtsamkeit und verletzlicher Unsicherheit zur Schau stellend, meistert die hinreißende Deborah Ann Woll (“Catch .44“) diesen “Schlüsselpart” mit Bravour…
Jeweils solide agieren Matt O´Leary (“Bokeh“), Warren Kole (“the Avengers“) und Patrick Flueger (“the Super“) als die kriminellen Brüder: Während Johnny seine gesamte Screen-Time hindurch gegen den drohenden Tod ankämpft, ist der gewalttätige Soziopath Addley quasi eine “tickende Zeitbombe” und bemüht sich der zumindest noch halbwegs bedacht agierende Ike redlich, wenigstens nicht alles völlig außer Kontrolle geraten zu lassen. In den Vorstellungen der Koffins sehen sich diese eher als Opfer statt Täter – schließlich hat man sie bei ihrem Coup übervorteilt und wurde ihnen zudem gar ihr Zuhause genommen. Dass nahezu jede Person irgendeine Ausprägung charakterlicher Ambiguität aufweist, entpuppt sich primär bei den Festgehaltenen jedoch relativ zügig als “zweischneidig” – schlichtweg weil man so noch eingeschränkter mit ihnen “mitzufühlen” vermag. Sollen sie sich fügen, widersetzen oder eine Flucht riskieren? Wie weit ist der Einzelne letztlich wohl zu gehen bereit, um andere und/oder sich selbst zu retten? Aus dem belastenden Druck resultierend, treten Geheimnisse, Schwächen, Ängste und “verborgene Gesichter” zutage, welche ferner noch durch physisch wie psychisch grausame Drohungen Schrägstrich “moralische Dilemmas” potenziert werden: Mal zwingt man zwei Männer zu einem Kampf, bei dem es darum geht, wessen Frau vergewaltigt wird bzw. davon verschont bleibt – mal wird zwei Mädels ein Messer gereicht und ihnen mitgeteilt, dass eine von ihnen ihre Freundin binnen einer Minute töten muss, ansonsten würden beide sterben. Das Aufzeigen der Folgen gewährt einen Blick auf einige “finstere Abgründe der menschlichen Natur”: Die These, dass im Grunde jeder unter speziellen Umständen zu einem Mörder werden kann, ruft stellenweise Erinnerungen an betreffende Facetten der “Saw”-Franchise hervor…
Parallel zu seiner Thriller-Ausrichtung konzentriert sich der Streifen ebenfalls stark auf die unterschiedlichen Eigenheiten und Dynamiken innerhalb der jeweiligen Gruppierungen: Nicht nur deshalb hätte ich mir gewünscht, für die einzelnen Geiseln mehr empfinden zu können – doch fällt einem das (wie bereits erwähnt) überwiegend schwer; in erster Linie dank ihrer (individuell mehr oder minder kräftig ausgebildeten) narzisstischen sowie teils auch stereotypen Wesenszüge. Vorrangig beziehe ich mich da auf die Parts von Tony Nappo (“Four Brothers“), Lyriq Bent (“Pay the Ghost“), Lisa Marcos (TV´s “Played”) und Kandyse McClure (TV´s “Battlestar Galactica”). Jessie Rusu (“96 Minutes”) gefiel mir indes gut – während Briana Evigan (“Burning Bright“) gewohnt hübsch ausschaut, mimisch aber “eher blass” verbleibt. In markanten Nebenrollen treten überdies noch A.J. Cook (“the Virgin Suicides“) und Alexa Vega (“Machete Kills“) in Erscheinung – und ergänzen ihrerseits die Beobachtung, dass die weiblichen Cast-Mitglieder die prägnantesten Performances abliefern. Entsprechend wird auch der Daniel Sohapi an sich überzeugend portraitierende Frank Grillo (“Shattered“) von Jaime King (“Sin City“) als seine Leinwand-Gattin “überstrahlt”. Beth leidet unter dem aktuellen Zustand ihrer Ehe sowie einigen “Schatten der Vergangenheit” – besitzt aber dennoch weiterhin genug, für das es sich zu kämpfen lohnt. Mit ihr kann das Publikum mitfiebern: Ansprechend unforciert kommt auf jener Ebene eine ersprießliche “Connection” zustande, der selbst gewisse von ihr getroffene “zweifelhafte Entscheidungen” nicht viel anhaben können. Man kann sich darüber streiten, ob es denn nun ein Fehler seitens des Skripts war, sie im Hauptakt räumlich von den anderen zu trennen, um mit Ike das benötigte Bargeld zu beschaffen – alles in allem habe ich diese “Schauplatz-Erweiterung” jedoch als positiv erachtet…
