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The Big 4

Mit „The Big 4“ liefert Regisseur und Drehbuchautor Timo Tjahjanto gewohnt harte Action ab, vermengt diese aber hier mit Comedy. Die titelgebende Killertruppe ist nach dem Mord an ihrem Mentor eigentlich in Frührente, muss aber erneut zur Tat schreiten, als eine Schurkenbande ihnen und Dina, der Tochter des Ermordeten, ebenfalls ans Leder will.

Originaltitel: The Big 4__Herstellungsland: Indonesien__Erscheinungsjahr: 2022__Regie: Timo Tjahjanto__Darsteller: Abimana Aryasatya, Putri Marino, Lutesha, Arie Kriting, Kristo Immanuel, Marthino Lio, Michelle Tahalea, Kho Michael, Budi Ros, Donny Damara u.a.
The Big 4

Mit “The Big 4” liefert Timo Tjahjanto gewohnt derbe Action, dieses Mal allerdings mit Comedy vermischt

Netflix hatte bereits als Distributor und früher Rechtekäufer des Horrorfilms „May the Devil Take You“ und des Martial-Arts-Reißers „The Night Comes for Us” eine Verbindung zu Regisseur Timo Tjahjanto aufgebaut, bei dessen Actionkomödie „The Big 4“ kam der Streamingdienst direkt als Produktionsfirma an Bord.

Dass Tjahjanto als Regisseur und Co-Autor gewisse Härten und seinen Sinn für das Düster-Abseitige auch im komödiantischen Umfeld nicht ablegt, zeigt schon die Eröffnungsszene, in der sich ein Waisenhaus als Organhändlerzentrale herausstellt. Doch die Eingreiftruppe der Big 4 mischt den Laden auf: Lockvogel Pelor (Kristo Immanuel) infiltriert die Butze im Vorhinein, die Kampfsäue Topan (Abimana Aryasatya) und Alpha (Lutesha) sorgen in Schusswechseln und Nahkämpfen für tote Organhändler, während Scharfschütze Jenggo (Arie Kriting) ihnen Deckung gibt. Alles unter der Leitung von Petrus (Budi Ros), der seine Schützlinge nach getaner Arbeit einsackt.

Petrus will allerdings aufhören, da seine Tochter Dina (Putri Marino) nun ihren Dienst als Polizistin beginnt und er das strapazierte Verhältnis zu ihr kitten möchte. Dazu kommt es allerdings nicht mehr, denn ein Feind aus der Vergangenheit tötet den Ex-Polizisten, der gleichzeitig Adoptivvater seines Actionquartetts war. Dieses zerstreut sich dann (auch wenn sie alle auf die gleiche Insel ziehen), während Dina bittere Rache für den Tod ihres Vaters schwört, den die Polizei nicht aufklären kann. Damit kommt der generische Plot bald in die Puschen, auch wenn durch einen Zeitsprung erstmal drei Jahre vergehen.

Topan verdingt sich mittlerweile als Hotelier und lebt damit den Rententraum seines ermordeten Adoptivvaters. Dina findet einen Hinweis auf das Etablissement und steigt auf der Suche nach den Killern ihres Vaters dort ab. Diese wiederum kreuzen tatsächlich bald auf und wollen sowohl Dina als auch den Big 4 ans Leder…

Schaut euch den Trailer zu „The Big 4“ an

Eigentlich schreit die Prämisse von „Big 4“ nach Verdichtung: Alle Hauptfiguren veranstalten auf dem räumlich begrenzten Inselschauplatz ein Hauen und Stechen, während in Sachen Storytelling wenig los ist. Die Hintergrundgeschichte kann man sich anhand von ein paar Fotos zusammenreimen, ehe der Film sie ausbuchstabiert, Topans romantische Gefühle für Dina sind kein allzu komplexer Subplot und eigentlich wollen die Parteien einander nur ans Leder. Auch der Twist um einen Hintermann von Oberschurke Suranto (Marthino Lio) ändert da auch nicht mehr viel und ist in erster Linie für ein mögliches Sequel da. Und was macht Tjahjanto mit dieser Prämisse für einen simplen 90-Minüter? Er bläst sie auf stolze 141 Minuten auf.

