Originaltitel: Memory__Herstellungsland: USA__Erscheinungsjahr: 2022__Regie: Martin Campbell__Darsteller: Liam Neeson, Monica Bellucci, Ray Stevenson, Guy Pearce, Louis Mandylor, Ray Fearon, Taj Atwal, Natalie Anderson, Lee Boardman, Rebecca Calder u.a. |
2013 sah Regisseur Martin Campbell („Flucht aus Absolom“) den belgischen Thriller „The Alzheimer Case“ auf DVD. Der in unseren Breiten als „Totgemacht – The Alzheimer Case“ vermarktete Streifen von Erik Van Looy basierte auf dem Roman „De Zaak Alzheimer“ von Jef Geeraerts und beeindruckte Campbell nachhaltig. Er versuchte sofort, sich die Rechte für ein englischsprachiges Remake zu sichern. Doch das klappte nicht. Ebenjene waren bereits vergeben.
Drei Jahre später hatte Campbell mehr Glück. Zudem gelang es ihm, Liam Neeson für das Projekt zu interessieren, was die Finanzierung absichern würde. 2020 wurde das Remake dann angekündigt und 2021 überwiegend in Bulgarien gedreht. Ein Jahr später konnte das Ergebnis dann veröffentlicht werden und heißt in Deutschland „Memory – Sein letzter Auftrag“.
Als wir Alex zum ersten Mal begegnen, verschafft er sich gerade Zugang zu einem Krankenhaus in Mexiko. Hier tötet er mit eiskalter Präzision den Besucher einer älteren Patientin. Ruhig und unauffällig verlässt Auftragskiller Alex nach getaner Arbeit den Ort des Geschehens. Doch in seinem Auto angekommen, bemerkt der Zuschauer, dass mit Alex etwas nicht stimmt. Es wirkt, als habe er Probleme mit seinem Erinnerungsvermögen.
Und wirklich: Alex hat Alzheimer. Von seinem rasant der Krankheit zum Opfer gefallenen Bruder weiß er, was ihn in der nächsten Zeit erwartet. Entsprechend will er kürzer treten und seinen Job an den Nagel hängen. Doch seine Auftraggeber haben einen weiteren, einen letzten Job für ihn. Dieser ist zweigeteilt und führt Alex nach Texas. Hier soll er einen Typ und eine junge Dame töten. Doch die „Dame“ entpuppt sich als sehr junge Teenagerin.
Eine Teenagerin, die obendrein von ihrem Vater höchstbietend an zahlungswillige Männer verkauft wird. Alex verschont das Mädchen und warnt seine Auftraggeber: Fügen sie dem Mädchen Leid zu, werde er alle töten, die mit den abscheulichen Vorgängen vertraut sind. Als das Mädchen trotz allem ermordet aufgefunden wird, macht Alex sein Versprechen wahr. Und er weiß, dass seine Krankheit ihm nicht viel Zeit zum Handeln lässt.
Actionthriller mit Liam Neeson
„Memory“ hat sich mit dem Thema Kindesmissbrauch ein beklemmendes Thema ausgesucht, benötigt es allerdings nur als Katalysator für seine ansonsten reichlich generische Thrillerhandlung. In der arbeitet sich Liam Neeson als Alex zielgerichtet durch eine pervertierte Opfermasse, die zudem glaubt, sich mit Geld aus allem herauskaufen zu können. Nichts davon ist neu, was es auch nicht sein muss. Problematisch ist, dass das alles ungelenk erzählt wirkt.
Spätestens zur Mitte der mit 110 Minuten deutlich zu lang ausgefallenen Laufzeit hängt der Film komplett in den Seilen und hat man als Zuschauer keine rechte Ahnung, wohin sich der nur langsam vom Fleck kommende „Memory – Sein letzter Auftrag“ eigentlich entwickeln soll. Martin Campbell überwindet den Totpunkt in der Erzählung dann zwar schnell, die bis dahin abgelaufenen Filmminuten fühlen sich dadurch bis auf wenige Momente aber reichlich entbehrlich an. Und Spannung will lange Zeit auch nie wirklich aufkommen.
