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Puppetmaster IV

Originaltitel: Puppet Master 4__Herstellungsland: USA__Erscheinungsjahr: 1993__Regie: Jeff Burr__Darsteller: Gordon Currie, Chandra West, Ash Adams, Teresa Hill, Guy Rolfe, Felton Perry, Stacie Randall, Michael Shamus Wiles, Dan Zukovic, Jake McKinnon u.a.

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Poster

Das Poster von “Puppetmaster IV”

Okkultismus in leuchtenden Neonfarben auf der einen Seite, die Wissenschaft mit ihren sterilen Instrumenten auf der anderen. Was nach philosophisch unvereinbaren Gegensätzen klingt, erscheint für den experimentierfreudigen Nazi von Welt durchaus beides reizvoll. Und da die „Puppetmaster“-Reihe die Nazis stets mit ihren eigenen Waffen zu schlagen gedenkt, möchte sie in „Puppetmaster IV“ kein Spielverderber sein und serviert bei der Rückkehr in die Zeitlinie der 90er den Einbruch kruden Fantasy-Horrors in die antibakterielle Laborwelt der neumodischen KI-Entwicklung.

Wer erwartet hatte, dass nach dem geschichtlichen Exkurs von „Puppetmaster 3“ das offene Ende von „Puppetmaster 2“ wieder aufgegriffen werden würde, sieht sich getäuscht. Keineswegs folgen wir nämlich dem Bulli weiter über eine kalifornische Landstraße, um Zeuge zu werden, wie im nächsten Ort langsam ein neues Kleinstadt-Imperium der Puppen errichtet wird. Stattdessen finden wir uns plötzlich in einem H.R.Giger-Universum aus Skelett-Ornamenten mit pulsierenden Fruchtblasen wieder, in deren Kulisse ein knautschiger Nacktmulch-Muppet aufgeblasene Villain-Reden an seine Kapuzen-Minions schwingt.

Puppetmaster IV

Stachelig wie ein Stachelschwein: Die Totems aus der Unterwelt.

Für die bis dato eher bodenständige Puppen-Saga, die beim Design ihrer Hauptattraktionen eher mit der schlichten Gemütlichkeit eines Meister Eder zu Werke ging, gleicht das quasi einem Sprung in ein Fass geschmolzenen Kautschuks ohne Aufwärmen. Wir reden hier von einem echten Kulturschock, werden doch auf einmal latente Einflüsse aus der ägytischen Kultur kombiniert mit der Ästhetik japanischer Mangas freigelegt, die das getragene Erzähltempo der vorhergehenden Trilogie schon in den ersten Minuten massiv torpedieren. „The Guyver“ lässt grüßen. Viel sanfter gerät dann auch nicht der Aufprall nach dem Sprung zurück in unsere Dimension, denn bei den Plastik-Sets, die da ein Hi-Tech-Labor repräsentieren sollen, muss man zunächst an schlechten SciFi-Horror der Marke „Leprechaun 4: In Space“ oder „Jason X“ denken. Man bedenke: Bis zu diesem Zeitpunkt hat man weder irgendwelche Darsteller noch Puppen noch Sets aus den bisherigen drei Filmen zu Gesicht bekommen, so dass man sich nicht sicher sein kann, ob man hier wirklich in der richtigen Filmreihe gelandet ist.

Dann aber sorgt der Establishing Shot auf das Hotel an der Klippe für ein vertrautes Gefühl. Es wird sogar noch bestärkt, als sich mal wieder eine Gruppe wissenschaftlicher Mitarbeiter im Gebäude breit macht, genau wie in den ersten beiden Filmen. Das Quartett aus sehr jungen Darstellern ist allerdings nicht mehr mit dem ursprünglichen Cast vergleichbar und zieht die Stimmung eher in eine Art Paralleluniversum des Twen-Abenteuerfilms, in dem die Besetzung nicht aus verantwortungslosen Vollidioten besteht, sondern aus Genies und Begabten. Hauptdarsteller Gordon Currie und Nebendarsteller Jason Adams bedienen dennoch die Klischees des intelligenten Nerds und des ignoranten Aufschneiders der Marke oberes Management, was zu einigen amüsanten Wortgefechten führt. Chandra West und Teresa Hill sind als ihre Freundinnen kaum mehr als Dekoration am Rande, wobei Letztere durch ihre Affinität zum Okkulten für das Drehbuch zumindest noch eine sinnvolle Funktion einnimmt, obwohl Erstere der eigentliche zweite Lead des Films ist.

Puppetmaster IV

Man ist nie zu alt, um mit Puppen zu spielen.