Dafür, dass „The Big 4“ eigentlich viel zu lang ist, ist er dann doch überraschend temporeich ausgefallen. Doch zwischen den großen Actionszenen hat das bunte Treiben immer wieder seine Hänger, zumal das Ganze mit Charakterzeichnung und Plotentwicklung nicht viel am Hut hat. So werden inmitten der idyllischen Inselnatur die genauen Beziehungen zueinander und zur ermordeten Vaterfigur in überlangen Dialogen verhackstückt, wenn nicht gerade Jenggo sein Scharfschützengewehr verehrt, das er als seine Freundin bezeichnet, oder Alpha an einer Bombe namens Lucifer’s Fart herumbastelt. Das sind dann die Passagen, in denen „The Big 4“ merklich hängt.

So ist der Film dann in erster Linie ganz bei sich, wenn die Actionszenen steigen – und die sind dann auch in der von Tjahjanto gewohnten Qualität. Die Big 4 plus Dina schießen, prügeln und schlitzen sich durch Heerscharen größtenteils gesichtsloser Henchmen, die erfreulicherweise in rauer Menge vorhanden sind. Das ist alles stark choreographiert, dynamisch inszeniert und stets übersichtlich gehalten, während Tjahjanto seiner Vorliebe für splattrige Finishing Moves treu bleibt: Da werden Gegner mit dem Messer regelrecht perforiert, Köpfe mit der Schrotflinte weggeballert oder Schurken von Explosionen in blutigen Matsch verwandelt. Neben dem starken Auftakt gibt es drei weitere größere Set Pieces: Die Belagerung von Jenggos Butze, der mittlerweile als Naturreligionsguru arbeitet, ein Überfall auf Alphas aktuelle Wirkungsstätte und schließlich den ausladenden Showdown im Hotel, nach dem die Hütte einem Trümmerhaufen gleicht. Hinzu kommen kleinere Scharmützel, wie jene slapstickhafte Sequenz, in der Topan im Hotelfoyer zwei Killer zu Klump haut und vermeiden will, dass Dina in ihrem Zimmer etwas davon mitbekommt.

Das ist auch ein Beispiel für die eher grobkelligere Komik des Films, die an die plumperen Jackie-Chan-Vehikel erinnert. Manches davon animiert zum Schmunzeln, wie der erwähnte Kampf im Geheimen, anderes ist dagegen reichlich plump, etwa wenn sich Alpha in ihrem Tagesjob als Animatorin im knappen Meerjungfrau-Kostüm von notgeilen alten Säcken angraben lassen muss oder Dina den falschen Trank in Jenggos Hütte zu sich nimmt und danach Halluzinationen mit entsprechender Gesichtskirmes schiebt. Dementsprechend ist die Darstellerriege, die zum Großteil aus Newcomern besteht, auch nicht sonderlich gefragt, wobei Marthino Lio immerhin einen herrlich durchgeknallten Schurken abgibt.

Mit „The Big 4“ macht Timo Tjahjanto einen ähnlichen Fehler wie bei „Headshot“ und bläst einen simplen Reißer lauflängentechnisch weit über Gebühr auf. Im Gegensatz zu dem Iko-Uwais-Vehikel hat „The Big 4“ mehr Drive, wartet aber auch mit grobstolliger, nur begrenzt zündender Komik auf. So punkten in erster Linie die Actionszenen, in denen Tjahjanto dann allerdings mit Dynamik und Härte glänzen kann – schade, dass der Film dazwischen bei weitem nicht aufregend ist wie beim Fratzengeballer.

Starke:

Als Netflix-Produktion, die auch nur bei dem Streamingdienst selbst veröffentlicht wurde, wurde „The Big 4“ nicht von der FSK geprüft. Netflix empfiehlt ihn ab 16 Jahren, was angesichts mancher Härten aber großzügig erscheinzt.

© Nils Bothmann (McClane)

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