Mit ultrakurzen, dafür aber schön taffen Actionszenen versucht Campbell, immer mal wieder von dem Leerlauf abzulenken, so richtig satt machen die kompetent inszenierten, flotteren Einlagen aber nicht. Sie sind zu klein skaliert und spielen bis auf eine Szene mit automatischen Waffen Campbells Auge für feine Action nicht richtig aus. Und so schnell Alex’ Krankheit dann auch massiv durchschlägt, so wenig macht Campbell daraus. Eigentlich nutzt er sie nur in einer Szene so wirklich, die sich dann tatsächlich auch erstaunlich ausweglos anfühlt und aufzeigt, was man aus der Grundidee um einen an Alzheimer erkranken Killer herausholen hätte können.
Zumal Liam Neeson („Honest Thief“) den Verfall seiner Figur glaubhaft transportiert, immer fahriger, nervöser wird, zu zittern beginnt und teils unverständliche Sachen stammelt. Und auch um Neeson herum wird stark aufgespielt. Guy Pearce („Blood Shot“) etwa macht als komplett abgerissen wirkender Chef einer Task Force gegen Kindesmissbrauch eine großartige Figur. Selbst wenn seine Figur relativ flach bleibt und ihre Positionierung reichlich abgeschmackt wirkt. Einerseits jagt er Alex wegen dessen Morden, bewundert aber gleichzeitig auch, wie der Killer mit seinen Taten innerhalb kürzester Zeit mehr erreicht, als er in mehreren Jahren. Nunja.
Monica Bellucci („Der Pakt der Wölfe“) wirkt als Matriarchin eines Immobilienclans komplett unterfordert. Sie sitzt meist nur in edlen Büros herum und hat eigentlich nichts zu tun. Dabei kommt sie wie die nette reiche Geldsäckin von gegenüber rüber. Infolgedessen fehlt „Memory – Sein letzter Auftrag“ leider auch ein eindrücklicher Bösewicht. Von ihren Henchmen entwickelt obendrein keiner ein wirkliches Profil. Der immer gerne gesehene Ray Stevenson („Accident Man“) ist spätestens seit seiner Serie „Reef Break“ derartig heftig aus der Form geraten, dass man sich teils schwer tut, ihn zu erkennen. Er hat dafür aber zumindest ein paar hübsche kleine Momente auf der Habenseite zu verbuchen. Und der aktuell in B-Filmen sehr präsente Louis Mandylor („Battle Drone“) holt sich in einem Cameo die Watschen seines Lebens ab!
In optischer Hinsicht liefert Martin Campbell wie gewohnt sauber ab. Seine Bilder sind durchweg kinotauglich und werden ohne Sperenzchen gereicht. In der kurzen Action schaltet er, was Schnitt und Pacing angeht, immer mal einen Gang rauf. Nur von der Filmmusik bleibt leider nichts in den Gehörgängen verhaftet.
„Memory – Sein letzter Auftrag“ bleibt nicht lange in Erinnerung
Der Thriller von Martin Campbell legt vor allem in Richtung Finale deutlich an Dramatik und Spannung zu. Jetzt funktioniert, was bislang nicht funktionieren wollte. Dem Regisseur gelingt eine höhere Taktung, die Story-Elemente greifen besser ineinander und es gibt eine unvermutet konsequente, erstaunlich kitschfrei gereichte Storyentwicklung, die man als Nichtkenner des Originals so sicher nicht erwarten würde. Dieses finale Aufbäumen hilft „Memory“ und verschafft ihm einen gelungeneren Abgang. Lange in Erinnerung wird der Thriller trotzdem nicht bleiben.
Auch und vor allem, weil er seine beklemmenden Ingredienzien rund um Kindesmissbrauch und Alzheimer beinahe komplett ungenutzt lässt und sich so immer reichlich oberflächlich anfühlt. Als wäre das nicht genug, will der Thriller irgendwie auch vom Menschenhandel zwischen Texas und Mexiko profitieren, bekommt aber auch das nicht ansatzweise auf die Kette. Verschenkt.
Ein finaler Vergleich mit dem belgischen Vorbild muss leider entfallen, da ich selbiges nicht gesehen habe. In Liam Neesons Filmografie stellt der Film trotz Neesons guter Leistung leider einen weiteren eher belanglosen, maximal durchschnittlichen Eintrag dar.
Die deutsche DVD / Blu-ray zum Film erscheint am 30. September 2022 von dem Label Splendid Film und ist mit einer FSK 16 uncut. Als Extras enthalten die Veröffentlichungen Interviews mit Liam Neeson, Martin Campbell, Guy Pearce und Monica Bellucci. Der Film kann natürlich auch gestreamt werden.
In diesem Sinne:
freeman
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