Originaltitel: The Call__Herstellungsland: Italien__Erscheinungsjahr: 2006__Regie: Antoine Fuqua__Darsteller: John Malkovich, Naomi Campbell u.a. |
Mitte der 2000er wollte der Reifenhersteller Pirelli mehr als nur Werbung machen, weshalb man große Namen aus Hollywood für Kurzfilme verpflichtete, ähnlich wie es BMW ein paar Jahre zuvor getan hatte. Ein Jahr bevor Kathryn Bigelow für Pirelli „Mission Zero“ mit Uma Thurman realisierte, war es Antoine Fuqua („Infinite“), der bei „The Call“ auf dem Regiestuhl saß.
Den titelgebenden Anruf erhält ein Priester (John Malkovich) in der Vatikanstadt mitten in der Nacht, als er zu einem Exorzismus ausrücken muss. Anstelle eines Menschen erwartet den Gottesmann jedoch ein wildgewordenes Auto, in den ein dunkler Engel gefahren ist. Diesen wiederum verkörpert Supermodel Naomi Campbell („Tödliche Umstände“) in hektischen Zwischenschnitten, zumindest so lange, bis die Karosse exorziert ist. Dass dabei natürlich die Reifen von Pirelli eine wichtige Rolle spielen, versteht sich von selbst, denn noch weniger als „Mission Zero“ kann „The Call“ verbergen, dass es sich hierbei um Werbung handelt.
Im Vergleich zu Bigelows Kurzfilm ist auch das Verhältnis zwischen Aufwand und Ertrag noch unbefriedigender. Actionvirtuose Antoine Fuqua bedient sich hier zwar eher beim Genre des Horrorfilms, wirft aber sein musikvideogeschultes Können auf eine Art in die Waagschale, die weiterhin an sein Leib-und-Magen-Genre erinnert. Dementsprechend strahlt der Nachthimmel in stylischen Schwarz- und Grüntönen, lodern Feuermuster auf dem Boden, wenn sich Priester und Dämonenauto begegnen, wird die Schnittfrequenz hochgedreht, wenn die Naomi-Campbell-Inserts auf das Publikum einprasseln. Dass sie dafür nicht groß schauspielern muss, kommt ihr sicherlich entgegen, lässt ihre Mitwirkung aber auch etwas gimmickhaft erscheinen: Für diese sekundenlangen Zwischenschnitte hätte man auch irgendwen nehmen können.
John Malkovich („White Elephant“) wird freilich auch nicht überlastet, aber „The Call“ ist ein Kurzfilm, der klotzt, nicht kleckert. Die großen Namen und der große Aufwand sind Mittel zum Zweck, sollen eben Aufmerksamkeit erzeugen. Eine vernünftige Antwort darauf, warum a) dieses Nichts von einer Geschichte fast zehn Minuten dauert und b) gleich zwei Drehbuchautoren dafür nötig waren, ist die Freude am Protzen aber auch nicht. Denn „The Call“ ist nicht besonders clever, keine pfiffige Hommage an das Exorzistengenre, trotz seines Horrorsujets auch nicht ansatzweise gruselig oder stimmungsvoll. Was er stattdessen ist: Hübsch anzusehen, aber auch vollkommen leer und viel zu lang – ein halbminütiger Clip hätte vermutlich das Gleiche erzählen können, ohne etwas im Vergleich hierzu zu verlieren.
Wer also sein Wissen über die Filmographie von Antoine Fuqua oder einem der anderen Beteiligten erweitern will, der kann sich „The Call“ sicherlich ansehen, aber mehr als ein gelacktes, immerhin visuell kompetent inszeniertes Nichts von einem Kurzfilm bekommt man nicht geboten. Dass diese mit großem Tammtamm und ordentlich Budget in Szene gesetzte, überlange Exorzismus-Horror-Variante letztendlich allerdings nur ein paar Reifen verkaufen soll, lässt „The Call“ aber am Ende des Tages nur noch hohler dastehen.
Pirelli hat „The Call“ im Internet auf ihrer Film-Seite veröffentlicht, die es aber anscheinend nicht mehr gibt. Auf Videoplattformen wie YouTube ist der Kurzfilm aber immer noch zu finden.
© Nils Bothmann (McClane)
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