Dass die Puppen nun endgültig im Auftrag des Guten unterwegs sind, wurde bereits im Abspann von „Puppetmaster 3“ vollmundig angekündigt, und so erklärt sich dann auch die sympathisch-harmlose Charakterzeichnung der vier Hotelbesucher, die vor den Puppen nichts zu befürchten haben; im Gegenteil, sie werden wie eine Art Lehrlingsgruppe Toulons aufgebaut und erwecken die Puppen nach dem Fund des Koffers somit auch wieder zum Leben. Während die im zweiten Teil aus dem Spiel genommene Leech Woman erstmals fehlt und auch Torch nur einen Cameo auf einem Poster feiert, bleibt die Reihe den Veteranen weiterhin treu: Six Shooter, Blade, Jester, Tunneler und Pinhead tun, was sie immer schon taten, und dies leider ohne spürbare Variation. Aber um fair zu bleiben, was soll man auch schon groß variieren, wenn man ein großer Kerl mit Spatzenhirn ist oder ein kleiner Wicht mit Bohrkopf auf der Stirn. Die Beweglichkeit einer Actionfigur ist naturgemäß eingeschränkt und somit auch ihre Tötungsstrategie. Dank David Allens (immer noch sehenswerter, leider aber ein wenig rar gewordener) Stop-Motion-Kunst und Echtzeit-Effekten mit beweglichen Requisiten werden aber wenigstens in der Interaktion mit den neuen Puppenmeistern ein paar hübsche Bewegungsabläufe animiert. Wenn sich beispielsweise Pinhead mit seiner riesigen Pranke am Stecknadelkopf kratzt oder er die unsympathische Schmiertolle unter seinen Erweckern in die Seite pufft, ist das schon niedlich anzusehen.

Weil dieser Ringelpiez mit Anfassen aber eben keinen ganzen Horrorfilm trägt, muss es eben auch einen fiesen Antagonisten geben, und der ist mit dem Höllendämon gefunden, der sich am Anfang des Films als Weltenvernichter aufspielt und hinter jenen her ist, die etwas über das Geheimnis des Lebensserums wissen, mit dem die Puppen animiert wurden. Somit also kommt es erstmals in der Reihe zu einem Kampf Kreatur gegen Kreatur, wohingegen sich die Puppen in allen vorangegangenen Teilen stets mit den (größeren) Menschen angelegt haben. Die Duelle zwischen den Puppen und den Totems (eine Art Avatare, die durch die Minions aus der Unterwelt in der realen Welt gesteuert werden) gewinnen dadurch sozusagen die Ästhetik eines Kaiju-Monsterkampfs, mit dem feinen Unterschied, dass der Kampf nicht in Hochhausschluchten stattfindet, sondern auf dem Fußboden des Labors. Als eine Art Latex-Mischung aus den Mutanten des eingangs genannten „The Guyver“, dem außerirdischen Jäger aus „Predator“ und den Schleimbeuteln aus „Gremlins“ verfolgen sie ein völlig anderes Artdesign als die Puppen. Das führt zu einem durchaus reizvollen Drawn-Together-Effekt und bereitet nebenbei schon mal das spätere Crossover mit den „Demonic Toys“ aus gleichem Hause vor.

Puppetmaster IV

Die Stromrechnung dürfte da unten ziemlich teuer werden.

Überdies mischen natürlich auch noch die Menschen mit, die sich bekanntermaßen aus noch keinem Krieg heraushalten konnten, wobei sich ausgerechnet die nerdige Hauptfigur als schießwütiger Cowboy entpuppt, so dass Six Shooter beinahe nur dümmlich lachend in der Ecke stehen kann. Als er die Puppen zu Studienzwecken in seinem Zimmer zum Lasertag herausfordert, kommt man nicht umhin, an die legendäre Szene aus „Laserkill“ zu denken, in der Kim Milford die außerirdische Waffe in der Wüste findet… kurz glaubt man, in Gordon Curries Augen das gleiche Leuchten zu sehen. Gegen Ende morpht sich das Gesicht von Guy Rolfe, der schon im Prequel den André Toulon spielte, mit einem klobigen Spezialeffekt auf den einzigen Puppen-Neuzugang Decapitron, den man aber kaum als eigenständige neue Figur bezeichnen mag, weil es eher als eine Art Tool oder Maschine eingesetzt wird. Die Universal-Tradition aus dem zweiten Teil führt er durch seine Parallelen zu Frankensteins Monster aber fort, erst recht, als er am Ende ein Kopfteil mit Teslaspulen verpasst bekommt, mit denen die garstigen Kreaturen zurück in die Hölle geschleudert werden.