Kommen wir nun zu der Figur, welcher der Titel-gebende Feiertag gewidmet ist und die sowohl den “Grundton” als auch den Gesamteindruck des Werks entscheidend prägt: Mit einer dominanten Präsenz verkörpert Rebecca DeMornay (“Runaway Train“) das nach einem strikten Werte- und Verhaltenssystem lebende Oberhaupt des Koffin-Clans umfassend glaubhaft sowie unverkennbares “Spielvergnügen” aufweisend. Perfekt vermittelt sie das beherrschte Auftreten sowie die “gestörten” Ansichten und Dogmen, nach denen sie handelt und welche von ihr seit jeher in Gestalt klarer Anweisungen weitergereicht werden – ohne dabei jemals “karikaturistische Züge” anzunehmen. Sie spricht beruhigende Worte, sorgt z.B. dafür, dass jede Geisel einen nicht zu unbequemen Sitzplatz hat, und lässt sie sogar mit Kuchen beköstigen – was die bedrohliche Ungemütlichkeit der Situation nur noch steigert. Im Laufe der Zeit werden ihre Manipulationen zunehmend deutlicher: Sie verfügt über die Fähigkeit, rasch die Schwächen der Menschen auszumachen – worauf sie dann immerzu genau dort ansetzt, um ihre anvisierten Ziele zu erreichen. Die “seelische Dunkelheit” hinter ihrem eisigen Blick ist evident: Etwa möchte sie ihrem Jüngsten ermöglichen, seine Jungfräulichkeit zu verlieren, um dadurch (in der Beziehung) “zu einem Mann zu werden” – ganz egal, ob das im Zuge einer Vergewaltigung geschieht. Zudem will sie unter allen Umständen herausfinden, was mit dem eigentlich zugesandten Geld geschehen ist, mit dem sie ihre Hypotheken-Zahlungen ja hätte fortführen können: Dafür ist ihr jedes Mittel recht. Basierend auf bestimmten (u.a. mit Themen wie “Familie” und/oder “Mutterschaft” verbundenen) Vorstellungen, entfaltet sich das Verhältnis zwischen ihr und Beth reizvoll mehrschichtig. Ihre Interaktionen bleiben als einige der besten Momente des Films in Erinnerung…
Statt eines “ungehobelten Exploitation-Flicks” schufen Bousman und Milam einen eindringlichen, zeitgemäßen “Terror-Thriller” mit einer “sadistischen Ader” – aber auch mit einem gewissen (unaufdringlichen) “düsteren Humor”. Man muss dazu sagen, dass die Vorlage eigentlich ein eigenständiges “Spec Script” war, bevor es zu einem Remake der betreffenden Materie umgeschrieben wurde. Dieser Gegebenheit sowie aller Unterschiede zum Trotz, können sich Fans aber dennoch an diversen Zitaten und Anspielungen erfreuen – inklusive eines Cameos von Kaufman himself. Bewusst entschieden sich die Macher dafür, nicht die “Torture-Porn-Route” einzuschlagen, sondern einen eher psychologisch orientierten Ansatz zu verfolgen. Nicht immer ist ihnen das optimal geglückt – sporadisch stehen einige zu schlichte Charakterzeichnungen dieser Intention dann doch im Wege – worüber hinaus man Milam´s Drehbuch mitunter durchaus anmerkt, dass er damals ein Newcomer in jenem Bereich war: Etwa hätten einige “Plot-Vertiefungen” besser ausgearbeitet werden können. Sobald sich der Film aber auf die individuellen Überlebenskämpfe konzentriert, von denen es so einige gibt, funktioniert er hervorragend: Jene sind verstörend, grausam und kompromisslos in Szene gesetzt worden. Ordentlich bebildert von Cinematographer Joseph White (“St. Agatha“) sowie mit einem klangvollen Score Bobby Johnstons (“Stuck”) unterlegt, arrangierte Bousman die Geschehnisse angenehm “gritty” sowie mit weniger “flashy” gearteten Stilmitteln als bei seinen bisherigen Regiearbeiten (á la “Saw 2-4” oder “Repo! The Genetic Opera”). Einzig im Rahmen einer finalen Auseinandersetzung hätte man den “Shaky Cam”-Einsatz getrost ein Stück weit zurückschrauben können. Das ist natürlich Ansichts- bzw. Geschmacksache – ebenso wie die letzte Einstellung, mit der man in den Abspann entlassen wird…
Fazit: Obgleich gelegentlich etwas “holprig” anmutend, handelt es sich bei “Mother´s Day” (2010) um einen packenden, sehenswerten “Home-Invasion-Reißer”, der u.a. mit einer starken weiblichen Besetzung aufzuwarten vermag sowie von Regisseur Darren Lynn Bousman kompetent und effektiv in Szene gesetzt wurde…
knappe
Hierzulande ist “Mother´s Day” seit Juni 2011 auf DVD und BluRay erhältlich…
Stefan Seidl
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zur Filmdiskussion bei Liquid-Love
Copyright der “Mother´s Day” Cover- und Postermotive sowie der Pics: LightTower Ent. / Widget Films / Sierra, Affinity / Rat Ent. / Farpoint Films / Troma Ent. / Anchor Bay (US) / Optimum Releasing (UK) / Kinowelt, Studiocanal (D)__ Infos zur dt. VÖ: Freigabe: FSK-18__ DVD/BluRay: ja/ja |