Tonal bleibt „Puppetmaster IV“ allerdings enttäuschend handzahm, gerade wenn man noch das Marionetten-Finale des Vorgängers vor dem inneren Auge hat. Mit blutigen Details hält sich der Film nicht länger auf, auch der Ekelfaktor wurde dank Leech Womans Abwesenheit zurückgefahren. Bei den Totems wird zwar versucht, die morbide Affinität zur Selbstzerstörung von den Gremlins zu übernehmen, aber Rick Bakers Effektkünste befinden sich dann doch auf einem anderen Niveau.

Puppetmaster IV

Neuzugang Decapitron hat sich den coolen Look von Frankensteins Monster abgeguckt.

Das Ende folgt abrupt quasi mitten im Akt, da dieser Film gemeinsam mit seinem Nachfolger back-to-back gedreht wurde und die Geschichte dort nahtlos fortgesetzt und zu Ende gebracht werden sollte. Nicht nur deswegen bleibt ein leicht unbefriedigendes Gefühl zurück, wenn man die ersten drei Filme als Vergleichswert heranzieht. Was „Puppetmaster IV“ nämlich fehlt, ist der getragene Aufbau, der es erlaubte, gewisse Subgenre-Strömungen zu verfolgen und mit Details zum Leben zu erwecken – die Mischung aus Slasher und übernatürlichem Horrorfilm in „Puppetmaster“, die Verbeugung vor dem Universal-Horror der 30er in „Puppetmaster 2“ oder der reizvolle Mix aus WWII- und Westernkulissen aus „Puppetmaster 3“. Der vierte Teil verfolgt zwar auch wieder ein eigenes Konzept und geizt nicht mit stilistischen Brüchen, wirkt im Ganzen aber doch ein wenig zu schrill und hektisch, um sich zum Beispiel ganz und gar auf eine Hommage an japanische Suitmation einzulassen, die immer mal wieder im Ansatz geliefert wird. Trotzdem hat auch diese Fortsetzung wieder ihren Unterhaltungswert und bietet genug Anreiz, gleich mit dem fünften Teil weiterzumachen.

Knappe
05 von 10

Informationen zur Veröffentlichung von “Puppetmaster IV”

Full Moon Classic Selection Nr. 13

Blu-ray

“Puppetmaster IV” befindet sich gemeinsam mit “Puppet Master 5” auf der gleichen Disc und teilt sich ein Artwork. Ein Wendecover ohne Rand ist vorhanden.

Anders als bei die ersten drei Teile erscheint „Puppetmaster IV“ in der Trunk-Edition bzw. späteren Neuauflage im Pappschuber zum ersten Mal in Deutschland auf Blu-ray. Vor etwa zehn bis fünfzehn Jahren gab es ein paar DVD-Auflagen von verschiedenen Anbietern, die den Film allerdings mit dem alten Video-Master in 1,33:1 brachten, so wie er Anfang des Jahrtausends auch über Full Moon selbst herausgebracht wurde.

Bild und Ton

In der vorliegenden Edition jedoch konnte auf ein neues Master zurückgegriffen werden, das vom originalen Kamera-Negativ abgetastet wurde. Wie schon beim vorherigen Film aus der Box ist das Ergebnis hervorragend. Ein knackscharfes Bild, das sogar die Fäden der Puppen sichtbar macht (und dadurch theoretisch etwas von der Magie des Films nehmen würde, wären die Tricks nicht auch ohne diese optische Hilfe durchschaubar) und kräftige Farben, die gerade bei den bunt gemusterten Totems und generell in den Unterweltsequenzen ihre Trümpfe ausspielen. Das Labor wirkt zwar nun besonders künstlich mit seiner offensichtlich aus Plastik und nicht etwas aus Metall bestehenden Ausstattung, aber warum verstecken, wenn es eben so gedreht wurde? Das Bildformat liegt nun auch erstmals bei 1,78:1 und füllt damit die gesamte Fläche eines Breitbildfernsehers aus.

Das Format der deutschen und englischen Tonspur entspricht mit DTS-HD Master Audio 2.0 Mono bzw. 2.0 Stereo wieder exakt den Formaten der bisherigen Filme und weist auch ähnliche Eigenschaften auf: Die deutschen Dialoge wirken leicht übersteuert und überstrahlen mit ihrem dezent blechernen Klang die restliche Kulisse, während die englische Tonspur logischerweise eine organischere Mischung bietet. Untertitel lassen sich wahlweise in Englisch oder Deutsch hinzuschalten.

Schaut in den Trailer

Der Audiokommentar

Deutsche Untertitel gibt es ferner für den englischen Audiokommentar. Diesen muss Regisseur Jeff Burr solo bestreiten, was für ihn aber offensichtlich kein Problem darstellt, denn er spricht so fließend durch, als wäre alles schon minutiös auf die Laufzeit des Films abgestimmt worden. Burr macht während der Aufnahme den Eindruck, dass er bei der Produktion tief in alle Prozesse eingebunden war und durch sein Fachwissen genau versteht, wie die unterschiedlichen Bereiche zusammenspielen – so wie es sich eben für einen Profi auf dem Regiestuhl gehört. Der Kommentar ist aber nicht nur interessant, weil er thematisch abwechslungsreich ist, sondern auch, weil man das Gefühl hat, dass er sich nicht verstellen muss, um sich oder die Produktion besonders gut dastehen zu lassen. Es wird reichlich gelobt, aber zugleich auch deutlich gemacht, dass es sich bei „Puppetmaster 4“ eben nur um eine Auftragsarbeit mit geringem Budget handelte, die im Akkord fertiggestellt sein musste (Burr hatte binnen eines Jahres neben Teil 4 und 5 der „Puppetmaster“-Reihe noch zwei weitere Filme fertigzustellen).

Die Extras

Übrigens teilt sich „Puppetmaster IV“ mit seiner direkten Fortsetzung „Puppetmaster 5“ diesmal eine Blu-ray, was in Anbetracht ihrer Zusammengehörigkeit ja auch durchaus Sinn ergibt. Auf der Disc hat jeder Film sein eigenes Untermenü… und damit auch seine eigenen Bonus Features. Für den vierten Teil wird zum einen wieder die „Videozone“ geboten (21 Min.). Im Making-Of-Teil der Featurette, die ursprünglich als Zugabe für die Videokassetten produziert wurde, bekommt man viele Einblicke in die Produktion und die Trickeffekte, angereichert mit Darsteller-Interviews. Rick Elfman, Bruder des berühmten Komponisten Danny Elfman, bekommt dann im zweiten Teil des Features noch die Gelegenheit, seinen neuen Film „Shrunken Heads“ (1994) vorzustellen, bevor Trailer aus dem weiteren Programm von Full Moon eingespielt werden.

Videozone

Puppenspieler Mark Rappaport präsentiert Neuzugang Decapitron.

Puppet Master IV und V: Die Archive“ (5 Min.) ist im Grunde eine musikalisch unterlegte Bildergalerie, deren Bilder aber durchaus über das gängige Pressematerial hinausgehen. Auch hier gibt es Aushangfotos, Poster und Medien-Artworks zu sehen, aber darüber hinaus werden auch Drehbuchseiten, Storyboards und Ausschnitte aus Magazinen (u.a. aus dem hauseigenen Full-Moon-Magazin oder auch von Fangoria) eingeblendet. Am Ende der Galerie wird Jeff Burr, Chris Endicott und Dave Jay für die Bereitstellung des Bildmaterials gedankt.

Den Trailer in HD gibt es noch oben drauf. Die Disc hat darüber hinaus noch weitere Extras im Menü von Teil 5 zu bieten, die werden wir dann aber bei der zugehörigen Besprechung beleuchten.

Das Booklet

Und auch Christoph N. Kellerbach erwähnt „Puppetmaster IV“ selbstverständlich im begleitenden Booklet zur Wicked-Vision-Box. Für Charles Band waren die gleichzeitig entstandenen Teile 4 und 5 aber im Grunde ein einziger Film, und so ergibt es auch Sinn, dass Kellerbach beide Filme in einem Kapitel zusammenfasst. Das nimmt sich aber immerhin volle sechs Seiten Zeit, um ausführlich auf die herausfordernden Dreharbeiten einzugehen, die zwischenzeitlichen Pläne Paramounts, einen hoch budgetierten Puppetmaster-Kinofilm in Auftrag zu geben, auf die Umsetzung diverser Trickeffekte im Film und die Reaktionen auf beide Filme.

Sascha Ganser (Vince)

Puppet-Master-Kritiken bei den Actionfreunden:

Puppetmaster [1989]
Puppetmaster 2 – Die Rückehr [1990]
Puppetmaster 3 – Toulons Rache [1991]
Puppetmaster IV [1993]
Puppetmaster V [1994]
Curse of the Puppetmaster [1998]
Retro Puppetmaster [1999]
Puppet Master – The Legacy [2003]
Dämonische Spiele – Puppet Master vs. Demonic Toys [2004]
Puppet Master: Axis of Evil [2010]
Puppet Master: Axis Rising [2012]
Puppet Master: Axis Termination [2017]
Puppet Master – Das tödlichste Reich [2018]
Blade – The Iron Cross [2020]
Doktor Death [2022]

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